Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 17. Juni 2008
Aktenzeichen: 5 U 27/07

(OLG Frankfurt am Main: Urteil v. 17.06.2008, Az.: 5 U 27/07)

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 12. Dezember 2006verkündete Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des LandgerichtsFrankfurt am Main wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des Klägers durchSicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteilvollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor derVollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweilsbeizutreibenden Betrages leistet.

Gründe

I. Der Kläger ist Aktionär der beklagten Aktiengesellschaft und macht mit der Klage die Nichtigkeit unter Punkt 2 bis 5 der Tagesordnung gefasster Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 8.08.2006 geltend.

Die Hauptversammlung der Beklagten am 19.07.2005 hatte unter TOP 6 die Umstellung der seinerzeit auf den Inhaber lautenden Stückaktien auf Stückaktien, die auf den Namen lauten, und u. a. unter Punkt 6 der Tagesordnung:

"Als Folge der Umstellung soll auch das Teilnahmerecht an der Hauptversammlung dahingehend geändert werden, dass die bisherige Hinterlegung der Aktien beseitigt wird. Künftig ist teilnahmeberechtigt, wer als Aktionär im Handelsregister eingetragen ist und sich spätestens sieben Tage vor der Hauptversammlung bei der Gesellschaft schriftlich angemeldet hat. Innerhalb der letzten sieben Tage vor der Hauptversammlung werden Umschreibungen im Aktienregister nicht mehr vorgenommen.",

und ferner beschlossen:

" Aufgrund des vorstehenden Beschlusses wird die Satzung wie folgt neu gefasst:

§ 21 Stimmrecht Zur Teilnahme an der Versammlung und zur Ausübung des Stimmrechts sind alle am Tage der Versammlung im Aktienregister eingetragene Aktionäre oder deren Bevollmächtigte berechtigt, die sich spätestens sieben Tage vor der Versammlung der Gesellschaft schriftlich angemeldet haben. Umschreibungen im Aktienregister finden innerhalb der letzten sieben Tage vor der Hauptversammlung nicht statt. Den zur Teilnahme berechtigten Aktionären können Eintrittskarten zur Hauptversammlung ausgestellt werden.€

Diese Umstellung von Inhaber- auf Namensaktien und die Satzungsänderung für die Teilnahme und die Ausübung des Stimmrechts, die zuvor satzungsgemäß von der Hinterlegung der Aktien abhängig gewesen waren, wurden am 1.11.2005 in das Handelsregister eingetragen, die Beschlüsse zu 6. d) und e) wurden zwischenzeitlich durch rechtskräftiges Senatsurteil vom 16. November 2007 (Az. 5 U 86/06) für nichtig erklärt. Ein Aktienregister wurde bei der Beklagten nachfolgend zunächst nicht eingerichtet.

Zur Hauptversammlung am 8.08.2006 berief die Beklagte mit im elektronischen Bundesanzeiger vom 23.06.2006 veröffentlichter Bekanntmachung ein, in der die Bedingungen, von denen die Teilnahme an der Hauptversammlung und die Ausübung des Stimmrechts abhängen, auszugsweise wie folgt angegeben wurden:

€Zur Teilnahme an der Hauptversammlung am 8. August 2006 und zur Ausübung des Stimmrechtes sind alle Aktionäre berechtigt, die sich bis zum Ablauf des Dienstag, 1. August 2006 bei der Gesellschaft schriftlich angemeldet und dieser ihren Aktienbesitz nachgewiesen haben. Der Nachweis des Anteilsbesitzes hat sich auf den Beginn des 18. Juli 2006 (0.00 Uhr) zu beziehen. Anmeldung und Nachweis des Anteilsbesitzes müssen €.€

