Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Juni 2007
Aktenzeichen: 6 W (pat) 332/03

(BPatG: Beschluss v. 14.06.2007, Az.: 6 W (pat) 332/03)

Tenor

Das Patent 199 00 283 wird in vollem Umfang aufrechterhalten.

Gründe

I.

Gegen das am 6. Februar 2003 veröffentlichte Patent 199 00 283 mit der Bezeichnung "Wälzlagereinheit mit Kodiereinrichtung" ist mit Schriftsatz vom 30. April 2003, eingegangen per Fax am 5. Mai 2003 Einspruch erhoben worden.

Die Einsprechende stützt sich in ihrer Begründung auf die nachfolgend aufgeführten Druckschriften D1 bis D4. Mit Ausnahme der Druckschrift D1 sind alle aufgelisteten Schriften bereits im Prüfungsverfahren berücksichtigt worden.

Den Stand der Technik repräsentieren:

D1 DE 38 09 904 C2 D2 US 55 64 939 A D3 US 56 40 087 A, bzw. DE 695 06 755 T2 D4 US 54 70 157 A D5 DE 42 06 910 A1 D6 DE 691 11 879 T2 D7 US 56 22 437 A D8 US 54 51 869 A.

Die Einsprechende trägt sinngemäß vor, eine Zusammenschau der bekannten Wälzlagereinheiten nach der DE 38 09 904 C2 (D1) und der US 55 64 839 A (D2) lege ein anspruchsgemäßes Wälzlager nach dem Streitpatent nahe. Zudem gehe ein weiteres Merkmal auch aus der US 56 40 087 A hervor. Insgesamt handle es sich bei einem Wälzlager mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 somit nicht um das Resultat einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Einsprechende beantragt, das Patent 199 00 283 zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten.

Der geltende Patentanspruch 1 hat folgende Fassung (Gliederung gemäß Patentinhaberin vom 22. Januar 2004):

Wälzlagereinheit umfassend:

A) einen drehbaren Laufring (4), auf dessen Innenumfangsfläche eine Laufbahn (7) für Wälzelemente (9) und auf dessen Außenumfangsfläche ein Flansch (17) ausgebildet ist;

B) einen ortsfesten Laufring (6a, 6b), auf dessen Außenumfangsfläche eine Laufbahn (8) ausgebildet ist;

C.1) eine ringförmige Kodiereinrichtung (13), C.2) die konzentrisch am drehbaren Laufring(4) angebracht ist, C.3) einen Vielpol-Magnet aufweist, dessen Eigenschaften in gleichmäßigen Abständen in Umfangsrichtung abwechselnd verändert sind und der C.4) einen Außendurchmesser größer als der Außendurchmesser des auf der Seite des Vielpol-Magneten liegenden Endes des drehbaren Laufrings (4) aufweist, und D.1) einen Metallring (28, 47)

D.2) zum Abstützen der Kodiereinrichtung (13) an dem drehbaren Laufring (4), D.3) wobei der Metallring (28) mit einem zylindrischen Bereich (32) am Außenumfang versehen ist, der die Kodiereinrichtung (13) radial außen umschließt.

Auf diesen Patentanspruch 1 sind die Ansprüche 2 bis 5 rückbezogen. Bezüglich des Wortlauts dieser Patentansprüche sowie weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1. Das Bundespatentgericht ist für die Entscheidung über den Einspruch nach § 147 Abs. 3 PatG in der bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassung i. V. m. § 99 Abs. 1 PatG, § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO und § 17 Abs. 1 GVG entsprechend zuständig geblieben (vgl. hierzu auch 23 W (pat) 327/04; 23 W (pat) 313/03; 19 W (pat) 344/04).

2. Der frist- und formgerecht erhobene Einspruch ist ausreichend substantiiert und zulässig, was von der Patentinhaberin auch nicht in Zweifel gezogen worden ist.

3. Die zweifelsfrei gewerblich anwendbare Wälzlagereinheit nach Patentanspruch 1 stellt eine patentfähige Erfindung im Sinne der §§ 1 bis 5 PatG dar.

a. Die Merkmale der Ansprüche 1 bis 5 sind in den ursprünglichen Unterlagen offenbart. Die Ansprüche sind zulässig.

Die Merkmale des erteilten Patentanspruchs 1 sind dem ursprünglichen Anspruch 1 sowie den Figuren 3, 5, 6, 7, 9, 11 und 13 zu entnehmen.

