Finanzgericht Berlin-Brandenburg:
Urteil vom 14. Juni 2007
Aktenzeichen: 15 K 3202/04 B

(FG Berlin-Brandenburg: Urteil v. 14.06.2007, Az.: 15 K 3202/04 B)

Tatbestand

Die Kl. ist Rechtsnachfolgerin der GbR II. An der im Jahre 1996 gegründeten GbR II waren die B-Bank zu 99% und die ...GmbH zu 1% beteiligt. Mit der Geschäftsführung war die GmbH beauftragt worden, deren alleiniger Gesellschafter die B-Bank war.

Die B-Bank ist mit Wirkung zum 1. Januar 1998 auf die C-Bank verschmolzen worden, die ihrerseits zum 1. Januar 1999 auf die Kl. verschmolzen wurde. Die GbR II wurde am 29.Dezember 2000 im Wege der Anwachsung von der Kl. übernommen, so dass die GbR II zu diesem Zeitpunkt erlosch.

Die GbR II erwarb im Dezember 1996 von der B-Bank Grundstücke, auf denen sich neben Wohnungen und Gewerberäumen auch die Filialen der B-Bank befanden. Die GbR II vermietete die Grundstücke mit Wirkung zum 1. Januar 1997 an die B-Bank.

Die GbR II erklärte in den Feststellungserklärungen für die Streitjahre Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Bekl. stellte mit Bescheiden vom 15. Juni 1998 bzw.21. Dezember 1998 zunächst antragsgemäß die Einkünfte fest. Am 10. Juni 1999 erließ er geänderte Bescheide und stellte gewerbliche Einkünfte fest. Zur Begründung führte er aus, an der GbR II seien ausschließlich juristische Personen beteiligt, deshalb seien die Einkünfte nach § 15 Abs. 3 EStG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren. Der Bekl. erließ dementsprechend am 30. März 2001 Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für die Streitjahre sowie Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 1996 und 31. Dezember 1997. Gegen diese Bescheide, die an die GbR II adressiert waren, legte die Prozessbevollmächtigte Einspruch ein und machte geltend, eine Genossenschaft sei keine Kapitalgesellschaft im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG.

Der Bekl. führte im Jahr 2002 bei der Kl. eine Betriebsprüfung durch. Die Prüfer vertraten die Auffassung, dass die GbR II keine gewerbliche Tätigkeit ausübe, jedoch die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG vorlägen. Die Vorschrift sei dahingehend auszulegen, dass auch Genossenschaften als Kapitalgesellschaften zu betrachten seien. Andernfalls würde der Umstand, dass die Bankgenossenschaft originär gewerblich tätig sei, nicht berücksichtigt. Der Bekl. erließ aufgrund der Prüfungsfeststellungen am 11. Dezember 2002 für das Jahr 1996 Bescheide zur Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung sowie für das Jahr 1997 unter Berücksichtigung einer Gewerbesteuerrückstellung geänderte Steuerbescheide. Die Bescheide waren an die GbR II adressiert.

Gegen die Bescheide legte die Prozessbevollmächtigte Einspruch ein.

Im Rahmen einer für die Jahre 1998 bis 2000 durchgeführten Betriebsprüfung vertrat der Bekl. die Auffassung, dass zwischen der GbR II und der B-Bank bzw. deren Rechtsnachfolger eine Betriebsaufspaltung vorgelegen habe. Es handele sich um den Fall einer so genannten umgekehrten Betriebsaufspaltung, da das Besitzunternehmen wesentliche Betriebsgrundlagen an das beherrschende Betriebsunternehmen vermiete.