In der Hauptversammlung wurde u. a. zu TOP 2 bis 5 Beschlüsse über die Verwendung des Bilanzgewinns, die Entlastung des Vorstands, die Entlastung des Aufsichtsrats und die Wahl von Abschlussprüfern gefasst, gegen die der Kläger gestimmt und Widerspruch zu notariellem Protokoll erklärt hatte.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beschlussfassungen seien nichtig (§ 241 Nr. 1 AktG), weil die Angaben über die Teilnahme und Stimmrechtsausübungsbedingungen in der Bekanntmachung unter Verstoß gegen § 121 Absatz 3 Satz 2 AktG unrichtig, weil mit der Satzung und dem Gesetz unvereinbar, gewesen seien. Denn ein Nachweis dürfe nach dem AktG nur bei Inhaberaktien verlangt werden, und auch das nach § 123 Abs. 3 AktG in der ab 1.11.2005 geltenden Fassung nur dann, wenn in die Satzung auf Grund eines entsprechenden satzungsändernden Hauptversammlungs-Beschlusses eine Bestimmung aufgenommen worden sei, wie die Berechtigung zur Teilnahme an der Hauptversammlung oder zur Ausübung des Stimmrechts nachzuweisen sei. Eine solche Bestimmung enthalte die Satzung indessen nicht. Die satzungsändernde Beschlussfassung der Hauptversammlung vom 19.07.2005 unter Punkt 6 der Tagesordnung habe nämlich keine Satzungsbestimmung über den Nachweis der Berechtigung zur Teilnahme an der Hauptversammlung oder Stimmrechtsausübung bei Inhaberaktien betroffen, denn die satzungsändernde Beschlussfassung sei seinerzeit auf die Umstellung der Aktien von Inhaber- auf Namensaktien gerichtet gewesen, für die ein Nachweis weder erforderlich noch nach der späteren Neufassung des § 123 Abs. 2, 3 AktG zulässig gewesen wäre. Überdies sei ein weiterer Nichtigkeitsgrund verwirklicht: aufgrund der Umstellung auf Namensaktien und der Eintragung der entsprechenden Satzungsänderung sei mangels Einrichtung eines Aktienregisters nicht ein einziger Aktionär berechtigt gewesen, an einer Hauptversammlung der Beklagten teilzunehmen und das Stimmrecht auszuüben, mangels Stimmrechten sei kein Beschluss wirksam zustande gekommen.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass folgende unter Punkt 2 bis 5 der Tagesordnung gefasste Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 08.08.2006 nichtig sind: a) der unter Punkt 2 der Tagesordnung gefasste Beschluss über die Verwendung des Bilanzgewinns, wonach der Bilanzgewinn in Höhe von Euro 168.000,00 in Form einer Dividende vom Euro 0,10 je dividendenberechtigten Stückaktie nach § 28 der Satzung in voller Höhe auszuschütten sei, b) der unter Punkt 3 der Tagesordnung gefasste Beschluss über die Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2005, c) der unter Punkt 4 der Tagesordnung gefasste Beschluss über die Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2005, d) der unter Punkt 5 der Tagesordnung gefasste Beschluss über die Wahl der B GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Düsseldorf, zum Abschlussprüfer der Gesellschaft für das Geschäftsjahr 2006.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Bedingungen für richtig mitgeteilt gehalten, weil die Umstellung auf Namensaktien noch nicht vollzogen gewesen sei, nachdem sich ihre Hausbank und auch die zwischenzeitlich beauftragte A außerstande gesehen hätten, die Umstellung durchzuführen, § 67 Abs. 2 AktG habe daher von vornherein keine Rolle gespielt. Mangels weiterer satzungsmäßiger Voraussetzungen verbleibe es bei den gesetzlichen Vorschriften zur Teilnahmeberechtigung, die in § 123 Abs. 3 Satz 2 bis 4 AktG zur Legitimation die Vorlage einer Bescheinigung des depotführenden Kreditinstituts vorsähen, und zwar auch dann, wenn die Satzung dazu keine Regelung enthalte. Die Legitimation auf diese Art und Weise sei nichts anderes als der in der Einladung zu Hauptversammlung verlangte Nachweis des Aktienbesitzes.

Da trotz Wirksamwerdens des auf Namensaktien umstellenden Satzungsbeschlusses tatsächlich noch Inhaberaktien ausgegeben gewesen seien, nachdem die Kraftloserklärung der bisherigen Aktienurkunden nicht durchgeführt worden sei, seien die anwesenden Aktionäre stimmberechtigt gewesen, die früheren Satzungsbestimmungen zur Einberufung der Hauptversammlung und Ausübung des Stimmrechts aber nicht mehr gültig.

Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 76 bis 81 d. A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen, und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Beschlüsse seien nichtig, weil den Anforderungen des § 121 Abs. 3 AktG nicht entsprochen worden sei, nachdem die gewählte Art der Einberufung keine satzungsmäßige Grundlage gehabt habe. Ohne Relevanz sei, dass ein Aktienregister noch nicht angelegt gewesen sei.

