Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Juni 2000
Aktenzeichen: 30 W (pat) 250/99

(BPatG: Beschluss v. 26.06.2000, Az.: 30 W (pat) 250/99)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Eingetragen für "Computer, Datenträger, Software" sowie weitere Waren der Klassen 9 und 16 und Dienstleistungen der Klassen 41 und 42 ist die Marke 394 07 457 OfficeWare megaLine.

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der ua für "Computer, Datenträger...; auf Programmträger aufgezeichnete Datenverarbeitungsprogramme" sowie weitere Waren der Klasse 9 eingetragenen schriftbildlich ausgestalteten Marke 2 007 307 MEGALINE.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat den Widerspruch mit zwei Beschlüssen, einem davon im Erinnerungsverfahren, zurückgewiesen, da der für Kollisionen allein in Betracht kommende Bestandteil "megaLine" den Gesamteindruck der angegriffenen Marke nicht präge, da er ebenso wie der zweite Bestandteil dieser Marke kennzeichnungsschwach sei.

Zur Begründung der dagegen eingelegten Beschwerde trägt die Widersprechende vor, die Markenstelle habe zu Unrecht die Gefahr unmittelbarer Verwechslungen zwischen beiden Marken verneint. Der Bestandteil "megaLine" präge den Gesamteindruck der angegriffenen Marke. Er habe, was sich auch aus der Eintragung der Widerspruchsmarke ergebe, eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Die Bestandteile "mega "und" Line" gingen in einem Kunstwort auf. Der weitere Bestandteil "OfficeWare" sei unmittelbar beschreibend, so daß sich "megaLine" zur alleinige Benennung dieser Marke anbiete.

Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die angegriffene Marke zu löschen.

Die Markeninhaberin beantragt ersichtlich, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hat sich im Beschwerdeverfahren zur Sache nicht geäußert.

Ergänzend wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze der Widersprechenden sowie denjenigen der beigezogenen Amtsakte verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist nicht begründet. Die Markenstelle hat zutreffend die Gefahr von Verwechslungen zwischen den Vergleichsmarken verneint, § 9 Abs 1 Satz 2 MarkenG.

Die sich gegenüberstehenden Waren sind teilweise identisch, weshalb bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen ist. Der danach erforderliche deutliche Abstand zur älteren Widerspruchsmarke wird von der jüngeren Marke jedoch gewahrt.

In ihrer Gesamtheit werden die Marken wegen der deutlich unterschiedlichen Länge nicht miteinander verwechselt werden, so daß die Gefahr von Verwechslungen nur zu bejahen wäre, wenn der Widerspruchsmarke allein der mit ihr der Buchstabenfolge nach identische Teil der jüngeren Marke gegenüberzustellen wäre. Davon kann jedoch entgegen der Annahme der Widersprechenden nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen nicht ausgegangen werden. Danach ist bei der Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr grundsätzlich auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Marken abzustellen. Auszugehen ist dabei von der konkreten Gealtung der Marken in ihrer jeweils registrierten Form. Das schließt zwar nicht aus, daß einem einzelnen Zeichenbestandteil im konkreten Fall eine besondere, das gesamte Zeichen prägende Kennzeichnungskraft beizumessen ist und deshalb bei Übereinstimmung von Zeichen in dem jeweils prägenden Bestandteil die Gefahr einer Verwechslung der beiden Gesamtbezeichnungen zu bejahen ist (vgl zB BGH MarkenR 2000, 20 - RAUSCH/ELFI RAUCH). Einem einzelnen Markenbestandteil kann eine besondere, das Gesamtzeichen prägende Kennzeichnungskraft ausnahmsweise zugemessen werden, wenn diesem Bestandteil in der Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommt und er deshalb geeignet ist, die Erinnerung an das Gesamtzeichen wachzurufen, während die weiteren Elemente der Marke nur eine eher nachgeordnete Bedeutung haben. Dabei besteht kein Erfahrungssatz dahin, daß mehrgliedrige Zeichen stets von einem Zeichenteil geprägt werden. Die Feststellung der Prägung des Gesamteindrucks eines mehrteiligen Zeichens durch einen Bestandteil hat zugleich zur Folge, daß der oder die weiteren Bestandteile so in den Hintergrund treten, daß sie für den Verkehr an Bedeutung verlieren und zum Gesamteindruck des Zeichens nicht beitragen (aaO S 22).

Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf den für Kollisionen allein in Betracht kommenden Bestandteil "megaLine" der jüngeren Marke nicht vor, da er sich in seiner kennzeichnenden Wirkung gegenüber dem weiteren Bestandteil "OfficeWare" nicht so deutlich unterscheidet, daß ihm etwa eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommen würde bzw daß der letztgenannte Bestandteil eine deutlich untergeordnete Bedeutung hätte. Denn der Bestandteil "megaLine" hat im Zusammenhang mit den dem EDV-Bereich angehörenden Waren und Dienstleistungen der jüngeren Marke im Hinblick auf seinen beschreibenden Aussagegehalt lediglich eine allenfalls geringe Kennzeichnungskraft. Das griechische Wort "mega" wird im Deutschen in Wortverbindungen allgemein im Sinne von "besonders groß (riesig), mächtig, hervorragend" gebraucht (näheres s zB BGH BlPMZ 1996, 498 - "MEGA"), im EDV-Bereich auch im Sinne von "das Millionenfache einer Einheit" (s Rechtschreibduden 21. Aufl; zB "Megabits", "Megabyte", "megacycle" (= Megahertz), "Megaflop", "Megapixel-" (oder auch Megapel-)display - s Müller-Löbel-Schmid, Lexikon der Datenverarbeitung 1990; Linke-Winkler, Das M & T Computer-Lexikon 1998). "Mega" ist dabei jeweils die Maßeinheit in Bezug auf die Informationsmenge, die Speicherkapazität, die Anzahl an Schwingungen oder Umdrehungen und kennzeichnet damit den jeweiligen Leistungsumfang.

Das englische Wort "line" wird in der deutschen Werbesprache nicht nur im Modebereich zur Bezeichnung einer modischen Stilrichtung (vgl BGH GRUR 1996, 68 "Cotton Line", BlPMZ 1998, 150 "Active Line"), sondern auf vielen Warengebieten zur Bezeichnung einer Produktlinie, eines Sortiments oder einer Serie verwendet (vgl BPatGE 36, 153 - BLUE LINE, sowie die jeweils in PAVIS CD-ROM Markenentscheidungen zitierten Beschlüsse des BPatG "Green-Line" vom 17. Oktober 1997, 33 W (pat) 122/97, "Fantasy Line" vom 16. April 1997, 28 W (pat) 133/96, "GOURMET LINE" vom 19. Mai 1995, 32 W (pat) 108/95, "TOP LINE" vom 16. April 1997, 32 W (pat) 157/96, "Profiline" vom 18. Juli 1997, 32 W (pat) 171/96, "ComfortLine" vom 13. August 1997, 32 W (pat) 89/96, sowie "TRENDLINE" vom 15. Oktober 1997, 24 W (pat) 237/95).

Die Bezeichnung "megaLine" beinhaltet demnach ähnlich wie "TOPLINE" eine werbemäßig anpreisende Aussage im Hinblick auf eine hervorragende Qualität im Sinne eines riesigen Leistungsumfangs, wobei im Bereich der Computerhardware das mögliche Verständnis als Hinweis auf das Millionenfache einer Einheit (-bit, -byte, -flop usw) dort in den Hintergrund tritt, wo mittlerweile der Gigabereich Einzug gehalten hat. Zwar kann auch dem weiteren Bestandteil "OfficeWare" der angegriffenen Marke keine größere Kennzeichnungskraft als dem Bestandteil "megaLine" zuerkannt werden, da auch er eine unmittelbar beschreibende Aussage im Sinne von "Büroware" enthält (s dazu PAVIS CD-ROM Markenentscheidungen 30 W (pat) 6/98 vom 2. November 1998 - OfficeWare. Aus der fehlenden Eignung des Bestandteils "OfficeWare" zur Prägung des Gesamteindrucks der angegriffenen Marke folgt jedoch nicht etwa, daß diese durch "megaLine" geprägt würde. Vielmehr ist bei einer solchen Konstellation davon auszugehen, daß für den Gesamteindruck dieser Marke diese allein in ihrer vollständigen Form ausschlaggebend ist und damit kein Ausnahmefall dergestalt vorliegt, daß etwa einer ihrer Bestandteile den Gesamteindruck selbständig prägen würde. Dies folgt auch nicht etwa aus dem Umstand der Eintragung der Widerspruchsmarke "MEGALINE", von deren Schutzfähigkeit im vorliegenden Verfahren auszugehen ist. Denn für die Eintragung genügt bereits die Annahme einer geringen Kennzeichnungskraft, die ihrerseits nicht etwa ohne weiteres zur Folge hat, daß diesem Bestandteil innerhalb der angegriffenen Marke eine selbständig prägende Wirkung beizumessen wäre. Daß der Zeichenteil "megaLine" die angegriffene Marke mitprägt, reicht nicht aus, um Verwechslungsgefahr anzunehmen.

Sonstige Gesichtspunkte für die Bejahung einer Gefahr von Verwechslungen zwischen beiden Marken sind nicht erkennbar. Die Beschwerde der Widersprechenden konnte daher keinen Erfolg haben.

Zu einer Auferlegung von Kosten gemäß § 71 Abs 1 MarkenG bestand keine Veranlassung.

Dr. Buchetmann Sommer Schwarz-Angele Wf/Hu






BPatG:
Beschluss v. 26.06.2000
Az: 30 W (pat) 250/99


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