Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 12. Februar 1998
Aktenzeichen: 12 U 113/97

(OLG Köln: Urteil v. 12.02.1998, Az.: 12 U 113/97)

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 20.03.1997 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 2 O 401/96 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Gründe

Die Kläger bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft L. Straße

18 - 22 in K.. Die Beklagte war vom 01.01.1988 bis 31.12.1992

Verwalterin des Objekts. Vorhergehende Verwalterin war eine Firma

A. Haus- und Grundstücksverwaltung GmbH (im folgenden: Firma A.),

deren Verwaltervertrag zunächst bis zum 31.12.1985 abgeschlossen

und mit Beschluß der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 19.12.1985

bis zum 31.12.1988 verlängert worden war.

In der Wohnungseigentümerversammlung vom 12.09.1987 beschloß die

Wohnungseigentümergemeinschaft, den Verwaltervertrag mit der Firma

A. zum 31.12.1987 aus wichtigem Grund zu kündigen. Außerdem faßte

sie folgenden Beschluß:

"Die Wohnungseigentümergemeinschaft

beschließt, ab 01.01.1988 die W. ... Gesellschaft für aktive Haus-

und Wohnungsverwaltung mbH, M. 82, ... K., zum Verwalter der

Wohnanlage bis zum 31.12.1989 unter der Voraussetzung zu bestellen,

daß die Firma W. ... die Eigentümergemeinschaft von eventuellen

Entschädigungsansprüchen aus dem WEG-Verwaltungsvertrag für die

vorzeitige Vertragsauflösung durch die Firma A. H. freistellt und

dem Verwaltungsbeirat zusätzlich dafür eine Bankbürgschaft in Höhe

von 30.000,00 DM bis zum 31.12.1987 übergeben wird. Der

Verwaltungsvertrag muß zu den gleichen Konditionen wie mit der

Firma A. H. abgeschlossen werden. Die Bankbürgschaft muß bis zur

Klärung der Entschädigungsansprüche der Firma A. H. gelten."

Mit Schreiben vom 31.12.1987 an den Verwaltungsbeirat der

Eigentümergemeinschaft übersandte die Beklagte zwei

Bankbürgschaften der C.bank AG K. über 20.000,00 DM und 10.000,00

DM und führte aus:

"Entsprechend dem Beschluß der

Eigentümergemeinschaft L. Straße 18 - 22 vom 12. September 1987

überreiche ich Ihnen treuhänderisch insgesamt zwei Bürgschaften

über DM 30.000,00 der C.bank AG, K., die als Absicherung für

eventuelle Entschädigungsansprüche der Firma H. A. GmbH, K. ...,

für die vorzeitige Auflösung des bisherigen WEG-Verwaltervertrages

dienen sollen.

Es gilt als einvernehmlich vereinbart,

daß die Bankbürgschaften nur in Anspruch genommen werden dürfen,

wenn ein rechtsgültiger Entschädigungsanspruch gerichtlich

festgestellt worden ist.

Sobald feststeht, daß der Firma H. A.

keine Entschädigungsansprüche zustehen, darf ich um entsprechende

Rückgabe der Bürgschaften bitten."

In den Bürgschaftsurkunden heißt es:

"Die Wohnnungseigentümergemeinschaft L.

Straße 18 - 22, ... K., beschließt, ab 01.01.1988 die Firma W. ...

Gesellschaft für aktive Haus- und Wohnungsverwaltung GmbH, M. 82,

... K. zum Verwalter der Wohnungsanlage bis zum 31.12.1989 unter

der Voraussetzung zu bestellen, daß die Firma W. ... die

Eigentümergemeinschaft von eventuellen Entschädigungsansprüchen aus

dem WEG-Verwaltungsvertrag für die vorzeitige Vertragsauflösung

durch die Firma A. H. freistellt und dem Verwaltungsbeirat dafür

eine Bankbürgschaft in Höhe von DM 20.000,00 (Anmerkung des Senats:

In der zweiten Urkunde lautet der Betrag DM 10.000,00) übergeben

wird. Der Verwaltungsvertrag muß zu den gleichen Konditionen, wie

der mit der Firma A. H. abgeschlossen werden. Die Bankbürgschaft

muß bis zur Klärung der Entschädigungsansprüche der Firma A. H.

gelten.

