Bundespatentgericht:
Urteil vom 19. Februar 2004
Aktenzeichen: 2 Ni 43/02

(BPatG: Urteil v. 19.02.2004, Az.: 2 Ni 43/02)

Tenor

I. Das deutsche Patent 36 40 832 wird im Umfang folgender Patentansprüche teilweise für nichtig erklärt:

a) Patentansprüche 1 bis 4, b) Patentanspruch 9, soweit nicht unmittelbar oder mittelbar auf die Patentansprüche 5 bis 8 rückbezogen, c) Patentanspruch 13, soweit nicht unmittelbar oder mittelbar auf die Patentansprüche 5 bis 8 und 10 bis 12 rückbezogen, d) Patentansprüche 16 und 17, soweit nicht unmittelbar oder mittelbar auf die Patentansprüche 5 bis 8, 10 bis 12, 14 und 15 rückbezogen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 36 40 832 (Streitpatent), das am 28. November 1986 angemeldet worden ist und eine Kabelverschraubung mit separatem Klemmeinsatz betrifft. Es umfasst 17 Patentansprüche, von denen die mit der Teilnichtigkeitsklage angegriffenen Patentansprüche 1 bis 4, 9, 13, 16 und 17 folgenden Wortlaut haben:

"1. Kabelverschraubung (1) mit einer Schraubhülse (2) einer damit verbindbaren Gegenhülse (5) od. dgl. Druckstück und mit einem damit gegen ein Kabel oder einen Schutzschlauch preßbaren separaten Klemmeinsatz (6) oder Klemm- und Dichteinsatz, wobei die Gegenhülse (5) od. dgl. den Klemmeinsatz (6) mit einer Ringfläche (8) zumindest an der Stirnseite (9) übergreift und beim Anziehen des Gewindes (3, 4) mit einer sich verjüngenden Form, z.B. mittels eines Konus, einen mit axialen, an der Stirnseite (9) mündenden Schlitzen versehenen Bereich (10) des Klemmeinsatzes (6) radial gegen das Kabel oder den Schutzschlauch hin verformt, wobei der Klemmeinsatz (6) gegenüber der Stirnseite (11) der Schraubhülse (2) vorsteht und sich an dieser Stirnseite (11) zum Verhindern eines Eindringens von Feuchtigkeit zwischen Klemmeinsatz (6) und Schraubhülse (2) dichtend abstützt, dadurch gekennzeichnet, daß die Schraubhülse (2) einen auf einem kleineren Durchmesser als ihr in axialer Richtung äußerster Umriß (12) ihrer Stirnseite (11) befindlichen und axial zurückversetzten Dichtungsbereich (13) aufweist und der Klemmeinsatz (6) eine in Gebrauchsstellung an diesem Dichtungsbereich (13) anliegende Gegendichtung (14) hat oder abstützt, wobei der Dichtungsbereich (13) der Schraubhülse (2) wenigstens einmal abgestuft ist.

2. Kabelverschraubung (1) mit einer Schraubhülse (2) einer damit verbindbaren Gegenhülse (5) od. dgl. Druckstück und mit einem damit gegen ein Kabel oder einen Schutzschlauch preßbaren separaten Klemmeinsatz (6) oder Klemm- und Dichteinsatz, wobei die Gegenhülse (5) od. dgl. den Klemmeinsatz (6) mit einer Ringfläche (8) zumindest an der Stirnseite (9) übergreift und beim Anziehen des Gewindes (3, 4) mit einer sich verjüngenden Form, z.B. mittels eines Konus, einen mit axialen, an der Stirnseite (9) mündenden Schlitzen versehenen Bereich (10) des Klemmeinsatzes (6) radial gegen das Kabel oder den Schutzschlauch hin verformt, wobei der Klemmeinsatz (6) gegenüber der Stirnseite (11) der Schraubhülse (2) vorsteht und sich an dieser Stirnseite (11) zum Verhindern eines Eindringens von Feuchtigkeit zwischen Klemmeinsatz (6) und Schraubhülse (2) dichtend abstützt, dadurch gekennzeichnet, daß die Schraubhülse (2) einen auf einem kleineren Durchmesser als ihr in axialer Richtung äußerster Umriß (12) ihrer Stirnseite (11) befindlichen und axial zurückversetzten Dichtungsbereich (13) aufweist und der Klemmeinsatz (6) eine in Gebrauchsstellung an diesem Dichtungsbereich (13) anliegende Gegendichtung (14) hat oder abstützt, wobei der Dichtungsbereich (13) der Schraubhülse (2) nach innen abgeschrägt und die Gegendichtung (14) des Klemmeinsatzes (6) in dessen ungeschlitztem Bereich angeordnet und als im Querschnitt konvex gekrümmte, ballige oder gerundete Ringfläche oder in eine Dichtkante (15) zulaufend ausgebildet ist.

3. Kabelverschraubung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß der in das Innere der stirnseitigen Öffnung der Schraubhülse (2) gegenüber dem äußeren Umriss (12) ihrer Stirnseite (11) zurückversetzte Dichtungsbereich (13) wenigstens eine Dichtfläche (17, 18) oder Dichtkante zum Zusammenwirken mit der Gegendichtung (14) hat oder bildet.

4. Kabelverschraubung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Dichtungsbereich (13) an der Stirnseite (11) der Schraubhülse (2) abgestuft und nach innen abgeschrägt ist (Fig. 5, 11, 16).

9. Kabelverschraubung nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß an der äußersten Kontur (12) der Stirnseite (11) der Schraubhülse (2) ein durch Abstufung des Klemmeinsatzes (6) gebildeter äußerer Abstützanschlag (19) angreift.

