Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. November 2002
Aktenzeichen: 23 W (pat) 57/01

Tenor

Die Beschwerde der Anmelderinnen wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Prüfungsstelle für Klasse H 01 R des Deutschen Patent- und Markenamts hat die am 9. Juni 2000 eingereichte Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Vorrichtung zum Verbinden von elektrischen Leitern" durch Beschluss vom 17. September 2001 aus den Gründen des Bescheids vom 20. Dezember 2000 gemäß § 48 des Patentgesetzes zurückgewiesen.

In diesem Bescheid ist ausgeführt, dass es dem Gegenstand des ursprünglich eingereichten Anspruchs 1 im Hinblick auf den aus jeder der Druckschriften - US-Patentschrift 5 961 344

- deutsche Offenlegungsschrift 197 34 872

- US-Patentschrift 4 647 125 und - US-Patentschrift 5 219 303 bekannten Stand der Technik an der für eine Patenterteilung zu fordernden Neuheit fehle.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderinnen.

Die ordnungsgemäß geladenen Anmelderinnen, für die - wie angekündigt - zur mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist, haben mit Eingabe vom 23. Oktober 2001 zunächst sinngemäß beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache zur Fortsetzung des Verfahrens an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen, und ferner mit der Eingabe vom 18. Oktober 2002 Entscheidung nach Aktenlage beantragt.

Der mit der erstgenannten Eingabe eingereichte, geltende Anspruch 1 lautet:

"Vorrichtung zum Verbinden von elektrischen Leitern wie Flachbandleitungen (1,2), Leiterplatten oder dergleichen, wobei in einem abisolierten Kontaktbereich der zu verbindenden elektrischen Leiter Druckmittel (6) vorhanden sind, die eine Kraft auf zumindest einen der zu verbindenden elektrischen Leiter ausüben, dadurch gekennzeichnet, dass die Druckmittel (6) ihre Kraft derart auf die Kontaktbereiche ausüben, dass nach der Verbindung zumindest einer dieser Kontaktbereiche zumindest einer der beiden elektrischen Leiter, der zumindest im Kontaktbereich auf einer Unterlage (4) aufliegt, sowie im Auflagebereich der Unterlage (4) diese Unterlage (4) plastisch verformt sind und dass Verbindungsmittel (19) zur Verbindung der Druckmittel (6) unlösbar miteinander verbindbar sind."

Hinsichtlich der geltenden ursprünglichen Unteransprüche 2 bis 9 sowie der weiteren Unterlagen wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, denn der geltende Patentanspruch 1 erweist sich als unzulässig erweitert, § 38 Satz 2 PatG.

Entgegen der im o.g. Bescheid vertretenen und zur Zurückweisung der Anmeldung führenden Auffassung, dem Anmeldungsgegenstand fehle es an der Neuheit, ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass sich der Anmeldungsgegenstand insbesondere auch gegenüber der als nächstliegender Stand der Technik anzusehenden US-Patentschrift 4 647 125 als neu erweisen könnte, da in dieser Schrift ausschließlich von einer elastisch verformbaren Unterlage (elastomeric resilient pad 29, 66, 66', 90, 90', 114, 142) die Rede ist (vgl. die Figuren 1 bis 7 mit zugehöriger Beschreibung Spalte 3, Zeile 57 bis Spalte 6, Zeile 48), während diese Unterlage beim Anmeldungsgegenstand auch laut der zur Erläuterung des Anspruchs heranzuziehenden ursprünglichen Beschreibung plastisch verformt werden soll (Seite 7, vorletzter Absatz bis Seite 8, 1. Absatz).

Es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 neu ist, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht und als gewerblich anwendbar erachtet werden kann; denn die Beschwerde kann jedenfalls insofern keinen Erfolg haben, als der geltende Patentanspruch 1 unzulässig erweitert ist. Das letzte Teilmerkmal des Anspruchs, wonach "Verbindungsmittel (19) zur Verbindung der Druckmittel (6) unlösbar miteinander verbindbar" sein sollen, ist nämlich aus den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nicht als zur Erfindung gehörend herleitbar.

In den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen ist in diesem Zusammenhang im Hinblick auf die Figur 6 lediglich angegeben, dass zwei Druckplatten (18) mittels eines durch Bohrungen geführten Verbindungsmittels (19) aneinander gedrückt werden. Zu diesem Zweck weist das Verbindungsmittel (19) auf der einen Seite eine Unterlage (4) auf, die an der einen Druckplatte (18) zur Anlage kommt; auf der anderen Seite wird eine Feder (20) (Tellerfeder) aufgesetzt und durch das Verbindungsmittel (19) gespannt, welches in seinem Innern ein Gewinde aufweisen kann, in das sich eine Schraube eindrehen lässt (vgl. die ursprüngliche Beschreibung Seite 8, letzter Absatz bis Seite 9, 1. Absatz). Einen Hinweis, zumindest zwei derartige Verbindungsmittel (19) entsprechend der Lehre des geltenden Anspruchs 1 vorzusehen und unlösbar miteinander zu verbinden, vermag der Fachmann - ein mit der Fertigung von Vorrichtungen zum Verbinden elektrischer Leiter befasster, berufserfahrener Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik - der soeben zitierten Textstelle i.V.m. der Figur 6 nicht zu entnehmen.

Auch aus der Figur 7 und der zugehörigen Beschreibung (vgl. Seite 9, 2. Absatz) kann der Fachmann das fragliche Merkmal nicht folgern; denn wiederum ist nur von einem mechanischen Verbindungsmittel (19) die Rede, wobei die Feder (20) nunmehr von einem Blindniet (21) in Richtung der Unterlage (4) zusammengedrückt wird.

Der geltende Patentanspruch 1 ist demnach, soweit er die unlösbare Verbindung von Verbindungsmitteln (19) betrifft, unzulässig erweitert.

Die Anmelderinnen hatten im Rahmen der durchgeführten mündlichen Verhandlung auch die Möglichkeit, zur Frage der unzulässigen Erweiterung Stellung zu nehmen, so wie dies im Verfahren vor dem Patentamt durch die Vorschriften der §§ 42 Abs. 1 Satz 1, 45 Abs. 1 PatG sichergestellt wird. Der Umstand, dass die Anmelderinnen zum Termin, wie angekündigt, nicht erschienen waren und sich dadurch selbst dieser Möglichkeit einer Stellungnahme zu Hinweisen des Senats begeben haben, führt nicht dazu, dass ihnen etwa innerhalb einer zu setzenden Frist erneut Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden müsste, zumal die Anmelderinnen, wie eingangs ausgeführt, zuletzt um Entscheidung nach Aktenlage gebeten haben. Dies würde zwangsläufig zu einer nicht vorgesehenen und aus dem Sinn und Zweck der Verfahrensvorschriften auch unerwünschten weiteren Verfahrensverzögerung führen. Die mündliche Verhandlung dient gerade dem Zweck, abschließend rechtliches Gehör zu gewähren (vgl. BPatG GRUR 1996, 204, 205 reSp "Swing"; BPatGE 40, 127 ff, 134, 2. Absatz unter d) "Ruoc/ROC").

Die Beschwerde der Anmelderinnen war daher wegen unzulässiger Erweiterung des Schutzbegehrens durch den geltenden Anspruch 1 zurückzuweisen.

Dr. Beyer Dr. Gottschalk Knoll Dr. Häußler Fa






BPatG:
Beschluss v. 05.11.2002
Az: 23 W (pat) 57/01


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