Oberlandesgericht München:
Urteil vom 20. Oktober 2011
Aktenzeichen: 29 U 1499/11

(OLG München: Urteil v. 20.10.2011, Az.: 29 U 1499/11)

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 22. Februar 2011 dahin abgeändert, dass die Klage in vollem Umfang abgewiesen wird.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung hinsichtlich der Kosten abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die Verwendung der Bezeichnungen "Volks Inspektion", "Volks Reifen", "Volks-Inspektion", "Volks-Reifen" und "Volks-Werkstatt" durch die Beklagten.

Die Klägerin ist das größte deutsche Automobilunternehmen und stellt Automobile der Marke "Volkswagen" her. Sie ist Inhaberin u.a. folgender Marken:

- Gemeinschaftswortmarke Nr. 703702 "VOLKSWAGEN", angemeldet am 12. Dezember 1997, eingetragen am 10. Mai 1999 mit Schutz u.a. für "Fahrzeuge... sowie deren Teile" (Klasse 12) sowie "Reparaturwesen, insbesondere Reparatur, Wartung und Pflege von Fahrzeugen" (Klasse 37) (vgl. Anlage K 4);

- Gemeinschaftswortmarke Nr. 2 700 342 "VOLKSWAGEN", an gemeldet am 17. Mai 2002, eingetragen am 27. August 2003 mit Schutz u.a. für "Einzelhandels- und Großhandelsdienstleistungen bezüglich Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen und Kraftfahrzeugzubehör, insbesondere Einzel- und Großhandelsgeschäfte, Versandkatalogdienste, Versandhandel und Online-Bestelldienste bezüglich Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen oder Kraftfahrzeugzubehör" (Klasse 35) (vgl. Anlage K 5);

- deutsche Wortmarke Nr. 621 252 "Volkswagen", angemeldet am 21. Februar 1949, eingetragen am 3. Juni 1952 mit Schutz u.a. für "Land-, Luft- und Wasserfahrzeuge, Kraftwagen" und für "Kraftwagenzubehör, nämlich Batterien, Hupen, Winker, Frostschutzscheiben, Blendschutzgeräte, Scheibenwischer, Stoßdämpfer, Bremsen, Bremsbeläge, Gepäckträger, Luftdruckmesser, Geschwindigkeitsmesser, Kilometerzähler" sowie für "Fahrzeugteile" (vgl. Anlage K 1);

- deutsche Wortmarke Nr. 1 147 779 "VOLKSWAGEN", angemeldet am 5. Februar 1988, eingetragen am 12. Oktober 1989 mit Schutz u.a. für "Instandhaltung, Reparatur, Wartung, Pflege und Reinigung von Kraftfahrzeugen" (vgl. Anlage K 2) und

- deutsche Wortmarke Nr. 398 00 185 "VOLKSWAGEN", angemeldet am 2. Januar 1998, eingetragen am 1. Juli 1998 mit Schutz u.a. für "Fahrzeuge... sowie deren Teile" und für "Reparaturwesen, nämlich Reparatur, Wartung und Pflege von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen" (vgl. Anlage K 3).

Die Beklagte zu 1) ist eine 100%-ige Tochtergesellschaft der S. AG und betreibt den Internetauftritt der BILD-Zeitung unter www.bild.de.

Die Beklagte zu 2) betreibt markenunabhängige Kfz-Werkstätten mit daran angeschlossenem Fachmarkt. Ihr Filialnetz mit rund 600 Filialen erstreckt sich über das gesamte Bundesgebiet. Hinzu kommen Filialen in einigen europäischen Nachbarländern. Zudem betreibt sie einen Onlineshop unter der Domain atu.de für Automobilzubehör.

Die Beklagte zu 1) bzw. zunächst deren Rechtsvorgängerin führt seit 2002 sog. "Volks-Aktionen" durch. Dabei wählen die Beklagte zu 1) und ein jeweiliger Kooperationspartner ein Produkt aus den unterschiedlichsten Bereichen aus, das dann als "Volks-Produkt" herausgebracht und beworben wird. Es handelt sich dabei um groß angelegte medienübergreifende Aktionen, die in Kooperationen mit Handelshäusern, Warenproduzenten oder Dienstleistungsunternehmen durchgeführt werden. Bislang wurden über 100 derartige Aktionen mit unterschiedlichen Produkten durchgeführt (vgl. die Übersicht gemäß Anlage B 1). Dabei bringt die Beklagte zu 1) neben Konzeption und Name / Logo Werbeleistungen in die Kooperation ein, indem sie die Produkte umfangreich in Zeitungsbeilagen und Anzeigen u.a. in den Zeitungen BILD und BILD am Sonntag, in anderen Titeln des S. Konzerns sowie im Internet und anderen Medien bewirbt. Auch die jeweiligen Kooperationspartner verwenden die gemeinsam gewählte "Volks"-Bezeichnung in ihrer Werbung sowie auf der Produktverpackung (vgl. Anlage B 4).

Auch die Klägerin fungierte bereits mehrfach als Kooperationspartner der Beklagten zu 1) und brachte zusammen mit dieser u.a. im Jahr 2005 den "Volks-Caddy" sowie den "Volks-Bus" heraus. Soweit die Beklagte zu 1) im Anschluss daran zunächst eine deutsche Wort-/Bildmarke "Volks-Cabrio" u.a. für "Fahrzeuge" angemeldet hatte und außerdem in Kooperation mit dem Automobilhersteller O... ein "Volks-T..." herausgegeben wurde, haben sich die jetzige Klägerin und die jetzige Beklagte zu 1) seinerzeit dahingehend verständigt, dass die entsprechende Markenanmeldung zurückgenommen und die Nutzung des Zeichens "Volks-T..." aufgegeben wurde.

Zwischenzeitlich brachte die Beklagte zu 1) folgende hier streitgegenständliche Marken zur Eintragung, wobei diese ihrer Gestaltung nach einer Reihe hier nicht streitgegenständlicher Marken der Beklagten zu 1) zu anderen "Volks"-Produkten entsprechen (insoweit wird ergänzend auf die Übersicht in Anlage B 5 Bezug genommen):

- deutsche Wort-/Bildmarke 306 38 670

angemeldet am 16. Juni 2006, eingetragen am 28. November 2006 mit Schutz u.a. für "Einzelhandelsdienstleistungen mit Ersatzteilen für Kraftfahrzeuge; Einzelhandelsdienstleistungen mit Waren aus dem Bereich der Wartung, Reparatur und Instandhaltung von Kraftfahrzeugen" in Klasse 35 sowie "Fahrzeugservice, nämlich Wartung, Reparatur und Instandsetzung von Fahrzeugen; Reinigen und Polieren von Fahrzeugen" in Klasse 37 (vgl. Anlage K 24);

- deutsche Wort-/Bildmarke 306 54 206.

angemeldet am 28. August 2006, eingetragen am 24. Januar 2007 mit Schutz u.a. für "Reifen für Fahrzeugräder, Reifen (Pneus); Fahrzeugreifen; Schläuche für Reifen; Laufmäntel für Luftreifen; Bleigewichte zum Auswuchten von Fahrzeugreifen; Ventile für Fahrzeugreifen; Spikes für Reifen; selbstklebende Flickgummis für Reifenschläuche; schlauchlose Fahrrad reifen; Laufflächen für die Runderneuerung von Reifen; Fahrradreifen; Flickzeug für Reifenschläuche; Gleitschutzvorrichtungen für Fahrzeugreifen" in Klasse 12 (vgl. Anlage K 30).

Die graphische Gestaltung der beiden Wort-/Bildmarken 306 38 670 und 306 54 206 entspricht dem Logo des Internetportals der Beklagten zu 1) und den typischen Farben der BILD-Zeitung.

