Gibt der Anbieter von besonders preisgünstigen Mobiltelefonen diese zu dem angegebenen (beworbenen) Preis nur ab bei gleichzeitigem Abschluß eines Netzvertrages, hat er dies in der Werbung unmißverständlich herauszustellen, will er sich nicht dem Vorwurf wettbewerbswidriger, weil irreführender Werbung aussetzen. Mangels hinreichender Aufklärung darüber, daß es sich um ein Gesamtangebot handelt, wird ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise fälschlich annehmen, man könne das beworbene Gerät isoliert, d.h. ohne Netzkarte, erwerben und zwar zu einem Preis, der unter dem Gesamtpreis liegt oder diesen zumindest nicht übersteigt.
Die Berufung der Beklagten gegen das am 31. Mai 1994 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 97/94 - in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses des Senats vom 10. Februar 1995 - 6 U 156/94 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beschwer der Beklagten wird auf 30.267,50 DM festgesetzt.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.
Das Unterlassungsbegehren der Klägerin ist auch nach dem
zweitinstanzlichen Vorbringen der Parteien erfolgreich.
Bedenken gegenüber der Zulässigkeit der Klage bestehen nicht.
Insbesondere ist die Klägerin gemäß § 13 Abs. 2 Ziff. 2 UWG
prozeßführungsbefugt, wie auch von der Beklagten zum Zeitpunkt der
Berufungsverhandlung nicht mehr in Frage gestellt wird. Mitglieder
der Klägerin sind unstreitig u.a. alle Industrie- und
Handelskammern, die im Streitfall nach § 13 Abs. 2 Ziff. 4 UWG
selbst zur Verfolgung von Wettbewerbsverstößen der in Rede
stehenden Art prozeßführungsbefugt wären. Der Klägerin gehören
damit, wie von § 13 Abs. 2 Ziff. 2 UWG gefordert, eine erhebliche
Zahl von Gewerbetreibenden an, die Waren oder gewerbliche
Leistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt wie die
Beklagte vertreiben (vgl. dazu BGH WRP 1995/104 f. "Laienwerbung
für Augenoptiker"). Gerichtsbekannt und von der Beklagten nicht in
Zweifel gezogen ist weiterhin, daß die Klägerin ebenfalls über die
von § 13 Abs. 2 UWG darüber hinaus geforderte personelle, sachliche
und finanzielle Ausstattung zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben der
Verfolgung gewerblicher Interessen verfügt.
Die Klage ist jedoch auch gemäß §§ 3, 13 Abs. 2 Ziff. 2 UWG
wegen Irreführung über das Angebot der Beklagten begründet.
Dies können die Mitglieder des Senats, die ebenso wie die
Mitglieder der Kammer des Landgerichts zu den von der Werbung
angesprochenen Verkehrskreisen gehören, aus eigener Sachkunde und
Erfahrung beurteilen.
Die beanstandete Werbung der Beklagten ist irreführend und damit
gemäß § 3 UWG unzulässig. Unstreitig werden Mobiltelefone, wie sie
Gegenstand der streitgegenständlichen Anzeige der Beklagten sind,
auch isoliert, d.h. ohne gleichzeitigen Abschluß eines
Kartenvertrages, vom Handel angeboten, wie ebenfalls der in erster
Instanz zu den Akten gereichte Artikel der Zeitschrift Test
... bestätigt. Daß derartiges nicht für die von der
Beklagten in der beanstandeten Werbung herausgestellten Telefone
gilt, wie von der Beklagten in der zweiten Instanz für den
Zeitpunkt des Erscheinens der beanstandeten Werbung und danach für
alle von ihr angebotenen Telefone behauptet, erfährt jedoch der
Verbraucher durch die streitgegenständliche Anzeige der Beklagten
nicht. Die Erläuterungen zu den "Sternchen" neben den Gesamtpreisen
der Anzeige klären den Verbraucher mit dem Hinweis
"Alle Preise verstehen sich zusammen
mit D-Netz Karte."
ausschließlich darüber auf, daß es sich dabei um Gesamtpreise
(für Telefon und D-Netz Karte) handeltn nicht aber darüber, daß die
Telefone ohne Abschluß eines Netzvertrages, bei der Beklagten
erworben werden können. Auch im weiteren Inhalt der beanstandeten
Anzeige der Beklagten finden sich hierzu keine aufklärenden
Hinweise.
Jedenfalls ein nicht unbeachtlicher Teil der angesprochenen
Verbraucher wird daher unrichtig annehmen, er könne die beworbenen
Telefone bei der Beklagten ebenfalls isoliert - ohne Netzkarte -
erwerben, und dabei zu einem Preis, der unter dem in der Anzeige
genannten Gesamtpreis liegt oder diesen zumindest nicht übersteigt.
