Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. November 2006
Aktenzeichen: 27 W (pat) 57/06

(BPatG: Beschluss v. 14.11.2006, Az.: 27 W (pat) 57/06)

Tenor

Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 28. April 2005 und vom 8. März 2006 werden teilweise aufgehoben, soweit die Anmeldung für "Bekleidungsstücke für Männer; Bekleidungstücke für Kinder; Bekleidungsstücke für Frauen, nämlich Socken, Strümpfe; Handschuhe" zurückgewiesen wurden.

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 24 hat durch zwei Beschlüsse, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, die für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 5, 8, 9, 10, 11, 14, 16, 18, 20, 21, 24, 25, 26, 27, 28, 32, 33, 34, 35, 38, 41, 42, 43, 44 und 45 angemeldete Wortmarke 304 50 060 90 60 90 teilweise zurückgewiesen, nämlich für "Bekleidungsstücke". Zur Begründung ist jeweils ausgeführt, der angemeldeten Marke fehle das zur Eintragung erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Mit der angemeldeten Zahlenfolge würden im Allgemeinen die Frauen zugeschriebenen Idealmaße in der Reihenfolge Brustumfang, Taille und Hüfte umschrieben. Die angesprochenen Käuferinnen würden diese Zahlenfolge in Verbindung mit Bekleidungsstücken weitestgehend nur als werbliche Aussage für ein Bekleidungsangebot mit Idealmaßen auffassen, nicht aber als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen.

Hiergegen wendet sich der Anmelder mit der Beschwerde, mit der er die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse und die Eintragung der angemeldeten Marke neben den bereits eingetragenen Waren "Schuhwaren, Kopfbedeckung" für folgende weitere Waren der Warenklasse 25 begehrt:

Bekleidungsstücke für Männer; Bekleidungsstücke für Kinder; Bekleidungsstücke für Frauen, nämlich Socken, Strümpfe; Handschuhe.

Er ist der Ansicht, die angemeldete Marke sei jedenfalls für die genannten Waren unterscheidungskräftig, weil sie für diese die nach Auffassung der Markenstelle für Damenbekleidung gegebenen produktbeschreibenden Inhalte nicht aufweise.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verfahrensakten und die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Für die nach der Einschränkung des Warenverzeichnisses hinsichtlich der im Beschwerdeverfahren relevanten Waren der Klasse 25 noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen entbehrt die angemeldete Marke weder der Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), noch stellt sie eine unter das Eintragungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG fallende beschreibende Angabe dar.

Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG können Zeichen, die keine Unterscheidungskraft aufweisen, nicht als Marke eingetragen werden. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zu bejahen, wenn ihr für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie in Anspruch genommen wird, kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich auch nicht um eine sprachliche, bildliche oder gestalterische Darstellung handelt, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (st. Rspr., BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rn. 70 m. w. N.). Enthalten die Wortbestandteile einer Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird, ist der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (vgl. BGH GRUR a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - antiKALK; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard).

Um eine derartige Beschreibung handelt es sich bei der angemeldeten Marke jedoch nicht. Mit der Markenstelle geht der Senat davon aus, dass relevante Teile des angesprochenen allgemeinen Verkehrs die in der Marke enthaltene Zahlenfolge als die Bezeichnung der Idealmaße bzw. -proportionen einer Frau erkennen werden. Ein solcher Sinngehalt der angemeldeten Marke bedeutet indes nicht, dass es sich dabei um eine reine die markenrechtliche Unterscheidungskraft ausschließende Sachaussage handeln müsste. Dies wäre vielmehr nur dann der Fall, wenn die Sachaussagen sich auf die konkreten Produkte beziehen ließe, denn bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Marke ist nicht auf den abstrakten Bedeutungsgehalt abzustellen, sondern auf die Bedeutung im Hinblick auf die beanspruchten Produkte. Ein solcher produktbezogener Bedeutungsgehalt fehlt der angemeldeten Zahlenfolge aber nicht nur bei den von der Markenstelle zu Recht nicht beanstandeten Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 5, 8, 9, 10, 11, 14, 16, 18, 20, 21, 24, 26, 27, 28, 32, 33, 34, 35, 38, 41, 42, 43, 44 und 45, sondern auch bei denjenigen nach der Einschränkung des Warenverzeichnisses noch beanspruchten Waren der Klasse 25, bei denen der Verkehr keinesfalls eine Veranlassung haben kann, sie mit den durch die angemeldete Zahlenfolge ausgedrückten Idealmaßen bzw. -proportionen einer Frau in Verbindung zu bringen, mithin den im Tenor genannten Waren. Im Hinblick auf diese fehlt der angemeldeten Marke trotz ihres - abstrakt gesehen - durchaus greifbaren Bedeutungsgehalts letztlich ein konkreter Sachbezug (vgl. BGH GRUR 1997, 468-470 - NetCom), so dass ihr die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden kann.

Ein Freihaltungsbedürfnis, das der Eintragung des angemeldeten Zeichens gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehen würde, ist mangels beschreibenden Inhalts ebenfalls nicht erkennbar.






BPatG:
Beschluss v. 14.11.2006
Az: 27 W (pat) 57/06


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