Unter der Bezeichnung "Volks-Inspektion" führte die Beklagte zu 1) in Kooperation mit der Beklagten zu 2) eine Aktion durch, in deren Rahmen Verbraucher in der Zeit vom 24. März mit 11. April 2009 Wertgutscheine zu EUR 49,00 für die Durchführung einer Automobilinspektion erwerben konnten, die dann bis 31. Dezember 2009 bei der Beklagten zu 2) einlösbar waren. Die Aktion wurde auf den Webseiten der Beklagten www.bild.de und www.atu.de sowie mit Plakaten auf dem Werkstattgelände der Beklagten zu 2) beworben. Ergänzend wird auf die Anlagen K 25 mit K 27 Bezug genommen. Zudem wurde die Beklagte zu 2) im Rahmen dieser Aktion als "Volks-Werkstatt" bezeichnet. Eine entsprechende Domain www.volks-werkstatt.de, die auf die Beklagte zu 1) registriert wurde, diente ebenfalls der Bewerbung der genannten Aktion (vgl. Anlagen K 28 und K 29).

Eine weitere Aktion starteten die Beklagten als Kooperationspartner im Mai 2009. Hierbei boten sie unter Verwendung der Bezeichnung "Volks-Reifen" Autoreifen und Kompletträder an, die über die Beklagte zu 2) bezogen werden konnten. Die Bewerbung fand erneut auch über die Webseiten der Parteien www.bild.de und www.atu.de statt. Ferner wurde die Beklagte zu 2) auch im Rahmen dieser Aktion als "Volks-Werkstatt" bezeichnet (vgl. Anlage K 31).

Bei beiden Aktionen verwendeten die Beklagten nachfolgenden Hinweis:

Die Klägerin trägt unter Bezugnahme auf die Anlagen K 6 mit K 11 vor, das Zeichen "Volkswagen" werde nicht nur für die von der Klägerin hergestellten Automobile und die von ihr in Zusammenarbeit bei ihren Vertragswerkstätten, den "Volkswagen Partnern", erbrachten Serviceleistungen, sondern auch für Teile von Kraftfahrzeugen sowie für Räder und Reifen umfangreich benutzt. Bei "Volkswagen" handele es sich um eine der Automobilmarken überhaupt mit einem kaum noch zu übertreffenden Bekanntheitsgrad. Dem Anfangsbestandteil "Volks" komme Hinweisfunktion auf die Klägerin zu, jedenfalls im Automobilbereich, was sich auch darin zeige, dass für die Automobile der Klägerin eine Vielzahl von Zeichen sowohl von ihr selbst als auch von Dritten benutzt würden, die alle nach dem Prinzip "Volks" + Fahrzeugart gebildet seien, z.B. "Volks-Bus", "Volks-Caddy", "Volks-Kombi", "Volks-Kübel", "Volks-Offroader", "Volks-Van", "Volks-Pickup". Dabei verfüge die Klägerin hinsichtlich des Anfangsbestandteils "Volks" im Automobilbereich über eine Alleinstellung. Ergänzend wird auf Anlage K 16 Bezug genommen.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagten verletzten durch Verwendung der Bezeichnungen "Volks Inspektion", "Volks Reifen", "Volks-Inspektion", "Volks-Reifen" und "Volks-Werkstatt" die Kennzeichenrechte der Klägerin an der Bezeichnung "Volkswagen". Daher stünden der Klägerin Unterlassungs-, Auskunfts-, Vernichtungs- und Schadensersatzansprüche zu. Ferner könne sie die Einwilligung in die Löschung der Marken "Volks Inspektion" und "Volks Reifen" verlangen.

Wegen Verwendung der angegriffenen Bezeichnungen hat die Klägerin gegen die Beklagten beim Landgericht München I unter den Az. 33 O 6957/09 und 33 O 8969/09 einstweilige Verfügungen erwirkt, die nach Widerspruch mit Urteilen des Landgerichts München I vom 28. Juli 2009 bzw. 1. September 2009 bestätigt worden sind (vgl. Anlagen K 33 und K 34). Der vorliegende Rechtsstreit ist das Hauptsacheverfahren hierzu.

Die Klägerin hat vor dem Landgericht beantragt:

I. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meldung ... [näher bezeichneter Ordnungsmittel] zu unterlassen,

1. im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union die Zeichen "Volks-Inspektion" und/oder "Volks-Werkstatt" (auch in anderen Schreibweisen wie z.B. "VOLKS-INSPEKTION" oder "VOLKS-WERKSTATT" und als Domain wie z.B. in "www.volks-werkstatt.de") für die Wartung, Pflege und/oder Reparatur von Automobilen zu benutzen, insbesondere sogenannte "Inspektionen" unter diesen Zeichen anzubieten, zu bewerben und/oder zu erbringen und insbesondere wenn dies wie nachfolgend wiedergegeben geschieht:

und/oder

2. im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union das Zeichen "Volks-Reifen" (auch in anderen Schreibweisen wie z.B. VOLKS-REIFEN" und/oder "Volksreifen") für Autoreifen zu benutzen, insbesondere Autoreifen unter diesem Zeichen zu bewerben, anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen, und insbesondere wenn dies wie nachfolgend wiedergegeben geschieht:

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen gemäß dem Antrag zu I. bereits entstanden ist und/oder künftig noch entstehen wird.

III. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie Handlungen gemäß dem Antrag zu I. begangen haben, insbesondere über

- die Anzahl der abgesetzten Inspektions-Gutscheine und die tatsächlich durchgeführten Inspektionen (Handlungen gem. Antrag zu I. 1.),

- die Anzahl der abgesetzten Reifen (Handlungen gem. Antrag zu I. 2.),

- die mit den Handlungen erzielten Umsätze einschließlich solcher, welche durch Zahlungen einer Beklagten an die andere generiert wurden,

- die mit den Handlungen erwirtschafteten Gewinne,

- sowie über Art und Umfang der getätigten Werbung.

IV. Die Beklagten werden verurteilt, alle in ihrem Eigentum oder Besitz stehenden, gemäß dem Antrag zu I. mit den Zeichen "Volks-Inspektion", "Volks-Werkstatt" und/oder "Volks-Reifen" versehenen Gegenstände (z.B. Wertgutscheine, Werbematerialien) zu vernichten.

V. Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die Löschung

1. der deutschen Marke DE 306 38 670 "Volks-Inspektion (fig.)", soweit sie für "Einzelhandelsdienstleistungen mit Ersatzteilen für Kraftfahrzeuge; Einzelhandelsdienstleistungen mit Waren aus dem Bereich der Wartung, Reparatur und Instandhaltung von Kraftfahrzeugen" (Klasse 35) und "Fahrzeugservice, nämlich Wartung, Reparatur und Instandsetzung von Fahrzeugen; Reinigen und Polieren von Fahrzeugen" (Klasse 37) eingetragen ist, und

2. der deutschen Marke DE 306 54 206 "Volks-Reifen (fig.)", soweit diese für "Reifen für Fahrzeugräder, Reifen (Pneus); Fahrzeugreifen; Schläuche für Reifen; Laufmäntel für Luftreifen; Bleigewichte zum Auswuchten von Fahrzeugreifen; Ventile für Fahrzeugreifen; Spikes für Reifen; selbstklebende Flickgummis für Reifenschläuche; Laufflächen für die Runderneuerung von Reifen; Flickzeug für Reifenschläuche; Gleitschutzvorrichtungen für Fahrzeugreifen" (Klasse 12) eingetragen ist,

einzuwilligen.

Vor dem Landgericht haben die Beklagten beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Auffassung, keine Rechte der Klagepartei zu verletzen. Sie verweisen darauf, dass die Volks-Aktionen bzw. die Volks-Marken der Beklagten zu 1) aufgrund der intensiven medienübergreifenden Werbung und der stets namhaften Kooperationspartner (sog. A-Brands) in D über eine außerordentlich hohe Bekanntheit verfügten. Diesen Anforderungen entspreche auch die Beklagte zu 2) angesichts der Größe ihres Filialnetzes und ihrer Möglichkeiten, Markenwaren - wie die als "Volks-Reifen" angebotenen "P."-Reifen - günstig einzukaufen und entsprechend für "jedermann" erschwinglich anzubieten. Insbesondere sei eine kennzeichenrechtliche Verwechslungsgefahr im Streitfall nicht gegeben. Ungeachtet dessen greife die Schutzschranke des § 23 Nr. 2 MarkenG ein.

