Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Juli 2010
Aktenzeichen: 29 W (pat) 102/10

(BPatG: Beschluss v. 21.07.2010, Az.: 29 W (pat) 102/10)

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Wortfolge Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.

ist am 5. Juli 2006 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patentund Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

Klasse 16: Druckereierzeugnisse jedweder Art, insbesondere Zeitschriften, Zeitungen, Magazine, Kataloge; Bücher;

Klasse 35: Betriebswirtschaftliche Beratung, Organisationsberatung, Personalmanagementberatung, Beratung in Fragen der Geschäftsführung; Erstellen von Geschäftsgutachen; Marketing, Marktforschung; Meinungsforschung; Erstellen von Wirtschaftsprognosen; Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations); Herausgabe von Statistiken; Erteilung von Auskünften in Handelsund Geschäftsangelegenheiten; Organisation von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Personal-/Stellenvermittlung, Personalanwerbung; Herausgabe von Werbetexten, Vermarktung und Vermietung von Werbezeiten und Werbeflächen im Internet, Dateiverwaltung mittels Computer, Zusammenstellen von Daten in Computerdatenbanken;

Klasse 36: Finanzielle Beratung, Investitionsberatung, Finanzanalysen, Investmentgeschäfte, Vermögensmanagement für Dritte.

Mit Beschlüssen vom 4. Juni 2008 und 19. August 2009, von denen letzterer im rinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass sich das Anmeldezeichen sprachüblich aus den Wörtern der deutschen Alltagssprache "Institut" und "Wirtschaft", der geografischen Angabe "Norddeutschen" sowie dem Rechtsformzusatz "e. V." zusammensetze. Dabei bezeichne das Wort "Institut" eine der wissenschaftlichen Arbeit, der Forschung oder der Erziehung dienende Einrichtung oder auch eine kulturelle, künstlerische oder wirtschaftliche Organisation, so dass die angesprochenen Verkehrskreise die Gesamtbezeichnung als Sachhinweis darauf verstünden, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen von einer Einrichtung in der Rechtsform eines Vereins angeboten, erbracht oder benötigt würden, die sich im norddeutschen Raum befinde und mit Produktion und Konsum von Wirtschaftsgütern befasse oder aus norddeutschen Wirtschaftsvertretern zusammensetze. Sie könne Druckereierzeugnisse herausgeben, betriebswirtschaftliche Beratung erteilen, Statistiken erstellen, Daten in Computerdatenbanken zusammenstellen usw.. Einen Eintragungsanspruch könne der Anmelder auch nicht aus den von ihm genannten, vermeintlich vergleichbaren Voreintragungen herleiten. Teilweise seien diese gelöscht, für andere Waren eingetragen, ohne eindeutig beschreibenden Charakter oder nach den Regelungen des überholten Warenzeichengesetzes eingetragen worden. Im Übrigen hätten mehrere vergleichbar gebildete Anmeldungen nicht zu einer Eintragung geführt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er beantragt, die Beschlüsse des Deutschen Patentund Markenamtes vom 4. Juni 2008 und 19. August 2009 aufzuheben.