Dies vorausgeschickt übernehmen wir

gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft L. Straße 18 - 22, ...

K., zur Sicherung aller Forderungen aus o.g. Verwaltervertrag die

selbstschuldnerische Bürgschaft bis zum Höchstbetrag von ... ."

Die Firma A. focht den Beschluß über ihre vorzeitige Abberufung

als Verwalterin erfolgreich an und nahm sodann die

Wohnungseigentümer auf Zahlung der Vergütung für die Zeit von

Januar bis Dezember 1988 gerichtlich in Anspruch. Durch Beschluß

des Amtsgerichts Köln vom 04.03.1992 - 204 II 353/87 - wurden die

Eigentümer der Wohnungseigentumsanlage L. Straße 18 - 22 als

Gesamtschuldner verpflichtet, an die Firma A. 49.849,92 DM nebst 5

% Zinsen aus 9.300,00 DM seit dem 30.03.1988 und aus 40.549,92 DM

seit dem 30.01.1989 zu zahlen. Die hiergegen eingelegte sofortige

Beschwerde der Wohnungseigentümer wurde durch Beschluß des

Landgerichts Köln vom 11.10.1993 - 30 T 46/92 - mit der Maßgabe

zurückgewiesen, daß die Entscheidung über die Aufrechnung der

Wohnungseigentümer mit einer Schadensersatzforderung wegen

Schlechterfüllung der Sonderverwaltungsverträge vorbehalten bleibt.

Diese Entscheidung wurde durch Beschluß des Oberlandesgerichts Köln

vom 09.03.1994 - 16 Wx 201/93 - in der Sache bestätigt. Mit

Beschluß vom 30.04.1996 - 29 T 4/94 - hielt das Landgericht Köln

seine Entscheidung vom 11.10.1993 - 30 T 46/92 - aufrecht mit der

Maßgabe, daß der Vorbehalt entfällt.

Durch Schreiben vom 23.03.1994 forderten die

Verfahrensbevollmächtigten der Firma A. die damaligen

Verfahrensbevollmächtigten der Wohnungseigentümergemeinschaft zur

Zahlung bis spätestens 31.03.1994 auf. Am 26.04.1994 beschlossen

die Wohnungseigentümer, daß die jetzige Verwalterin die Zahlung

bewirken solle. Gleichzeitig beauftragten sie die Verwalterin, die

Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Freistellung von

den Entschädigungsansprüchen der Firma A. bzw. die

Schadensersatzansprüche wegen unterbliebener Freistellung gegenüber

der Beklagten außergerichtlich und gerichtlich unter Einschaltung

eines fachkundigen Rechtsanwalts geltend zu machen.

Am 04.05.1994 überwies die Verwalterin der Firma A. einen Betrag

in Höhe von 63.357,65 DM, der sich aus der Hauptforderung von

49.849,92 DM sowie den darauf bis zum 04.05.1994 aufgelaufenen

Zinsen in Höhe von 13.507,73 DM zusammensetzt.

Mit der Klage haben die Kläger einen Anspruch auf Erstattung des

vorgenannten Betrages sowie der ihnen entstandenen

Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 15.642,35 DM geltend gemacht,

die sie wie folgt beziffert haben:

7.449,00 DM gemäß Honorarrechnung des Rechtsanwalts Dr. Ho. vom

24.02.1989,

8.193,35 DM als Teilbetrag aus der sich über eine Forderung von

11.490,80 DM belaufenden Honorarnote des Rechtsanwalts Bö. vom

01.02.1994.

Die Kläger haben beantragt,

an sie zu Händen der Verwalterin

79.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat gerügt, daß die Prozeßbevollmächtigten der Kläger nicht

