Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 11. Dezember 2007
Aktenzeichen: 8 U 202/02

(OLG Frankfurt am Main: Urteil v. 11.12.2007, Az.: 8 U 202/02)

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 28.8.2002 verkündeteUrteil des Landgerichts Frankfurt am Main - 2/21 O 172/02 €wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungs- und desRevisionsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durchSicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteilsvollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vorder Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zuvollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert beträgt 351.268,08 €.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Gebührenforderung des Klägers aus seiner € dem Umfang nach € streitigen Tätigkeit für die Beklagte.

Am 27.6.2000 wurden die Räume der beklagten Repräsentanz der X-Bank der Türkischen Republik im Zuge eines Ermittlungsverfahrens gegen türkische Anleger durchsucht. Am Folgetag wurde der Kläger durch die Beklagte beauftragt, anwaltlich tätig zu werden (Prozessvollmacht Bl. 17 BA), nachdem die Beklagte diesbezüglich von der X-Bank ermächtigt worden war (Bl 249 ff d.A.). Nach Darstellung des Klägers war es Ziel seiner Einschaltung, den zu erwartenden Schaden so gering wie möglich zu halten. Er legte Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss ein, nahm am 3.7.2000 an einer Besprechung mit Vertretern der Steuerfahndung teil, gab am 9.7.2000 ein telefonisches Interview über die Tätigkeit der Beklagten und des weiteren ein Radiointerview. Am 25.7.2000 wurde das Mandat beendet.

Der Kläger stellte am 16.8.2000 zunächst eine Honorarrechnung über 1.931.867,60 DM (Bl. 61-63 d.A.), auf die 5.810,-- DM bezahlt wurden. Seine auf Zahlung von 20.000,-- DM gerichtete Teilklage im Verfahren 2/20 O 326/00 LG Frankfurt a.M./8 U 243/01 OLG Frankfurt am Main war in Höhe von 6.386,-- € erfolgreich (Urt. vom 19.3.2002/Bl. 774 € 778 BA). Der Senat ist davon ausgegangen, dass ein Gegenstandswert von 1 Million DM zugrunde zu legen sei. Bei dem Mandat sei es um die Wahrung vermögensrechtlicher Interessen der Beklagten sowie um die Abwehr einer Rufschädigung gegangen. Mangels tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung des Gegenstandswertes sei der Höchstbetrag nach § 8 Abs.2 S.2 BRAGO von 1 Million DM maßgeblich. Den ausgeurteilten Betrag bezahlte die Beklagte.

Im vorliegenden Verfahren hat der Kläger einen weiteren Teilbetrag von 10.000,--- € beansprucht. Gemäß Kostenrechnung vom 17.4.2002 hat er sich eines Gesamthonoraranspruches von 303.012,-- € ohne Umsatzsteuer (Bl. 35-37 d.A.) und mit der Klage eines solchen von 351.493,92 € (incl. Mehrwertsteuer) berühmt.

Die Beklagte hat widerklagend Feststellung begehrt, dass dem Kläger kein weiterer Gebührenanspruch in Höhe von 341.493,92 € zustehe. Durch Urteil vom 28.8.2002 hat das Landgericht die Klage abgewiesen und auf die Widerklage festgestellt, dass dem Kläger aus seinem Anwaltsvertrag mit der Beklagten kein weiterer Vergütungsanspruch in Höhe von 341.268,08 € zusteht (Bl. 173 € 180 d.A.) Auf die Berufung des Klägers hat der Senat durch Urteil vom 5.8.2003 der Klage in vollem Umfang stattgegeben und die Feststellungswiderklage abgewiesen (Bl. 268 € 276 d.A.). Während des laufenden Berufungsverfahrens € am 17.7.2003 - erteilte der Kläger eine weitere Rechnung unter Zugrundelegung eines Streitwertes von 10 Millionen € über 31.516,-- € (Bl. 264 d.A.).

Die Beklagte hat Revision eingelegt, mit der sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt hat. Durch am 4.5.2006 verkündetes Versäumnisurteil hat der BGH das OLG-Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (IX ZR 189/03 / Bl. 74 € 80 d.A.).