Er regt im Hinblick auf die Entscheidung des 27. Senats des Bundespatentgerichts vom 18. November 2009 (27 W (pat) 139/09, GRUR 2010, 342 f. -German Poker Players Association) die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Er weist zudem darauf hin, dass sein Institut seit 1952 bestehe und in Wirtschaftskreisen bekannt sei, ohne Verkehrsdurchsetzung in Anspruch zu nehmen. Ferner seien im Bereich der Klassen 16, 35 und 36 insgesamt 892 vergleichbare deutsche Marken im Register eingetragen. Im Verfahren vor dem DPMA hat er die Ansicht vertreten, sowohl die Bestandteile des Anmeldezeichens als auch die Summe aus ihnen seien mehrdeutig und interpretationsbedürftig, weshalb Unterscheidungskraft gegeben sei. Der Begriff "Institut" werde auch für eine althergebrachte Einrichtung des materiellen oder formellen Rechts, also für ein Rechtsinstitut, verwendet. Die geografische Bezeichnung "Norddeutschen" sei nicht objektiv definierbar und vom Standpunkt des Betrachters abhängig. "Wirtschaft" bedeute u. a. auch Haushalt, Hauswirtschaft, kleiner privater landwirtschaftlicher Betrieb, Gaststätte mit Ausschank von Getränken und Speisen, sachgemäßes, haushalterisches Umgehen mit gegebenen (finanziellen) Mitteln sowie in der Umgangssprache Unordnung/Durcheinander oder Mühe/Schererei. Bei der Gesamtbezeichnung bleibe daher völlig unklar, um was für ein Institut es sich handele und auf welchen genauen geografischen Raum sich die Wirtschaft beziehe. Aufgrund der Unklarheit der angemeldeten Bezeichnung seien Wettbewerber auch nicht auf deren Verwendung angewiesen. Der Anmelder hat mit Hinweis auf ... vermeintlich ver gleichbare Eintragungen seine Ungleichbehandlung gerügt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Seiten 8 und 9 seines Schriftsatzes vom 22. Oktober 2007 (Bl. 24 f. VA) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Der Eintragung der angemeldeten Wortfolge "Institut der Norddeutschen Wirtschaft e. V." als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG steht hinsichtlich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen das absolute Schutzhindernis des Freihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Bezeichnung daher zu Recht die Eintragung versagt.

a) Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken nicht schutzfähig, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geografischen Herkunft oder sonstiger Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass alle Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 725 Rdnr. 25 -Chiemsee; GRUR 2004, 680, 681 Rdnr. 35, 36 -BIOMILD; GRUR 2008, 503 Rdnr. 22, 23 -ADIDAS II). Als beschreibend im Sinne dieser Vorschrift können dabei auch sprachliche Neuschöpfungen angesehen werden, die aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzt sind, wenn für die Neuschöpfung selbst in ihrer Gesamtheit ein beschreibender Charakter feststellbar ist (EuGH a. a. O. Rdnr. 37 -BIOMILD). Ferner erfordert das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht, dass die fraglichen Zeichen oder Angaben bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen der angemeldeten Art verwendet werden, vielmehr genügt, dass sie zu diesen Zwecken verwendet werden können (EuGH GRUR 2004, 146, 147 Rdnr. 32 -DOUBLE-MINT; a. a. O. Rdnr. 38 -BIOMILD). Dies ist bei einem Wortzeichen dann der Fall, wenn es -in üblicher Sprachform und für die beteiligten Verkehrskreise verständlich -ein Merkmal der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (EuGH a. a. O. Rdnr. 32 -DOUBLEMINT; a. a. O. Rdnr. 38, 39 -BIOMILD). Bei der Beurteilung der Eintragungsfähigkeit ist immer auf das Verständnis eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der angesprochenen Verkehrskreise abzustellen (EuGH GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 -SAT 2; GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 -Matratzen Concord/Hukla; BGH BGH GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 -FUSSBALL WM 2006).

b) Ausgehend von diesen Vorgaben ist die angemeldete Wortfolge für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs, bei dem es sich nicht nur um das allgemeine Publikum, sondern auch um Kreise mit besonderen Fachkenntnissen handelt, beschreibend.

Die angemeldete Marke setzt sich sprachüblich aus Wörtern derdeutschen Alltagssprache, nämlich den Substantiven "Institut" und

"Wirtschaft", der adjektivischen, geografischen Angabe "Norddeutschen" sowie dem Rechtsformzusatz "e. V." zusammen.

aa) Der Begriff "Institut", der der lateinischen Sprache entstammt (instituere = einrichten, errichten), kann eine Lehroder Forschungseinrichtung -oft Teil einer Hochschule oder Akademie -oder eine kulturelle, künstlerische oder wirtschaftliche Organisation bezeichnen. Das Gebäude, in welchem ein Institut untergebracht ist, wird ebenfalls "Institut" genannt. Ihm kommt aber auch die Bedeutung einer durch gesetzlich verankertes Recht geschaffenen Einrichtung, also eines Rechtsinstituts, zu (Duden -Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]; http://de.wikipedia.org/wiki/Institut).