bevollmächtigt seien. Im übrigen hat sie die Auffassung vertreten,

sich nicht gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft

verpflichtet zu haben, diese von eventuellen

Entschädigungsansprüchen der Firma A. wegen vorzeitiger Auflösung

des Verwaltervertrages freizustellen. Eine etwaige

Freistellungsverpflichtung übersteige keinesfalls einen Betrag in

Höhe von 30.000,00 DM, wie sich aus dem Beschluß der

Eigentümerversammlung vom 12.09.1987 und den übersandten

Bankbürgschaften ergebe. Die den Eigentümern entstandenen Kosten

der Rechtsverfolgung, die zudem im Hinblick auf die geltend

gemachte Erhöhungsgebühr gemäß § 6 BRAGO nicht richtig berechnet

seien, seien nicht Gegenstand einer etwaigen Freistellungserklärung

gewesen. Der Firma A. habe tatsächlich, u.a. mangels wirksamer

Verlängerung ihres Verwaltervertrages, kein Vergütungsanspruch für

das Jahr 1988 zugestanden. Außerdem könnten die Kläger dieses

Rechtsstreits keinen Anspruch aus einer eventuellen

Freistellungsverpflichtung herleiten, da sich die Zusammensetzung

der Wohnungseigentümergemeinschaft, was unstreitig ist, sowohl seit

Ende des Jahres 1987 als auch nach der gerichtlichen Entscheidung

über die Zahlungsverpflichtung der Wohnungseigentümer an die Firma

A. geändert habe.

Das Landgericht hat durch das am 20.03.1997 verkündete Urteil

die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an die Kläger zu Händen der

Verwalterin 79.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 30.03.1995 zu

zahlen. Gegen das ihr am 04.04.1997 zugestellte Urteil, auf das

wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat die

Beklagte mit einem am 02.05.1997 eingereichten Schriftsatz Berufung

eingelegt und diese nach entsprechender Fristverlängerung am

02.07.1997 begründet.

Mit der Berufung wendet die Beklagte sich gegen ihre

Verurteilung. Sie rügt die mangelnde Bevollmächtigung auch der

zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Kläger. Im übrigen

wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen

Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird

auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten

Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

E N T S C H E I D U N G S G R Ó N D E :

Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im übrigen

zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen

Erfolg.

Die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung durch den Senat

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.01.1998 liegen vor, da

die Kläger im Berufungsverfahren wirksam durch einen beim

Oberlandesgericht Köln zugelassenen Rechtsanwalt vertreten

sind.

Die Wohnungseigentümer haben ihre jetzige Verwalterin, die Firma

I. GmbH, mit Beschluß vom 26.04.1994 ermächtigt, Ansprüche der

Wohnungseigentümergemeinschaft auf Freistellung von den

Entschädigungsansprüchen der Firma A. bzw. die

Schadensersatzansprüche wegen unterbliebener Freistellung gegenüber

der Beklagten außergerichtlich und gerichtlich unter Einschaltung

eines fachkundigen Rechtsanwalts geltend zu machen. Dies ergibt

sich aus dem "Protokoll der ordentlichen Eigentümerversammlung" zu

Tagesordnungspunkt 9 c. b. (GA Bl. 22 ff, 29, 30). Daß ein

wirksamer Beschluß mit vorgenanntem Inhalt getroffen wurde, hat die

Beklagte nicht bestritten.

Ob diese Ermächtigung auch die Beauftragung eines Rechtsanwalts

für das Berufungsverfahren umfaßt, braucht der Senat nicht zu

entscheiden. Jedenfalls war die Verwalterin berechtigt, namens und

im Auftrag der Wohnungseigentümergemeinschaft die erstinstanzlich

tätigen Rechtsanwälte He. und Dr. S. zur gerichtlichen Durchsetzung

der Klageforderung zu bevollmächtigen. Die entsprechende Vollmacht-

erteilung ist durch Vorlage der Original-Vollmachtsurkunde vom

12.10.1995 nachgewiesen worden (GA Bl. 195). Diese Prozeßvollmacht,

die nach dem Inhalt der vorgelegten Urkunde ausdrücklich auch die

Befugnis zur Einlegung von Rechtsmitteln umfaßt und insoweit keine

Beschränkung des gesetzlich festgelegten Vollmachtsumfangs enthält,

ermächtigte die Rechtsanwälte He. und Dr. S. gemäß § 81 ZPO zur

Bestellung eines Bevollmächtigten für die höhere Instanz. Die

Bevollmächtigung der Rechtsanwälte Dr. Kr. und Me. für das

Berufungsverfahren durch Rechtsanwalt He. ergibt sich aus der in

der mündlichen Verhandlung vor dem Senat im Original überreichten

Vollmachtsurkunde vom 21.01.1998 (GA Bl. 536).