Mit Bescheid vom 16. Februar 2004 stellte der Bekl. in sinngemäßer Anwendung des § 125 Abs. 5 AO die Unwirksamkeit der Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag, die Gewerbesteuer und die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes fest. Zur Begründung führte der Bekl. aus, dass die GbR II am 29. Dezember 2000 erloschen sei, so dass die Bekanntgabe gegenüber dem Rechtsnachfolger hätte erfolgen müssen. Die Feststellungsbescheide seien hingegen wirksam, da sie den Beteiligten übermittelt worden seien. Allerdings seien in dem Feststellungsbescheid für 1997 die Beteiligten infolge der eingetretenen Rechtsnachfolge falsch bezeichnet worden, die Einkünfte seien nicht der Kl., sondern der B-Bank zuzurechnen. Diese Zurechnung erfolge durch einen Richtigstellungsbescheid nach § 182 Abs. 3 AO. Den Verwaltungsakt vom 16. Februar 2004 waren Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Verlustes auf den 31. Dezember 1996 und 31. Dezember 1997 sowie ein Gewerbesteuermessbetrag und Gewerbesteuerbescheid für 1997 beigefügt. Die Bescheide wurden an die Kl. adressiert und mit dem Zusatz "für die GbR II vormals ... Str. 1, B" versehen. Gegen die Bescheide legte die Kl. Einspruch ein und kündigte die Übersendung einer Begründung an. Der Bekl. wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 7. Mai 2004 als unbegründet zurück. Er begründete die Abweisung wie folgt:

Die GbR II sei Steuerrechtssubjekt für die Gewerbesteuer, da die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung vorlägen. Dem stehe nicht entgegen, dass beide Gesellschafter kraft Rechtsform über Betriebsvermögen verfügten, da es sich um einen Fall der kapitalistischen Betriebsaufspaltung handle. Die GbR II sei durch die Abspaltung einer Personengesellschaft aus der Genossenschaft entstanden. Eine persönliche Verflechtung sei gegeben, da die Genossen des Betriebsunternehmens über den Vorstand der Genossenschaft einen einheitlichen Betätigungswillen durchsetzen konnten. Die sachliche Verflechtung sei ebenfalls anzunehmen, da Büro und Verwaltungsgebäude wesentliche Betriebsgrundlagen darstellten. Für die Anwendung der Übergangsregelung gemäß BMF-Schreiben vom 11. Juni 2002 sei kein Raum. Die für den Geschäftsbetrieb der Bank genutzten Räume entsprächen gewerbespezifischen Sicherheitsvorschriften, weshalb die Annahme von wesentlichen Betriebsgrundlagen gerechtfertigt sei.

Die Kl. macht geltend, das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung sei im Streitfall nicht anwendbar. Da es sich bei der GbR II um eine so genannte Zebragesellschaft handele, sei nach dem Sinn und Zweck des Rechtsinstituts der Betriebsaufspaltung für eine Umqualifizierung der Einkünfte kein Raum. Selbst wenn man der Auffassung des Bekl. folgen wolle, könne in der vorliegenden Konstellation keine Betriebsaufspaltung gesehen werden. Insbesondere seien die Voraussetzungen für eine umgekehrte kapitalistische Betriebsaufspaltung nicht erfüllt, da im vorliegenden Fall weder eine Besitzkapitalgesellschaft noch eine Betriebspersonengesellschaft existiere. Die Begründung des Bekl., durch das Besitzunternehmen würden wesentliche Betriebsgrundlagen an das beherrschende Betriebsunternehmen vermietet, verkürze die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung in unzulässiger Weise. Die Konstellation des Streitfalls könne auch nicht als mitunternehmerische Betriebsaufspaltung und ebenso wenig als kapitalistische Betriebsaufspaltung beurteilt werden. Zudem sei eine personelle Verflechtung nicht gegeben, weil die Genossen an der B-Bank nicht unmittelbar an dem Besitzunternehmen beteiligt gewesen seien. Auch könne eine sachliche Verflechtung nicht angenommen werden. Die B-Bank habe über insgesamt 16 Filialen in B und eine Niederlassung in L verfügt. Davon seien 7 Immobilien angemietet gewesen, 10 hätten sich im Eigentum der Bank befunden. Von diesen seien lediglich insgesamt 5 Immobilien an die GbR I bzw. GbR II übertragen worden. Auf den Grundstücken, die der GbR II übertragen worden seien, hätten sich neben Filialen sonstige gewerbliche Räume sowie Wohnungen befunden. Ihre Bankgeschäfte hätte die B-Bank ebenso gut in anderen Objekten tätigen können. Der Raumbedarf hätte auch durch Anmietung gedeckt werden können. Die jüngere Rspr. des BFH, wonach eine besondere Gestaltung der Immobilie für den jeweiligen Unternehmenszweck nicht mehr erforderlich sei, sei nach dem BMF-Schreiben vom 18. September 2001 und vom 20. Dezember 2001 sowie vom 11. Juni 2002 auf Antrag erst für die Zeit nach dem 31. Dezember 2002 anzuwenden. Ein entsprechender Antrag sei am 4. November 2003 gestellt worden.

