Landgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 8. Februar 2013
Aktenzeichen: 2/6 O 273/12

(LG Frankfurt am Main: Urteil v. 08.02.2013, Az.: 2/6 O 273/12)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,--, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber dem Letztverbraucher zu werben, ohne gleichzeitig die Identität und die Anschrift des Unternehmens oder die Identität und Anschrift des Unternehmens, für welches sie handelt, anzugeben,

wenn dies geschieht wie in der Anzeige auf Seite 3 des Einhefters €Komm an Bord!€ im Magazin der A€X€ Ausgabe € 2012 (Anlage K 3).

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 166,60 €nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 25.07.2012 zu zahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

4. Das Urteil ist hinsichtlich Ziff. 1) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000 €, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

5. Der Streitwert wird auf 20.000,-- € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um wettbewerbsrechtliche Ansprüche wegen einer von der Beklagten verantworteten Werbeanzeige.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung darauf gehört, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden. Die Beklagte ist eine Franchisegeberin für Reisebüros, die unter der Marke €B€ u.a. die Vermittlung von Reisen anbieten. Sie vermittelt selbst keine Reisen, sondern stellt den Franchisenehmern das Franchisekonzept zur Verfügung, zu dem beispielsweise auch Vereinbarungen über die Einheitlichkeit des Markenauftritts und ein zentrales Marketing gehören.

Die Beklagte schaltete in dem Magazin €X€ der A AG, Ausgabe ... 2012 eine Werbeanzeige unter der Marke €B€ (Anlage K 3), die u.a. folgende Angaben enthielt:

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Wegen der genauen Ausgestaltung der Anzeige wird auf die Anlage K 3 Bezug genommen.

Der Kläger mahnte die Beklagte daraufhin mit Schreiben vom 30.04.2012 (Anlage K 4) ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf, was diese mit Schreiben vom 08.05.2012 (Anlage K 5) ablehnen ließ.

Der Kläger behauptet, zu seinen Mitgliedern gehörten die C GmbH & Co. KG, die auf ihrer Domain www...de Reisen sämtlicher Art anbiete. Gleiches gelte für die D GmbH, die auf ihrer Domain www...de eine Vielzahl unterschiedlicher Reisen anbiete. Ein weiteres Mitgliedsunternehmen sei der Y Reisedienst in Stadt1, der unter der Domain www. €.de sowohl Individual- als auch Gruppenreisen anbiete. Es handele sich um ein Tochterunternehmen des Y, welcher 540.000 Mitglieder habe. Weitere Mitglieder seien die Firma F GmbH, die G sowie die Firma H Inc., weiterhin die J GmbH & Co. KG, welche in ihrem ständigen Sortiment Reisen sämtlicher Art und Hotelübernachtungen anbiete.

Der Kläger behauptet, er sei hinreichend finanziell ausgestattet und könne personell und sachlich seinen satzungsmäßigen Aufgaben nachkommen; er verweist hierzu auf den Tätigkeitsbericht 2011 (Anlage K 14) und die Bilanz vom 31.12.11 (Anlage K 15). Für die im Jahr 2010 ausgesprochenen Abmahnungen seien ihm Kosten in Höhe von 190,12 € pro Abmahnung und für die im Jahr 2011 ausgesprochenen Abmahnungen Kosten in Höhe von 171,09 € pro Abmahnung entstanden.

Der Kläger ist der Ansicht, er sei prozessführungsbefugt und aktivlegitimiert nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, da er eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden als Mitglieder habe, die Leistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben. Ihm stehe ein Unterlassungsanspruch nach §§ 3,5a Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2, 8 UWG zu, da die Beklagte entgegen ihrer Verpflichtung hierzu ihre vollständige Firma mitsamt Rechtsform nicht angegeben habe.