bb) Unter dem Begriff "Wirtschaft" versteht man die Gesamtheit der Einrichtungen und Maßnahmen, die sich auf Produktion und Konsum von Wirtschaftsgütern beziehen. Er bedeutet aber auch Gaststätte, kleiner landwirtschaftlicher Betrieb, Haushalt, Hauswirtschaft oder in der Umgangssprache unordentliche Art bzw. Arbeitsweise (Duden -Deutsches Universalwörterbuch, a. a. O.).

cc) Bei dem Zeichenbestandteil "Norddeutschen" handelt es sich um eine geografische Herkunftsangabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG und bedeutet "zu Norddeutschland gehörend", "aus Norddeutschland stammend" oder "für Norddeutschland charakteristisch" (Duden -Deutsches Universalwörterbuch, a. a. O.). Der Begriff "Norddeutschland" beschreibt ein geografisch nicht exakt definiertes Gebiet innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, das sich vor allem auf die Regionen nördlich der Uerdinger Linie erstreckt, in denen historisch niederdeutsche Dialekte gesprochen werden bzw. das aus den nördlichen Bundesländern oder Regionen Deutschlands gebildet wird (Norddeutsche Tiefebene). Als norddeutsche Bundesländer gelten diejenigen, welche an der Küste der Nordsee und/oder der Ostsee liegen bzw. über einen Seehafen verfügen. Dazu gehören Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Zu den Norddeutschen Regionen werden auch Westfalen als Teil Nordrhein-Westfalens, die Altmark und der Elbe-Havel-Winkel in Sachsen-Anhalt sowie das nördliche Brandenburg mit u. a. der Prignitz und der Uckermark gezählt (http://de.wikipedia.org/wiki/Norddeutschland).

dd) Der Zeichenbestandteil "e. V." steht als Abkürzung für die Rechtsform des "eingetragenen Vereins" als juristischer Person des Privatrechts (www.abkuerzungen.de).

Auch die -bei Zeichen, die aus mehreren Worten oder Wortbestandteilen zusammengefügt sind -vorzunehmende Gesamtbetrachtung (EuGH a. a. O. Rdnr. 28 -SAT 2; a. a. O. Rdnr. 96 -Postkantoor; BGH a. a. O. Rdnr. 13 -VISAGE) führt vorliegend nicht zu einem Bedeutungsgehalt, der über die Summe der Einzelbestandteile der Wortfolge hinausgehen würde.

Dem Begriff "Institut" werden häufig mehrere Wörter vorund/oder nachgestellt, welche das Themengebiet und/oder das Einzugsgebiet und/oder den Sitz eines solchen Instituts und/oder die Rechtsform näher präzisieren, wie eine Internetrecherche des Amtes gezeigt hat ("Institut der deutschen Wirtschaft Köln", "IWS Institut für Wirtschaft und Steuer GmbH", Anlagen A1 u. A2 zum Beschluss vom 4. Juni 2008, Bl. 39 f. VA; "Institut für Weltwirtschaft", "Süddeutsches Institut für nachhaltiges Wirtschaften und Oeko-Logistik GmbH", "Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (RWI)", Anlagen zum Beschluss vom 19. August 2009, Bl. 82 -84 VA).

Die angesprochenen Verkehrskreise werden das Gesamtzeichen "Institut der Norddeutschen Wirtschaft e. V.", bei dem es sich um den Namen der Einrichtung eines eingetragenen Vereins handelt, dem Einzugsgebiet seiner Mitglieder sowie dessen Betätigungsfeld zusammensetzt, lediglich als beschreibende Angabe einer juristischen Person des Privatrechts verstehen, welche in einer bestimmten oder für eine bestimmte Region die angemeldeten Waren und Dienstleistungen für seine Mitglieder bereitstellt oder benötigt. Damit erschöpft sich die angemeldete Wortfolge in der beschreibenden Angabe des Erbringers, Anbieters oder Adressaten sowie der Bezeichnung des Gegenstands, Inhalts oder der Bestimmung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen.

Die in Klasse 16 angemeldeten Waren "Druckereierzeugnisse jedweder Art, insbesondere Zeitschriften, Zeitungen, Magazine, Kataloge; Bücher" können von einem "Institut der Norddeutschen Wirtschaft e. V." herausgegeben werden und/oder sich inhaltlich mit dessen Tätigkeitsbereich, also mit den norddeutschen Raum betreffenden wirtschaftlichen Themen und Fragestellungen, befassen.