Diese Beurteilung greift die Beklagte mit der Berufung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens an. Sie macht fehlerhafte Rechtsanwendung geltend, der Standpunkt des Landgerichts führe dazu, dass die Beklagte überhaupt keine Möglichkeit gehabt hätte, die Aktionäre in richtiger Weise einzuladen. Trotz fehlender Kraftloserklärung hätte das angefochtene Urteil die Konsequenz, dass die Aktien ihre Legitimationswirkung verlören. Da mangels Verbriefung noch keine Namensaktien entstanden seien, sei eine teleologische Reduktion der Regelung des § 67 Abs. 2 AktG dahin geboten, dass die noch nicht in ein Aktienregister eingetragenen Aktionäre nach den für Inhaberaktien geltenden Vorschriften über die Depotbank zur Hauptversammlung einzuladen und ihnen Teilnahme- und Stimmrechte zu gewähren seien. Deshalb liege auch kein Verstoß gegen § 121 Abs. 3 AktG vor, weil auf die gesetzliche Bestimmung in § 123 Abs. 3 Satz 2 bis 4 AktG habe zurückgegriffen werden müssen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 12. Dezember 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung und bekräftigt seine Ansicht, dass mit Eintragung des satzungsändernden Beschlusses die Umstellung auf Namensaktien erfolgt sei, während Vorstand und Aufsichtsratsvorsitzender bis zur Beschlussfassung am 19.07.2005 (!, Bl. 139 d. A.) nichts unternommen hätten, der Verpflichtung des Vorstandes aus der von den Organen der Beklagten selbst veranlassten Beschlussfassung auf Einrichtung eines Aktienregisters nachzukommen, das laufe auf die Täuschung des Börsenpublikums hinaus.

Wegen des Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug wird ergänzend auf folgende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen: der Beklagten vom 2.07.2007 (Bl. 112 bis 122 d. A.) und vom 24.01.2008 (Bl. 153 bis 160 d. A.), des Klägers vom 24.05.2007 (Bl. 137 bis 140 d. A.).

II. Die Berufung ist zulässig, insbesondere in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden.

Die Berufung ist unbegründet, die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes, wie auch die gemäß § 529 Abs. 1 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen keine andere Entscheidung rechtfertigen (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO).

Die Klage ist als Nichtigkeitsklage gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG zulässig.

Zu Recht geht das Landgericht zunächst davon aus, dass die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit (§ 256 ZPO) von Hauptversammlungsbeschlüssen grundsätzlich von jedermann erhoben werden könnte. Insoweit in Übereinstimmung mit beiden Parteien nimmt das Landgericht zu Recht weiter an, dass der Kläger Inhaber von Aktien der beklagten Gesellschaft ohne Rücksicht auf die satzungsmäßige Umstellung auf Namensaktien ist. Denn der Beschluss der Hauptversammlung am 19.07.2005, die Inhaber in Namensaktien umzuwandeln, war zwar erforderlich (§ 23 Nr. 5 AktG), aber nicht hinreichend, um die neue Aktienart entstehen zu lassen (so wohl die überwiegende Meinung in der Literatur, vgl. Hüffer, AktG 7. Aufl., § 24 Rz. 6; MünchKommAktG/Pentz, 3. Aufl., § 24 Rz. 12; Kölner Kommentar AktG/Kraft 2. Aufl., § 24 Rz. 15; a. A. für den umgekehrten Fall der Umwandlung von Namens- in Inhaberaktien: Hans. OLG Hamburg, AG 1970, 230, dagegen überzeugend Kraft a. a. O. Rz. 16: die Gegenmeinung übersehe, dass die Aktie das Mitgliedschaftsrecht nur deklaratorisch verbriefe und von der Art der Urkunde, die es verbriefe, unabhängig sei). Der Kläger war also noch Aktionär der Beklagten, obwohl er nicht in €das€ Aktienregister eingetragen war, weil dieses zum damaligen Zeitpunkt nicht existierte, wenn auch der Inhalt der Aktienurkunden durch eine Veränderung der rechtlichen Verhältnisse (Satzungsänderung durch Eintragung des Umstellungsbeschlusses, § 181 Abs. 3 AktG) unrichtig geworden war, weshalb die Gesellschaft die Kraftloserklärung gemäß § 73 AktG hätte betreiben können (Vgl. Hüffer a. a. O Rz. 7, Pentz a. a. O. Rz. 13, a.A. Kraft a. a. O. Rz. 18), um neue Aktien auszugeben und dem Berechtigten auszuhändigen. Doch ist mit dem Aktienregister und § 67 Abs. 2 AktG, diese Regelung geht ersichtlich von einem intakten Aktienregister aus, nach ihr gilt im Verhältnis zur Gesellschaft nur als Aktionär, wer im Aktienregister eingetragen ist, schon nicht bezweckt, in den vom Gesetz nicht geregelten Fällen, in denen aus welchen Gründen auch immer ein Aktienregister noch nicht erstellt ist, Aktionäre von ihrem Teilnahme- und Stimmrecht auszuschließen (vgl. Maul, NZG 2001, 585, 591).