Zur Begründung hat der BGH ausgeführt, dass die Würdigung der dem Kläger am 28.6.00 erteilten Vollmacht und der Ermächtigung der X-Bank der Türkei vom gleichen Tag die gezogenen Rückschlüsse auf den Umfang des Auftrags nicht trügen. Soweit das OLG angenommen habe, der Kläger sei beauftragt gewesen, pressewirksam zu agieren, habe es das Bestreiten der Beklagten unzulässigerweise übergangen. Maßgeblich sei der objektive Geldwert, den Kundeneinlagen, deren Auflösung zu befürchten war, für die Beklagte hatten. Hier fehle es an einer geeigneten Schätzgrundlage im Urteil. Bei der Berechnung des Resthonorars seien die bereits vor der ersten Klage gezahlten 2.970,61 € nicht in Ansatz gebracht worden. Soweit die Feststellungswiderklage als unzulässig abgewiesen worden sei, habe das Berufungsgericht die rechtlichen Voraussetzungen verkannt.

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass es auf die von der Beklagten gegenbeweislich angebotenen Zeugen nicht ankomme, weil der Umfang des Auftrags urkundlich fest stehe. Er bezieht sich dabei auf die Sitzungsniederschrift vom 9.8.2001 im Verfahren 2/20 O 326/00: Dort habe der Beklagtenvertreter erklärt, dass die Beklagte nicht weiter bestreite, dass vom Kläger im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Tätigkeit auch Interviews gegeben worden seien. Was den Gegenstandswert anbelange, so enthalte das jetzige Vorbringen der Beklagten einen Denkfehler. Beklagte sei die Türkische Y-Bank und nicht sie als bloße Repräsentanz, weswegen sie Zinsen erwirtschafte. Die Feststellungswiderklage hält der Kläger für unzulässig, weil der zu bestimmende Gegenstandswert den seiner Rechnung zugrunde gelegten Gegenstandswert mehrfach übersteigen werde. Der Kläger sei nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, eine neue Rechnung auf der Grundlage des vom Senat neu zu bestimmenden Gegenstandswertes zu stellen. Auf Treuwidrigkeit könne sich die Beklagte mangels Vertrauensschutz nicht berufen. Denn sie habe nach ihrem eigenen Vorbringen kein Vertrauen in seine Rechnung vom 17.7.2003 gesetzt. Ein Rechtsanwalt sei verpflichtet, seine Gebühren in voller Höhe geltend zu machen.

Der Gegenstandswert liege bei 16.334,5 Millionen €, was sich aus den Anlagegeldern in den Jahren 2000 bis 2001 ergebe. Im Jahre 2000 hätte die Beklagte unter Verwendung ihres Devisenbestands von ca. 50 Milliarden € aus den Zinsen und anderen Finanzinstrumenten einen Gewinn von mehr als 5 Milliarden € (= 10% des Umsatzes) erwirtschaftet. Die türkische X-Bank habe im Jahr 2000 11.418.600.000,-- € Kundengelder gewinnbringend zu verwalten gehabt, wie aus ihren Bilanzen hervorgehe. Da der Gewinn etwa 10% des Umsatzes ausmache, sei es angemessen, jährlich 10% der Einlagesumme in Ansatz zu bringen, ohne dass im einzelnen ermittelt werden müsse, welchen konkreten Ertrag die Beklagte als Bank in einem Jahr erwirtschaftet hätte. Im Jahre 2000 seien Einlagen in Höhe von 7.973.380.000,-- € für die Dauer von 2 Jahren, Einlagen von 2.749.600.000,-- € für die Dauer von 3 Jahren fest angelegt gewesen. Im Jahre 2000 hätten Deviseneinlagen in Höhe von 10.173,6 Millionen € (= 98%) aus Deutschland gestammt. Wegen der weiteren Einzelheiten hinsichtlich der Anlagegelder wird auf Bl. 72 ff, Bl. 192 ff, 205,223 ff d.A. /2. Band) Bezug genommen. Mit Schriftsatz vom 19.2. und 26.3.2007 hat der Kläger seinen bisherigen Vortrag zur Bedrohung der Anlagegelder hilfsweise dahingehend ergänzt, dass sich die Bedrohung der Anlagegelder dadurch verwirklicht habe, dass das zwischen der Beklagten und der A-Bank AG geschlossene Kooperationsabkommen infolge der Durchsuchungsaktion am 30.6.2002 gekündigt worden sei (Bl. 97 108 f d.A.). Von da an seien die Anleger grundsätzlich veranlasst worden, Gelder unmittelbar in der Türkei anzulegen.