Die in Klasse 35 angemeldeten Dienstleistungen "betriebswirtschaftliche Beratung, Organisationsberatung, Personalmanagementberatung, Beratung in Fragen der Geschäftsführung; Erstellen von Geschäftsgutachen; Marketing, Marktforschung; Meinungsforschung; Erstellen von Wirtschaftsprognosen; Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations); Herausgabe von Statistiken; Erteilung von Auskünften in Handelsund Geschäftsangelegenheiten; Organisation von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Personal/Stellenvermittlung, Personalanwerbung; Herausgabe von Werbetexten, Vermarktung und Vermietung von Werbezeiten und Werbeflächen im Internet, Dateiverwaltung mittels Computer, Zusammenstellen von Daten in Computerdatenbanken" können von einem solchen Institut erbracht werden und sind dazu bestimmt, über den norddeutschen Raum betreffende Wirtschaftsfragen zu informieren oder Mitgliedern im norddeutschen Raum Hilfestellung bei wirtschaftlichen Fragestellungen zu leisten. Dazu gehören auch finanzielle Beratung, Investitionsberatung, Finanzanalysen, Investmentgeschäfte sowie Vermögensmanagement für Dritte, also sämtliche in Klasse 36 beanspruchten Dienstleistungen.

Da der Sinngehalt einer Marke ausschließlich in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu beurteilen ist, ist es entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers unerheblich, dass sowohl der Begriff "Institut" als auch das Wort "Wirtschaft" mehrere mögliche Bedeutungen haben. Denn im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen kann "Institut" nur Einrichtung oder Organisation bedeuten, und "Wirtschaft" nur im Sinne aller Tätigkeiten zur planvollen Deckung des menschlichen Bedarfs an Gütern verstanden werden.

c) Der Annahme einer beschreibenden Angabe steht auch nicht entgegen, dass die angemeldete Wortfolge eine gewisse Unbestimmtheit dahingehend aufweist, welches konkrete geografische Wirkungsfeld das Institut hat und mit welchen konkreten Fragestellungen im Wirtschaftssektor es sich befasst oder welche konkreten Aufgaben es darin erfüllt. Denn eine beschreibende Benutzung als Sachangabe für die Waren und Dienstleistungen setzt nicht voraus, dass die Bezeichnung feste begriffliche Konturen erlangt und sich eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt herausgebildet hat. Von einem die Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Begriff kann auch auszugehen sein, wenn das Markenwort verschiedene Bedeutungen hat oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibt (BGH GRUR 2008, 900, 901 Rdnr. 15 -SPA II; GRUR 2000, 882 f. -Bücher für eine bessere Welt).

2.

Dem vom Anmelder vorgetragenen Umstand, dass sein Institut schon seit 1952 bestehe und in Wirtschaftskreisen bekannt sei, könnte nur im Rahmen einer Verkehrsdurchsetzung Bedeutung erlangen, für die aber die erforderlichen Voraussetzungen fehlen und die auch nicht geltend gemacht wird.

3.

a) Soweit sich der Beschwerdeführer im Amtsverfahren auf ... Voreintragun gen berufen hat, sind diese entweder bereits wieder gelöscht oder nicht vergleichbar, so dass sie nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit des vorliegend zu beurteilenden Anmeldezeichens ändern.

Zwar kann eine uneinheitliche Entscheidungspraxis des DPMA, die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG darstellen. Dies setzt aber voraus, dass sich die bisherige Amtspraxis als willkürlich herausstellt und nicht erkennen lässt, welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche rechtswidrig waren (BPatG 29 W (pat) 43/04 -juris Tz. 15 -print 24). Allein aus einer oder wenigen vorangegangenen Entscheidungen lässt sich jedoch noch nicht der Vorwurf einer willkürlichen Ungleichbehandlung ableiten, zumal es sich um rechtswidrig vorgenommene Eintragungen oder Eintragungen vor Eintritt einer Richtlinienoder Rechtsprechungsänderung handeln kann. Niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (EuGH GRUR 2009, 667, 668 Rdnr. 18 -Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und SCHWABENPOST). Für die erforderliche Bereinigung des Markenregisters sieht das Gesetz das Löschungsverfahren vor, das von jedermann eingeleitet werden kann.