Der Kläger beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,--, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber dem Letztverbraucher zu werben, ohne gleichzeitig die Identität und die Anschrift des Unternehmens oder die Identität und Anschrift des Unternehmens, für welches sie handelt, anzugeben. wenn dies geschieht wie in der Anzeige auf Seite 3 des Einhefters €Komm an Bord!€ im Magazin der A €X€ Ausgabe ... 2012 (Anlage K 3). 2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 166,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dem Kläger fehle es an der Prozessführungsbefugnis und Aktivlegitimation. Die Beklagte sei lediglich Franchisegeberin für Reisebüros und deshalb auf einem anderen Markt tätig als die von dem Kläger behaupteten Mitglieder.

Darüber hinaus liege schon kein Angebot im Sinne von § 5a Abs. 3 UWG, jedenfalls aber keines der Beklagten vor, da sie selbst keine Reisen anbiete und auch nicht als Stellvertreterin für die Reisebüros handele. Im Übrigen liege auch keine Verletzung der Informationspflicht vor, da diese gar nicht bestehe, weil der Verbraucher nicht mit der Beklagten, sondern mit den Reisebüros die Reiseverträge abschließe.

Zur Vervollständigung des Tatbestandes wird auf sämtliche zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.01.2013 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich als begründet. Dem prozessführungsbefugten und aktivlegitimierten Kläger steht gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus §§ 3,5a Abs. 2, Abs. 3Nr. 2, 8 UWG zu, da diese in der streitgegenständlichen Anzeige entgegen § 5a Abs. 2, Abs. 3 Nr. 3 UWG geworben hat, ohne die vollständige Identität des Anbieters anzugeben.

1.) Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Kläger ist nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt. Ihm gehören insbesondere eine erhebliche Zahl von Unternehmen an, die Dienstleistungen gleicher Art wie die Beklagte vertreiben; zudem ist der Kläger aufgrund seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande, die satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen seiner Mitglieder tatsächlich wahrzunehmen.

a) Der Kläger ist zur Aufgabenerfüllung hinreichend ausgestattet. Für den Kläger als langjährig tätigen Wettbewerbsverband streitet die Vermutung, dass er die finanziellen, personellen und sachlichen Voraussetzungen erfüllt,um seine satzungsmäßigen Aufgaben wahrnehmen zu können (BGH WRP1997, 439 € Geburtstagswerbung II; BGH GRUR 2000, 1093€ Fachverband; Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl. 2012, § 8 Rnr.3.66). Ein bloßes Bestreiten durch die Beklagte genügt daher nicht;vielmehr ist es an ihr, diese Vermutung zu widerlegen.

Diesen Anforderungen ist die Beklagte schon deshalb nicht gerecht geworden, weil sie sich auf das bloße Bestreiten des Vorliegens der Voraussetzungen beschränkt hat und keine konkreten Anhaltspunkte dafür benannt hat, dass der Kläger nach Jahrzehnten der regelmäßig anerkennten Klagebefugnis nunmehr plötzlich nicht mehr über die nötige Ausstattung verfügen sollte, seinen Aufgaben nachzukommen. Auf das Ergebnis der Beweisaufnahme kommt es daher im diesem Punkt nicht einmal an. Im Übrigen hat das Gericht aufgrund des vorgelegten Geschäftsberichts, der Bilanz sowie der Aussage der Zeugin Z1 nicht die geringsten Zweifel daran, dass der Kläger insoweit über die notwendigen Voraussetzungen verfügt. Insbesondere die personelle und sachliche Ausstattung hat die Zeugin Z1 in ihrer Aussage erläutert: Danach ist der Kläger mit einer Geschäftsstelle ausgestattet und beschäftigt neben fünf freiberuflichen Mitarbeitern 4 feste Vollzeitmitarbeiter und eine Teilzeitkraft.Die finanzielle Ausstattung ergibt sich aus den vorgelegten Berichten. Der Kläger ist daher in der Lage, seine Fixkosten aus der Existenz, Grundausstattung und Grundbetätigung und gegnerischen Kostenerstattungsansprüchen abzudecken.

b) Dem Kläger gehört auch eine erhebliche Anzahl von Unternehmen an, die Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben.

aa) Das Gericht ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme mit der erforderlichen Sicherheit (§ 286 ZPO) davon überzeugt, dass die CGmbH & Co. KG, die D GmbH, die Y Reisedienst GmbH, die F GmbH,die G GmbH, die H Inc. sowie die J GmbH & Co. KG Mitglieder des Klägers sind.