Die Klage ist zulässig. Sie ist durch postulationsfähige

Rechtsanwälte, welche die Kläger wirksam vor dem Landgericht haben

vertreten können, erhoben worden. Aus den oben dargelegten Gründen

kann die Beklagte mit ihrer Rüge, die Rechtsanwälte He. und Dr. S.

seien von den Klägern nicht zur Durchführung des Klageverfahrens

bevollmächtigt worden, nicht durchdringen.

Die Klage ist auch begründet.

Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch

in Höhe von 79.000,00 DM wegen Verletzung der Verpflichtung zur

Freistellung der Wohnungseigentümergemeinschaft L. Straße 18 - 22

in K.. Die Beklagte hat sich durch die Óbersendung der

Bankbürgschaften und ihre Erklärungen in dem begleitenden Schreiben

vom 31.12.1987 gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft L.

Straße 18 - 22 in K. verpflichtet, diese von eventuellen Ansprüchen

der früheren Verwalterin, der Firma A., freizustellen, die aus der

vorzeitigen Auflösung des Verwaltervertrages herrühren können.

In den Bürgschaftsurkunden ist der Beschluß der

Wohnungseigentümergemeinschaft vom 12.09.1987 seinem Wortlaut nach

wiedergegeben. Darin heißt es ausdrücklich, daß die Beklagte unter

der Voraussetzung zum Verwalter der Wohnanlage bestellt wird, daß

sie die Eigentümergemeinschaft von eventuellen

Entschädigungsansprüchen aus dem WEG-Verwaltervertrag für die

vorzeitige Vertragsauflösung durch die Firma A. H. freistellt und

dafür eine Bankbürgschaft in Höhe von 30.000,00 DM übergibt. In dem

Schreiben vom 31.12.1987 hat der Geschäftsführer der Beklagten

ausgeführt, daß die Bürgschaften als Absicherung für eventuelle

Entschädigungsansprüche der Firma A. für die vorzeitige Auflösung

des bisherigen WEG-Verwaltervertrages dienen sollen. Auch wenn in

diesem Schreiben nicht ausdrücklich erwähnt ist, daß die Beklagte

die Wohnungseigentümer von Ansprüchen der Firma A. freistellen

wird, so kann doch ihre Erklärung in keinem anderen Sinn verstanden

werden, zumal in den Bürgschaftsurkunden ihre

Freistellungsverpflichtung als zu sichernde Schuld genannt ist.

Welchen Sinn die Óbersendung der Bürgschaftsurkunden "als

Absicherung für eventuelle Entschädigungsansprüche der Firma A."

sonst gehabt haben soll, hat die Beklagte nicht näher erklärt.

Hinzukommt, daß der Geschäftsführer der Beklagten, der

außerdem Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft war, vor

der Eigentümerversammlung vom 12.09.1997 in einem an die Eigentümer

gerichteten Rundschreiben vom 28.08.1987 (GA Bl. 478 ff)

Fehlleistungen der Firma A. aufgezeigt und empfohlen hat, den

Verwaltervertrag mit dieser aus wichtigem Grund zum 31.12.1987

vorzeitig zu kündigen. Zugleich hat er vorgeschlagen, das

Verwalteramt ab dem 01.01.1988 "seiner eigenen Firma", der

Beklagten, zu übertragen. Außerdem hat er ausdrücklich angeführt,

daß der neue Verwalter sich vorher verpflichten muß, zu Lasten

seiner Verwaltergebühr für das Jahr 1988 eine Entschädigung an die

Firma A. zu zahlen, falls diese nach vorzeitiger Kündigung einen

Entschädigungsanspruch sollte durchsetzen können (GA Bl. 482). In

der Wohnungseigentümerversammlung vom 12.09.1987 hat er nach dem

unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Kläger in der

Berufungserwiderung sich für die Bestellung seiner Gesellschaft zur

Verwalterin eingesetzt und ausdrücklich seine Bereitschaft zur

Abgabe der Freistellungserklärung, die für die anwesenden

Wohnungseigentümer aufgrund des mit der Firma A. noch bestehenden

Verwaltervertrages Voraussetzung für die Annahme des Angebotes des

Geschäftsführers der Beklagten war, erklärt.