Am 22. Februar 2011 hat das Landgericht München I folgendes Urteil verkündet:

I. Die Beklagten werden verurteilt, es... [bei Meldung näher bezeichneter Ordnungsmittel] zu unterlassen,

1. im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union die Zeichen "Volks-Inspektion" und / oder "Volks-Werkstatt" (auch in anderen Schreibweisen wie z.B. "VOLKS-INSPEKTION" oder in nachfolgender Gestaltung

oder "VOLKS-WERKSTATT" und als Domain "www.volks-werkstatt.de") für die Wartung, Pflege und / oder Reparatur von Automobilen zu benutzen, insbesondere sogenannte "Inspektionen" unter diesen Zeichen anzubieten, zu bewerben und / oder zu erbringen und insbesondere wenn dies wie nachfolgend wiedergegeben geschieht:

und/oder

2. im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union das Zeichen "Volks-Reifen" (auch in anderen Schreibweisen wie z.B. "VOLKS-REIFEN" und /oder

"Volksreifen" oder in nachfolgender Gestaltung) für Autoreifen zu benutzen, insbesondere Autoreifen unter diesem Zeichen zu bewerben, anzubieten und / oder in den Verkehr zu bringen, und insbesondere wenn dies wie nachfolgend wiedergegeben geschieht:

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen gemäß Ziffer I. bereits entstanden ist und /oder künftig noch entstehen wird.

III. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie Handlungen gemäß Ziffer I. begangen haben, insbesondere über

- die Anzahl der abgesetzten Inspektions-Gutscheine und die tatsächlich durchgeführten Inspektionen (Handlungen gemäß Ziffer I. 1.),

- die Anzahl der abgesetzten Reifen (Handlungen gemäß Ziffer I. 2.),

- die mit den Handlungen erzielten Umsätze, einschließlich solcher, welche durch Zahlungen einer Beklagten an die andere generiert wurden,

- die mit den Handlungen erwirtschafteten Gewinne

- sowie über Art und Umfang der getätigten Werbung.

IV. Die Beklagten werden verurteilt, alle in ihrem Eigentum oder Besitz stehenden, gemäß dem Antrag zu I. mit den Zeichen "Volks-Inspektion", "Volks-Werkstatt und / oder "Volks-Reifen" versehenen Gegenstände (z.B. Wertgutscheine, Werbematerialien) zu vernichten.

V. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt einzuwilligen in die teilweise Löschung

1. der deutschen Wort-/Bildmarke DE 306 38 670 "Volks-Inspektion", soweit sie für "Einzelhandelsdienstleistungen mit Ersatzteilen für Kraftfahrzeuge; Einzelhandelsdienstleistungen mit Waren aus dem Bereich der Wartung, Reparatur und Instandhaltung von Kraftfahrzeugen" (Klasse 35) und "Fahrzeugservice, nämlich Wartung, Reparatur und Instandsetzung von Fahrzeugen; Reinigen und Polieren von Fahrzeugen" (Klasse 37) eingetragen ist, und

2. der deutschen Wort-/Bildmarke DE 306 54 206 "Volks-Reifen", soweit diese für "Reifen für Fahrzeugräder, Reifen (Pneus); Fahrzeugreifen; Schläuche für Reifen; Laufmäntel für Luftreifen; Bleigewichte zum Auswuchten von Fahrzeugreifen; Ventile für Fahrzeugreifen; Spikes für Reifen; selbstklebende Flickgummis für Reifenschläuche; Laufflächen für die Runderneuerung von Reifen; Flickzeug für Reifenschläuche; Gleitschutzvorrichtungen für Fahrzeugreifen" (Klasse 12) eingetragen ist.

VI. Im Übrigen - soweit die Klägerin die Verurteilung der Beklagten beantragt hat, es zu unterlassen, das Zeichen "Volks-Werkstatt" als Domain "wie z.B. in" zu benutzen - wird die Klage abgewiesen.

VII. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 1) zu 3/5, die Beklagte zu 2) zu 2/5.

VIII. Das Urteil ist hinsichtlich der Anträge I. 1., I. 2 und IV. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von je EUR 100.000,--, hinsichtlich des Antrags III. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 50.000,-- sowie hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Klägerin die geltend gemachten Unterlassungsansprüche ganz überwiegend aus Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b, Art. 102 Abs. 1 Satz 1 GMV sowie auch die Folgeansprüche zustünden. Durch die Verwendung der Zeichen "Volks Inspektion", "Volks Reifen", "Volks-Inspektion", "Volks-Reifen" und "Volks-Werkstatt" verletzten die Beklagten die Klägerin in ihren Rechten aus der Gemeinschaftsmarke 703702 "VOLKSWAGEN". Insbesondere seien eine markenmäßige Benutzung der angegriffenen Zeichen sowie kennzeichenrechtliche Verwechslungsgefahr mit der genannten prioritätsälteren Klagemarke gegeben. Die im Hinblick auf den geltend gemachten Unterlassungsanspruch in Bezug auf die Zeichenbenutzung als Domain erfolgte geringfügige Klageteilabweisung ist damit begründet, dass Konstellationen bei der Gestaltung eines Domainnamens denkbar seien, die keine Verletzung der Klägerin in ihren Rechten darstellten.

Auf die tatsächlichen Feststellungen dieses Urteils wird Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie wiederholen und vertiefen ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug und beantragen, wie folgt zu erkennen:

1. Das Urteil des Landgerichts München I vom 22.02.2011 zu dem Aktenzeichen 33 O 5562/10 wird insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.

2. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin hat zur Reihenfolge der geltend gemachten Ansprüche erklärt (vgl. Bl. 246/247 d.A.), dass sie die Klage primär auf den Verwechslungsschutz der Gemeinschaftsmarke CTM 703702 "VOLKSWAGEN" stütze, jedoch mit Ausnahme des Löschungsanspruchs zu V., soweit er sich auf Dienstleistungen der Klasse 35 beziehe; dieser werde auf den Verwechslungsschutz der Gemeinschaftsmarke CTM 2 700 342 "VOLKSWAGEN" gestützt. Hilfsweise werde die Klage insgesamt auf den Bekanntheitsschutz der Gemeinschaftsmarke CTM 703702 "VOLKSWAGEN" gestützt. Weiter hilfsweise werde die Klage insgesamt auf den Verwechslungsschutz der deutschen Marke DE 398 00 185 "VOLKSWAGEN" gestützt. Weiter hilfsweise werde die Klage insgesamt auf den Bekanntheitsschutz der deutschen Marke DE 621 252 "Volkswagen" gestützt. Weiter hilfsweise werde die Klage insgesamt auf den Verwechslungsschutz des Unternehmenskennzeichens "VOLKSWAGEN", d.h. den vom Schutz der vollständigen Firma der Klägerin abgeleiteten Schutz dieses Firmenschlagworts, gestützt. Höchst hilfsweise werde die Klage schließlich auf den Bekanntheitsschutz dieses Unternehmenskennzeichens "VOLKSWAGEN" gestützt.

Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll des Termins der mündlichen Verhandlung vom 20. Oktober 2011 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet, weil der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche in dem vom Landgericht zugesprochenen Umfang nicht zustehen.

A) Unterlassung

1. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nicht aus Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b, Art. 102 Abs. 1 Satz 1 GMV zu, weil zwischen der prioritätsälteren klägerischen Gemeinschaftsmarke CTM 703702 "VOLKSWAGEN" und den angegriffenen Zeichen keine kennzeichenrechtliche Verwechslungsgefahr besteht.

a) Zwar werden die angegriffenen Zeichen markenmäßig benutzt.

aa) Die Beklagten haben eingeräumt (vgl. Bl. 50 d.A.), dass sie die deutschen Wort-/Bildmarken der Beklagten zu 1) DE 306 38 670

und DE 306 54 206

in Form eines betrieblichen Herkunftshinweises verwendet haben. Dies bedeutet, dass die tatsächlichen Voraussetzungen einer markenmäßigen Benutzung insoweit als zugestanden anzusehen sind.

bb) Hinsichtlich der Bezeichnungen "Volks-Inspektion" und "Volks-Reifen" ohne graphische Ausgestaltung und in Bezug auf die Bezeichnung "Volks-Werkstatt" liegt - entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten - ebenfalls eine markenmäßige Benutzung vor.