Die Zeugin Z1, Geschäftsführerin des Klägers, hat in der Beweisaufnahme bestätigt, dass diese Unternehmen Mitglieder des Klägers sind. Dabei ist unerheblich, dass die Zeugin dies nicht aus ihrer eigenen Erinnerung ausgesagt hat, sondern dies aufgrund der ihr vorliegenden Unterlagen getan hat. Die Zeugin ist damit vielmehr der ihr nach § 378 Abs. 1 ZPO ausdrücklich auferlegten Pflicht nachgekommen, Aufzeichnungen und andere Unterlagen vor dem Termin einzusehen und diese zu dem Termin mitzubringen, um ihre Erinnerungen aufzufrischen. Die Zeugin hat zudem ausgesagt, dass sie alle Beitrittserklärungen der o.g. Unternehmen selbst in der Hand gehabt habe. Dass die Zeugin bei über 1000 Mitgliedern ihre Aussage auf der Basis des Einblicks in ihre Unterlagen tätigt,führt daher nicht zur fehlenden Glaubhaftigkeit ihrer Aussage,sondern zeugt im Gegenteil von einer besonders sorgfältigen Vorbereitung, wie sie der Gesetzgeber von Zeugen fordert.

Das Gericht hat daher auch keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage. Die Zeugin hat stringent und schlüssig und ohne Be- oder Entlastungseifer widerspruchsfrei ausgesagt.

Es bestehen auch keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin Z1. Das Gericht verkennt zwar nicht,dass die Zeugin als Geschäftsführerin des Klägers in dessen Lager steht; dies hat jedoch keineswegs zur Folge, dass ihre Aussage grundsätzlich weniger Gewicht zukäme. Vielmehr ist in diesen Konstellationen besonders auf die Konsistenz der Aussage und mögliche die Glaubwürdigkeit beeinflussende Faktoren geachtet werden. Hierfür hat das Gericht nach dem persönlichen Eindruck in der Beweisaufnahme jedoch keinerlei Anhaltspunkte erkennen können.Die Zeugin hat ohne Entlastungseifer ausgesagt und nicht erkennen lassen, dass in ihrer Persönlichkeit Momente erkennbar sind, die dafür sprechen, ihrer Aussage Vorsicht entgegen zu bringen.

bb) Bei diesen Mitgliedern handelt es sich auch um solche, die Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt wie die Beklagte vertreiben.

(1) § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG verlangt, dass die Mitgliedsunternehmen Waren oder Dienstleistungen auf demselben Markt vertreiben. Damit sind solche Unternehmen gemeint, die dem Verletzer auf demselben sachlich und räumlich relevanten Markt als Wettbewerber begegnen,also um Kunden konkurrieren können (BGH GRUR 2000, 1084,1085€ Unternehmenskennzeichnung mwN; Köhler/Bornkamm, UWG, 30.Aufl. 2012, § 8, Rnr. 3.35). Maßgebend ist allerdings nicht €wie im Kartellrecht € das zur Feststellung von Marktanteilen entwickelte Bedarfsmarktkonzept. Vielmehr kommt es im Lauterkeitsrecht darauf an, ob sich die betreffenden Waren oder Dienstleistungen ihrer Art nach so gleichen oder nahe stehen, dass der Absatz des einen Unternehmers durch irgendein wettbewerbswidriges Handeln des anderen beeinträchtigt werden kann,wobei die Begriffe weit auszulegen sind (BGH GRUR 2007, 610 €Sammelmitgliedschaft V). Es reicht aus, dass die Mitgliedsunternehmen eine zumindest nicht gänzlich unbedeutende Beeinträchtigung durch die Wettbewerbsmaßnahme mit einer gewissen,wenn auch nur geringen Wahrscheinlichkeit zu befürchten haben (BGHGRUR 2006, 778 Rdn 19 € Sammelmitgliedschaft IV; BGH GRUR2007, 610 Rdn 17 € Sammelmitgliedschaft V). Es muss also ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Mitgliedsunternehmen und dem Verletzer bestehen.