Zu anderen Vorstellungen gelangt nur derjenige Verbraucher, dem
bekannt ist, daß die niedrigen Preise der Mobiltelefone bei
gleichzeitigem Abschluß eines Kartenvertrages z.B. bei den von der
Beklagten in der beanstandeten Anzeige beworbenen Telefone auf
Provisionen beruhen, die die Beklagte seitens der Firma ... nach
Abschluß des Kartenvertrages erhält. Eine derartige Kenntnis der
Verbraucher kann jedoch nicht allgemein angenommen werden, wie auch
den Mitgliedern des Senats ebenso wie der Kammer des Landgerichts
dieser Umstand nicht bekannt war. Selbst bei den Verbrauchern, die
bereits über ein Mobiltelefon mit Netzkarte verfügen und sich ein
anderes - eventuell besseres - Telefon auf die Werbung der
Beklagten hin unter Beibehaltung ihres Kartenvertrages anschaffen
wollen, können derartige Kenntnisse nicht allgemein vorausgesetzt
werden.
Die dargelegte Irreführung ist relevant i.S.v. § 3 UWG, ohne daß
es auch insoweit darauf ankommt, ob die Beklagte zum Zeitpunkt der
Werbung oder danach Telefone ohne Kartenvertrag angeboten hat und
anbietet. Die Relevanz der Irreführung ist schon deshalb zu
bejahen, weil die Beklagte durch das vermeintlich attraktive
Angebot der beanstandete Anzeige den Verbraucher veranlaßt, ihr
Ladenlokal aufzusuchen mit den sich daraus für die Beklagte
ergebenden Chancen, den Verbraucher ggfls. zu einem anderen Kauf
als ursprünglich beabsichtigt zu veranlassen.
Die Klägerin ist schließlich aktiv legitimiert, den
Unterlassungsanspruch aus § 3 UWG gemäß § 13 Abs. 2 Ziff. 2 UWG
gegen die Beklagte geltend zu machen, denn die beanstandete
Werbemaßnahme der Beklagten ist, wie von § 13 Abs. 2 Ziff. 2 UWG
insoweit gefordert, geeignet, den Wettbewerb auf dem einschlägigen
Markt der Anbieter von Mobiltelefonen wesentlich zu
beeinträchtigen. Es handelt sich im Streitfall nicht um einen
geringfügigen Wettbewerbsverstoß, der nach dem vom Gesetzgeber mit
der Neufassung des § 13 Abs. 2 Ziff. 2 UWG verfolgten Zweck von den
Verbänden des § 13 Abs. 2 Ziff. 2 UWG nicht mehr verfolgt werden
soll (vgl. Begründung des Gesetzesentwurfs, abgedruckt in WRP
1994/369, 377), sondern um einen Verstoß von einem gewissen
Gewicht, dessen Auswirkungen auf das Wettbewerbsgeschehen so
erheblich ist, daß die Interessen der Allgemeinheit ernsthaft
betroffen sind. Von der Werbung der Beklagten geht wegen der dort
genannten günstigen Gesamtpreise und der sich daran anknüpfenden
irreführenden Vorstellung der Verbraucher über den günstigen -
isolierten - Preis der Telefone ein beachtlicher Anreiz für die
Verbraucher aus. Dieser besondere Anreiz begründet zugleich die
Gefahr, daß auch andere Unternehmen in gleicher Weise wie die
marktstarke Beklagte werben, um Nachteilen im Wettbewerb zu
entgehen. Ohne Erfolg wendet die Beklagte hiergegen ein, alle
Wettbewerber der Beklagten hätten im Zeitraum der Gültigkeit des
beanstandeten Werbeprospekts Mobiltelefone mit gleichzeitigem
Abschluß eines Kartenvertrages nicht anders als die Beklagte
beworben. Abgesehen davon, daß die zu den Akten gereichten
Werbebeispiele anderer Wettbewerber dies nicht bestätigen, ist
dieser Umstand auch nicht geeignet, die Eignung des beanstandeten
Verstoßes zur wesentlichen Wettbewerbsbeeinträchtigung im Sinne von
§ 13 Abs. 2 Ziff. 2 UWG in Frage zu stellen. Die von der Beklagten
geltend gemachte Werbepraxis ändert nichts an der dargelegten
Irreführung der Verbraucher und an dem erheblichen Anreiz, der von
der irreführenden Werbung auf den Verbraucher ausgeübt wird.
Ist danach das Unterlassungsbegehren aus §§ 3, 13 Abs. 2 Ziff. 2
UWG begründet, bedurfte es auch im Berufungsverfahren keiner
Prüfung, ob die Unterlassungsklage zugleich gemäß §§ 1, 13 Abs. 2
Ziff. 2 UWG Erfolg hätte.
Da das Unterlassungsbegehren der Klägerin erfolgreich ist, ist
aus den vom Landgericht angeführten Erwägungen, auf die Bezug
genommen wird, die Beklagte gemäß §§ 683, 670 BGB der Klägerin zum
Ersatz der dieser durch die Abmahnung der Beklagten entstandenen
Aufwendungen in Höhe von 267,50 DM nebst 4 % Zinsen seit dem
5.4.1994 verpflichtet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht
gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Beschwer der Beklagten war gemäß §§ 546 Abs. 2 ZPO
festzusetzen und entspricht dem Wert des Unterliegens der Beklagten
im Rechtsstreit.
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