Die Kl. beantragt,den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1996 vom 16.02.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.05.2004 sowie die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1996 vom 10.06.1999 und vom 11.12.2002 aufzuheben,den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1997 vom 16.02.2004 in Gestalt des Richtigstellungsbescheides vom 16.02.2004 und der Einspruchsentscheidung vom 7. Mai 2004 sowie die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1996 vom 10.06.1999 und vom 11.12.2002 aufzuheben,den Bescheid über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag und Gewerbesteuer für 1997, die Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Verlustes auf den 31.12.1996 und 31.12.1997 vom 16.02.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. Mai 2004 ersatzlos aufzuheben, im Falle des Unterliegens die Revision zuzulassen.Der Bekl. beantragt, die Klage abzuweisen, im Falle des Unterliegens die Revision zuzulassen.

Er weist daraufhin, dass der Klagebegründung nicht zu entnehmen sei, aus welchem Grund die Zurechnung der Einkünfte 1997 auf die B-Bank unzutreffend sein sollte. Im Übrigen verweist er auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Der Bekl. hat zu Recht angenommen, dass die GbR II gewerbliche Einkünfte erzielt hat.

15Zutreffend gehen die Beteiligten davon aus, dass § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG die Annahme gewerblicher Einkünfte der GbR nicht rechtfertigt, da mit der B-Bank eine Genossenschaft an der GbR II beteiligt war. Eine Genossenschaft ist keine Kapitalgesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG (Schmidt/Wacker EStG § 15 Rz 216).

Die Einkünfte der GbR II sind jedoch nach dem Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren. Die Vermietung von Wirtschaftsgütern wird nach ständiger Rspr. des BFH nach dem Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung dann als eine über die reine Vermögensverwaltung hinausgehende gewerbliche Tätigkeit angesehen, wenn das vermietende Unternehmen (Besitzunternehmen) mit dem mietenden Unternehmen (Betriebsunternehmen) sachlich und personell verflochten ist (vgl. BFH, Urteile vom 18. März 1993 IV R 96/92, BFH/NV 1994, 15, und vom 21. Januar 1999 IV R 96/96, BFHE 187, 570, BStBl. II 2002, 771 jeweils m.w.N.).