Dagegen ist nicht erforderlich, dass der Mitbewerber gerade bei den Waren oder Dienstleistungen, die mit den beanstandeten Wettbewerbsmaßnahmen beworben worden sind, mit den Mitgliedsunternehmen im Wettbewerb steht (BGH GRUR 2007, 809 Rdn 14€ Krankenhauswerbung).

(2) Dies ist hier der Fall. Die Tätigkeit der Mitgliedsunternehmen des Klägers und der Franchisepartner der Beklagten stellt eine solche auf demselben sachlich und örtlich relevanten Markt der bundesweiten Reisevermittlung dar.

Bei der Marktabgrenzung ist von der Geschäftstätigkeit des werbenden Unternehmens auszugehen, wobei es darauf ankommt, auf welche Waren und Dienstleistungen und dementsprechend auf welchen Branchenbereich sich die beanstandete Wettbewerbsmaßnahme(hier: Reisedienstleistungen) bezieht (BGH GRUR 2006, 778, Rnr. 19- Sammelmitgliedschaft IV). Die Zugehörigkeit zu derselben oder einer verwandten Branche ist zwar ein ausreichendes, aber kein notwendiges Kriterium (BGH GRUR 1972, 553; BGH GRUR 2001, 260, 261€ Vielfachabmahner).

Der Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte unstreitig selbst keine Reiseleistungen anbietet, sondern lediglich als Franchisegeberin für Reisebüros tätig ist. Ausreichend ist nämlich € sowohl zur Begründung der Mitbewerberstellung als auch im Rahmen des § 8 Abs. 3 S. 2 UWG-, dass ein drittes Unternehmen gefördert wird (BGH GRUR 1997, 907€ Emil Grünbär Club; Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl. 2012, §8, Rnr. 3.35). Steht eine Förderung fremden Wettbewerbs in Rede,setzt das Merkmal eines Handelns zu Zwecken des Wettbewerbs voraus,dass das beanstandete Verhalten geeignet ist, den Wettbewerb des Dritten zum Nachteil eines Mitbewerbers dieses Dritten zu fördern.Dabei muss zwischen den Vorteilen, die der in Anspruch Genommene für das Unternehmen des Dritten zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die der - als unmittelbar Betroffener klagende -Mitbewerber durch dieses Verhalten erleidet, eine Wechselbeziehung und damit ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen dem geförderten Dritten und dem klagenden Mitbewerber bestehen.

Hier ist ein solches konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen den franchisenehmenden Reisebüros, für die die Beklagte die Werbung geschaltet hat und den Mitgliedern des Klägers offensichtlich gegeben. Dabei ist unerheblich, ob die Mitglieder des Klägers konkret auch Kreuzfahrtschiffreisen anbieten, da ausreichend ist,dass die Mitgliedsunternehmen eine zumindest nicht gänzlich unbedeutende Beeinträchtigung durch die Werbemaßnahme mit einer gewissen, wenn auch nur geringen Wahrscheinlichkeit zu befürchten haben (BGH GRUR 2007, 610 € Sammelmitgliedschaft V). Die Möglichkeit, dass einzelne angesprochene Kunden statt einer Kreuzfahrt bei einem €B€-Reisebüro eine Reise mit Hotelübernachtungen anbietet, ist hier zumindest nicht offensichtlich ausgeschlossen.

cc) Bei diesen Mitgliedern handelt es sich auch um eine erhebliche Zahl im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.