Danach kann dem Inhalt des Schreibens vom 31.12.1987 sowie der

Óbersendung der Bankbürgschaften, die in Ausführung des von dem

Geschäftsführer der Beklagten angeregten und sodann gefaßten

Beschlusses übersandt worden sind, kein anderer als der oben

dargelegte Erklärungsinhalt beigemessen werden.

Als zusätzliche Bestätigung des Verpflichtungswillens der

Beklagten kann die am 25.02.1988 erfolgte Unterschriftsleistung

ihres Geschäftsführers unter das den vorgenannten Beschluß

ausweisende Protokoll der Wohnungseigentümergemeinschaft vom

12.09.1987 gewertet werden, auch wenn dieser nach dem Vorbringen

der Beklagten nicht als deren Geschäftsführer, sondern "nur" als

Wohnungseigentümer gehandelt haben will. Dies gilt umsomehr, als

das Protokoll vom 12.09.1987 am 20.02.1988 durch die Bestätigung

eines Verwaltungsbeiratsmitglieds ergänzt wurde, daß die

Voraussetzungen für die Bestellung des Verwalters erfüllt seien und

der Geschäftsführer der Beklagten nach Aufnahme dieses Zusatzes am

14.03.1988 seine Unterschrift unter das Protokoll hat notariell

beglaubigen lassen.

Mit der Auslegung der von der Beklagten abgegebenen Erklärungen

und ihres Verhaltens als Freistellungsverpflichtung befindet sich

der Senat im übrigen im Einklang mit mehreren Entscheidungen des

16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln (Beschluß vom

11.07.1994 - 16 Wx 33/94 -; vom 18.06.1996 - 16 Wx 109/96 -; vom

11.04.1997 - 16 Wx 233/96 -) sowie den zugrunde liegenden

Entscheidungen des Amtsgerichts und Landgerichts Köln.

Entgegen der Auffassung der Beklagten kann gegen eine

Freistellungsverpflichtung nicht angeführt werden, daß in dem am

08.02.1988 zwischen der Eigentümergemeinschaft und der Beklagten

abgeschlossenen Verwaltervertrag die Freistellungsverpflichtung

nicht erwähnt ist. Ein Regelungsbedürfnis für die

Freistellungsverpflichtung bestand bei Abschluß des

Verwaltervertrages nicht mehr, da die Beklagte die

Freistellungserklärung bereits bindend abgegeben hatte. Daher kann

aus dem Unterbleiben einer ausdrücklichen Erwähnung dieser

Verpflichtung nichts hergeleitet werden.

Auch geht der Hinweis der Beklagten auf die Schriftformklausel

in § 9 des Verwaltervertrages fehl. Das Schrift-

formerfordernis umfaßt seinem Inhalt nach nämlich nur Ànderungen

und Ergänzungen des Verwaltervertrages und nicht die bereits vor

Abschluß des Verwaltervertrages eingegangenen Verpflichtungen.

Gläubiger des Freistellungsanspruchs bzw. des nunmehr mit der

Klage verfolgten Schadensersatzanspruches wegen Nichterfüllung der

Freistellungsverpflichtung sind die Kläger als Mitglieder der

Eigentümergemeinschaft in ihrer bei Klageerhebung bestehenden

Zusammensetzung. Die Auslegung der von der Beklagten abgegebenen

Freistellungserklärung ergibt, daß die Beklagte sich nicht

bestimmten einzelnen Wohnungseigentümern gegenüber verpflichten

wollte, sondern gegenüber den Mitgliedern der

Eigentümergemeinschaft in ihrer jeweils aktuellen Zusammensetzung.

Hierfür spricht schon der Wortlaut der übersandten

Bankbürgschaften, in denen es heißt, daß die Beklagte die

"Eigentümergemeinschaft" freistellt und daß gegenüber der

"Wohnungseigentümergemeinschaft" die Bürgschaft übernommen wird.