13. Kabelverschraubung nach einem der Ansprüche 1 bis 12, dadurch gekennzeichnet, daß zwischen dem Dichtungsbereich (13) der Schraubhülse (2) und dem axial bewegbaren Bereich des Klemmeinsatzes (6) wenigstens ein zusätzlicher Dichtring (24) od. dgl. eingelegt ist und in Gebrauchsstellung dichtend geklemmt ist.

16. Kabelverschraubung nach einem der Ansprüche 1 bis 15, dadurch gekennzeichnet, daß die Stirnseite (11) der Schraubhülse (2) eine etwa winklige, gerundete oder konische Ringnut (21) hat, in die ein ringartiger Gegenbereich (22) mit vorzugsweise zwei in Gebrauchsstellung an beiden Wandungen der Nut (21) anliegenden Ringschultern (23) an dem Klemmeinsatz (6) passt.

17. Kabelverschraubung nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß in die Nut (21) eine Dichtung eingelegt ist, die von der Stirnseite der Gegendichtung des Klemmeinsatzes (6) zwischen deren Ringschultern (23) festlegbar ist."

Mit ihrer zunächst auf die Patentansprüche 1 bis 4 und 13 gerichteten, mit Schriftsatz vom 29. Januar 2004 auch auf die Patentansprüche 9, 16 und 17 erweiterten Teilnichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei im angegriffenen Umfang gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sei nicht neu, beruhe aber jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Auch der Gegenstand des Nebenanspruchs 2 sowie der Unteransprüche 3, 4, 9, 13, 16 und 17, soweit diese auf vorstehende angegriffene Patentansprüche rückbezogen seien, beruhten nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Sie beruft sich hierzu auf folgende vorveröffentlichte Druckschriften:

N3 DE 35 19 031 C1 N4 DE 30 17 383 C2 N5 DE 1 750 095 (Offenlegungsschrift)

N6 DE 77 14 231 U1 N8 US 4 250 348 N9 DE 83 07 444 U1 N10 GB 2 077 379 A N12 GB 680 269 N13 DE 34 06 350 A1 N14 DE 31 13 107 C2 Die Klägerin beantragt, das deutsche Patent 36 40 832 im Umfang der Patentansprüche 1 bis 4, 9, 13, 16 und 17 für nichtig zu erklären, soweit diese Patentansprüche nicht mittelbar oder unmittelbar auf die Patentansprüche 5 bis 8, 10 bis 12, 14 und 15 zurückbezogen sind.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise verteidigt sie ihr Patent in folgenden Fassungen:

Hilfsantrag 1: bei Patentanspruch 1 sollen die Worte "oder Klemm- und Dichteinsatz" und "oder abstützt" entfallen, wobei sich die weiter angegriffenen Unteransprüche 3, 4, 9, 13, 16 und 17 auf diesen beschränkten Patentanspruch 1 rückbeziehen und Patentanspruch 2 unverändert bleibt, Hilfsantrag 2: wie Hilfsantrag 1 und zusätzlichem Entfallen der Worte "oder Klemm- und Dichteinsatz" und "oder abstützt" in Patentanspruch 2, wobei sich die weiter angegriffenen Unteransprüche 3, 4, 9, 13, 16 und 17 auf diese beschränkten Patentansprüche 1 und 2 rückbeziehen.

Sie tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält das Streitpatent gegenüber dem Stand der Technik für patentfähig.

Die Unteransprüche 4, 9, 13, 16 und 17 werden als selbständig erfinderisch verteidigt.

Gründe

Die Teilnichtigkeitsklage, mit der der in § 22 Abs 1 iVm § 21 Abs 1 Nr 1 PatG vorgesehene Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist zulässig und im beantragten Umfang begründet.

I.

1. Patentgegenstand Das Streitpatent betrifft eine Kabelverschraubung mit einer Schraubhülse, einer damit verbindbaren Gegenhülse od. dgl. Druckstück und mit einem damit gegen ein Kabel oder einen Schutzschlauch preßbaren separaten Klemmeinsatz oder Klemm- und Dichteinsatz, wobei die Gegenhülse od. dgl. den Klemmeinsatz mit einer Ringfläche zumindest an der Stirnseite übergreift und beim Anziehen des Gewindes mit einer sich verjüngenden Form, z. B. mittels eines Konus, einen mit axialen, an der Stirnseite mündenden Schlitzen versehenen Bereich des Klemmeinsatzes radial gegen das Kabel oder den Schutzschlauch hin verformt, wobei der Klemmeinsatz gegenüber der Stirnseite der Schraubhülse vorsteht und sich an dieser Stirnseite zum Verhindern eines Eindringens von Feuchtigkeit zwischen Klemmeinsatz und Schraubhülse dichtend abstützt (Oberbegriff des Patentanspruchs 1 bzw. 2).

Kabelverschraubungen dieser und ähnlicher Art sind gemäß der Streitpatentschrift (Sp 1, Z 19 bis Sp 2, Z 4) aus der DE OS 17 50 095 (N5), der DE 30 17 383 C2 (N4), der DE 35 19 031 C1 (N3) und der DE 77 14 231 U1 (N6) bekannt.

Neben der Abdichtung gegenüber dem Kabel wird bei solchen Kabelverschraubungen mit separatem Klemmeinsatz oder separatem Klemm- und Dichteinsatz auch eine Abdichtung im Bereich der Stirnseite der Schraubhülse benötigt, damit dort keine Feuchtigkeit zwischen der Schraubhülse und dem Einsatz eindringen kann. Damit diese Anordnungen - soweit die Abdichtung stirnseitig erfolgt - dicht sind und bleiben, darf die relativ scharfkantige Stirnseite der Schraubhülse nicht beschädigt werden.