Der erteilte Patentanspruch 2 entspricht dem ursprünglichen Anspruch 2, die Merkmale der erteilten Patentansprüche 3, 4 und 5 sind den ursprünglichen Ansprüchen 3, 4 und 5 sowie den Figuren 3, 11 und 13 zu entnehmen.

b. Die Wälzlagereinheit mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 ist neu.

Dies wurde von der Einsprechenden auch nicht bezweifelt. Das Merkmal (C1 - C3), wonach die Wälzlagereinheiteine ringförmige Kodiereinrichtung (C1), ... die einen Vielpol-Magnet aufweist (C2), ... der einen Außendurchmesser größer als der Außendurchmesser des auf der Seite des Vielpol-Magneten liegenden Endes des drehbaren Laufrings aufweist (C3)

ist bei den bekannten Wälzlagereinheiten nach der DE 38 09 904 C2 (D1), der US 55 64 939 A (D2), der US 54 70 157 A (D4), der DE 691 11 879 T2 (D6), der US 56 22 437 A (D7) und der US 54 51 869 A (D8) nicht verwirklicht.

Die Wälzlagereinheiten nach der US 56 40 087 A (D3), bzw. der DE 695 06 755 T2 (D3) und nach der DE 42 06 910 A1 (D5) weisen hingegen das Merkmal (D3) nicht auf, wonachder Metallring mit einem zylindrischen Bereich am Außenumfang versehen ist, der die Kodiereinrichtung radial außen umschließt.

Dieses Merkmal ist auch bei den Wälzlagereinheiten nach der DE 38 09 904 C2 (D1), der US 56 22 437 A (D7) und der US 54 51 869 A (D8) nicht verwirklicht. Darüber hinaus ist es entgegen den Ausführungen der Einsprechenden auch nicht aus der US 55 64 939 A (D2), dort Fig. 6, bekannt. Bei einer Wälzlagereinheit nach der D2 trägt der entsprechende Metallring das Positionszeichen 13 (core metal ring) und dieser verfügt über keinen zylindrischen Bereich am Außenumfang.

Die anspruchsgemäße Vorrichtung ist damit gegenüber jeder der im Verfahren befindlichen Wälzlagereinheiten neu.

c. Die Wälzlagereinheit nach Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entsprechend dem streitpatentgemäßen Patentanspruch 1 soll eine Wälzlagereinheit insgesamt so ausgebildet werden, dass neben den anderen aufgeführten Merkmalendie Kodiereinrichtung einen Außendurchmesser größer als der Außendurchmesser des auf der Seite des Vielpol-Magneten liegenden Endes des drehbaren Laufrings aufweist (C3)

und die Kodiereinrichtung gleichzeitig durch einen Metallring abgestützt wird, wobei der Metallring mit einem zylindrischen Bereich am Außenumfang versehen ist, der die Kodiereinrichtung radial außen umschließt (D3).

Von den acht aus dem Stand der Technik als bekannt nachgewiesenen Wälzlagereinheiten verfügt, wie unter b) angedeutet, lediglich die Wälzlagereinheit nach der US 54 70 157 A (D4) über das Merkmal D3, wonachder Metallring 26 mit einem zylindrischen Bereich 28 am Außenumfang versehen ist, der die Kodiereinrichtung 32, 34 radial außen umschließt.

Sie ist damit insgesamt als nächstkommender Stand der Technik anzusehen und beschreibt eine Wälzlagereinheit, die bereits die Merkmale umfasst:

A) einen drehbaren Laufring 2, auf dessen Innenumfangsfläche eine Laufbahn 16 für Wälzelemente 8 und auf dessen Außenumfangsfläche ein Flansch 10 ausgebildet ist;

B) einen ortsfesten Laufring 4, 6, auf dessen Außenumfangsfläche eine Laufbahn 16 ausgebildet ist;

C.1) eine ringförmige Kodiereinrichtung 32, 34 C.2) die konzentrisch am drehbaren Laufring 2 angebracht ist, C.3) einen Vielpol-Magnet aufweist, dessen Eigenschaften in gleichmäßigen Abständen in Umfangsrichtung abwechselnd verändert sind, D.1) einen Metallring 26, 28 D.2) zum Abstützen der Kodiereinrichtung 32, 34 an dem drehbaren Laufring 2, D.3) wobei der Metallring 26, 28 mit einem zylindrischen Bereich 28 am Außenumfang versehen ist, der die Kodiereinrichtung 32, 34 radial außen umschließt.