Eine markenmäßige Benutzung setzt voraus, dass die Bezeichnung im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer dient (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, Tz. 51 ff. - Arsenal Football Club; BGH GRUR 2009, 484, Tz. 60 m.w.N. - Metrobus). Die Rechte aus der Marke sind daher auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Funktion der Marke und insbesondere deren Hauptfunktion, d.h. die Gewährleistung der Herkunft der Ware gegenüber dem Verbraucher, beeinträchtigt oder immerhin beeinträchtigen könnte (EuGH GRUR 2007, 318, Tz. 21 m.w.N. - Adam Opel/Autec; BGH GRUR 2009, 484, Tz. 60 m.w.N. - Metrobus).

Der Behauptung der Beklagten, dass die Bezeichnungen "Volks-Inspektion" und "Volks-Reifen", soweit sie ohne graphische Ausgestaltung verwendet werden, sowie die Bezeichnung "Volks-Werkstatt" rein beschreibend benutzt würden, kann nicht gefolgt werden. Diese Bezeichnungen haben zwar gewisse beschreibende Anklänge. Sie sind jedoch nicht rein beschreibend. Denn es handelt jeweils um die Schöpfung eines neuen Wortes, das in der deutschen Sprache in dieser Form zuvor nicht vorgekommen ist. Nach der Lebenserfahrung ist deshalb davon auszugehen, dass ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs den angegriffenen Bezeichnungen keine Beschaffenheitsangabe, etwa für einen besonders günstigen, für jedermann erschwinglichen Preis der betreffenden Dienstleistungen bzw. Waren, beilegt, sondern sie als Produktnamen auffasst und in ihnen die Bezeichnung einer Dienstleistung bzw. von Waren eines bestimmten Unternehmens sieht (vgl. BGH GRUR 2009, 484, Tz. 61 m.w.N. - Metrobus; BPatG, Beschluss vom 24. März 2011 - Az. 29 W (pat) 212/10, juris, Tz. 25 = Anlage K 72). Aber auch soweit ein ebenfalls nicht unerheblicher Teil des Verkehrs den Bezeichnungen entnimmt, dass die betreffenden Dienstleistungen bzw. Waren für jedermann erschwinglich seien, erschließt sich diese Bedeutung erst nach einer gewissen Überlegung, denn die Bezeichnung "Volks€ ist nach dem allgemeinen Sprachverständnis kein Synonym für diese Konnotation. Auch bei diesem Verkehrsverständnis würden die betreffenden Bezeichnungen somit nicht glatt beschreibend verwendet (vgl. BGH GRUR 2009, 1055, Tz. 58 - airdsl).

In Bezug auf die Bezeichnung "Volks-Werkstatt" folgt die kennzeichenmäßige Benutzung außerdem auch daraus, dass die Beklagte zu 1) sie als Domainnamen (www.volks-werkstatt.de) verwendet und beworben hat, obwohl diese Bezeichnung sich nicht auf eine reine Adressfunktion beschränkt und weder eine Gattungsbezeichnung noch für die von der Beklagten zu 2) auf der in Rede stehenden Internetseite www.atu.de, auf die man bei Eingabe der Domain www.volks-werkstatt.de schließlich gelangt, angebotenen Dienstleistungen glatt beschreibend ist (vgl. BGH GRUR 2009, 1055, Tz. 58 - airdsl).

Die Beklagten können sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Bezeichnung "Volks-Werkstatt" deshalb rein beschreibend verwendet werde, weil sie hinter herkunftshinweisende Wort-/Bildzeichen zurücktrete. Dies ist schon deshalb nicht der Fall, weil die Bezeichnung "Volks-Werkstatt" nicht durchgängig nur im Zusammenhang mit herkunftshinweisenden Wort-/Bildzeichen verwendet wird. Zum Beispiel wird ausweislich der Anlage K 31 (dort S. 5) die Bezeichnung "Volks-Werkstatt" im Stile einer rot unterlegten Titelzeile blickfangmäßig und damit keinesfalls untergeordnet verwendet. Die von den Beklagten angeführte Entscheidung des BGH in der Sache CAMPIONE del MONDO (GRUR 1989, 508) ist auch deshalb nicht einschlägig, weil die Bezeichnung "Volks-Werkstatt" - anders als die Bezeichnung CAMPIONE del MONDO - wie bereits ausgeführt keine rein beschreibende Angabe ist, an der ein Freihaltebedürfnis besteht. Gleiches gilt für die entsprechende Behauptung der Beklagten in Bezug auf die Bezeichnungen "Volks-Inspektion" und "Volks-Reifen". Es widerspräche im Übrigen der Lebenserfahrung, die angesprochenen Verkehrskreise könnten bei einer Verwendung der nicht graphisch ausgestalteten Bezeichnungen "Volks-Inspektion" und "Volks-Reifen" im Kontext mit den - wie von den Beklagten zugestanden - kennzeichenmäßig benutzten Zeichen Volks Inspektion und Volks Reifen, wie sie z.B. gemäß Anlagen K 25 und K 31 erfolgt ist, eine Trennung zwischen einer herkunftshinweisenden und einer nicht kennzeichenmäßig verwendeten Bezeichnung vornehmen.

Der Senat kann das Verständnis selbst feststellen, mit dem die angesprochenen Verkehrskreise den im Streitfall in Rede stehenden Bezeichnungen begegnen. Es handelt sich dabei um die Anwendung von Erfahrungswissen (vgl. BGH GRUR 2007, 1079, Tz. 36 m.w.N. - Bundesdruckerei), über das die Mitglieder des Senats sowohl als Angehörige der angesprochenen Verkehrskreise als auch durch ihre ständige Befassung mit Kennzeichenstreitsachen verfügen (vgl. BGH GRUR 2009, 669, Tz. 16 - POST II; GRUR 2004, 244 [245] - Marktführerschaft; Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl. 2011, § 5 UWG RdNr. 3.12; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, § 14 MarkenG RdNr. 491 f.).

b) Es besteht jedoch keine Verwechslungsgefahr zwischen den angegriffenen prioritätsjüngeren Zeichen der Beklagten und der Klagemarke CTM 703702 "VOLKSWAGEN".

aa) Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens. So kann insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Zeichen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder eine erhöhte Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens ausgeglichen werden (vgl. z.B. BGH GRUR 2011, 826, Tz. 11 m.w.N. - Enzymax/Enzymix).

bb) Im Streitfall ist von einer starken Kennzeichnungskraft der Klagemarke CTM 703702 "VOLKSWAGEN" auszugehen.

Die Frage, ob eine Marke durch Benutzung eine gesteigerte Kennzeichnungskraft erworben hat, ist in Bezug auf die Waren oder Dienstleistungen zu beurteilen, für die die Marke eingetragen ist. Dabei kommt es auf die Sicht eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der in Rede stehenden Art von Waren oder Dienstleistungen an. Abzustellen ist auf die Umstände des Einzelfalls (vgl. z.B. BGH GRUR 2004, 235 [237] - Davidoff II). Die Kennzeichnungskraft der Klagemarke ist produktbezogen festzustellen, muss also bezogen auf die jeweils in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen ermittelt werden (vgl. z.B. BGH GRUR 2009, 484, Tz. 83 m.w.N. - Metrobus; Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 MarkenG RdNr. 521).