In der Streitpatentschrift ist dazu angegeben, dass das in der Regel durchzuführenden Vernickeln solcher Schraubhülsen daher in aufwendiger und teurer Weise in einem stehendem Bad erfolgen müsse, weil in einem bewegten Bad die Schraubhülsen aneinanderstießen und sich an den Dichtkanten im Stirnseitenbereich gegenseitig beschädigen könnten (Sp 1 Z 43 bis 52).

Ausgehend von den Unzulänglichkeiten bekannter Kabelverschraubungen gibt die Patentschrift als Aufgabe der Erfindung an, eine Kabelverschraubung der oberbegrifflichen Art zu schaffen, bei welcher eine gute Abdichtung zwischen der Schraubhülse und dem separaten Klemmeinsatz auf einfache Weise möglich ist und die Herstellung insbesondere beim Galvanisieren, Vernickeln, Verchromen oder dgl. vereinfacht und verbilligt ist, wobei sich evtl. Beschädigungen im stirnseitigen Bereich der Schraubhülse nicht auf die Dichtigkeit zwischen dieser und dem separaten Klemmeinsatz auswirken sollen (Sp 2 Z 5 bis 14).

Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent in seinem gemäß Hauptantrag verteidigten erteilten Patentanspruch 1 mit einer von der Klägerin eingeführten Gliederung und unter Einfügung eines offensichtlich fehlenden Kommas nach dem Merkmal 1.1 eine

"1) Kabelverschraubung (1) mit 1.1) einer Schraubhülse (2), 1.2) einer damit verbindbaren Gegenhülse (5) od. dgl. Druckstück und 1.3) mit einem damit gegen ein Kabel oder einen Schutzschlauch preßbaren separaten Klemmeinsatz (6) oder Klemm- und Dichteinsatz, 2) wobei die Gegenhülse (5) od. dgl. den Klemmeinsatz (6) mit einer Ringfläche (8) zumindest an der Stirnseite übergreift und 2.1) beim Anziehen des Gewindes (3,4) mit einer sich verjüngenden Form, z. B. mittels eines Konus, einen mit axialen, an der Stirnseite (9) mündenden Schlitzen versehenen Bereich (10) des Klemmeinsatzes (6) radial gegen das Kabel oder den Schutzschlauch hin verformt, 3) wobei der Klemmeinsatz (6) gegenüber der Stirnseite (11) der Schraubhülse (2) vorsteht und sich an dieser Stirnseite (11) zum Verhindern eines Eindringens von Feuchtigkeit zwischen Klemmeinsatz (6) und Schraubhülse (2) dichtend abstützt, dadurch gekennzeichnet, 4) daß die Schraubhülse (2) einen 4.1) auf einem kleineren Durchmesser als ihr in axialer Richtung äußerster Umriß (12) ihrer Stirnseite (11) befindlichen und 4.2) axial zurückversetzten Dichtungsbereich aufweist 5) und der Klemmeinsatz (6) eine in Gebrauchsstellung an diesem Dichtungsbereich (13) anliegende Gegendichtung (14) hat oder abstützt, 5.1) wobei der Dichtungsbereich (13) der Schraubhülse (2) wenigstens einmal abgestuft ist."

vor.

Eine weitere Kabelverschraubung, die diese Aufgabe gemäß dem Streitpatent ebenfalls lösen soll, weist nach dem erteilten, gemäß Hauptantrag verteidigten nebengeordneten Patentanspruch 2 (mit einer von der Klägerin eingeführten Gliederung) folgende Merkmale auf:

"1) Kabelverschraubung (1) mit 1.1) einer Schraubhülse (2), 1.2) einer damit verbindbaren Gegenhülse (5) od. dgl. Druckstück und 1.3) mit einem damit gegen ein Kabel oder einen Schutzschlauch preßbaren separaten Klemmeinsatz (6) oder Klemm- und Dichteinsatz, 2) wobei die Gegenhülse (5) od. dgl. den Klemmeinsatz (6) mit einer Ringfläche (8) zumindest an der Stirnseite übergreift und 2.1) beim Anziehen des Gewindes (3,4) mit einer sich verjüngenden Form, z. B. mittels eines Konus, einen mit axialen, an der Stirnseite (9) mündenden Schlitzen versehenen Bereich (10) des Klemmeinsatzes (6) radial gegen das Kabel oder den Schutzschlauch hin verformt 3) wobei der Klemmeinsatz (6) gegenüber der Stirnseite (11) der Schraubhülse (2) vorsteht und sich an dieser Stirnseite (11) zum Verhindern eines Eindringens von Feuchtigkeit zwischen Klemmeinsatz (6) und Schraubhülse (2) dichtend abstützt, dadurch gekennzeichnet, 4) daß die Schraubhülse (2) einen 4.1) auf einem kleineren Durchmesser als ihr in axialer Richtung äußerster Umriß (12) ihrer Stirnseite (11) befindlichen und 4.2) axial zurückversetzten Dichtungsbereich aufweist 5) und der Klemmeinsatz (6) eine in Gebrauchsstellung an diesem Dichtungsbereich (13) anliegende Gegendichtung (14) hat oder abstützt, 5.1) wobei der Dichtungsbereich (13) der Schraubhülse (2) nach innen abgeschrägt und 5.2) die Gegendichtung (14) des Klemmeinsatzes (6) in dessen ungeschlitztem Bereich angeordnet und 5.3) als im Querschnitt konvex gekrümmte, ballige oder gerundete Ringfläche oder in eine Dichtkante (15) zulaufend ausgebildet ist".