Die Wortmarken "Landesverband der Kunstund Antiquitätenhändler Baden-Württemberg e. V." (39740928), "Verband Bayerischer Kunstund Antiquitätenhändler e. V." (39727456) und "Siedlungswerk Baden e. V." (39842760) sind bereits wieder gelöscht. Die Eintragungen der vom Beschwerdeführer angeführten Wortmarken "Bundesvereinigung Evang. Kindertagesstätten e. V." (1031572), "Deutsches Methoden Institut" (39965489), "Evangelischer Diakonieverein Berlin-Zehlendorf e. V." (30090802), "MedCare Institut" (30139344) und "Arbeitsverbund "Kontakt"

e. V." (30231911), die in den Jahren 1982, 2001 und 2002 erfolgten, liegen schon zu lange zurück. Die Wortmarken "Deutsches Institut für Erfolg" (30236573) und "Deutsches Weiterbildungsinstitut" (30236572) sind schon deshalb nicht vergleichbar, weil sie ausschließlich für "Schreibwaren" eingetragen worden sind. Auch der am 6. Februar 2004 u. a. für die Dienstleistungsklasse 35 eingetragenen Wortmarke "Institut für Processing" (30351713) fehlt die Vergleichbarkeit, weil die Wortkombination "Institut für Processing" in Bezug auf "Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten", abgesehen von den abweichenden Kennzeichnungsgewohnheiten der Werbebranche, nicht eindeutig beschreibend ist.

Auch kann das Anmeldezeichen nicht ohne weiteres mit der am 17. März 2006 u. a. für die Dienstleistungsklasse 35 eingetragenen Wortmarke "Wirtschaftsforum Norden e. V." (30555422) verglichen werde, weil ihr im Hinblick auf die Kennzeichnungsgewohnheiten der Werbebranche in Bezug auf die in Klasse 35 eingetragenen Werbedienstleistungen nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden kann. Selbst wenn aber die beiden letzten Eintragungen nicht hätten erfolgen dürfen, könnte daraus noch nicht auf eine willkürliche Amtspraxis geschlossen werden.

b) Soweit der Anmelder in der mündlichen Verhandlung auf insgesamt ... im deutschen Markenregister in den Klassen 16, 35 und 36 eingetragene deutsche, angeblich vergleichbare Marken verwiesen hat, ist er seiner -die Amtsermittlung immanent einschränkenden -materiellen Mitwirkungslast nicht nachgekommen. Dazu hätte er substantiiert zur Vergleichbarkeit des Eintragungszeitpunkts, des Warenund Dienstleistungsverzeichnisses, der Zeichen selbst und der jeweiligen Rechtsprechungssituation vortragen müssen. Es genügt nicht, -wie hier -ähnlich geartete Voreintragungen ohne eigene Auswertung und Gegenüberstellung nach den vorgenannten Kriterien schlicht aufzuzählen (BPatG GRUR 2009, 1173, 1175 -Freizeit-Rätsel-Woche).

3. Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zugelassen, weil die vorliegende Entscheidung, mit der die Schutzfähigkeit eines Vereinsnamens, der sich aus einem geografischen Wirkungsfeld und einem Sachgebiet zusammensetzt, verneint wird, vom Beschluss des 27. Senats des Bundespatentgerichts vom 18. November 2009 (27 W (pat) 139/09, GRUR 2010, 342 f. -German Poker Players Association) abweicht, in welchem dieser entschieden hat, dass in vorbeschriebener Weise zusammengesetzte Verbandsnamen von den angesprochenen Verkehrskreisen als betrieblich individualisierende Kennzeichen wahrgenommen würden, weil sie regelmäßig ganz bestimmte Verbände bezeichneten, und ein Freihaltungsbedürfnis mangels beschreibender Angaben nicht bestehe.

Vorsitzende Richterin Grabrucker ist Dr. Kortbein Kortge aufgrund urlaubsbedingter Abwesenheit gehindert zu unterschreiben.

Dr. Kortbein Hu






BPatG:
Beschluss v. 21.07.2010
Az: 29 W (pat) 102/10


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