Im Streitfall besitzt die Klagemarke CTM 703702 "VOLKSWAGEN" bei den angesprochenen Verkehrskreisen im Automobilbereich, in dem die Klägerin bereits langjährig und intensiv werbend tätig ist, insgesamt eine überragende Bekanntheit. Denn die Klägerin ist das größte deutsche Automobilunternehmen und einer der größten Automobilhersteller weltweit. Die überragende Bekanntheit der Klagemarke gilt nicht nur für Kraftfahrzeuge als solche, sondern auch für die Teile, aus denen die Kraftfahrzeuge hergestellt sind. Nachdem die Klägerin unbestritten über ein Netz von 1.204 Vertragswerkstätten in der Bundesrepublik D verfugt, die regelmäßig verpflichtet sind, ihre Dienstleistungen - wie z.B. Inspektionen - unter der Klagemarke zu erbringen (vgl. Bl. 90 d.A.), umfasst die starke Kennzeichnungskraft der Klagemarke auch den Bereich automobilbezogener Werkstattdienstleistungen. Dies gilt auch dann, wenn man zugunsten der Beklagten unterstellen würde, dass der Bekanntheitsgrad der klägerischen Gemeinschaftsmarke im übrigen Geltungsbereich geringer sein sollte als in der Bundesrepublik D. Denn bei entsprechender Anwendung der vom EuGH in der Rechtssache "PAGO/Tirolmilch" (GRUR 2009, 1158, Tz. 29, 30) aufgestellten Grundsätze, wonach die Bekanntheit einer Gemeinschaftsmarke i.S. von Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c GMV regelmäßig bereits bei Bekanntheit in einen Mitgliedsstaat jedenfalls der Größe Österreichs anzunehmen ist, genügen die in der Bundesrepublik D vorliegenden Umstände, die eine starke Kennzeichnungskraft begründen, um diese der Gemeinschaftsmarke insgesamt zuzusprechen.

Soweit die Beklagten ihre gegen die Annahme einer starken Kennzeichnungskraft der Klagemarke gerichtete Argumentation darauf stützen, dass es der (am 12. Dezember 1997 angemeldeten) Klagemarke CTM 703702 an originärer Kennzeichnungskraft fehle, weshalb sie ohne Verkehrsdurchsetzung nicht schutzfähig wäre (Art. 7 Abs. 1 Buchst. c, Abs. 3 GMV), ist dies bereits im Ausgangspunkt unzutreffend. Denn die Bezeichnung "VOLKSWAGEN" hat - wie oben bereits zu den streitgegenständlichen Bezeichnungen "Volks-Inspektion", "Volks-Reifen" und "Volks-Werkstatt" ausgeführt, worauf Bezug genommen wird, - keinen rein beschreibenden Charakter.

Die Kennzeichnungskraft der Klagemarke ist auch nicht geschwächt: Soweit sich die Beklagten auf die Marke DE 305 19 421 Volks Navi der Beklagten zu 1) berufen, fehlt es bereits an einem substantiierten Vortrag zum Umfang der Benutzung dieses Drittzeichens (vgl. BGH GRUR 2008, 1104, Tz. 25 - Haus & Grund II; GRUR 2009, 685, Tz. 25 - ahd.de). Auch soweit die Beklagten als Anlagenkonvolut B 8 vereinzelte Presseveröffentlichungen vorgelegt haben, in denen die Worte "Volks" im Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen verwendet werden, die nicht von der Klägerin hergestellt werden, ist dies nicht geeignet, die Verwendung des Zeichenbestandteils "VOLKS" durch die Klägerin allein in der Europäischen Union im Automobilbereich in Frage zu stellen: Soweit in den Presseveröffentlichungen das Modell N. des indischen Automobilherstellers T. angesprochen ist, sind sie im Streitfall schon deshalb irrelevant, weil ausweislich der Akten über ein Fahrzeug berichtet wird, das nur auf dem indischen Markt, also nicht in der Europäischen Union vertrieben wird. Außerdem erfolgt die Verwendung des Wortes "Volks" in den Presseveröffentlichungen auch im Übrigen offensichtlich nicht kennzeichenmäßig.

cc) Hinsichtlich der streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen, die von den sich gegenüberstehenden Zeichen erfasst werden, besteht Identität. Demzufolge ist bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BGH GRUR 1999, 990 [991] - Schlüssel; GRUR 2004, 783 [784] - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX).

dd) Es besteht hinsichtlich der sich gegenüberstehenden Zeichen eine gewisse Zeichenähnlichkeit.

(1) Für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der jeweilige Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen entscheidend (BGH GRUR 2003, 1044 [1046] - Kelly; GRUR 2004, 783 [784] - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX). Dies entspricht dem Erfahrungssatz, dass der Verkehr Marken regelmäßig in der Form aufnimmt, in der sie ihm entgegentreten, und sie nicht einer analysierenden, zergliedernden, möglichen Bestandteilen und deren Bedeutung nachgehenden Betrachtung unterzieht (vgl. BGH GRUR 1999, 735 [736] - MONOFLAM/POLYFLAM; GRUR 2004, 240 [241] - MIDAS/medAS; GRUR 2004, 783 [784/785] - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX).

(2) Zwar besteht im Streitfall bei den sich gegenüberstehenden Zeichen eine Identität hinsichtlich des Wortbestandteils "Volks". Der Bestandteil "VOLKS" prägt die Klagemarke CTM 703702 allerdings nicht. Er weist ebenso wie der Bestandteil "WAGEN" lediglich beschreibende Anklänge auf und dominiert den Gesamteindruck der Klagemarke nicht (vgl. BGH GRUR 2009, 484, Tz. 46 - Metrobus). Vielmehr wird der Gesamteindruck der Klagemarke CTM 703702 durch die beiden gleichgewichtigen Elemente "VOLKS" und "WAGEN" bestimmt mit der Folge, dass keiner der beiden Bestandteile allein prägend ist (vgl. BGH GRUR 2004, 514 [516] - T; Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 MarkenG RdNr. 1039 m.w.N.). Die angegriffenen Zeichen werden aus den entsprechenden Gründen ebenfalls nicht durch den Wortbestandteil "Volks€ geprägt.

Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr stehen sich somit auf Seiten der Klägerin das Wortzeichen "VOLKSWAGEN" und auf Seiten der Beklagten die Wort-/Bildzeichen "Volks Inspektion" und "Volks Reifen" sowie die Wortzeichen "Volks-Inspektion", "Volks-Reifen" und "Volks-Werkstatt" gegenüber. Es besteht zwar in klanglicher Hinsicht eine nicht zu vernachlässigende Zeichennähe wegen der Übereinstimmung in dem Bestandteil "Volks" am Zeichenanfang, den der Verkehr erfahrungsgemäß regelmäßig stärker beachtet als die weitere Zeichenfolge (vgl. BGH GRUR 2004, 783 [785] - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX). Aufgrund des mitprägenden Bestandteils "WAGEN" in der Klagemarke CTM 703702 ist aber ein erheblicher Zeichenabstand zu den angegriffenen Zeichen der Beklagten festzustellen, die diesen Bestandteil nicht enthalten.

Etwas anders ergibt sich auch nicht nach den Grundsätzen der "selbständig kennzeichnenden Stellung". Zwar ist es nicht ausgeschlossen, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke aufgenommen wird, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der jüngeren Marke dominiert oder prägt (vgl. z.B. EuGH GRUR 2005, 1042, Tz. 30 - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2004, 865 [866] - Mustang; GRUR 2009, 1055, Tz. 23 - airdsl). Dies erlaubt aber nicht die Herauslösung eines Bestandteils aus einer älteren zusammengesetzten Marke, ohne dass er diese dominiert oder prägt. Anderenfalls würde für die Klagemarke, die Schutz nur in der eingetragenen Form beanspruchen kann, ein selbständiger Elementenschutz begründet, der dem Kennzeichenrecht grundsätzlich fremd ist (BGH GRUR 2008, 903, Tz. 34 - SIERRA ANTIGUO; GRUR 2009, 1055, Tz. 31 - airdsl; Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 MarkenG RdNr. 1131 m.w.N.). Im Streitfall besitzt der mit dem älteren Zeichen identische Bestandteil "Volks" - entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts - somit keine selbständig kennzeichnende Stellung in den jüngeren Zeichen der Beklagten, weil er die ältere Marke - wie bereits ausgeführt - nicht prägt oder dominiert.

ee) Vor diesem Hintergrund kann im Streitfall das Bestehen einer kennzeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr nicht festgestellt werden.

(1) Es besteht keine unmittelbare Verwechslungsgefahr. Denn der Zeichenabstand ist - auch unter Berücksichtigung der Waren- und Dienstleistungsidentität und der starken Kennzeichnungskraft der Klagemarke - so erheblich, dass die angesprochenen Verkehrskreise die sich gegenüberstehenden Zeichen auseinanderhalten.

