Oberlandesgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 17. Februar 2003
Aktenzeichen: I-5 W 2/03

(OLG Düsseldorf: Beschluss v. 17.02.2003, Az.: I-5 W 2/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Streitwertbeschluss der Einzelrichterin der 10. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf - Az: 10 O 242/02 - vom 15.01.2003 (in Verbindung mit dem Beschluss vom 27.09.2003), durch den der Streitwert für die Feststellungswiderklage auf 343.332,49 EUR festgesetzt wird, aufgehoben;

Der Streitwert für die Feststellungswiderklage wird auf 2.895,46 EUR fest-gesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt mit der Klage restlichen Kaufpreis in Höhe von 2.895,46 EUR aus dem Verkauf eines Grundstücks nebst darauf noch zu errichtenden Einfamilienhaus. Die Beklagten begehren mit der Widerklage die Feststellung, dass der Kaufpreis gemäß § 3 des notariellen Kaufvertrages vom 01.09.1999 in voller Höhe gezahlt worden ist. Die Einzelrichterin des Landgerichts hat mit Beschluss vom 27.09.2002 den Streitwert für die Feststellungs-Widerklage auf 274.665,99 EUR (hierbei handelt es sich um den Kaufpreisbetrag abzüglich 20%) festgesetzt. Der gegen die Streitwertfestsetzung von den Beklagten eingelegten Beschwerde hat die Einzelrichterin mit Beschluss vom 15.01.2003 nicht abgeholfen, vielmehr den Streitwert in Abweichung des Beschlusses vom 27.09.2002 nunmehr auf 343.332,49 EUR festgesetzt.

II.

Die hiergegen gerichtete, nach § 25 III GKG zulässige Beschwerde, hat Erfolg; sie führt zur Aufhebung der landgerichtlichen Streitwertfestsetzung und Neufestsetzung durch den Senat. Der Streitwert der Feststellungswiderklage beträgt 2.895,46 EUR.