Hinzu kommt, daß der mit der Freistellungserklärung verfolgte Zweck

wirkungsvoll nur durch eine Verpflichtung gegenüber den

Wohnungseigentümern in ihrer jeweils aus dem Grundbuch

ersichtlichen Zusammensetzung erreicht werden konnte. Bei Abgabe

der Erklärung war es völlig ungewiß, welche Personen eventuell von

der Firma A. in Anspruch genommen und aus wessen Vermögen

schließlich etwaige Forderungen beglichen werden würden, da die

Zusammensetzung der mehr als 150 Mitglieder umfassenden

Eigentümergemeinschaft einem laufenden Wechsel unterworfen ist.

Weder die Beklagte noch die Eigentümergemeinschaft konnten davon

ausgehen, daß die Firma A. etwaige Ansprüche gegen diejenigen

Wohnungseigentümer durchsetzen würde, die Ende 1987 im Grundbuch

eingetragen waren. Nach dem Inhalt der abgegebenen Erklärungen war

zunächst gerichtlich zu klären, ob der Firma A. überhaupt Ansprüche

gegen die Wohnungseigentümer zustehen. Dies ergibt sich zum einen

aus dem in der Bürgschaftsurkunde zitierten Beschluß vom

12.09.1987, in dem es heißt: "Die Bankbürgschaft muß bis zur

Klärung der Entschädigungsansprüche der Firma A. H. gelten."

Außerdem hatte der Geschäftsführer der Beklagten in dem Schreiben

vom 31.12.1987 ausdrücklich ausgeführt: "Es gilt als einvernehmlich

vereinbart, daß die Bankbürgschaften nur in Anspruch genommen

werden dürfen, wenn ein rechtsgültiger Entschädigungsanspruch

gerichtlich festgestellt worden ist."

Daher lag es nahe, daß bis zum rechtskräftigen Abschluß des

Gerichtsverfahrens Wechsel in der Eigentümergemeinschaft

stattfinden würden. Im Falle der Verurteilung mußten auch

zwischenzeitlich neu eingetretene Wohnungseigentümer damit rechnen,

daß sie in Anspruch genommen werden würden. All das konnte auch dem

Geschäftsführer der Beklagten, der ausweislich seines

Rundschreibens vom 28.08.1987 im Wohnungseigentumsrecht nicht

unerfahren war, nicht unbekannt sein. Letztlich lag es auch in

seinem Interesse, sich im Fall der Inanspruchnahme nicht der

Prüfung aussetzen zu müssen, ob alle Wohnungseigentümer schon bei

Abgabe der Verpflichtungserklärung Mitglieder der

Wohnungseigentümergemeinschaft waren und auf welche Weise er ggf.

Ansprüche der ausgeschiedenen Wohnungseigentümer erfüllen

konnte.

Da sich die Beklagte gegenüber den Wohnungseigentümern in ihrer

jeweils aktuellen Zusammensetzung verpflichtet hat, ist es entgegen

der Auffassung der Beklagten auch unerheblich, ob die im Rubrum der

Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 09.03.1994, durch die

die Verurteilung der Wohnungseigentümer zur Zahlung der Vergütung

an die Firma A. rechtskräftig geworden ist, aufgeführten Eigentümer

mit sämtlichen Klägern des vorliegenden Verfahrens identisch

sind.

Daß die an der Beschlußfassung vom 12.09.1987 beteiligten

Wohnungseigentümer die Erklärungen der Beklagten nicht anders

verstanden haben, zeigt der Umstand, daß sich ersichtlich keiner

der inzwischen ausgeschiedenen Wohnungseigentümer an die Beklagte

gewandt und von ihr Erfüllung der Zusage verlangt hat.

Im übrigen würde auch eine abweichende Würdigung der

Freistellungserklärung nicht zu einer anderen Beurteilung führen.

Es ist nämlich davon auszugehen, daß die ausscheidenden

Wohnungseigentümer ihren Anteil an dem Freistellungsanspruch

jedenfalls stillschweigend auf den jeweiligen Erwerber übertragen

haben. Einen solchen Rechtsübergang bejaht das Oberlandesgericht

Düsseldorf (NJW-RR 1994, 1038) hinsichtlich des Anteils am

Instandhaltungsfonds in analoger Anwendung von §§ 314, 926 Abs. 1

Satz 2 BGB. Dieser Rechtsauffassung schließt der Senat sich an. Der

Anteil an dem hier in Rede stehenden Freistellungsanspruch bildet

ebenso wie der Anteil am Instandhaltungsfonds gemeinschaftliches

"Eigentum" aller Wohnungseigentümer. Àhnlich wie Zubehör gemäß § 97

BGB dient der Anteil der Wohnungseigentümer an dem

Freistellungsanspruch dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache und

geht damit im Zweifel analog §§ 314, 926 Abs. 1 Satz 2 BGB mit

dieser auf den Erwerber über.