Der Anwendung der Grundsätze der Betriebsaufspaltung steht nicht entgegen, dass die Einkünfte der GbR II bei den Gesellschaftern ohnehin als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren sind. Die Wirkungen einer Betriebsaufspaltung gehen nämlich über die bloße Umqualifizierung der Einkünfte hinaus. Ist der Tatbestand der Betriebsaufspaltung erfüllt, betreibt nicht nur die Betriebsgesellschaft, sondern auch die Besitzgesellschaft einen selbständigen Gewerbebetrieb, der als solcher auch gewerbesteuerpflichtig ist (grundlegend BFH-Beschluss vom 8.November 1971, GrS 2/71, BFHE 104, 440, BStBl. II 1972, 63, unter V.4). Der BFH hat aus den vorgenannten Gründen und mit Hinweis auf die divergierenden gewerbesteuerlichen Folgen an der Rechtsfigur der kapitalistischen Betriebsaufspaltung festgehalten (BFH-Urteil vom 16. September 1994 III R 45/92, BFHE 176, 98, BStBl. II 1995, 75), obwohl eine Kapitalgesellschaft immer gewerbliche Einkünfte erzielt. Ohne Erfolg macht die Kl. in diesem Zusammenhang geltend, die Qualifikation der Einkünfte müsse nach der Rspr. des BFH zu Zebragesellschaften auf der Ebene der Gesellschafter erfolgen. Zum einem widerspricht der klägerische Ansatz dem Grundsatz, dass die Einkunftsart der Gesellschafter einer Personengesellschaft anhand der Tätigkeit der Gesellschaft zu bestimmen ist (BFH-Beschluss vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl. II 1984, 751, unter C.III.3). Von diesem Grundsatz ist der BFH auch bei einer so genannten Zebragesellschaft nicht abgewichen (BFH-Beschluss vom 11. April 2005 GrS 2/02, BFHE 209, 399, BStBl. II 2005, 679). Vielmehr ist auch danach zunächst auf der Ebene der Gesellschaft die Art der Einkünfte festzustellen, die Umqualifizierung der Einkünfte erfolgt - falls erforderlich - auf der Ebene des einzelnen Gesellschafters. Zum anderen verkennt die Kl., dass kein Fall einer Zebragesellschaft vorliegt, da beide Gesellschafter der GbR II gewerbliche Einkünfte erzielten.

Da der Klage aufgrund der folgenden Erwägungen der Erfolgt versagt bleibt, kann der Senat ausdrücklich dahinstehen lassen, ob und wenn ja, mit welcher Begründung es denkgesetzlich möglich sein kann, das juristische Personen mit einer ausschließlich gewerblichen Sphäre in einer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit, die ausschließlich aus solchen Personen besteht, etwas anderes betreiben könnten als ein gewerbliches Unternehmen (so wohl BFH v. 25. Juni 1984 a. a. O. c. III. 3 b, bb).

Die Konstellation des Streitfalls erfüllt allerdings nicht die Voraussetzungen einer typischen Betriebsaufspaltung. Bei der typischen Betriebsaufspaltung wird (in der Regel) aus einer Personengesellschaft eine Kapitalgesellschaft ausgegründet, deren Anteile die Personengesellschaft oder deren Gesellschafter halten. Die Personengesellschaft hält das Anlagevermögen, das aber an die Betriebsgesellschaft vermietet oder verpachtet wird. Der Streitfall unterscheidet sich von der typischen Betriebsaufspaltung insoweit, als das Besitzunternehmen in der Form einer GbR ausgegründet wurde und die B-Bank als Betriebsgesellschaft die Mehrheit der Anteile an dem Besitzunternehmen hält. Die Gesellschafter der GbR sind nicht an der B-Bank beteiligt.