Die Anforderungen, die nach der neueren Rechtsprechung des BGH an die Erfüllung dieses Merkmals zu stellen sind, sind verhältnismäßig gering. Erheblich i.S. des § 8 III Nr. 2 UWG ist die Zahl der Mitglieder eines Verbands auf dem einschlägigen Markt dann, wenn diese Mitglieder als Unternehmen bezogen auf den maßgeblichen Markt in der Weise repräsentativ sind, dass ein missbräuchliches Vorgehen des Verbands ausgeschlossen werden kann (BGH, GRUR 2009, 692 Rdnr. 12 = Sammelmitgliedschaft VI;OLG Frankfurt, GRUR-RR 2010, 310). Dies kann auch schon bei einer geringen Zahl auf dem betreffenden Markt tätiger Mitglieder anzunehmen sein (BGH, GRUR 2009, 692 Rdnr. 12Sammelmitgliedschaft VI, m.w. Nachw.). Darauf, ob diese Verbandsmitglieder nach ihrer Zahl und ihrem wirtschaftlichen Gewicht im Verhältnis zu allen anderen auf dem Markt tätigen Unternehmen repräsentativ sind, kommt es nicht entscheidend an.Dies ergibt sich schon daraus, dass andernfalls die Klagebefugnis von Verbänden auf oligopolistischen Märkten unangemessen eingeschränkt würde. Daher ist die Gesamtzahl der in der Branche tätigen Unternehmen und deren Marktbedeutung nicht von entscheidender Bedeutung (BGH, GRUR 2009, 692 Rdnr. 12 -Sammelmitgliedschaft VI).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe geht das Gericht davon aus,dass die notwendige Zahl der Mitglieder erreicht ist. Die Mitglieder F, G GmbH und H gehören gerichtsbekannt zu den großen Unternehmen der Reisevermittlungsbranche. Schon die Mitgliedschaft dieser Unternehmen würde nach Auffassung der Kammer ausschließen,dass ein missbräuchliches Vorgehen des Verbandes vorliegt. Hinzu kommen hier die Mitgliedschaften der Firmen C GmbH & Co. KG,die ausweislich der Anlage K 7 auf ihrer Homepage www...de selber Reisen vermittelt, der D GmbH, für die selbiges auf der Homepage www...de gilt sowie für den Y GmbH, der die gleichnamige Internetseite betreibt.

Ob diese Reisen dann von Dritten € seien es Tochterunternehmen oder andere € durchgeführt werden, ist für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung ohne Belang, da die Bewerbung als solche Gegenstand der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung ist.

2.) Die Klage ist auch begründet. Die Beklagte hat durch die von ihr geschaltete Anzeige im Magazin €X€ der A, Ausgabe ... 2012 entgegen § 5a Dienstleistungen angeboten, ohne Identität und Anschrift anzugeben.

a) Die notwendige Tatbestandsvoraussetzung des § 5a Abs. 3 UWGeines so ausgestalteten Angebotes, dass €ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann€, ist erfüllt.