2. Hauptantrag 2.1. Zum Verständnis der Patentansprüche 1 und 2 2.1.1 Zur "Stirnseite"

Im Merkmal 3 der Patentansprüche 1 und 2 ist u. a. angegeben, dass sich der Klemmeinsatz (6) dichtend an der Stirnseite (11) der Schraubhülse (2) abstützt. Die Merkmale 4 und 4.2 lehren, dass die Schraubhülse (2) einen axial zurückversetzten Dichtungsbereich (13) aufweist. Wenn somit die Dichtung an der Stirnseite stattfinden soll, zugleich aber auch an einem axial zurückversetzten Dichtungsbereich, dann ist damit dieser axial zurückversetzte Dichtungsbereich auch Bestandteil der "Stirnseite".

Die Patentinhaberin ist im Blick auf die DE 17 50 095 A1 (N5) der Auffassung, der anspruchsgemäß axial zurückversetzte Dichtungsbereich könne nicht derart weit in das Innere der Schraubhülse zurückversetzt werden, wenn deren "Stirnseite" abgedichtet werden müsse. Auch dürfe unter den Angaben in den Merkmalen 3 und 4 nicht verstanden werden, dass sich der Klemmeinsatz - wie dies bei der Kabelverschraubung nach der DE 17 50 095 A1 (N5) der Fall sei - mit seinem Ende an dem axial zurückversetzten Dichtungsbereich abstütze. Diese Argumente greifen jedoch nicht durch, da sich in den erteilten Patentansprüchen 1 und 2 weder Angaben darüber finden, wie weit der Dichtungsbereich axial zurückversetzt ist noch die Patentansprüche 1 und 2 ausschließen, dass sich der Klemmeinsatz mit seinem Ende an der Schraubhülse abstützt.

2.1.2 Zum "Eindringen von Feuchtigkeit"

Die weitere Angabe im Merkmal 3 der Patentansprüche 1 und 2, dass die dichtende Abstützung des Klemmeinsatzes an der Schraubhülse "zum Verhindern eines Eindringens von Feuchtigkeit zwischen Klemmeinsatz und Schraubhülse" vorgesehen sei, versteht der Fachmann - ein Fachhochschul-Maschinenbauingenieur mit Kenntnissen der Dichtungstechnik - so, dass damit ein Eindringen von Feuchtigkeit zwischen Klemmeinsatz und Schraubhülse hindurch in das Geräteinnere verhindert, ein Eindringen zwischen dem axial äußersten Rand der Stirnfläche und dem axial zurückversetzten Dichtbereich dagegen nicht ausgeschlossen sein muss. Denn Ziel aller Abdichtungsmaßnahmen ist das Verhindern des Feuchtigkeitszutritts in das mit der Kabelverschraubung versehene Gerät. Auch bei den patentgemäßen Ausführungsbeispielen (zB Fig 2) ist ein Eindringen von Feuchtigkeit zwischen Klemmeinsatz und Schraubhülse zwischen dem axial äußersten Rand (Fig 2: 12) und dem axial zurückversetzten Dichtungsbereich (Fig 2: 13) möglich. Dennoch wird ein Eindringen von Feuchtigkeit in das Innere der Schraubhülse über einen zwischen Klemmeinsatz und Schraubhülse gelegenen Weg durch die Dichtung verhindert. Der Auffassung der Patentinhaberin, eine Kabelverschraubung, bei der sich die Gegendichtung am Ende des Klemmeinsatzes befände, sei von den Patentansprüchen 1 und 2 nicht erfasst, vermag sich der Senat daher nicht anzuschließen.

2.1.3 Zur Angabe "hat Gegendichtung" bzw. "stützt Gegendichtung ab"

Der Fachmann versteht nach Auffassung des Senats unter der Angabe im Merkmal 5, dass "der Klemmeinsatz (6) eine in Gebrauchsstellung an diesem Dichtungsbereich (13) anliegende Gegendichtung (14) hat", eine mit dem Klemmeinsatz einstückig, formschlüssig, kraftschlüssig oder in irgend einer sonstigen Weise unverlierbar verbundene Gegendichtung. Denn das in seiner Bedeutung einen weiten Bereich abdeckende Wort "hat" gibt keinen konkreten Hinweis auf eine spezielle Verbindung von Klemmeinsatz und Gegendichtung, so dass der Fachmann auch an andere Verbindungsmöglichkeiten als die angesprochenen denkt. Unter der alternativen Angabe im Merkmal 5, dass "der Klemmeinsatz (6) eine in Gebrauchsstellung an diesem Dichtungsbereich (13) anliegende Gegendichtung (14) abstützt" versteht der Fachmann demgegenüber die noch verbleibende Möglichkeit, nämlich, dass die Gegendichtung verlierbar sein kann, also erst beim Montieren eingelegt wird.

2.1.4 Zum "Klemmeinsatz" bzw "Klemmund Dichteinsatz"

Im Oberbegriff der Patentansprüche 1 und 2 ist alternativ zu einem "Klemmeinsatz" auch ein "Klemm- und Dichteinsatz" erwähnt, zu dem in den Ansprüchen jedoch nichts Näheres ausgeführt ist. Der Fachmann entnimmt den Patentansprüchen 1 und 2, dass zwischen einem Klemmeinsatz und einem Klemmund Dichteinsatz kein Unterschied besteht, da sowohl im Falle, dass der Klemmeinsatz eine Gegendichtung "hat", als auch im Falle, dass der Klemmeinsatz eine Gegendichtung "abstützt", dem Klemmeinsatz jeweils dieselbe funktionelle Bedeutung beim Abdichten der Verschraubung zukommt.