(2) Es besteht auch keine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt eines Serienzeichens.

Die Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens hat unter dem Begriff des gedanklichen Inverbindungbringens Eingang in die Markenrechtsrichtlinie und das Markengesetz gefunden (vgl. EuGH GRUR 2008, 343 - Il Ponte Finanziaria; GRUR 2011, 915, Tz. 54 - UNI; BGH GRUR 2008, 905, Tz. 33 - Pantohexal). Diese Art der Verwechslungsgefahr, die erst zu prüfen ist, wenn die einander gegenüberstehenden Zeichen - wie im Streitfall - nicht unmittelbar miteinander verwechselbar sind, greift dann ein, wenn die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens sieht und deshalb die nachfolgenden Bezeichnungen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, demselben Inhaber zuordnet (BGH GRUR 2007, 1071, Tz. 40 m.w.N. - Kinder II; GRUR 2008, 905, Tz. 33 - Pantohexal; GRUR 2009, 672, Tz. 39 - OSTSEE-POST). Bei der Annahme einer Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt eines Serienzeichens sind besonders strenge Anforderungen an die Wesensgleichheit dieses Zeichens mit dem angegriffenen Zeichen zu stellen (vgl. BGH GRUR 2007, 1071, Tz. 41 m.w.N. - Kinder II), weil andernfalls eine Umgehung der Maßgeblichkeit des Gesamteindrucks im Sinne eines unzulässigen Elementenschutzes droht (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 MarkenG RdNr. 1173 m.w.N.)

Für das Bestehen einer Gefahr, dass sich der angesprochene Verkehr hinsichtlich der Zugehörigkeit der angegriffenen Zeichen zu einer "Familie€ oder "Serie€ von Marken irrt, ist es erforderlich, dass die dieser "Familie€ oder "Serie€ angehörenden älteren Marken auf dem Markt präsent sind, und zwar in so genügender Zahl, dass sie eine "Familie" oder "Serie" von Marken bilden können, weil sonst von einem Verbraucher nicht erwartet werden kann, dass er in dieser Markenfamilie oder -serie ein gemeinsames Element entdeckt und/oder diese mit einer anderen Marke mit dem gleichen gemeinsamen Element in Verbindung bringt (vgl. EuGH GRUR 2008, 343, Tz. 63 ff. - Il Ponte Finanziaria; Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 MarkenG RdNrn. 1175, 1177).

Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Soweit sich die Klägerin auf zahlreiche Bezeichnungen beruft, die aus dem Bestandteil "Volks" und einem Zusatz (z.B. "Volks-Van") gebildet sind (vgl. z.B. Schriftsatz vom 25. August 2010, Bl. 93 ff. d.A.), ist nicht vorgetragen, dass es sich bei diesen Bezeichnungen um Marken der Klägerin handelt und nicht substantiiert dargelegt, in welchem Umfang eine Benutzung der Bezeichnungen tatsächlich erfolgt ist. Eine Ausnahme besteht nur für die deutsche Wortmarke DE 305 49 116 "VOLKSBUS". Diese wäre allein schon nicht ausreichend, um zusammen mit der Klagemarke CTM 703702 und den anderen gleichlautenden Marken der Klägerin eine "Familie€ oder "Serie€ von Marken mit dem Stammbestandteil "Volks" zu schaffen. Hinzu kommt, dass der mit der Marke "VOLKSBUS" gekennzeichnete Reisebus primär für entfernte außereuropäische Märkte bestimmt war (vgl. Bl. 101/102 d.A.).

(3) Es besteht im Streitfall auch keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn.

Bei der Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn unter dem Aspekt des gedanklichen Inverbindungbringens erkennt der Verkehr zwar die Unterschiede zwischen den Marken; er stellt aber organisatorische oder wirtschaftliche Verbindungen zwischen den Markeninhabern her. Eine solche Verwechslungsgefahr kann nur bei Vorliegen besonderer Umstände angenommen werden (BGH GRUR 2004, 779 [783] - Zwilling/Zweibrüder, GRUR 2008, 903, Tz. 31 - SIERRA ANTIGUO; GRUR 2009, 772, Tz. 69 - Augsburger Puppenkiste; GRUR 2009, 1055, Tz. 37 - airdsl; GRUR 2010, 729, Tz. 43 - MIXI). Dass ein Zeichen geeignet ist, bloße Assoziationen an ein fremdes Kennzeichen hervorzurufen, reicht hierzu nicht (BGH GRUR 2009, 772, Tz. 69 - Augsburger Puppenkiste; GRUR 2009, 1055, Tz. 37 - airdsl; GRUR 2010, 729, Tz. 43 - MIXI). Die Annahme einer selbständig kennzeichnenden Stellung des mit der älteren Marke übereinstimmenden Bestandteils des jüngeren zusammengesetzten Zeichens, welche im Streitfall nicht besteht (vgl. oben), kann zwar als "besonderer Umstand" zu berücksichtigen sein; sie ist aber - anders als die Beklagten meinen - nicht Voraussetzung für die Feststellung einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn (vgl. BGH GRUR 2010, 729, Tz. 44 - MIXI). Richtig ist aber, dass die besonderen Umstände erhebliches Gewicht haben müssen, damit nicht eine ungerechtfertigte Umgehung der Maßgeblichkeit des Gesamteindrucks im Sinne eines dem Kennzeichenrecht grundsätzlich fremden Elementenschutzes eintritt.

Solche besonderen Umstände, die über bloße Assoziationen hinaus die Annahme wirtschaftlicher oder organisatorischer Verbindungen zwischen den Unternehmen, die die kollidierenden Zeichen verwenden, nahelegen, bestehen im Streitfall nicht.

Denn die Beklagte zu 1) hat in der Vergangenheit unter der von ihr gewählten Bezeichnung "Volks-Aktionen" eine große Vielzahl, nämlich über 100 Aktionen mit unterschiedlichsten Produkten und verschiedensten Kooperationspartnern bis in das Jahr 2010 durchgeführt (vgl. Anlage B 1). Wegen der groß angelegten medienübergreifenden Bewerbung dieser Aktionen ist den angesprochenen Verkehrskreisen bekannt, dass die Beklagte zu 1) die "Volks-Aktionen" mit wechselnden Kooperationspartnern durchführt. Dass die Klägerin und die Beklagte zu 1) im Jahr 2005 die von der Klägerin hergestellten Fahrzeugmodelle "Caddy" und "VW-Bus" zusammen als "Volks-Caddy" bzw. "Volks-Bus" vermarktet haben (vgl. insb. Bl. 13, 43, 101 d.A.; Anlage K 16), liegt länger zurück. Diese punktuellen Aktionen, denen in der Gesamtheit der über 100 Vermarktungskampagnen kein besonderes Gewicht zukommt, sind nicht geeignet, in denen angesprochenen Verkehrskreisen den Eindruck zu erwecken, dass entsprechend gestaltete Vermarktungsaktionen, wenn sie den Automobilbereich betreffen, von der Beklagten zu 1) stets in Kooperation (auch) mit der Klägerin durchgeführt werden. Dies ergibt sich im Übrigen auch daraus, dass die gemeinsamen Vermarktungskampagnen der Klägerin und der Beklagten zu 1) aus jüngerer Zeit in Bezug auf Fahrzeugmodelle der Klägerin - wie die Anlagen K 66 und K 67, die Vermarktungskampagnen der Klägerin und der Beklagten zu 1) für einen "Gewinner-Caddy" und einen "Gewinner-Transporter" im Jahr 2009 betreffen - deutlich zeigen, gerade abweichend von den übrigen "Volks-Aktionen" der Beklagten zu 1) gestaltet sind. Es werden dabei nämlich die Modelle Caddy, Transporter und Caravelle gerade nicht als "Volks-Caddy", "Volks-Transporter" und "Volks-Caravelle", sondern als "Gewinner-Caddy", "Team-Caddy", "Profi-Caddy", "Gewinner-Transporter", "Profi-Transporter" und "Profi-Caravelle" angeboten (vgl. Bl. 105 d.A.). Außerdem hat die Beklagte zu 1) im Jahr 2005 eine Vermarktungskampagne für ein "Volks-Navi", d.h. ein Navigationsgerät für Kraftfahrzeuge, durchgeführt, die im Automobilbereich angesiedelt war und nicht in Kooperation mit der Klägerin stattfand.

