Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. September 2005
Aktenzeichen: 24 W (pat) 34/01

(BPatG: Beschluss v. 20.09.2005, Az.: 24 W (pat) 34/01)

Tenor

Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Für die für die Dienstleistungen

"42 Services visant à donner accès et location de temps d'accès à un centre serveur de bases de donnees en ligne, axees notamment sur les parties de revues, d'articles et illustres divers traitant des relations personnelles, de la beaute, de la mode, de la sante, du fitness, de l'hygiène personnelle, de la vie, du travail et des nouvelles sur les celebrites et sur le showbusiness, ainsi que des offres du commerce de detail se rapportant aux sujets precites, lesdites offres etant mises à disposition au moyen d'un reseau d'ordinateurs mondial"

international registrierte Marke 675 165 COSMOPOLITAN.COM wird um Schutz in der Bundesrepublik Deutschland nachgesucht.

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts, besetzt mit einem Beamten des höheren Dienstes, hat mit Beschluss vom 8. September 1999 der Marke gemäß §§ 107, 113 Abs 2, 37 Abs 1, 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG iVm Art 5 Abs 2 MMA und Art 6quinquies B PVÜ den Schutz für die Bundesrepublik Deutschland verweigert.

Die Schutzverweigerung wird im wesentlichen damit begründet, bei "COSMOPOLITAN.COM" handele es sich um einen typischen Domainnamen, der sich aus der die beanspruchten Dienstleistungen beschreibenden Angabe "COSMOPOLITAN" und der in vielen Internetadressen international tätiger Firmen vorkommenden, nicht kennzeichnungskräftigen Second-Level-Domain ".COM" zusammensetze. Die Schutzfähigkeit derartig gebildeter Marken sei nach den allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen. Das englische Wort "COSMOPOLITAN" bedeute "Kosmopolit, Weltbürger, kosmopolitisch, weltbürgerlich, weltoffen". Die Begriffe "Kosmopolit, kosmopolitisch" seien auch in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen. "COSMOPOLITAN" werde von den angesprochenen Verkehrskreisen darum als Hinweis auf den Gegenstand der damit gekennzeichneten Dienstleistungen verstanden. Insgesamt stelle die Schutz suchende Marke somit eine Internetadresse unmittelbar beschreibenden Inhalts dar, der die Unterscheidungskraft fehle und die zur Beschreibung der Dienstleistungen der IR-Marke dienen könne. Die von der Markeninhaberin genannten ausländischen Eintragungen des Wortes "COSMOPOLITAN" als Marke könnten keinen Hinweis auf die Schutzfähigkeit im vorliegenden Fall geben, da sie nicht auf vergleichbaren Sachverhalten beruhten und selbst nationale Eintragungen identischer Marken die Markenstelle aus rechtlichen Gründen nicht binden könnten.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der IR-Marke. Zu deren Begründung wird vorgetragen, weder beim Begriff "COSMOPOLITAN" in Alleinstellung noch bei der Schutz suchenden zusammengesetzten Marke handele es sich um eine beschreibende Angabe. Die Marke in ihrer Gesamtheit sei als Sachangabe weder lexikalisch nachweisbar noch werde sie derzeit beschreibend verwendet. Insbesondere stelle der Bestandteil ".COM" einen phantasievollen Zusatz dar, der der Marke einen eigenen Klangrhythmus und dadurch Individualität verleihe. Hinzu komme, dass der Verkehr bei dem englischsprachigen Wort "COSMOPOLITAN" dazu neige, einen Phantasiebegriff anzunehmen. Selbst die deutsche Übersetzung von "COSMOPOLITAN" sei nicht geeignet, die Dienstleistungen der Marke unmittelbar zu beschreiben. Heute sei praktisch jede veröffentlichte Information zu einem gewissen Grad weltbürgerlicher Natur. Der Begriff "kosmopolitisch" sei darum viel zu allgemein, breit, unkonkret und interpretationsbedürftig, um eine Dienstleistung hinreichend deutlich zu beschreiben. Auch sei der deutsche Verkehr an derartige Bezeichnungen von Zeitschriften gewöhnt, die einem bestimmten Unternehmen zugeordnet würden, was von einer sachbezogenen Deutung wegführe. Vor allem aber kenne der deutsche Verkehr die sehr auflagenstarke Frauenzeitschrift "COSMOPOLITAN", deren Name als Marke für Waren der Klasse 16 in Deutschland geschützt sei und die von der Markeninhaberin verlegt werde. Die angesprochenen Verkehrskreise vermuteten darum in "COSMOPOLITAN.COM" die Bezeichnung für deren Online-Ausgabe, die auf dasselbe Unternehmen zurückgehe. Dies dränge sich auf, weil nahezu alle Verlage zu ihren Printpublikationen heute ein Online-Gegenstück anböten, welches in der Regel unter einer entsprechenden Domain präsentiert werde. Außerdem handele es sich bei der Schutz suchenden Marke um einen registrierten Domain-Namen, der weltweit nur einmal vorkomme und ausschließlich der Markeninhaberin zustehe. Aus diesen Gründen könne der IR-Marke die Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. An einem registrierten Domain-Namen bestehe wegen seiner Einmaligkeit auch kein Freihaltungsbedürfnis iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG.

Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass die Marke "COSMOPOLITAN" oder Abwandlungen davon in verschiedenen englischsprachigen Ländern als Marke eingetragen worden seien, was ein Indiz für die Schutzfähigkeit auch in Deutschland darstelle.

Die Markeninhaberin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuhebenund regt an, im Fall der Zurückweisung der Beschwerde die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere auf die der Markeninhaberin übersandten Rechercheergebnisse des Senats Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Die Schutz suchende Marke ist gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1, § 37 Abs. 1, §§ 107, 113 MarkenG iVm Art 5 MMA und Art 6 quinquies B Nr. 2 PVÜ vom Schutz in der Bundesrepublik Deutschland ausgeschlossen.

1. Unterscheidungskraft im Sinn der genannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl ua EuGH GRUR 2002, 804, 806 - Nr 35 - "Philips"; GRUR 2003, 514, 517 - Nr 40 - "Linde ua"; GRUR 2004, 428, 431- Nr 48 - "Henkel"; GRUR 2004, 1027, 1029 - Nr 33, 42 - "DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT"). Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH aaO - Nr 86 - "Postkantoor"). Dies ist hier der Fall.

Die angemeldete Marke ist wie der Teil einer Internet-Adresse (auch Uniform Ressource Locator - URL - genannt) gebildet, wobei "COSMOPOLITAN" die Second-Level-Domain und das durch einen Punkt davon getrennte "COM" die "Top-Level-Domain" darstellt. Eine Internet-Adresse bzw. URL dient der eindeutigen Adressierung eines jeden im Internet angeschlossenen Rechners. (vgl. etwa 29 W (pat) 120/98 "http://www.patent.de"; 29 W (pat) 281/98 "WEB.DE"; BPatG BlPMZ 2000, 294 "http://www.cyberlaw.de"; 24 W (pat) 167/03 "handy.com"; 25 W (pat) 30/04 "Gesundheitswerkstatt.de"). Solche nach Art einer Internet-Adresse gestalteten Marken sind - wie von Rechtsprechung und Literatur anerkannt - im Einzelfall nach den allgemeinen markenrechtlichen Kriterien zu beurteilen (vgl dazu aus der Rspr des BPatG etwa BPatG BlPMZ 2000, 294 "http://www.cyberlaw.de"; 24 W (pat) 167/03 "handy.com"; 25 W (pat) 30/04 "Gesundheitswerstatt.de; 32 W (pat) 119/99 "yingyang.de"; 27 W (pat) 216/00 "1stBavarianOnlineshop.com"; 27 W (pat) 93/00 "AGRARNET.de"; 33 W (pat) 269/00 "EquityStory.com"; 29 W (pat) 31/01 "bayerischerundschau.de"; 25 W (pat) 161/01 "getyourcar.de"; 32 W (pat) 95/01 "www.wirspielenlotto.de"; 33 W (pat) 36/02 "Garagenpark.de"; 25 W (pat) 249/02 "ifinance.de"; 33 W (pat) 271/02 "Cyber-Communication.Com"; 24 W (pat) 28/03 "ANWALTSTELEFON.de"; aus der Spruchpraxis des HABM zB R77/99-2 "WWW.PRIMEBROKER.COM"; R610/99-2 "worldsport.com"; R866/99-3 "SOFTWARE.COM"; R589/99-2 "INTERNET.COM"; R576/99-2 "INTERNETNEWS.COM"; R638/00-4 "BUY.COM"; R989/00-3 "deal4free.com"; R305/01-3 "PETS.COM"; R834/01-2 "LISTEN.COM"; R695/01-1 "SportsBet.com"; Zusammenfassung jeweils veröffentlicht auf PAVIS PROMA CD-ROM; aus der Literatur Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 8 Rdn 119; Ekey/Klippel, Markenrecht, 2003, § 8 Rdn 20; Fezer, WRP 2000, 669, 670 f.).