2.1.5 Zur Angabe "Dichtungsbereich der Schraubhülse ist abgestuft"

Der Auffassung der Patentinhaberin, dass eine "Abstufung" eine waagrechte Fläche aufweise, vermag sich der Senat nicht anzuschließen, da ausweislich der Patentschrift (Sp 6 Z 19 bis 22 iVm Fig 2 bis 4), die hier zum Verständnis des nicht eindeutigen Begriffs heranzuziehen ist, der als "abgestuft" bezeichnete Dichtungsbereich auch gleichzeitig abgeschrägt ist. Der Fachmann versteht somit unter einem abgestuften Dichtungsbereich, wie er im Patentanspruch 1 (Merkmal 5.1) angegeben ist, auch einen abgeschrägten Dichtungsbereich, wie er gemäß Patentanspruch 2 (Merkmal 5.1) oder gemäß Patentanspruch 4 vorgesehen ist.

2.2. Patentfähigkeit 2.2.1 Zur Patentfähigkeit des Patentanspruchs 1 Die Kabelverschraubung des Patentanspruchs 1 ist nicht neu.

Aus der DE 17 50 095 A1 (N5) ist in Übereinstimmung mit den Merkmalen 1 bis 1.3 eine Kabelverschraubung (S 1 Z 1 Abs 1 Z 1) bekannt, mit einer Schraubhülse 1, einer damit verbindbaren Gegenhülse oder dgl. Druckstück (Oberteil 7) und mit einem damit gegen ein Kabel oder einen Schutzschlauch (s. Bezeichnung: Verschraubung für Kabel, Schläuche u.ä.) preßbaren separaten Klemmeinsatz 8.

Weiterhin ist daraus, entsprechend den Merkmalen 2. und 2.1 bekannt, dass die Gegenhülse 7 den Klemmeinsatz 8 mit einer Ringfläche (Fig 1: obere Innenfläche der Gegenhülse 7) zumindest an der Stirnseite übergreift (Fig 1) und beim Anziehen des Gewindes (3) mit einer sich verjüngenden Form (S 4, Z 3), einen mit axialen, an der Stirnseite (bei Bezugsziffer 10) mündenden Schlitzen 10 versehenen Bereich des Klemmeinsatzes 8 radial gegen das Kabel oder den Schutzschlauch hin verformt (S 4 Abs 3 iVm Fig 2).

Wie gemäß Merkmal 3 steht auch bei der Kabelverschraubung nach der DE 17 50 095 A1 der Klemmeinsatz 8 gegenüber der "Stirnseite" der Schraubhülse 1 vor, wie die Figuren 1 und 2 unter Berücksichtigung des anspruchsgemäßen Verständnisses dieses Begriffes zeigen. Weiterhin stützt sich der Klemmeinsatz 8 an einer Auflagefläche als Bestandteil der Stirnseite dichtend ab (Patentanspruch 7). Dabei wird das Eindringen von Feuchtigkeit zwischen Klemmeinsatz 8 und Schraubhülse 1 -. nämlich zum Inneren der Schraubhülse hin - verhindert.

Auch die Merkmale 4.4.1 und 4.2 sind aus der DE 17 50 095 A1 bekannt, da dort sowohl gezeigt ist, dass die Schraubhülse 1 einen axial zurückversetzten Dichtungsbereich (Auflagefläche) aufweist (Fig 1 und 2 iVm Patentanspruch 7) als auch, dass sich der Dichtungsbereich auf einem kleineren Durchmesser (Innendurchmesser der Schraubhülse 1) als ihr in axialer Richtung äußerster Umriß (oberes Ende der Schraubhülse 1) ihrer Stirnseite befindet.

Außerdem ist aus der DE 17 50 095 A1 in Übereinstimmung mit der ersten Alternative des Merkmals 5 ("Klemmeinsatz hat Gegendichtung") noch bekannt, dass der Klemmeinsatz 8 eine in Gebrauchsstellung (Fig 2) an dem Dichtungsbereich anliegende Gegendichtung in Gestalt der Unterseite des Klemmeinsatzes 8 hat.

Dies ergibt sich aus dem Patentanspruch 7 der DE 17 50 095 A1, aus dessen Formulierung "zur besseren Abdichtung" folgt, dass schon ohne ein zusätzliches Dichtgummi zwischen der Auflagefläche als Dichtungsbereich der Schraubhülse 1 und der Unterseite des Klemmeinsatzes als Gegendichtung eine Abdichtung erreicht ist.

Die zweite Alternative des Merkmals 5 ("Klemmeinsatz stützt Gegendichtung ab") ist durch das eingelegte Dichtgummi als Gegendichtung offenbart (Patentanspruch 7).

Schließlich ist auch bei der Kabelverschraubung nach der DE 17 50 095 A1 der Dichtungsbereich einmal abgestuft, nämlich zwischen dem axial äußersten Umriß und der Auflagefläche (Fig 2 und 3).

2.2.2 Zur Patentfähigkeit des Patentanspruchs 2 Die Kabelverschraubung des Patentanspruchs 2 beruht auf keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns.

Der Patentanspruch 2 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 dadurch, dass anstelle von dessen Merkmal 5.1 die Merkmale

"5.1) wobei der Dichtungsbereich (13) der Schraubhülse (2) nach innen abgeschrägt und 5.2) die Gegendichtung (14) des Klemmeinsatzes (6) in dessen ungeschlitztem Bereich angeordnet und 5.3) als im Querschnitt konvex gekrümmte, ballige oder gerundete Ringfläche oder in eine Dichtkante (15) zulaufend ausgebildet ist"

vorgesehen sind.