Die Klage ist auch begründet, die Beschlüsse sind nichtig, weil sie in einer Hauptversammlung gefasst wurden, die unter Verstoß gegen § 121 Abs. 3 AktG einberufen worden ist.

Die Einberufung muss u. a. die Bedingungen angeben, von denen die Teilnahme an der Hauptversammlung und die Ausübung des Stimmrechts abhängen (§ 121 Abs. 3 Satz 2 AktG). Damit sind die Bestimmungen der Satzung über Hinterlegung oder Anmeldung angesprochen, bezweckt ist die bessere Unterrichtung der Aktionäre (vgl. Hüffer a. a. O., § 121 Rz. 9; MünchKommAktG/Kubis, 2. Aufl., § 121 Rz. 40), die Bestimmungen müssen zutreffend wiedergegeben werden (vgl. MünchKomm/Kubis, a. a. O. Rz. 41, Groß Kommentar AktG/Werner 4. Aufl. § 121 Rz. 58: auch vollständig), allerdings sollen die Bestimmungen ausgelassen werden können, die für die konkret einberufene Hauptversammlung keinerlei Bedeutung haben (vgl. MünchKomm/Kubis, a. a. O. Rz. 41). Für die Einladung zur Hauptversammlung 2006 war § 21 der Satzung der Beklagten in der Fassung des in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 19. Juli 2005 unter TOP 6. gefassten Beschlusses über Satzungsänderungen maßgebend. Diese Änderung des § 21 der Satzung der Beklagten ist durch Eintragung in das Handelsregister am 1. November 2005 gemäß § 181 Abs. 3 AktG wirksam geworden. Zwar entfaltet die Eintragung als solche keine heilende Wirkung für Mängel des Satzungsänderungsbeschlusses, wobei die Satzungsänderung gerichtlich letztlich erfolgreich angefochten worden ist, weil der Berufung des hiesigen Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts mit Urteil des Senats vom 16. November 2007 im Verfahren 5 U 86/06 stattgegeben worden ist und die angefochtenen Beschlüsse für nichtig erklärt worden sind. Das gebietet indessen eine abweichende Beurteilung nicht. Nach der Senatsrechtsprechung ist jedenfalls im Zeitpunkt der Einladung die geänderte Satzungsbestimmung wirksame Grundlage für die Einladung, selbst eine auf Klage ausgesprochene Nichtigerklärung mit ex-tunc-Wirkung vermag an der Ordnungsgemäßheit der vor Rechtskraft erfolgten Einladung in Anlehnung an die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft nachträglich nichts mehr zu ändern (vgl. Senat, Beschlüsse vom 5. November 2007 - 5 W 22/07, ZIP 2008, 138, Juris Rz 81; vom 13. März 2008 € 5 W 4/08, S. 16, unveröffentlicht).

Danach mussten die Bedingungen des § 21 der Satzung mitgeteilt werden.

Der Beklagten ist zwar darin beizutreten, dass die Bedingungen dieser Satzungsbestimmung noch keine Geltung beanspruchen konnten, soweit die Legitimation des Aktionärs an die Eintragung in das Aktienregister anknüpfte, weil ein Aktienregister noch nicht errichtet war und tatsächlich noch Inhaberaktien die Mitgliedschaft verkörperten. Daraus folgt, dass die gesetzlichen Bedingungen der Teilnahme maßgebend sein mussten, soweit die Satzungsbestimmung nicht wirksam oder anwendbar war. Die Satzungsbestimmung sah eine Anmeldung der Teilnehmer vor, was § 123 Abs. 2 AktG zulässt.