Vor diesem Hintergrund kann nicht festgestellt werden, dass die angesprochenen Verkehrskreise bei einer Verwendung der angegriffenen Zeichen innerhalb der "Volks"-Markenfamilie der Beklagten zu 1) den unzutreffenden Eindruck gewinnen, die fraglichen Waren und Dienstleistungen würden zumindest in einer Kooperation mit der Klägerin angeboten.

Auch das von der Klägerin vorgelegte private Verkehrsgutachten betreffend die Bezeichnung "Volks-Werkstatt" (vgl. Anlage K 68) ist nicht geeignet, über bloße Assoziationen hinaus die Annahme wirtschaftlicher oder organisatorischer Verbindungen zwischen den Unternehmen, die die kollidierenden Zeichen verwenden, zu belegen.

Der Senat kann das Verständnis selbst feststellen, mit dem die angesprochenen Verkehrskreise den im Streitfall in Rede stehenden Bezeichnungen begegnen. Es handelt sich dabei um die Anwendung von Erfahrungswissen (vgl. BGH GRUR 2007, 1079, Tz. 36 m.w.N. - Bundesdruckerei), über das die Mitglieder des Senats sowohl als Angehörige der angesprochenen Verkehrskreise als auch durch ihre ständige Befassung mit Kennzeichenstreitsachen verfügen (vgl. BGH GRUR 2009, 669, Tz. 16 - POST II; GRUR 2004, 244 [245] - Marktführerschaft; Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 5 UWG RdNr. 3.12; Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 MarkenG RdNr. 491 f.).

Es kann deshalb offen bleiben, ob der von den Beklagten angesprochene Kooperationsvermerk

aus einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn, wenn sie anzunehmen wäre, hinausführen würde.

c) Nachdem sich die Beklagten im Streitfall auch auf die Schutzschranke des Art. 12 Buchst. b GMV berufen haben, ist - ohne dass es darauf im Streitfall ankäme - darauf hinzuweisen, dass diese Schutzschranke vorliegend nicht eingreifen würde, weil die angegriffenen Zeichen - wie oben ausgeführt - lediglich beschreibende Anklänge aufweisen, ohne ein rein beschreibende Angabe darzustellen (vgl. Hacker in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl. 2009, § 23 MarkenG RdNr. 58).

2. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nicht aus Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c, Art. 102 Abs. 1 Satz 1 GMV zu, weil durch die Benutzung der angegriffenen Zeichen nicht die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten klägerischen Gemeinschaftsmarke CTM 703702 "VOLKSWAGEN" ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt oder beeinträchtigt wird.

Dies würde nämlich voraussetzen, dass einer der vom EuGH anerkannten Eingriffstatbestände erfüllt wäre, nämlich erstens die Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft der älteren Marke, zweitens die Beeinträchtigung der Wertschätzung dieser Marke und drittens das unlautere Ausnutzen der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung dieser Marke. Es genügt, wenn eine dieser drei Arten von Beeinträchtigungen vorliegt (EuGH EuGH GRUR 2009, 56, Tz. 27 f. - Intel; GRUR 2009, 756, Tz. 38 - L'Oreal/Bellure). Im Streitfall liegt jedoch keine dieser Beeinträchtigungen vor.

a) Zum einen fehlt es an einer Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft der Klagemarke. Eine solche Verwässerung liegt vor, wenn die Eignung dieser Marke, die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist und benutzt wird, als vom Inhaber dieser Marke stammend zu identifizieren, geschwächt wird, weil die Benutzung der jüngeren Marke zur Auflösung der Identität der älteren Marke und ihrer Bekanntheit beim Publikum fuhrt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die ältere Marke, die eine unmittelbare gedankliche Verbindung mit den von ihr erfassten Waren und Dienstleistungen hervorrief, dies nicht mehr zu bewirken vermag (EuGH GRUR 2009, 56, Tz. 29, 76 - Intel; GRUR 2009, 756, Tz. 39 - L'Oreal/Bellure). Der Nachweis, dass die Benutzung der jüngeren Marke die Unterscheidungskraft der älteren Marke beeinträchtigt oder beeinträchtigen würde, setzt folglich voraus, dass dargetan wird, dass sich das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers der Waren oder Dienstleistungen, für die die ältere Marke eingetragen ist, in Folge der Benutzung der jüngeren Marke geändert hat oder dass die ernsthafte Gefahr einer künftigen Änderung dieses Verhaltens besteht (EuGH GRUR 2009, 56, Tz. 77 - Intel). Hieran fehlt es im Streitfall schon deshalb, weil die angegriffenen Bezeichnungen nicht permanent benutzt werden, sondern nur punktuell und kurzzeitig im Rahmen einzelner Vermarktungskampagnen, die nicht geeignet sind, eine Auflösung der Identität der älteren Klagemarke und ihrer Bekanntheit beim Publikum herbeizuführen. Ein etwaiger gradueller Verlust an Unterscheidungskraft allein ist für die Annahme einer unlauteren Verwässerung der Klagemarke nicht ausreichend (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 MarkenG RdNrn. 1275, 1370).

b) Zum zweiten nutzen die Beklagten die Unterscheidungskraft und Wertschätzung der Klagemarke nicht in unlauterer Weise aus. Von einer solchen unlauteren Ausnutzung ist auszugehen, wenn sich der Dritte in den Bereich der Sogwirkung der bekannten Marke begibt, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren, und ohne finanzielle Gegenleistung und ohne dafür eigene Anstrengungen machen zu müssen die wirtschaftlichen Anstrengungen des Markeninhabers zur Schaffung und Aufrechterhaltung des Images dieser Marke ausnutzt (vgl. EuGH GRUR 2009, 756, Tz. 49 - L'Oreal/Bellure; BGH, Urteil vom 14. April 2011 - Az. I ZR 33/10, Tz. 24 - GROSSE INSPEKTION FÜR ALLE). Für eine solche unlautere Ausnutzung ist im Streitfall, in dem die angegriffenen Zeichen innerhalb einer eigenen, demselben Zeichenbildungsprinzip wie die streitgegenständlichen Zeichen folgenden Markenserie der Beklagten zu 1) benutzt werden, welche bereits in über 100 sog. "Volks-Aktionen" öffentlichkeitswirksam in der Werbung eingesetzt wurde, nichts Substantielles ersichtlich. Die Verwendung der angegriffenen Zeichen liegt nicht in der Klagemarke, sondern in der eigenen Markenserie der Beklagten zu 1) begründet. Auch fehlt es - wie bereits ausgeführt - daran, dass die angesprochenen Verkehrskreise im Streitfall bei einer Verwendung der angegriffenen Zeichen innerhalb der "Volks"-Markenfamilie der Beklagten zu 1) den unzutreffenden Eindruck gewinnen, die fraglichen Waren und Dienstleistungen würden zumindest in einer Kooperation mit der Klägerin angeboten.

c) Auch für eine Beeinträchtigung der Wertschätzung der Klagemarke ist im Streitfall nichts ersichtlich.

3. Soweit die Klägerin die von ihr geltend gemachten Unterlassungsansprüche hilfsweise auf den Verwechslungsschutz der deutschen Marke DE 398 00 185 "VOLKSWAGEN" und weiter hilfsweise auf den Bekanntheitsschutz der deutschen Marke DE 621 252 "Volkswagen" stützt, bestehen diese Ansprüche nicht. Die Tatbestände des § 14 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 MarkenG sind im Streitfall nicht erfüllt, weil keine kennzeichenrechtliche Verwechslungsgefahr vorliegt bzw. weil die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der betreffenden Klagemarke nicht ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt oder beeinträchtigt werden. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden, die hier entsprechend geltend. Dass die deutsche Marke DE 621 252 "Volkswagen" - anders als die Hauptklagemarke CTM 703702 "VOLKSWAGEN" - nicht nur aus Großbuchstaben gebildet ist, ist im Streitfall für die Frage der Zeichenähnlichkeit und der Verwechslungsgefahr irrelevant.