Bei dem Ausführungsbeispiel einer Wälzlagereinheit, wie sie aus der US 54 70 157 A (D4) bekannt wurde, ist der Metallring 26 mit seinem zylindrischen Bereich 28 an der radialen Außenseite des drehbaren Laufrings befestigt. Axial seitlich neben dem drehbaren Laufring erstreckt sich der Metallring in radialer Richtung einwärts zur Drehachse und führt in dieser Verlängerung die Kodiereinrichtung, welche gegenüber dem auf dem ortsfesten Laufring befestigten Sensor gemeinsam mit dem Laufring rotiert (s. Fig. 2). Die Kodiereinrichtung weist mithin einen Außendurchmesser auf, der kleiner ist als der seitliche Außendurchmesser des drehbaren Laufrings und befindet sich axial seitlich des Laufrings.

Die anspruchsgemäße Wälzlagereinheit unterscheidet sich davon somit durch das Merkmal C4, wonach die Kodiereinrichtungeinen Außendurchmesser größer als der Außendurchmesser des auf der Seite des Vielpol-Magneten liegenden Endes des drehbaren Laufrings aufweist.

Dieses Teilmerkmal ist für sich aus dem Stand der Technik lediglich durch Wälzlagereinheiten nachgewiesen, wie sie bspw. aus der US 56 40 087 A (D3), bzw. der DE 695 06 755 T2 (D3) oder der DE 42 06 910 A1 (D5) bekannt geworden sind.

Diese Wälzlagereinheiten offenbaren allerdings einen vollkommen unterschiedlichen Aufbau, bei dem die Kodiereinrichtung jeweils unmittelbar oder mittels einer Bewehrung direkt an der radialen Außenfläche des drehbaren Laufrings angebracht ist. Daraus resultierend wird bei diesen Vorrichtungen auf die zusätzliche Ausbildung eines Metallrings, der beim Anspruchsgegenstand gleichzeitig die Teilfunktion der Abstützung (D2) und der Umschließung (D3) erfüllt, vollkommen verzichtet.

Alle anderen aus dem Stand der Technik bekannten Wälzlagereinheiten verfügen zwar über Metallringe, mit deren Hilfe auch Kodiereinrichtungen abgestützt werden. Diese Metallringe weisen jedoch, ebenso wie der anhand der Wälzlagereinheit nach D4 beschriebene Technikstand, lediglich Außendurchmesser auf, die kleiner als diejenigen ihrer jeweiligen drehbaren Laufringe sind.

Um, ausgehend vom bekannten Stand der Technik, zu einer anspruchsgemäßen Lösung zu gelangen, wäre mithin eine Zusammenschau einer Wälzlagereinheit nach der US 54 70 157 A (D4) mit einer solchen nach der US 56 40 087 A (D3), bzw. der DE 695 06 755 T2 (D3) oder der DE 42 06 910 A1 (D5) notwendig. Diese ist für einen Fachmann, bei dem es sich im vorliegenden Fall um einen Diplom-Ingenieur der Fachrichtung "Allgemeiner Maschinenbau" mit mehrjähriger Erfahrung im Wälzlagerbau handelt, jedoch abwegig. Denn eine Zusammenschau von zwei verschiedenen Wälzlagerausführungsformen, von denen die eine mit einem, die Kodiereinrichtung abstützenden Metallring, dessen Außendurchmesser kleiner ist als der Außendurchmesser des drehbaren Laufrings ausgerüstet ist - einerseits - mit einer weiteren, die überhaupt keinen Metallring aufweist und deren Kodiereinrichtung direkt auf der radialen Außenseite des drehbaren Laufrings befestigt ist - andererseits - kann, ohne entsprechende zielgerichtete Hinweise, die aber aus keiner der Entgegenhaltungen hervorgehen, nicht als naheliegend bezeichnet werden.

Der geltende Patentanspruch 1 ist daher bestandsfähig.

Mit ihm sind es die Ansprüche 2 bis 5, die zweckmäßige Ausgestaltungen des Wälzlagers nach Patentanspruch 1 zum Inhalt haben.

Nach alledem war das Patent im vollen Umfang aufrecht zu erhalten.






BPatG:
Beschluss v. 14.06.2007
Az: 6 W (pat) 332/03


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