Zum Beweis für seine im Schriftsatz vom 7.9.2007 erstmals aufgestellte Behauptung, sämtliche - nämlich 280.000 - Kunden der Beklagten in Deutschland, deren Einzahlungs- und Auszahlungsbelege am 27.6.2000 von der Steuerfahndung beschlagnahmt worden seien, hätten ihre Gelder bei der Beklagten abgehoben, bezieht sich der Kläger auf eine Auskunft der Steuerfahndung und Beiziehung von Akten der Staatsanwaltschaft. Dass die Beklagte den vom Kläger benannten Zeugen Z1 nicht von der Schweigepflicht entbunden habe, sei als Beweisvereitelung zu werten.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 10.000,-- € nebst Zinsen von 5% über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Klagezustellung zu zahlen und die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte wiederholt ihr Vorbringen, sie habe den Kläger lediglich beauftragt, ihre Interessen im Rahmen der von der Staatsanwaltschaft in ihren Geschäftsräumen durchgeführten Durchsuchung wahrzunehmen. Insbesondere habe sie den Kläger nicht beauftragt, ihre Interessen gegenüber der Presse wahrzunehmen. (Gegenbeweis: Frau B und Herr C). Der Kläger habe auch keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen, auf die eine Schätzung des Gegenstandswerts gestützt werden könnte. Im Zusammenhang mit der Durchsuchungsaktion sei es nicht zu Kontenschließungen gekommen. Die Beklagte erwirtschafte aus den Kundengeldern keinen Ertrag, wie vom BGH angedacht, weil sie lediglich die deutsche Repräsentanz der Türkischen X-Bank sei und Kundengelder an die Zentrale in O3 weiter leite. Die Annahme von Kundengeldern diene auch nicht wie bei einer Geschäftsbank der Erzielung von Zinsen, sondern der Devisenbeschaffung. Die X-Bank habe ihre Reserven aufgefüllt, indem sie ihren im Ausland lebenden Staatsbürgern hohe Zinsen für Einlagen angeboten habe (10 bis 15%).

II.

Die zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Dem Kläger steht aus seiner Tätigkeit für die Beklagte im Zusammenhang mit Durchsuchungsmaßnahmen bei der Beklagten im Juni 2000 kein weiterer Gebührenanspruch zu.

Der Umfang des klägerischen Auftrages kann dabei letztlich dahinstehen, weil ein weiterer Gebührenanspruch des Klägers daran scheitert, dass der Kläger trotz entsprechenden Hinweises keine substantiierten und einer Beweisaufnahme zugänglichen Angaben zum Gegenstandswert gemacht hat.

I. Soweit der BGH im angefochtenen Urteil und im - durch das Revisionsurteil aufgehobenen - Senatsurteil Feststellungen zum Umfang des dem Kläger erteilten Auftrages vermisst, so ist entgegen dem Vorbringen der Beklagten davon auszugehen, dass die Bevollmächtigung des Klägers nicht nur darauf gerichtet war, ihre Interessen im Rahmen der von der Staatsanwaltschaft in ihren Geschäftsräumen durchgeführten Durchsuchung wahrzunehmen, sondern dass er auch beauftragt war, ihre Interessen in der Öffentlichkeit, insbesondere gegenüber der Presse wahrzunehmen. Hierfür spricht bereits die Ermächtigung der X-Bank vom 28.6.2006, die zwar nicht an den Kläger, sondern an die Hauptrechtsabteilung der Beklagten gerichtet ist, und zum Ausdruck bringt, dass der Kläger €auf jede erforderliche Weise rechtlich und behördlich€ vorgehen solle (Bl. 249,250 d.A.). Diese Ermächtigung bildete aber die Grundlage für die dem Kläger durch die Beklagte erteilte umfassende Vollmacht (Bl. 17 BA). Vergegenwärtigt man sich die damalige Situation, so muss der Beklagten nicht nur daran gelegen gewesen sein, gegen die gegen sie eingeleiteten Durchsuchungsmaßnahmen gerichtlich vorzugehen, sondern vor allen Dingen Schaden durch Pressemitteilungen in der Öffentlichkeit zu vermeiden. Zwar könnte dem Vortrag der Beklagten, sie habe den Kläger nicht beauftragt, pressewirksam zu agieren, trotz der Äußerungen des Beklagtenvertreters im vorangegangenen Verfahren 2/20 O 326/00 durch Beweiserhebung nachzugehen sein: Soweit der Beklagtenvertreter in der dortigen mündlichen Verhandlung vom 9.8.2001 (Bl. 627 BA) zu Protokoll erklärt hat, dass die Beklagte nicht weiter bestreite, dass vom Kläger im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Tätigkeit auch Interviews gegeben wurden, und zwar ein Interview in einer Radiosendung und ein Interview in einer Fernsehsendung. Diese Interviews seien auch €im Rahmen der Vollmacht€ gegeben worden, so ist diese Äußerung zwar durchaus geeignet, als Zugeständnis des Mandatsumfangs im Sinne von § 288 ZPO gewertet zu werden, auch wenn der Beklagtenvertreter das Wort Vollmacht € gewissermaßen untechnisch € gebraucht hat. Als Geständnis entfaltete sie ungeachtet des Umstandes, dass es sich vorliegend um eine Teilklage aus dem gleichen Lebenssachverhalt handelt, aber nur Wirkungen für das vorangegangene Verfahren. Und auch als öffentliche Urkunde im Sinne von § 415 ZPO kommt dem Protokoll nur insoweit Beweiskraft zu, als voller Beweis für die Abgabe der Erklärung geführt ist, nicht aber für deren inhaltliche Richtigkeit (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 26. Aufl., § 415 Rdnr. 5; Zöller-Greger, aaO, vor § 159 Rdnr.2). Die Erklärung bleibt mithin bloße Erkenntnisquelle.