Dem Bestandteil "COM" kommt keine schutzbegründende Eigenschaft zu. Top-Level-Domains wie etwa ".de, .fr, .at, .com, . org, .gov " usw und auch "com" stellen lediglich regionale oder organisatorische Zuordnungskriterien dar, die innerhalb einer Internetadresse keine eigenständige Bedeutung zur Unterscheidung von individualisierbaren Internet-Adressen haben und bei der verkürzten Benennung sogar oft weggelassen werden. Auch ergänzen viele Internetbrowser derartige Top-Level-Domains automatisch bei der Eingabe von Internetadressen. Die Second-Level-Domain - hier "COSMOPOLITAN" - und eventuelle Sub-Domains stellen den einzigen Teil einer Internetadresse dar, der aus einer frei wählbaren, beliebigen Buchstaben- oder Zahlenfolge bestehen kann. In den letzten Jahren hat sich immer mehr der Trend durchgesetzt, Sachbezeichnungen als Second-Level-Domain zu verwenden, um einen schnelleren, zielgerichteten Zugriff auf Informationen eines gewissen Bereichs zu erleichtern, die zum Teil weitere Hinweise und Links auf verschiedene Hersteller enthalten. So führt eine derartige URL häufig zu einer Web-Site - etwa einem Portal -, die zwar Informationen zu einem bestimmten Thema enthält, aber deren Urheber nicht erkennen lässt (vgl etwa BPatG BlPMZ 2000, 294 "http://www.cyberlaw.de"; BPatG PAVIS PROMA 24 W (pat) 167/03 "handy.com"; 25 W (pat) 30/04 "Gesundheitswerkstatt.de).

Im vorliegenden Fall handelt es sich bei dem an Stelle einer Second-Level-Domain stehenden Wort "COSMOPOLITAN" um einen Begriff, der als Hinweis auf den Gegenstand der angemeldeten Dienstleistungen aufzufassen ist. Wie bereits die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, ist das englische Wort "cosmopolitan" zu übersetzen mit "Kosmopolit, kosmopolitisch; vertraut mit oder repräsentativ für viele verschiedene Länder und Kulturen; einen aufregenden und glamourösen Charakter in Verbindung mit Reisen und einer Mischung von Kulturen habend; überall auf der Welt vorkommend" (PONS Großwörterbuch Englisch - Deutsch; The Concise Oxford Dictionary Tenth Edition, Stichwort "cosmopolitan") und entspricht damit in seiner Hauptbedeutung den deutschen Wörtern "kosmopolitisch", Kosmopolit" ("weltbürgerlich", "Weltbürger" vgl Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl). Aufgrund der weiten Verbreitung der englischen Sprache insbesondere auf dem hier angesprochenen Gebiet der Informationstechnologie und elektronischen Datenverarbeitung sowie der großen Ähnlichkeit des englischen Begriffs mit dem entsprechenden deutschen Ausdruck werden die von den Dienstleistungen angesprochenen deutschen Verkehrskreise diese Bedeutungen des Zeichenteils "COSMOPOLITAN" somit ohne weiteres Nachdenken verstehen.

In Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen drängt sich - entgegen der Meinung der Markeninhaberin - ein rein sachbezogenes Verständnis der verfahrensgegenständlichen Internetadresse auf. Wie die Markenstelle richtig erkannt hat und auch die Markeninhaberin vorträgt, stehen die von der Schutz suchenden Marke umfassten Dienstleistungen lediglich für das Angebot des elektronischen Substituts eines Printmediums im Internet gegen Entgelt. Es liegt für den Verkehr darum auf der Hand, dass das unter der Internetadresse erreichbare Informationsangebot - ebenso wie eine entsprechende Zeitschrift - kosmopolitisch ausgerichtet ist bzw. sich mit Inhalten beschäftigen, die die gesamte Welt oder Personen, die mit der gesamten Welt vertraut und auf der ganzen Welt zuhause sind, betreffen und/oder sich an diese als Zielgruppe richten. In diesem Zusammenhang wird auf die der Markeninhaberin übersandten Rechercheergebnisse des Senats verwiesen, die etwa die beschreibende Verwendung von Ausdrücken wie "a cosmopolitan site", "a cosmopolitan book", "cosmopolitan writing" (vgl entsprechende Recherchen mit der Suchmaschine Google) bzw "kosmopolitisches Buch" (buechernachlese - Salman Rushdie: Osten, Westen), "kosmopolitisches Meisterwerk des deutschen Kinos" (ZDF.de - Pressestimmen zu "England"), "ein kosmopolitisches Lesevergnügen" (Über Lettre International) etc belegen. Diese Fundstellen zeigen, dass das Wort "COSMOPOLITAN" bzw. "kosmopolitisch" sehr häufig als Bezeichnung von Medieninhalten verwendet wird.

Die Marke in ihrer Gesamtheit wird daher vom angesprochenen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (deutschen) Durchschnittsverbraucher in Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen lediglich als Hinweis auf eine Website bzw ein Internetportal aufgefasst werden, das sich mit kosmopolitischen, internationalen Themen beschäftigt bzw auf einen entsprechenden Abnehmerkreis abgestimmt ist, nicht aber als eine betriebliche Herkunftskennzeichnung.

2. Hiergegen kann die Markeninhaberin nicht einwenden, der angemeldete Begriff weise eine gewisse begriffliche Unschärfe und Interpretationsbedürftigkeit auf und eigne sich deshalb als betrieblicher Herkunftshinweis. Die Werbung und die Umgangssprache bedient sich - wie oben dargestellt - häufig entsprechender Sachhinweise, die zwar Waren und Dienstleistungen nicht mit größter sprachlicher Exaktheit beschreiben, aber doch erkennbar bloße Anpreisungen und keine Hinweise auf die Herkunft der Waren bzw Dienstleistungen aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb darstellen. Dies gilt besonders für Inhaltsangaben von Druckschriften bzw vergleichbare elektronische und Telekommunikations-Medien. In Zusammenhang mit derartigen Waren und Dienstleistungen ist zu berücksichtigen, dass weitgefasste Begriffe wie Sammelbezeichnungen zwangsläufig entsprechend allgemein sein müssen, um die unterschiedlichen einzelnen Waren und Dienstleistungen bzw Themen des betreffenden Bereichs erfassen zu können. Gerade solche umfassenden Begriffe eignen sich als übergreifende werbliche Sachangabe für die Angebote eines breiten Waren- und Dienstleistungsbereichs (vgl dazu BGH GRUR 2000, 882, 883 "Bücher für eine bessere Welt"; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"; BGH GRUR 2003, 1050 "Cityservice"; BGH GRUR 2004, 778, 779 "URLAUB DIREKT"). Auch kann nach neuerer Rechtsprechung das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG bereits dann gegeben sein, wenn die angesprochenen Verkehrskreise dem Zeichen von mehreren in Betracht kommenden Bedeutungen eine (eindeutige) Aussage mit sachbezogenem Charakter entnehmen (BGH GRUR 2005, 257, 258 "Bürogebäude").