Da die neue Satzungsbestimmung auf Namensaktien abzielte, aber Inhaberaktien vorlagen, gilt die Regelung des nur auf Inhaberaktien anwendbaren § 123 Abs. 3 AktG. Hiernach kann die Satzung bestimmen, wie die Berechtigung zur Teilnahme an der Hauptversammlung oder die Ausübung des Stimmrechts nachzuweisen ist. Eine auf Inhaberaktien bezogene Regelung enthielt die neue Satzungsbestimmung nicht. In diesem Fall verbleibt es bei den allgemeinen Grundsätzen, nach denen sich derjenige, der Rechte ausüben will, als Berechtigter legitimieren muss (vgl. Hüffer, a. a. O., § 123 Rz. 9, 3). Dies kann durch Vorlage des Papiers, aber auch einer Bescheinigung des depotführenden Kreditinstituts erfolgen (vgl. Hüffer, a. a. O., Rz. 5). Die Einladung sprach zwar von Nachweis, nicht von Legitimation, der Nachweis im Sinne von § 123 Abs. 3 Satz 2 AktG ist aber eine Möglichkeit der Legitimation, die das Gesetz zum Schutz der Aktionäre bei Fehlen von Satzungsregelungen für genügend erachtet (vgl. Hüffer, a. a. O, Rz. 11). Die Vorgaben von § 121 Abs. 3 Satz 2 bis 4 AktG waren hiernach maßgeblich.

Demgegenüber kommt eine Anwendung der €alten€ Satzungsbestimmung über § 16 Satz 2 EGAktG, die der Kläger auch nur für den hier dann doch nicht gegebenen Fall, dass die Satzungsänderung noch nicht im Handelsregister eingetragen gewesen wäre, hilfsweise geltend gemacht hatte, nicht in Betracht. Denn die Beklagte hat am 19.07.2005 § 21 der Satzung geändert, das Hinterlegungserfordernis beseitigt und damit ihre Satzung an § 123 in der Fassung des UMAG angepasst mit der Folge, dass weder eine Hinterlegung Voraussetzung noch für den Zeitpunkt der Hinterlegung auf den 21. Tag vor der Versammlung abzustellen oder für die Berechnung der Einberufungsfrist auf diesen Zeitpunkt entsprechend abzustellen war (§ 123 Abs. 2 Satz 2, 3 Satz 1, 2. Halbs).

Gleichwohl waren die satzungsmäßigen Bedingungen, von denen die Teilnahme an der Hauptversammlung und die Ausübung des Stimmrechts abhingen, mitzuteilen, weil es sich nach Ansicht des Senats hierbei nicht um eine quasi inhaltsleere, somit überflüssige Förmelei gehandelt hätte. Die Bekanntgabe war nach Sinn und Zweck der Vorschrift des § 121 Abs. 3 AktG geboten. Die Norm will eine bessere Unterrichtung der Aktionäre sicherstellen (vgl. Hüffer a. a. O., § 121 Rz. 10 unter Hinweis auf die RegBegr. bei Kropff; Werner a. a. O., § 121 Rz. 57), also das Teilnahme- und Teilhaberecht des Aktionärs stärken und für eine verbreitete Teilnahme sorgen. Es bestand hier konkret die Gefahr, dass ein Aktionär die Divergenz des Wortlauts des maßgeblichen neuen § 21 der Satzung und des Wortlauts der Einberufung zum Anlass nehmen könnte, nicht an der Hauptversammlung teilzunehmen, weil er sich nicht klar gemacht haben könnte, dass die neue Satzung in diesem Punkt mangels Vorliegen der Voraussetzungen noch nicht mit Leben erfüllt war und es deshalb ergänzend auf die mitgeteilten gesetzlichen Bedingungen des Nachweises ankam. Um derartige Missverständnisse oder auch nur Zweifel gar nicht erst aufkommen zu lassen, war es geboten, die neuen satzungsmäßigen Bedingungen zumindest knapp inhaltlich mitzuteilen und dies mit dem Hinweis zu verbinden, dass sie mangels Errichtung eines Aktienregisters nicht zum Tragen kommen können und daher die gesetzlichen Voraussetzungen für die Legitimation maßgeblich sein müssen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO auch bezüglich der Abweichung von der Entscheidung des Hans. OLG Hamburg, AG 1970, 230, auf der das Urteil des Senats nicht beruht, nicht vorliegen.






OLG Frankfurt am Main:
Urteil v. 17.06.2008
Az: 5 U 27/07


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