Weitere Feststellungen zum Umfang des Auftrages durch Erhebung von Beweisen waren jedoch deswegen nicht zu treffen, weil es trotz entsprechenden gerichtlichen Hinweises an hinreichend substantiiertem Vortrag des Klägers zum Gegenstandswert fehlt.

II.

Der Senat vermochte sich nicht davon zu überzeugen, dass der Gegenstandswert den Betrag von 1 Million DM überschritten hat, so wie er der Gebührenberechnung im Urteil des Senates im Verfahren 8 U 243/01 zugrunde gelegt worden ist.

Gemäß § 7 Abs.1 BRAGO werden die Rechtsanwaltsgebühren nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat. Nach § 8 Abs. 2 BRAGO ist der Gegenstandswert, soweit er nicht aus der Kostenordnung folgt bzw. sich aus dem Inhalt des Auftrags ergibt, nach billigem Ermessen zu bestimmen (Riedel/Sußbauer/Fraunholz, BRAGO, 8. Aufl., § 8 Rdnr. 46).

Maßgebend für die Bestimmung des Gegenstandswertes sind die wirtschaftlichen Nachteile, die der Beklagten dadurch hätten entstehen können, dass Kunden ihre Geldanlagen infolge der Durchsuchungsaktion zurückziehen. Es kommt mithin auf den objektiven Geldwert an, den die Kundeneinlagen, deren Auflösung zu erwarten war, für die Beklagte hatten. Es müssen genügende Anhaltspunkte vorliegen, die eine zumindest annähernde Schätzung erlauben.

An derartigen hinreichenden Anhaltspunkten für eine Schätzgrundlage, so wie sie im Revisionsurteil gefordert werden, fehlt es indessen. Der Kläger ist nach dem BGH-Urteil mehrmals darauf hingewiesen worden, dass er darzulegen habe, welchen Ertrag die Beklagte mit den Einlagen, deren Rückzug zu befürchten war, für die Dauer ihrer Restanlagezeit voraussichtlich erwirtschaftet hätte. Da das wirtschaftliche Ausmaß der Bedrohung durch die Durchsuchungsaktion in O1 und O2 auch von der räumlichen Verbreitung der Einlagen abhängt € ausländische Anleger dürften hiervon eher weniger erfahren haben - ist dem Kläger im Hinweisbeschluss vom 13.3.2007 aufgegeben worden mitzuteilen, in welcher Höhe Deviseneinlagen aus Deutschland und dem übrigen europäischen Raum stammen, um einen ersten Anknüpfungspunkt für die Größenordnung möglicher gefährdeter Einlagen zu gewinnen.