1. Für die Entscheidung der Streitwertbeschwerde nach § 25 Abs. 3 GKG ist nicht der Einzelrichter gemäß § 568 ZPO, sondern der Senat als Kollegialgericht zuständig. Hierbei ist es unerheblich, dass die Einzelrichterin den angefochtenen Beschluss erlassen hat. Denn der originäre Einzelrichter in Beschwerdesachen gemäß § 568 ZPO ist durch die Neuregelung des Beschwerderechts im Rahmen des Zivilprozessreformgesetzes vom 27.07.2001 eingeführt worden. Diese Neuregelung des Beschwerderechts gilt indessen nur für die Beschwerden, die dem Recht der ZPO unterliegen (vgl. Albers in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl. 2002, Übersicht § 567 Rz. 1; Lipp in MünchenerKommentar, ZPO-Reform, 2. Aufl. 2002, Vor § 567 Rz. 1; Schnauder, Berufung und Beschwerde nach dem Zivilprozessreformgesetz, JuS 2002, 162, 166). Das hier einschlägige Beschwerderecht nach § 25 Abs. 3 GKG besteht außerhalb des Anwendungsbereiches der ZPO, bleibt damit von den Neuregelungen des Beschwerderechts nach der ZPO unberührt (vgl. Schnauder, a.a.O.). 2. Das Landgericht hat sich bei der angegriffenen Streitwertfestsetzung auf § 3 ZPO i. V. m. § 6 ZPO analog gestützt und im einzelnen ausgeführt, dass bei der Klage auf Erteilung der Auflassung der Verkehrswert des Grundstücks maßgeblich sei - und zwar ohne Berücksichtigung irgendwelcher Gegenrechte -, so dass hier auf den Kaufpreis in Höhe von 343.332,59 EUR abzustellen sei. Hieran ändere sich auch nichts durch den Umstand, dass die Auflassung vorliegend bereits erklärt worden sei und nur noch der Notar veranlasst werden solle, die Umschreibung zu beantragen. Dieser Rechtsauffassung vermag der Senat nicht zu folgen. a) Hintergrund der von den Beklagten widerklageweise erhobenen negativen Feststellungsklage - mit der die Beklagten festgestellt wissen wollen, dass der Kaufpreis aus dem notariellen Erwerbsvertrag in voller Höhe gezahlt worden ist - ist § 14 Ziff. 3 Satz 2 dieses Vertrages. Hiernach soll der Notar, der nach § 14 Ziff. 3 Satz 1 berechtigt ist, alle grundbuchlichen Anträge aus dem Vertrag stellen, den Antrag auf Eigentumsumschreibung erst stellen, wenn ihm nachgewiesen wird, dass der Kaufpreis vollständig gezahlt worden ist. Ziel der negativen Feststellungsklage ist also die Erlangung eines Nachweises der vollständigen Kaufpreiszahlung im Sinne des § 14 Ziff. 3 Satz 2. b) Trotz einer unterschiedlichen rechtlichen Ausgangsposition ist die Interessenlage der Beklagten vergleichbar mit den Fallkonstellationen, in denen die Abgabe einer Auflassungserklärung klageweise geltend gemacht wird. In Rechtsprechung und Literatur besteht Streit, ob der Wert einer Klage auf Erteilung der Auflassung in jedem Falle nach § 6 ZPO mit dem vollen Grundstückswert zu bemessen sei (vgl. OLG München, NJW-RR 1997, 599f; KG OLGR 1997, 57; OLG Nürnberg, MDR 1995, 966) oder der flexiblere § 3 ZPO angewandt werden könne, der eine stärker am Interesse des Klägers orientierte Bewertung zulässt (vgl. OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 1996, 636 mit ausführlicher Darstellung des Streitstandes; OLG Düsseldorf, 22. Zivilsenat, OLGR 1993, 348; SchlHOLG, OLGR 1998, 156). Von Bedeutung ist diese Kontroverse dann, wenn die Auflassung lediglich wegen einer umstrittenen Restforderung verweigert wird, die in keinem Verhältnis zu dem Grundstückswert steht (vgl.Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl. Rz. 342f). Das erkennende Gericht schließt sich aus den vom OLG Frankfurt, a.a.O. überzeugend dargelegten Gründen der Auffassung an, die durch Heranziehung der flexibleren Vorschrift des § 3 ZPO und durch Abstellen auf die wirklichen Interessen der Parteien und wirtschaftlichen Hintergründe die ansonsten untragbaren Ergebnisse einer auf den Verkehrswert des Grundstücks fixierten Streitwertbestimmung vermeidet. Auch aus verfassungsrechtlichen Erwägungen, insbesondere wegen des grundgesetzlich garantierten Justizgewährungsanspruches (Art. 103 Abs. 1 GG) erscheint die an den wahren - finanziellen - Interessen der Parteien orientierte Lösung dieser Streitwertproblematik zwingend (OLG Frankfurt, a.a.O.). So hat auch das BVerfG mit Beschluss vom 16.11.1999 - 1 BVR 1821/94 -, NJW-RR 2000, 946 entschieden, dass es den Justizgewährungsanspruch der kostenbelasteten Partei im Zivilprozess verletzt, wenn durch eine Festsetzung des Streitwerts weit über dem wirtschaftlichen Wert des Verfahrens bereits die Kosten einer Gerichtsinstanz ihr wirtschaftliches Interesse an einer Rechtsverteidigung übersteigen. Sieht man den Streit um die Restkaufpreisforderung in Höhe von 2.895,46 EUR als den eigentlichen wirtschaftlichen Wert des Verfahrens an, so übersteigen vorliegend bei einer Festsetzung des Streitwertes nach dem Kaufpreis des Grundstücks in Höhe von 343.332,49 EUR die Kosten einer Gerichtsinstanz diesen wirtschaftlichen Wert um ein Vielfaches (eine Gerichtsgebühr nach § 11 Abs. 2 GKG beträgt bereits 2.206 EUR und eine Rechtsanwaltsgebühr nach § 11 Abs. 1 BRAGO beläuft sich auf 2.406 EUR). Abzustellen ist deshalb auf den Wert der tatsächlich noch in Streit stehenden restlichen Forderung, dessen sich die Klägerin mit der Zahlungsklage berühmt und dessen Nichtexistenz die Beklagten mit ihrer negativen Feststellungswiderklage festgestellt wissen wollen, der 2.895,46 EUR beträgt.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

J... G... B...






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Beschluss v. 17.02.2003
Az: I-5 W 2/03


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