Die Informationspflichten des § 5a Abs. 3 UWG gelten nicht für sämtliche Angaben im geschäftlichen Verkehr, sondern nur für konkrete Angebote. Die UGP-Richtlinie spricht in Artikel 7 Absatz 4von einer "Aufforderung zum Kauf" und definiert dieses Merkmal in Artikel 2i als eine "kommerzielle Kommunikation,die die Merkmale des Produkts und den Preis in einer Weise angibt,die den Mitteln der verwendeten kommerziellen Kommunikation angemessen ist und den Verbraucher dadurch in die Lage versetzt,einen Kauf zu tätigen." Die in der deutschen Rechtssprache mit dem Begriff "Kauf" verbundene Beschränkung auf Kaufverträge ist vom Richtliniengesetzgeber nicht gewollt. Der deutsche Gesetzgeber spricht daher von einem Angebot in einer dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Weise, das den durchschnittlichen Verbraucher in die Lage versetzt, das Geschäft abzuschließen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass bereits alle essentialia negotii bekannt sein müssen. Weder ein bindendes Angebot noch auch nur eine invitatio ad offerendum ist erforderlich, um die besonderen Informationspflichten auszulösen (Köhler/Bornkamm, UWG, § 5a, Rnr. 30a f.). Der EuGH (GRUR 2011,930) legt bei der Definition der Aufforderung zum Kauf einen eher großzügigen Maßstab an: Er verlangt, dass das Angebot, das die Informationspflichten nach § 5a Absatz 2 UWG auslöst, so gestaltet sein muss, dass der Verbraucher hinreichend über das beworbene Produkt und dessen Preis informiert ist, um eine geschäftliche Entscheidung treffen zu können. Dagegen muss nicht auch eine Möglichkeit geboten werden, das Produkt unmittelbar zu erwerben. Die Information über die Merkmale des Produktes kann auch dadurch erfolgen, dass das Produkt lediglich benannt und/oder abgebildet wird, und zwar auch dann, wenn das Produkt in mehreren Ausführungen angeboten wird. Insbesondere kann es ausreichen, dass der Werbende hinsichtlich detaillierter Angaben auf seine Internetseite verweist. Zu den Informationen, die der Verbraucher für seine geschäftliche Entscheidung benötigt, gehört grundsätzlich der Preis, wobei aber nicht notwendig der Preis angegeben sein muss, den der Verbraucher zu zahlen hätte. Vielmehr kann auch die Angabe eines Eckpreises ausreichen.

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die wesentlichen Eckpunkte der angebotenen Reise werden detailliert genannt, nämlich spezifische Reisetermine, Dauer sowie die wesentlichen Inhalte des Pakets, bestehend aus Flügen, Kreuzfahrt auf der ... sowie 3 bzw. 4Übernachtungen in einem Hotel, das sogar namentlich benannt ist (Mandarin Oriental). Die Tatsache, dass die genaue Kabine bzw.Buchungsklasse fehlt, spielt nach o.g. Maßstäben des EuGH keine Rolle.

Der Annahme eines €Angebots€ im Sinne von § 5a Abs.3 Nr. steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte unstreitig selbst die angebotenen Reisen nicht durchführt, sondern nur ihre Franchisenehmer. Entscheidend ist, dass die Beklagte eine hinreichend konkretisierte Reise im Sinne der UGP-Richtlinie €angeboten€ hat, also hinreichend über das Produkt und den Preis informiert hat.

b) Die Beklagte hat die hierdurch ausgelösten Informationspflichten des § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG dadurch nicht erfüllt, dass sie keine ausreichenden Angaben über die Identität und Anschrift des anbietenden Unternehmens angegeben hat.

Dabei kann dahinstehen, ob hierbei die entsprechenden Angaben der Beklagten oder der Franchisenehmer, die die beworbene Reise tatsächlich anbieten, notwendig wären. Letzteres fehlt in der Anzeige völlig; aber auch die Angaben der Beklagten sind unvollständig. Die Angabe €B€ ist ebenso wie die Angabe €Ihr Kreuzfahrtspezialist€ hierzu offensichtlich nicht geeignet, da es sich insoweit nur um Marken der Beklagten handelt und nicht um ihre Firma. Aber auch der Verweis auf die Internetseite www...de ist nicht ausreichend. Ein Verweis auf eine Homepage ist grundsätzlich nicht geeignet, die Informationspflichten des § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG zu erfüllen. Der Gesetzgeber hat mit der Bestimmung des § 5a UWG die Angabe der Identität und der Anschrift vorgegeben. Dem kann sich die Beklagte nicht durch Verweis auf an anderen Stellen einsehbare Informationen entziehen. Hinzu kommt, dass das Internet zwar weit verbreitet ist,aber dennoch nicht jeder der angesprochenen Verbraucher Zugang zum Internet hat. Insbesondere in € durch €klassische€ Kreuzfahrten besonders angesprochenen -älteren Teilen der Bevölkerung ist der eigenständige Zugang zum Internet immer noch eine Seltenheit.