3. Die Anmelderin kann sich zur Ausräumung des Schutzhindernisses fehlender Unterscheidungskraft auch nicht auf die Eintragung der Marke "COSMOPOLITAN" für Waren der Klasse 16 und auf eventuelle Assoziationen des Verkehrs mit diesem Zeitschriftentitel berufen. Erstens ist nicht feststellbar, ob sich die behauptete Bekanntheit lediglich auf den Titel der betreffenden Zeitschrift bezieht. Werktitel aber dienen im allgemeinen nur der Unterscheidung eines Werks von einem anderen und enthalten - anders als Marken - in der Regel keinen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werks und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft (vgl Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 5 Rn 99 ff). Zweitens ist die dieser Eintragung zugrunde liegende Entscheidung des BPatG vom 26. Februar 1997 29 W (pat) 39/95 "COSMOPOLITAN" auf Grundlage der damaligen Verkehrsanschauung ergangen und kann bereits aus diesen Gründen im vorliegenden Fall weder einen Hinweis auf die Schutzfähigkeit der betreffenden Marke zum jetzigen Zeitpunkt noch auf eine davon abgeleitete Schutzfähigkeit als Marke der hier verfahrensgegenständlichen, das elektronische Substitut der Waren der Klasse 16 betreffenden Kennzeichnung geben. Im übrigen erwächst selbst aus inländischen Voreintragungen übereinstimmender Marken unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots (Art 3 GG) grundsätzlich kein Eintragungsanspruch für spätere Markenanmeldungen, da es sich bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung handelt, die jeweils einer auf den Einzelfall bezogenen Prüfung unterliegt (vgl BGH GRUR 1997, 527, 528 "Autofelge"; BlPMZ 1998, 248, 249 "Today"; vgl dazu auch EuGH GRUR 2004, 428, 431 f - Nr 60 ff "Henkel"). Noch weniger erheblich sind ausländische Voreintragungen (vgl EuGH aaO - Nr 61 ff "Henkel"). Aus diesen Gründen stellen auch die von der Markeninhaberin genannten weiteren Eintragungen keinen Hinweis auf die Schutzfähigkeit der IR-Marke dar, zumal nur vereinzelt Druckereierzeugnisse und nie die hier beanspruchten Dienstleistungen betroffen sind.

4. Ebenso ist es markenrechtlich unerheblich, dass die Schutz suchende Marke als Domain der Markeninhaberin registriert ist und ausschließlich dieser zusteht. Nach ganz überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur kann einer Marke, die nach Art einer Internet-Adresse gebildet ist, nicht allein wegen des Umstandes, dass Internet-Adressen nach bisheriger Praxis nur einmal vergeben werden, Unterscheidungskraft im markenrechtlichen Sinne gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG und damit die Eignung beigemessen werden, die betroffenen Waren oder Dienstleistungen als aus einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen. Die einmalige Vergabe besagt nämlich nicht notwendig, dass eine Internet-Adresse stets auch zu dem Produkt- oder Leistungsangebot eines bestimmten Anbieters führt, da - wie oben schon angesprochen - in Internet-Adressen nicht selten ein Gattungs- oder sonstiger Sachbegriff als Second-Level-Domain gewählt wird, der auf den Inhalt einer Web-Seite hinweist, den Urheber der Seite aber nicht erkennen lässt (vgl BPatG BlPMZ 2000, 294, 296 "http://cyberlaw.de"; BPatGE 43, 263, 265 "eCollect.de"; GRUR 2004, 336, 338 "beauty24.de"; 24 W (pat) 167/03 "handy.com", Zusammenfassung veröffentlicht auf PAVIS PROMA CD-ROM). Zudem gibt es zwischen Marken und Internet-Adressen erhebliche Unterschiede in ihren Kennzeichnungsgegenständen und -zwecken (vgl Fezer WRP 2000, 669, 678 f). Hiervon ist auch der Bundesgerichtshof in der Entscheidung zu dem Domain-Namen "Mitwohnzentrale.de" (GRUR 2001, 1061, 1062 f) ausgegangen, in der er ausgeführt hat, dass an generischen Begriffen als Domain-Namen ein reges Interesse bestehe und wegen des Suchverhaltens der Internetnutzer der Einsatz von Gattungsbezeichnungen als Internet-Adressen zu einer gewissen Kanalisierung der Kundenströme führen könne, die Registrierung derartiger Gattungsbezeichnungen im Gegensatz zum Markenrecht (mangels einer Rechtsgrundlage) aber nicht aus dem Gesichtspunkt des Freihaltungsinteresses verhindert werden könne (vgl hierzu auch BGH GRUR 2005, 687, 688 "weltonline.de").

5. Nachdem der Marke bereits wegen fehlender Unterscheidungskraft der Schutz zu verweigern war, kann die Frage, ob einer Schutzgewährung auch § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegensteht, dahingestellt bleiben.

6. Für die von der Widersprechenden angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde sieht der Senat keine Veranlassung, weil die Voraussetzungen des § 83 Abs 2 MarkenG nicht erfüllt sind. Die Entscheidung des Senats erschöpft sich vielmehr in der einzelfallbezogenen Anwendung höchstrichterlich geklärter Beurteilungsgrundsätze.

Dr. Ströbele Kirschneck Guth Bb






BPatG:
Beschluss v. 20.09.2005
Az: 24 W (pat) 34/01


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