Da die Beklagte ihre Verpflichtung zur Freistellung der Kläger

von den Anprüchen der früheren Verwalterin verletzt hat, ist sie

ihnen zum Schadensersatz verpflichtet.

Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, daß der Beschluß

des Amtsgerichts Köln vom 04.03.1992 - 204 II 353/87 -, durch den

die Wohnungseigentümer verpflichtet worden sind, an die Firma A.

eine Vergütung zu zahlen, sowie die Beschlüsse des Landgerichts

Köln vom 11.10.1993 - 30 T 46/92 - und des Oberlandesgerichts Köln

vom 09.03.1994 - 16 Wx 201/93 -, mit denen die hiergegen

eingelegten Rechtsmittel zurückgewiesen worden sind, materiell

falsch gewesen seien. Wie oben dargestellt, war nach dem Inhalt der

mit Schreiben vom 31.12.1987 abgegebenen Erklärung der Beklagten

Voraussetzung für ihre Inanspruchnahme, daß ein rechtsgültiger

Entschädigungsanspruch der Firma A. gerichtlich festgestellt wurde.

Damit war für die Freistellungsverpflichtung der Beklagten die

Herbeiführung einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung

erforderlich, aber auch ausreichend. Der Einwand, die

Entscheidungen seien falsch, ist der Beklagten damit

abgeschnitten.

Den Klägern steht der geltend gemachte Anspruch auch der Höhe

nach zu.

Die Beklagte haftet nicht nur bis zu einem Betrag in Höhe von

30.000,00 DM. Eine derartige Beschränkung ergibt sich weder aus dem

Schreiben vom 31.12.1987 noch aus den in Bezug genommenen

Bürgschaftsurkunden. Eine solche kann auch nicht allein aus dem

Umstand hergeleitet werden, daß nach dem Beschluß der

Wohnungseigentümergemeinschaft vom 12.09.1987 die Beibringung einer

Bankbürgschaft in Höhe von 30.000,00 DM gefordert wurde. Daß damit

eine Begrenzung der Freistellung gewollt war, ergibt sich aus dem

Beschluß nicht. Nach der dem Beklagten erkennbaren Interessenlage

der Wohnungseigentümer sollten diese vielmehr das finanzielle

Risiko einer vorzeitigen Abberufung der früheren Verwalterin, für

die sich der Geschäftsführer der Beklagten v. eingesetzt hatte,

nicht tragen.

Die Klageforderung ist in voller Höhe berechtigt. Gegen die

Verpflichtung zum Ersatz der an die Firma A. gezahlten

Verwaltervergütung in Höhe von 49.849,92 DM nebst Zinsen in Höhe

von 13.507,73 DM wendet die Beklagte sich nicht.

Der Inhalt ihrer Freistellungserklärung umfaßt aber auch die

Kosten, die den Klägern durch die hier in Rede stehenden

Gerichtsverfahren entstanden sind. Da die Kläger nach dem Sinn und

Zweck der Freistellungserklärung nicht mit Kosten belastet werden

sollten, die im Zusammenhang mit der vorzeitigen Abberufung der

Firma A. entstehen würden, die Kläger jedoch aufgrund des

Schreibens vom 31.12.1987 gehalten waren, einen Anspruch der Firma

A. gerichtlich klären zu lassen, kann die Freistellungserklärung

bei vernünftiger Auslegung nur so verstanden werden, daß die

Beklagte auch die Kläger von Kosten der Rechtsverfolgung

freistellen werde.