Da aus der DE 17 50 095 A1 (N5) in Übereinstimmung mit dem Merkmal 5.2 auch noch bekannt ist, dass die Unterseite des Klemmeinsatzes 8 als Gegendichtung in dessen ungeschlitztem Bereich angeordnet ist (siehe Schlitze 10 in Fig 1), unterscheidet sich die Kabelverschraubung nach Patentanspruch 2 von der aus der DE 17 50 095 A1 bekannten noch dadurch

"5.1) dass der Dichtungsbereich (13) der Schraubhülse (2) nach innen abgeschrägt und 5.3) die Gegendichtung (14) als im Querschnitt konvex gekrümmte, ballige oder gerundete Ringfläche oder in eine Dichtkante (15) zulaufend ausgebildet ist".

Diese Maßnahmen sind jedoch nicht patentbegründend.

Hat sich bei der Kabelverschraubung nach der DE 17 50 095 A1 (N5) herausgestellt, dass die von der Gegendichtung und dem Dichtungsbereich (Anlagefläche der Gegendichtung) gebildete Abdichtung noch verbesserungsbedürftig ist, so ist von dem auf dem Gebiet der Dichtungstechnik erfahrenen Durchschnittsfachmann zu erwarten, dass er sich im Stand der Technik nach geeigneten Formen sowohl für die Gegendichtung als auch für den erforderlichen Dichtungsbereich umsieht.

So erfährt der Fachmann schon aus der DE 31 13 107 C2 (N14), dass der Dichtungsbereich nicht nur waagrecht verlaufen, sondern auch nach innen abgeschrägt sein kann (Sp 1 Z 23, 24 Sp 2, Z 33-40) und dabei die Gegendichtung als im Querschnitt konvex gekrümmte, ballige oder gerundete Ringfläche (Fig 4 und 7) - in der Regel der übliche O-Ring - ausgebildet sein kann. Zudem zeigt ihm die DE 31 13 107 C2 auch noch, dass diese Maßnahmen sowohl für eine verlierbare, als auch für eine unverlierbar angeordnete Gegendichtung ("hat Gegendichtung/stützt Gegendichtung ab") geeignet sind. Denn aus der DE 31 13 107 C2 (Sp 3 Z 57 bis 64) entnimmt der Fachmann, dass die Gegendichtung 5 - je nach ihren Abmessungen - unverlierbar gehalten werden oder auch verlierbar sein kann. Die in der DE 31 13 107 C2 (N14) gezeigten Dichtungsmöglichkeiten bieten sich dem Fachmann dann als Alternative zu den in der DE 17 50 095 A1 (N5) gezeigten Maßnahmen an, wenn er - etwa aus Gründen einer Änderung des standzuhaltenden Druckes - der dort vorgesehenen flächigen Gegendichtung (des Klemmeinsatzes 8 als Gegendichtung) eine andere Form zu geben hat.

Eine weitere alternative Form einer Gegendichtung in Zusammenhang mit einem nach innen abgeschrägten Dichtungsbereich findet der Fachmann auch in der DE 83 07 444 U1 (N9). Denn daraus ist bekannt, den Dichtungsbereich 26 nach innen abzuschrägen und eine Gegendichtung 16 in eine - rechteckige - Dichtkante zulaufend auszubilden. Bei der aus der DE 83 07 444 U1 bekannten Dichtung ist die Gegendichtung zwar unverlierbar, für einen Fachmann bedarf es jedoch nur fachmännischen Handelns, um diese Dichtkante auch bei der verlierbaren Dichtung nach Patentanspruch 7 der DE 17 50 095 A1 auszubilden, da ihm beide Möglichkeiten bekannt sind. Somit ist die in der DE 83 07 444 U1 beschriebene Möglichkeit auch bei der Kabelverschraubung nach der DE 17 50 095 A1 (N5) hinsichtlich ihrer beiden Alternativen ("hat Gegendichtung/stützt Gegendichtung ab") einsetzbar.

2.3 Zu den Unteransprüchen 4, 9, 13, 16 und 17 Die Unteransprüche lassen weder für sich noch in Rückbeziehung auf die vorstehenden, angegriffenen Patentansprüche etwas über fachmännisches Handeln Hinausgehendes erkennen. Die in ihnen beschriebenen Maßnahmen zeigen keine neuen, erfinderischen Effekte, sondern lediglich die den Einzelmaßnahmen zuzuordnenden Wirkungen. Die Unteransprüche können somit im angegriffenen Umfang keinen Bestand haben.

Der Patentanspruch 3 wird von der Patentinhaberin nicht als selbständig erfinderisch verteidigt; sie hat hierzu nichts vorgetragen und es ist auch für den Senat etwas Patentfähiges darin nicht ersichtlich.

2.3.1 Zum Patentanspruch 4 in seiner Rückbeziehung auf den Patentanspruch 1 und 3 Bei dem Gegenstand nach Patentanspruch 4 in seiner alleinigen Rückbeziehung auf Patentanspruch 1 ist der Dichtungsbereich derart ausgebildet, dass er an der Stirnseite (11) der Schraubhülse (2) abgestuft und nach innen abgeschrägt ist. Diese Maßnahme ist unabhängig von den Alternativen "hat Gegendichtung/stützt Gegendichtung ab" zu sehen, da die Ausgestaltung des Dichtungsbereichs nicht abhängig von der Verlier- oder Nichtverlierbarkeit der Gegendichtung ist.

Bei der Kabelverschraubung nach der DE-OS 17 50 095 (N5) ist der zur Stirnseite gehörende Dichtungsbereich der Schraubhülse 1 abgestuft und nach innen, d.h. in das Innere der Schraubhülse waagerecht verlaufend ausgebildet.