4. Soweit die Klägerin die von ihr geltend gemachten Unterlassungsansprüche weiter hilfsweise auf den Verwechslungsschutz ihres Unternehmenskennzeichens und Firmenschlagworts "VOLKSWAGEN" stützt, bestehen diese Ansprüche aus § 15 Abs. 4 i.V. mit Abs. 2 MarkenG ebenfalls nicht, weil keine Verwechslungsgefahr zwischen der geschäftlichen Bezeichnung der Klägerin und den Zeichen der Beklagten besteht.

a) Die Klägerin führt die Firmenbezeichnung "VOLKSWAGEN" als Schlagwort. Dafür, dass sie auch den Bestandteil "VOLKS" isoliert zur Kennzeichnung ihres Unternehmens verwendet, ist nichts ersichtlich. Auch eine eigene Verkehrsgeltung des isolierten Bestandteils "VOLKS" im Automobilbereich als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen der Klägerin kann im Streitfall nicht festgestellt werden. Eine etwaige Verkürzung des klägerischen Unternehmenskennzeichens auf das Schlagwort "VOLKS" ist schließlich auch nicht geeignet, sich ohne isolierte Verwendung dieses Schlagworts und ohne Verkehrsgeltung im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen der Klägerin durchzusetzen, weil er - entsprechend der obigen Ausführungen - im Vergleich zur ungekürzten Firmenbezeichnung nicht als der eigentlich kennzeichnende Teil anzusehen ist (vgl. dazu Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 15 Rdnr. 59 m.w.N.). Vielmehr sind die beiden Elemente "VOLKS" und "WAGEN" gleichgewichtig.

b) Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit sind die sich gegenüberstehenden Kennzeichen jeweils als Ganzes zu berücksichtigen und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen (vgl. BGH GRUR-RR 2010, 205, Tz. 37 - Haus & Grund IV). Die Rechtsformzusätze bleiben auf beiden Seiten außer Betracht (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 15 MarkenG RdNr. 66). Genießt ein Teil einer geschäftlichen Bezeichnung gesonderten kennzeichenrechtlichen Schutz als Firmenschlagwort, ist dieser gesondert geschützte Teil maßgeblich (vgl. BGH GRUR 2008, 1102, Tz. 18 m.w.N. - Haus & Grund I). Die Maßgeblichkeit des Gesamteindrucks schließt es allerdings nicht aus, einem einzelnen Zeichenbestandteil unter bestimmten Voraussetzungen eine besondere, das gesamte Zeichen prägende Kennzeichnungskraft beizumessen und die Gefahr einer Verwechslung der beiden Gesamtbezeichnungen daher im Falle der Übereinstimmung der Zeichen in ihren sie jeweils prägenden Bestandteilen zu bejahen (vgl. BGH GRUR 2008, 1102, Tz. 18 m.w.N. - Haus & Grund I). Auf den prägenden Bestandteil allein darf bei der Beurteilung der Ähnlichkeit allerdings nur abgestellt werden, wenn alle anderen Bestandteile ganz zu vernachlässigen sind (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 14 MarkenG RdNr. 1003 m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen besteht zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen "VOLKS-WAGEN" auf der Klägerseite und "Volks Inspektion", "Volks Reifen", "Volks-Inspektion" "Volks-Reifen" und "Volks-Werkstatt" auf Seiten der Beklagten ein erheblicher Zeichenabstand. Denn das Zeichen der Beklagten enthält - wie oben ausgeführt - den das Unternehmenskennzeichen der Klägerin mitprägenden Bestandteil "WAGEN" nicht. Der Zeichenabstand ist deshalb noch so groß, dass auch unter Berücksichtigung der übrigen Umstände des Streitfalls, insbesondere einer zumindest partiellen Branchenidentität und der starken Kennzeichnungskraft der klägerischen Bezeichnung, eine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 15 Abs. 2 MarkenG nicht angenommen werden kann.

5. Soweit die Klägerin schließlich die von ihr geltend gemachten Unterlassungsansprüche weiter hilfsweise auf den Bekanntheitsschutz ihres Unternehmenskennzeichens und Firmenschlagworts "VOLKSWAGEN" stützt, bestehen diese Ansprüche aus § 15 Abs. 4 i.V. mit Abs. 3 MarkenG ebenfalls nicht. Denn durch die Benutzung der angegriffenen Zeichen wird die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung des bekannten klägerischen Unternehmenskennzeichens "VOLKSWAGEN" nicht ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt oder beeinträchtigt. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen zum markenrechtlichen Paralleltatbestand verwiesen werden, die hier entsprechend gelten.

B) Feststellung der Schadensersatzverpflichtung, Auskunft, Vernichtung

Nachdem markenrechtliche Verletzungstatbestände - wie ausgeführt - im Streitfall nicht erfüllt sind, kann die Klägerin weder die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung gemäß § 14 Abs. 6 MarkenG, § 256 ZPO (ggf. i.V. mit Art. 102 Abs. 2 GMV, § 125b Nr. 2 MarkenG) noch Auskunft gemäß § 19 MarkenG, § 242 BGB (ggf. i.V. mit Art. 102 Abs. 2 GMV, § 125b Nr. 2 MarkenG) verlangen. Auch steht ihr aus demselben Grund der geltend gemachte Vernichtungsanspruch gemäß § 18 MarkenG (ggf. i.V. mit Art. 102 Abs. 2 GMV, § 125b Nr. 2 MarkenG) nicht zu.

C) Löschung

Der Klägerin stehen auch die geltend gemachten Löschungsansprüche nicht zu.

Der Klägerin stehen aus der Klagemarke CTM 703702 "VOLKSWAGEN" keine Löschungsansprüche in Richtung auf die Marken DE 306 38 670 (betreffend Dienstleistungen der Klasse 37) und DE 306 54 206 der Beklagten zu 1) aus § 9 Abs. 1 Nrn. 2, 3, §§ 51, 55 MarkenG i.V. mit Art. 102 Abs. 2 GMV, § 125b Nr. 1 MarkenG zu, weil keine Verwechslungsgefahr besteht bzw. die Benutzung der angegriffenen Zeichen die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der betreffenden bekannten Marken der Klägerin nicht ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen, die hier entsprechend gelten.

Soweit die Klägerin den Löschungsanspruch in Richtung auf die Marke DE 306 38 670 der Beklagten zu 1) betreffend Dienstleistungen der Klasse 35 auf den Verwechslungsschutz der Klagemarke CTM 2 700 342 "VOLKSWAGEN" gestützt hat, bleibt auch dies ohne Erfolg. Da das Zeichen "VOLKSWAGEN" in den beiden klägerischen Marken CTM 703702 und CTM 2 700 342 identisch ist, wird hinsichtlich des Fehlens von kennzeichenrechtlicher Verwechslungsgefahr auf die obigen diesbezüglichen Ausführungen Bezug genommen, die hier entsprechend gelten.

Die Klägerin kann die geltend gemachten Löschungsansprüche auch nicht mit Erfolg hilfsweise auf den Verwechslungsschutz der deutschen Marke DE 398 00 185 "VOLKSWAGEN" und weiter hilfsweise auf den Bekanntheitsschutz der deutschen Marke DE 621 252 "Volkswagen" stützen. Auch insoweit gelten die obigen Ausführungen entsprechend, auf die Bezug genommen wird.

Die Klägerin kann die geltend gemachten Löschungsansprüche schließlich auch nicht mit Erfolg weiter hilfsweise auf den Verwechslungsschutz ihres Unternehmenskennzeichens und Firmenschlagworts "VOLKSWAGEN" und weiter hilfsweise auf dessen Bekanntheitsschutz stützen.

III.

1. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

3. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache erfordert, wie die Ausführungen unter II. zeigen, lediglich die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den Einzelfall.






OLG München:
Urteil v. 20.10.2011
Az: 29 U 1499/11


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/56bd2c9b2670/OLG-Muenchen_Urteil_vom_20-Oktober-2011_Az_29-U-1499-11




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