c) Mit der Verletzung der Informationspflicht nach § 5a Abs. 3Nr. 2 UWG € die nach der Gesetzessystematik stets eine wesentliche im Sinne von Abs. 2 ist - steht auch fest, dass die Verletzung der Informationspflicht zu einer relevanten Fehlvorstellung führt (vgl. BGH GRUR 2010, 852 Tz. 21 -Gallardo Spyder; GRUR 2010, 1142 Tz. 24 -Holzhocker; Köhler/Bornkamm, UWG, 30.Aufl., § 5a Rn. 57), da die Identität des die Ware anbietenden Unternehmens für die Kaufentscheidung des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers in der heutigen Zeit nicht von nur untergeordneter, sondern von durchaus erheblicher Bedeutung ist. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass ein nicht unbeachtlicher Teil des vom Angebot der Beklagten angesprochenen Verkehrs im Einzelfall durch Nachfrage beim Anbieter Näheres über die Herkunft der beworbenen Reise in Erfahrung bringen möchte.

Aufgrund der begangenen Rechtsverletzung kann der Kläger von der Beklagten nach § 8 Abs. 1 S. 1 UWG Unterlassung verlangen, da die Beklagte die durch den Verstoß begründete Wiederholungsgefahr nicht durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zum Fortfall gebracht hat.

Darüber hinaus steht dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung der bei ihm entstandenen abmahnbedingten Aufwendungen aus § 12 Abs. 1 S. 2UWG zu, da die Abmahnung des Klägers vom 30.04.2012 berechtigt war.Dieser Anspruch steht dem Kläger auch in der geltend gemachten Höhe von 166,60 € zu, da das Gericht in Ausübung des ihm nach § 287ZPO zustehenden Ermessens einen Mindestschaden in dieser Höhe schätzt.

Maßstab für die Höhe des Aufwendungsersatzes ist die Erforderlichkeit. Für einen Verband, dem es grundsätzlich zuzumuten ist, typische und durchschnittlich schwer zu verfolgende Wettbewerbsverstöße zu erkennen und € wie hier geschehen € selbst abzumahnen, kommt in derartigen Fällen nur ein Anspruch auf anteiligen Ersatz der Personal- und Sachkosten in Form einer Kostenpauschale in Betracht (Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl.2012, § 12 UWG, Rnr. 1.98). Die Zeugin Z1 hat hierzu ausgesagt,dass die Abmahnkostenpauschale aufgrund der Gewinn- und Verlustrechnung und der Bilanz (Anlage K 16 und K 17) berechnet wird, die von der Büroleiterin erstellt wird und von der Zeugin Z1auf Richtigkeit kontrolliert wird. Die hieraus abgeleiteten abmahnbezogenen Anteile der Aufwendungen sind nach Aussage der Zeugin aus einer Entscheidung des Kammergerichts übernommen und geprüft worden, wobei sich bei dem Kläger ähnliche Verteilungen ergeben hätten. Den auf dieser Grundlage ermittelten Kostenaufwand pro Abmahnung von 171,08 € für das Jahr 2012 nimmt das Gericht daher als Grundlage für eine Schätzung. Angesichts der Tatsache,dass die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, die einen umfangreichen gemeinnützigen Zweckbetrieb für Abmahnungen enthält,eine Pauschale von derzeit 195,00 € netto verlangt (Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl. 2012, § 12, Rnr. 1.98), hat das Gericht keinerlei Zweifel an dieser Schätzungsgrundlage.

Der mit dem Antrag 2.) geltend gemachte Betrag in Höhe von 166,60 € brutto ist daher begründet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 709 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.






LG Frankfurt am Main:
Urteil v. 08.02.2013
Az: 2/6 O 273/12


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