In seinen nachfolgenden Schriftsätzen hat der Kläger zwar die Einlage von Kundengeldern betreffende Zahlen für einzelne Jahre benannt und € von der Beklagten bestritten - ausgeführt, dass 98% der Deviseneinlagen aus Deutschland stammen; er hält es indessen nicht für nötig, zum Ausmaß der Bedrohung dieser Kundengelder näheren Vortrag zu halten. Gerade dies wäre aber erforderlich gewesen. Dass aus einer bestimmten Einlagesumme für einen bestimmten Zeitraum ein bestimmter € in Prozentpunkten festzumachender € Gewinn erlöst wird, mag unterstellt werden. Es kann indessen nicht davon ausgegangen werden € so wie es der Kläger offenbar glauben machen möchte -, dass infolge der Durchsuchungsaktion sämtliche Kundengelder durch einen drohenden sofortigen Abzug gefährdet waren. Der Kläger hätte einen Kausalverlauf darlegen müssen, der infolge der Durchsuchungsaktion zu einem tatsächlichen Rückzug von Anlagegeldern geführt hat bzw. einen drohenden Verlust von Anlagegeldern für die Beklagte dringend wahrscheinlich machte. Dass das Kooperationsabkommen mit der A-Bank beendet wurde, nach Darstellung der Beklagten übrigens erst im März 2002 aufgrund einer Neustrukturierung im Hause der A-Bank, kann ebenfalls nicht die Behauptung des drohenden Verlustes sämtlicher Anlagegelder stützen, zumal der Kläger selbst ausführt, dass die Anleger dann veranlasst worden seien, Gelder unmittelbar in der Türkei anzulegen. Im übrigen lässt auch der Umstand, dass die aus Deutschland angelegten Kundengelder nach der Behauptung des Klägers im Jahre 2000 10.173,6 Millionen €, im Jahre 2001 11.219,4 Millionen € und im Jahre 2002 12.278,6 Millionen € betrugen, vermuten, dass eine nachhaltige Gefährdung der Kundengelder durch die Durchsuchungsaktion im Jahre 2000 nicht bestanden hat. Soweit sich für das Jahr 2000 im Vergleich zu 1999 ein Rückgang der Gesamt -Deviseneinlagekonten um 308,2 Millionen € ergab (Anlage B 11 /Bl. 187 d.A.) liefert auch dies keinen hinreichenden Anhaltspunkt dafür, dass dieser € nicht auf Deutschland beschränkte € Rückgang kausal auf die Durchsuchungsaktion zurückging. Hierfür könnten auch Wechselkursschwankungen verantwortlich sein.

Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 7.9.2007 erstmals € pauschal - behauptet, sämtliche Kunden der Beklagten in Deutschland (etwa 280.000), deren Einzahlungs- und Auszahlungsbelege am 27.6.2000 von der Steuerfahndung beschlagnahmt worden seien, hätten ihre Gelder im Hinblick auf die zu erwartende straf- und steuerrechtliche Verfolgung sowie die behördliche Inanspruchnahme bei der Beklagten abgehoben, entbehrt diese € im übrigen bestrittene € Behauptung der erforderlichen Substantiierung und wäre überdies als verspätet zurückzuweisen. Schließlich ist die Einholung einer Auskunft der Steuerfahndung O1 bzw. die Beiziehung einer Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main kein geeignetes Beweismittel, um den zu befürchtenden Abzug von 280.000 Einlagen unter Beweis zu stellen. Dies gilt auch für den weiteren Vortrag und Beweisantritt € Zeugnis D € im Schriftsatz vom 19.9.2007.

Ohne Belang für den Ausgang des Rechtsstreits ist, dass die Beklagte den Zeugen Z1 nicht von der Schweigepflicht entbunden hat. Über die vom Kläger in sein Wissen gestellte Behauptung der Herkunft der Deviseneinlagen war eine Beweiserhebung nicht notwendig, weil der Kläger zu dem weiteren für die Bemessung des Gegenstandswertes maßgeblichen Gesichtspunkt der tatsächlichen Gefährdung der Einlagen keinen hinreichenden Vortrag gehalten hat.

Nach allem hat das Landgericht die Teilklage zu Recht abgewiesen.

III.

Auch die Feststellungswiderklage ist zulässig und begründet.

Hinsichtlich der Zulässigkeit wird auf die Ausführungen des Revisionsurteils Bezug genommen.

Die Feststellungswiderklage ist auch begründet. Wie dargelegt verfügt der Senat über keine hinreichenden Anhaltspunkte, die eine Erhöhung des Gegenstandswertes von 1 Million DM, so wie sie der Senat im Verfahren 2/20 O 326/00 zugrunde gelegt hat, rechtfertigen könnten. Folglich ist ein höherer Gebührenanspruch als dort errechnet und zuerkannt nicht ersichtlich. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, er müsse auf der Grundlage eines vom Senat zu bestimmenden neuen Gegenstandswerts eine neue Abrechnung vornehmen, irrt er. Aufgabe des Gerichts ist es festzustellen, ob der geltend gemachte Gebührenanspruch gerechtfertigt ist. Zugunsten der Beklagten war daher € wie von dieser beantragt - festzustellen, dass dem Kläger kein weiterer Vergütungsanspruch in Höhe von 341.268,08 € (351.493,92 € abzüglich vorgerichtlicher Zahlung von 2.970,60 € und ausgeurteilten 6.386,04 € ergeben eigentlich sogar 342.137,28 €) zusteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.






OLG Frankfurt am Main:
Urteil v. 11.12.2007
Az: 8 U 202/02


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