Danach hat die Beklagte die Gebühren gemäß Honorarrechnung des

Rechtsanwalts Dr. Ho. vom 24.02.1989 (GA Bl. 76), deren Erstattung

die Kläger in vollem Umfang verlangen, zu ersetzen. Diese Rechnung

betrifft offensichtlich das Verfahren zweiter Instanz, in dem die

Firma A. ihre Abberufung angefochten hat. Auch Kosten, die durch

die Anfechtung des Abberufungsbeschlusses entstanden sind, gehören

zu dem Schaden, der von der Freistellungsverpflichtung umfaßt wird.

Die Wirksamkeit der Verwalterabberufung war als Vorfrage eines

sodann geltend gemachten Vergütungs- bzw. Entschädigungsanspruchs

der Firma A. zu klären.

Soweit die Beklagte die Berechtigung der von den

Verfahrensbevollmächtigten der Wohnungseigentümer geltend gemachten

20 3/10 Erhöhungsgebühr gemäß § 6 Abs. 1 BRAGO beanstandet, ist

dies unbeachtlich. Nach fast einhelliger obergerichtlicher

Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, fällt im Fall der

Vertretung einer Wohnungseigentümergemeinschaft die Erhöhungsgebühr

nach § 6 BRAGO an (vgl. Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, 13.

Auflage 1997, § 6 Rdnr. 13 und die dort genannten

Rechtsprechungshinweise).

Die Beklagte hat danach die im übrigen nicht angegriffenen

Gebühren, die ausweislich der Rechnung vom 24.02.1989 7.413,19 DM

(und nicht wie im Schriftsatz der Kläger vom 18.10.1995 angegeben

7.449,00 DM) betragen, zu ersetzen.

Weiterhin steht den Klägern ein Teilbetrag in Höhe von 8.229,16

DM gemäß der Honorarnote des Rechtsanwalts Bö. vom 01.02.1994 (GA

Bl. 81) zu. Diese Gebührenrechnung betrifft die Beschwerdeverfahren

vor dem Landgericht Köln - 30 T 46/92 - und vor dem

Oberlandesgericht Köln - 16 Wx 201/93 -, in denen die Verpflichtung

der Wohnungseigentümer zur Zahlung einer Vergütung an die Firma A.

angegriffen wurde. Kosten, die den Wohnungseigentümern in diesem

Zusammenhang entstanden sind, sind nach den oben dargelegten

Grundsätzen von der Freistellungserklärung umfaßt. Gegen die Höhe

der Berechnung wendet die Beklagte nichts ein.

Zwar haben die Kläger ausweislich ihres Schriftsatzes vom

18.10.1995 (GA Bl. 194) ihren insoweit geltend gemachten

Teilanspruch lediglich mit 8.193,35 DM beziffert. Ihrem Vorbringen

ist jedoch zu entnehmen, daß sie Ansprüche auf Erstattung der ihnen

entstandenen Rechtsverfolgungskosten jedenfalls bis zum einem

Betrag in Höhe von insgesamt 15.642,35 DM mit der Klage geltend

machen wollen. Da ihnen gemäß Honorarrechnung des Rechtsanwalts Dr.

Ho. vom 24.02.1989 lediglich ein Anspruch auf Erstattung von

7.413,19 DM, nicht 7.449,00 DM, zusteht, war der Restbetrag bis zur

Höhe von 15.642,35 DM mit einem weiteren Teilbetrag aus der

Honorarnote des Rechtsanwalts Bö. vom 01.02.1994 aufzufüllen.

Der Zinsanspruch der Kläger ist gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 1

BGB begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO in Verbindung

mit einer entsprechenden Anwendung des § 92 Abs. 2 ZPO, soweit ein

geringfügiges Unterliegen der Kläger darin liegt, daß sie mit einem

Teilbetrag in Höhe von 35,81 DM nicht aufgrund des in erster Linie

verfolgten Anspruchs auf Erstattung der Gebühren gemäß

Honorarrechnung des Rechtsanwalts Dr. Ho. vom 24.02.1989

durchdringen, sondern mit dem lediglich hilfsweise geltend

gemachten Anspruch aus der Rechnung des Rechtsanwalts Bö. vom

01.02.1994.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus

§§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer der

Beklagten: 79.000,00 DM.






OLG Köln:
Urteil v. 12.02.1998
Az: 12 U 113/97


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/586fea97ad6d/OLG-Koeln_Urteil_vom_12-Februar-1998_Az_12-U-113-97




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