20Nach der Auffassung des Senats handelt es sich bei der beschriebenen Konstellation jedoch um einen Fall der so genannten umgekehrten Betriebsaufspaltung. Der Begriff der umgekehrten Betriebsaufspaltung wird in Rspr. und Literatur nicht einheitlich gebraucht. Eine umgekehrte Betriebsaufspaltung wird von der zutreffenden Rspr., der Finanzverwaltung und einigen Stimmen in der Literatur dann angenommen, wenn -abweichend von der typischen Betriebsaufspaltung- das Besitzunternehmen vom Betriebsunternehmen beherrscht wird (BFH-Beschluss vom 26. Februar 1998 III B 170/94, BFH/NV 1998, 1258; BFH-Urteil vom 16.September 1994 III R 45/92, BFHE 176, 98, BStBl. II 1995, 75 unter II. 3 e bb; BFH-Beschluss vom 26. März 1993 III S 42/92, BFHE 171, 164, BStBl. II 1993, 723; BMF-Schreiben vom 10. Dezember 1985 IV B 2-InvZ 1200-6/85, BStBl. I 1985, 683 unter III.5; Herrmann/Heuer/Raupach/Gluth, EStG, § 15 Anm. 779).Soweit demgegenüber vertreten wird, für die umgekehrte Betriebsaufspaltung sei kennzeichnend, dass eine Besitzkapitalgesellschaft ihren Betrieb einstelle und ihr Betriebsvermögen einer Betriebskapital- oder Personengesellschaft zur Nutzung überlasse (z.B. Schmidt/Wacker EStG § 15 Rz 803; Blümich/Stuhrmann, EStG, § 15 Anm. 595; Brandmüller, Die Betriebsaufspaltung im Steuer- und Steuerrecht, Rdnr. 10), wird verkannt, dass die entsprechende Konstellation auch unter die Begriffsdefinition der kapitalistischen Betriebsaufspaltung fallen kann (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 16. September 1994 III R 45/92, BFHE 176, 98, BStBl. II 1995, 75) und nur die erstgenannte Auffassung eine klare Abgrenzung zwischen der umgekehrten und der kapitalistischen Betriebsaufspaltung ermöglicht.

Auch im Falle der umgekehrten Betriebstaufspaltung besteht ein Bedürfnis für die Umqualifizierung der Einkünfte des Besitzunternehmens. Zwar unterscheidet sich die umgekehrte Betriebsaufspaltung von der typischen Betriebsaufspaltung insoweit, als das Betriebsunternehmen originär eine gewerbliche Tätigkeit ausübt. Nach der Rspr. des BFH ist jedoch für die Annahme eines Gewerbebetriebs beim Besitzunternehmen entscheidend, dass sowohl Betriebs- wie auch Besitzunternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben, weil sich dann die Tätigkeit des Besitzunternehmens von der eines normalen Vermieters unterscheidet (BFH-Beschluss vom 8.November 1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63). Für die Annahme dieser Beherrschungsidentität ist es ohne Bedeutung, ob € wie im Regelfall € das Besitzunternehmen oder das Betriebsunternehmen die beherrschende Stellung inne hat, denn in beiden Fällen nimmt das Besitzunternehmen über die Betriebsgesellschaft am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teil.

Schließlich steht der Anwendung des Rechtsinstituts der Betriebsaufspaltung nicht entgegen, dass es sich im Streitfall bei dem Betriebsunternehmen nicht um eine Kapitalgesellschaft handelt. Die Betriebsaufspaltung knüpft an das Bestehen von zwei rechtlich selbständigen Unternehmen an, deren Tätigkeit aufgrund der personellen und sachlichen Verflechtung von einem einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen getragen wird. Welche Rechtsform die beiden Unternehmen haben, ist dabei unerheblich, soweit die gewählte rechtliche Konstruktion die Durchsetzung des Betätigungswillens in beiden Unternehmen gewährleistet.