Wie bereits unter Punkt 2.2.2 ausgeführt ist dem Fachmann aus seinem Fachwissen bekannt, dass es gängige Praxis ist, einen waagrechten oder einen abgeschrägten Verlauf im Dichtungsbereich vorzusehen. Die in der DE-OS 17 50 095 (N5) gezeigte Möglichkeit (Dichtungsbereich abgestuft und nach innen waagrecht verlaufend) wird er ohne weiteres durch die in der DE 83 07 444 U1 (N9) beschriebene Alternative (Dichtungsbereich abgestuft und nach innen abgeschrägt) ersetzen, wenn zB die Materialeigenschaften der Gegendichtung ein Verklemmen auf der waagerecht verlaufenden Auflagefläche verbieten. Damit muss der Fachmann nicht erfinderisch tätig werden, um die Kabelverschraubung nach Patentanspruch 1 so auszugestalten, dass der Dichtungsbereich an der Stirnseite der Schraubhülse abgestuft und nach innen abgeschrägt ist, wie es Patentanspruch 4 vorsieht.

Der nicht als erfinderisch verteidigte Unteranspruch 3 fügt dem auf diesen rückbezogenen Patentanspruch 4 auch nichts Patentbegründendes hinzu, ebensowenig den nachfolgend abgehandelten weiteren angegriffenen Unteransprüchen in ihrer dem Patentanspruch 1 einschließenden Rückbeziehung.

2.3.2 Zu Patentanspruch 4 in seiner Rückbeziehung auf die Patentansprüche 2 und 3 Im Punkt 2.2.2 wurde bereits berücksichtigt, dass der Dichtungsbereich zusätzlich zur Abschrägung eine Abstufung aufweist.

In seiner alleinigen Rückbeziehung auf den Patentanspruch 2 fügt der Patentanspruch 4 somit diesem inhaltlich nichts hinzu, was die unter 2.2.2 getroffene Beurteilung ändern könnte.

Aus den in 2.2.2 genannten Gründen gilt dies auch für die Rückbeziehung auf Patentanspruch 3, ebenso für die weiteren nachfolgend abgehandelten Unteransprüche in ihrer der Patentanspruch 2 einschließenden Rückbeziehung.

2.3.3 Zum Patentanspruch 9 in seinen Rückbeziehungen auf die Patentansprüche 1 bis 4 Will der Fachmann verhindern, dass die Gegendichtung beim Ausziehen des Gewindes funktionsunfähig gequetscht werden kann, so hat er dafür zu sorgen, dass der geringste mögliche Abstand zwischen Klemmeinsatz und Schraubhülse in dem die Gegendichtung aufweisenden Bereich begrenzt wird. Eine solche Begrenzung ist üblich und beispielsweise in der GB 680 269 (N12) gezeigt. Dort ist in den Fig 3 und 4 dargestellt, wie eine Gegendichtung 21 durch einen an der äußersten Kontur eines Dichtungsbereiches (Fig 3 nächst Pos 20), an der ein durch Abstufung gebildeter äußerer Abstützanschlag (bei Pos 23) angreift, nur begrenzt gequetscht werden kann (S 3, Z 8-20). Anhand dieses Vorbilds bedarf es daher für den Fachmann keiner erfinderischen Tätigkeit mehr, um bei einem Gegenstand, wie er durch die Patentansprüche 1 bis 4 definiert ist, an der äußersten Kontur der Stirnseite der Schraubhülse einen durch Abstufung des Klemmeinsatzes gebildeten äußeren Abstützanschlag angreifen zu lassen. Denn diese allgemeine Begrenzungsmaßnahme ist jeweils unabhängig von den Alternativen "hat Gegendichtung/stützt Gegendichtung ab" sowie von der Ausbildung der Gegendichtung und von der Gestaltung des Dichtungsbereiches zu sehen.

2.3.4 Zum Patentanspruch 13 in seinen Rückbeziehungen auf die Patentansprüche 1, 2, sowie in seinen Rückbeziehungen auf die Patentansprüche 1 bis 4 und 9 Eine fachübliche Maßnahme stellt es nach Auffassung des Senats dar, wenn zwischen dem Dichtungsbereich der Schraubhülse und dem axial bewegbaren Bereich des Klemmeinsatzes wenigstens ein zusätzlicher Dichtring oder dgl. eingelegt und in Gebrauchsstellung dichtend geklemmt ist. Denn diese Maßnahme wird der Fachmann dann vorsehen, wenn eine einzige Dichtung hinsichtlich der geforderten Abdichteigenschaften ungenügend ist oder eine Verdopplung der Dichtung aus Redundanzgründen wünschenswert ist. Zudem ist ihm auch aus der GB 2 077 379 A (N10) bekannt, einen zusätzlichen Dichtring (Fig 2: zB 6) einzulegen und in Gebrauchsstellung (Fig 2) dichtend zu klemmen. Diese allgemeine Maßnahme ist jeweils unabhängig von den Alternativen "hat Gegendichtung/stützt Gegendichtung ab", von der Ausbildung der Gegendichtung, von der Gestaltung des Dichtungsbereiches, sowie vom Vorhandensein eines Abstützanschlags zu sehen und kann daher auch in der Rückbeziehung des Patentanspruchs 13 auf die Patentansprüche 1, 2, 4 und 9 nicht patentbegründend sein.

2.3.5 Zum Patentanspruch 16 in seinen Rückbeziehungen auf die Patentansprüche 1 bis 4, 9 und 13 2.3.5.1 Zum Verständnis des Patentanspruchs 16 Nach Patentanspruch 16 ist vorgesehen, "dass die Stirnseite der Schraubhülse eine etwa winklige, gerundete oder konische Ringnut hat, in die ein ringartiger Gegenbereich passt". Die Patentinhaberin führt hierzu aus, dass mit dem Begriff "Gegenbereich" die "Gegendichtung" gemeint ist. Dies ist offenbart in Figur 11, die auch mit der ursprünglichen Figur 11 übereinstimmt. Der dort mit der Bezugsziffer 22 bezeichnete Gegenbereich entspricht funktionsmäßig einer Gegendichtung.

Unter der Stirnseite ist nach Auffassung des Senats auch in diesem Patentanspruch nicht nur der axial äußerste Bereich zu verstehen, sondern auch der axial zurückversetzte Dichtungsbereich. Denn die Figur 11 der Streitpatentschrift, die zum Verständnis des Patentanspruchs 16 heranzuziehen ist, zeigt, dass die anspruchsgemäße Ringnut (21) in einem gegenüber dem axial äußersten Bereich (12) axial zurückversetzten - entsprechend den Ausführungen unter 2.1.1 der Stirnfläche zugehörigen - Dichtungsbereich (13) liegt.

2.3.5.2 Erfinderische Tätigkeit In dem Bestreben, eine verbesserte Dichtung zu schaffen, wird der Fachmann nicht nur die Gestalt der Gegendichtung zu verbessern suchen, sondern auch den zugehörigen Dichtungsbereich mit einschließen. Aus seinem Fachwissen ist ihm insbesondere bekannt, einen Dichtungsbereich als Ringnut zu gestalten, in die eine ringartige Gegendichtung - beispielsweise der übliche O-Ring - als Gegenbereich passt. Solches kennt er auch aus der GB 2 077 379 A (N10) mit einer Dichtung, bei der der Dichtungsbereich eine gerundete Ringnut 2d hat, in die eine ringartige Gegendichtung 7 als "Gegenbereich" passt (Fig 2).

Neben einer gerundeten Ringnut sind dem Fachmann aus seinem Fachwissen auch Dichtanordnungen geläufig, bei denen der Dichtungsbereich eine etwa winkelige oder konische Ringnut hat, in die eine ringartige Gegendichtung als Gegenbereich passt.

Diese Dichtungsmaßnahmen, die nicht auf ein bestimmtes Anwendungsgebiet beschränkt sind, lassen sich somit ohne weiteres auch bei den Gegenständen der Patentansprüche 1 und 2 an der Stirnseite der Schraubhülse, d.h. am axial zurückversetzten Dichtungsbereich der Schraubhülse, anwenden. Sie sind auch unabhängig davon zu sehen, ob die Gegendichtung verlierbar oder unverlierbar ist ("hat Gegendichtung/stützt Gegendichtung ab") und ob der Dichtungsbereich nach innen abgeschrägt ist oder nicht (Rückbeziehung auf die Patentansprüche 1 und 2, sowie 4 in seinen Rückbeziehungen).

Weiterhin stehen sie in keinem Zusammenhang mit einem vorgesehenen oder nicht vorgesehenen Abstützanschlag oder einem zusätzlichen Dichtring, der zwischen dem Dichtungsbereich der Schraubhülse und dem axial bewegbaren Bereich des Klemmeinsatzes eingelegt ist und in Gebrauchsstellung dichtend geklemmt ist (Rückbeziehung auf die Patentansprüche 9 und 13).

2.3.6 Zu Patentanspruch 17 in seiner Rückbeziehung auf Patentanspruch 16 2.3.6.1 Zum Verständnis des Patentanspruchs 17 Nach Patentanspruch 17 ist eine Nut (21) vorgesehen; eine Nut ist im Patentanspruch 16 erwähnt, jedoch in keinem der Patentansprüche 1 bis 15. Patentanspruch 17 ist daher lediglich auf Patentanspruch 16 rückbeziehbar.

2.3.6.2 Erfinderische Tätigkeit Hat sich bei einer Ringnut, wie sie gemäß Patentanspruch 16 vorgesehen ist, herausgestellt, dass die Dichtwirkung ungenügend ist, etwa weil ein ausreichender Gegendruck vom Nutgrund her fehlt oder eine Redundanz erwünscht ist, muss der Fachmann für Abhilfe sorgen. Für ihn liegt es dann auf der Hand, in die Nut eine Dichtung einzulegen, die von der Stirnseite der Gegendichtung des Klemmeinsatzes zwischen deren Ringschultern festlegbar ist.

Hinsichtlich der technischen Unabhängigkeit dieser Maßnahme von Gegenständen, die durch Patentansprüche beschrieben sind, auf die Patentanspruch 17 rückbezogen ist, gilt das zum Patentanspruch 16 Gesagte gleichermaßen zum Patentanspruch 17.

3. Hilfsanträge Die Patentansprüche 1 und 2 nach Hilfsantrag 1 und 2 betreffen Gegenstände, die in den Patentansprüchen 1 und 2 nach Hauptantrag enthalten und dort bereits hinsichtlich aller Alternativen abgehandelt sind.

II.

Als Unterlegene hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gemäß §§ 84 Abs 2 PatG iVm § 91 Abs 1 Satz 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 99 Abs.1 PatG, 709 ZPO.

Gutermuth Püschel Dr. Kaminski Dipl.-Ing. Groß

Dr. Scholz Be






BPatG:
Urteil v. 19.02.2004
Az: 2 Ni 43/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/54f48b9b9b1a/BPatG_Urteil_vom_19-Februar-2004_Az_2-Ni-43-02




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share