23So liegt der Fall hier. Nach der Rspr. des BFH setzt die Annahme einer beherrschenden Stellung einer (Besitz)-Kapitalgesellschaft und damit die personelle Verflechtung voraus, dass die (Besitz)-Kapitalgesellschaft selbst entweder unmittelbar oder mittelbar über eine andere Kapitalgesellschaft an der Betriebspersonengesellschaft beteiligt ist (BFH, Urteil vom 16.09.1994 III R 45/92, BFHE 176, 98, BStBl. II 1995, 75 unter II. 3 e aa). Nur in diesem Fall nämlich ist sichergestellt, dass die Kapitalgesellschaft, die eine juristische Person mit eigenen Rechten ist (vgl. z.B. § 1 AktG, § 13 Abs. 1 GmbHG), als beherrschendes Unternehmen ihren Betätigungswillen auch in der Betriebspersonengesellschaft durchsetzen kann. Ein Durchgriff auf etwaige Anteile der Gesellschafter/Aktionäre an der Betriebsgesellschaft ist danach unzulässig. Diese Grundsätze gelten auch im Streitfall. Eine Genossenschaft ist insoweit mit einer Kapitalgesellschaft vergleichbar, als sie ebenfalls eine juristische Person mit eigenen Rechten ist, § 17 Abs. 1 GenG. Entgegen der Annahme der Beteiligten kommt es dementsprechend nicht darauf an, ob die Genossen der B-Bank ihren Betätigungswillen in der GbR II durchsetzen konnten, vielmehr ist auf die Einflussmöglichkeiten der Genossenschaft selbst abzustellen. Die B-Bank hielt 99% an der GbR II und war darüber hinaus alleinige Gesellschafterin der geschäftsführenden ...GmbH, die zu 1% an der GbR II beteiligt war. Sie war demzufolge zu 99% unmittelbar und zu 1% mittelbar an der GbR II beteiligt und konnte ihren geschäftlichen Betätigungswillen auch in der GbR II verwirklichen.

24Eine sachliche Verflechtung liegt ebenfalls vor. Eine sachliche Verflechtung ist anzunehmen, wenn es sich bei dem vermieteten Wirtschaftsgut für das Betriebsunternehmen um eine wesentliche Betriebsgrundlage handelt. Ohne Erfolg macht die Kl. geltend, bei den Grundstücken handle es sich nicht um wesentliche Betriebsgrundlagen, weil die diesbezügliche neuere Rspr. des BFH (BFH-Urteil vom 23. Mai 2000 VIII R 11/99, BFHE 192, 474, BStBl. II 2000, 621) auf den Streitfall nicht anwendbar sei. Die Finanzverwaltung hat die Möglichkeit eröffnet, auf Antrag die Anwendung dieser neuen Grundsätze auf den Zeitraum ab dem 1. Januar 2003 zu verschieben (siehe BMF-Schreiben vom 18. September 2001 IV A 6-S 2240-50/01, BStBl. I 2001, 634, vom 20. Dezember 2001 IV A 6-S 2240-97/01, BStBl. I 2002, 88 und vom 11. Juni 2002 IV A 6-S 2240-70/02, BStBl. I 2002, 647). Diese Anweisungen der Finanzverwaltung, die im Billigkeitswege ergangen und deshalb auch im finanzgerichtlichen Verfahren zu beachten sind, führen jedoch im Streitfall zu keiner abweichenden Beurteilung. Die Grundstücke sind bereits nach der älteren Rspr. des BFH als wesentliche Betriebsgrundlage zu behandeln. Danach ist ein Grundstück eine wesentliche Betriebsgrundlage, wenn es zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich ist und besonderes Gewicht für die Betriebsführung besitzt (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 26. November 1992 IV R 15/91, BFHE 171, 490, BStBl II 1993, 876). Die Grundstücke, welche die GbR II an die B-Bank vermietet hat, erfüllen diese Voraussetzungen. Die Grundstücke bilden die örtliche und sachliche Grundlage für die Betriebsführung, da sie nicht nur über Wohn- und Gewerbeeinheiten verfügen, sondern jeweils auch über eine Bankfiliale der B-Bank. Die Filialen können entgegen der Darstellung der Kl. im Hinblick auf den Kundenstamm und mit Rücksicht auf für Banken erforderliche Sicherheitsausstattung nicht beliebig versetzt und an anderer Stelle betrieben werden. Es gelten insoweit die gleichen Grundsätze, wie sie der BFH für Geschäftslokale im Bereich des Einzelhandels aufgestellt hat (vgl. BFH, Urteil vom 12.2.1992 XI R 18/90, BFHE 167, 499, BStBl. II 1992, 723).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-, die Zulassung der Revision auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.






FG Berlin-Brandenburg:
Urteil v. 14.06.2007
Az: 15 K 3202/04 B


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