Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Oktober 2004
Aktenzeichen: 24 W (pat) 305/03

(BPatG: Beschluss v. 19.10.2004, Az.: 24 W (pat) 305/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke Hand Protectorsoll für die Waren

"Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Hautpflegecremen, Hautschutzcremen für kosmetische Zwecke; Seifen, Parfümeriewaren; pharmazeutische Erzeugnisse, Sanitärprodukte für medizinische Zwecke, Pflaster, Verbandsmaterial; Desinfektionsmittel; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke"

in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach vorheriger Beanstandung mit Beschluß vom 13. August 2003 durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes teilweise zurückgewiesen, nämlich für die Waren

"Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Hautpflegecremen, Hautschutzcremen für kosmetische Zwecke; pharmazeutische Erzeugnisse, Sanitärprodukte für medizinische Zwecke".

Zur Begründung wird ausgeführt, daß der Marke insoweit die Unterscheidungskraft iSv § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle. Die angemeldete Marke setze sich aus den englischen Wörtern "Hand" (= Hand) und "Protector" (= Beschützer, Schutz(vorrichtung, -mittel)) zusammen, die zum Grundwortschatz der Welthandelssprache Englisch gehörten und von großen Teilen der angesprochenen inländischen Verkehrskreise ohne weiteres verstanden würden, zumal die englische Sprache auf dem hier angesprochenen Warengebiet Werbesprache sei und die betreffenden Zeichenwörter häufige Verwendung fänden. Die Wortfolge werde daher vom Verkehr im Sinne von "Handschutz, Handschutzmittel" aufgefaßt, also als eine für die von der Zurückweisung erfaßten Waren unmittelbar beschreibende Angabe ohne betriebskennzeichnenden Charakter, die lediglich besage, daß diese Waren dem Schutz der Hände dienten. Voreintragungen identischer oder nach Ansicht der Anmelderin vergleichbarer Marken könnten die Markenstelle im vorliegenden Fall unter keinem rechtlichen Aspekt binden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die im wesentlichen damit begründet wird, daß sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch in der Republik Österreich identische oder vergleichbare Marken geschützt worden seien. In Deutschland seien zB. Wortmarken wie "DermProtect, Skin Repair, Skin Protect" oder "Protector" registriert. In Österreich sei der Markenschutz für die Marke "Hand Protector" ohne weiteres gewährt worden.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die Amtsakte 302 38 110.4 Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 165 Abs. 4 MarkenG statthaft und auch im übrigen zulässig, aber in der Sache nicht begründet. Die angemeldete Marke ist gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1, § 37 Abs. 1 MarkenG im Umfang der angefochtenen Zurückweisung der Anmeldung durch die Markenstelle von der Eintragung ausgeschlossen, weil ihr insoweit die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt.

Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschriften ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (vgl ua BGH GRUR 2001, 1150 "LOOK"; GRUR 2002, 64 "INDIVIDUELLE"). Denn die Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl EuGH GRUR 1998, 922, 924 (Nr 28) "Canon"; GRUR 2003, 604, 608 (Nr 62) "Libertel"). Von fehlender Unterscheidungskraft ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor allem auszugehen, wenn einer Wortmarke ein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann oder es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl ua BGH GRUR 2001, 1042 "REICH UND SCHOEN"; GRUR 2002, 64 "INDIVIDUELLE"; GRUR 2003, 1050 "Cityservice"; GRUR 2004, 778 "URLAUB DIREKT").

Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat und die Anmelderin nicht bestreitet, stellt das Markenwort "Hand" das englische Wort für "Hand" und "Protector" den englischen Ausdruck für "Beschützer, Schutzvorrichtung, Schutzmittel" dar (Grund- und Aufbauwortschatz Englisch, Ernst Klett Verlag; DUDEN OXFORD Großwörterbuch Englisch, 2. Aufl.; PONS Großwörterbuch Englisch - Deutsch, 2002, jeweils Stichwörter "hand" und "protector" bzw. "protect"). Die Wortfolge wird auch von breiten deutschen Kreisen in der Bedeutung "Handschutz, Schutz für die Hände" verstanden werden. Es handelt sich um Begriffe des einfachsten englischen Wortschatzes. Das Wort "Hand" kommt in sehr ähnlicher Aussprache und identischer Schreibweise auch im Deutschen vor. "Protector" stellt leicht erkennbar ein vom Verb "to protect" ("beschützen") abgeleitetes Substantiv dar, das auch in der deutschen Sprache bestimmte Schutzvorrichtungen bezeichnet (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl., Stichwort "Protektor"). Der Ausdruck "Hand Protector" ist auch entsprechend vergleichbaren, zusammengesetzten Begriffen wie "hand lotion" oder "hand rail" sprachüblich gebildet. Hinzu kommt, daß die Wortfolge "Hand Protector" bereits für einschlägige Produkte beschreibend verwendet wird. So wird etwa auf der Website der Firma "THE BODY SHOP", auf die der angefochtene Beschluß der Markenstelle Bezug nimmt, eine Creme der Firma Hemp für trockene, harte Arbeitshände als "Hemp Hand Protector" bezeichnet und ausgeführt, daß durch diese Creme die Haut der Hände geschützt werde. Dies zeigt, wie nahe es liegt, damit zu werben, daß Produkte wie Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Hautpflegecremes, Hautschutzcremes für kosmetische Zwecke, pharmazeutische Erzeugnisse oder Sanitärprodukte für medizinische Zwecke einen Schutz für die Hände bewirken, weil gerade die Haut der Hände äußeren Einwirkungen wie Wasser, Säuren, Laugen, Schmutz, Wärme, Kälte etc. stark ausgesetzt ist und aus diesem Grund in besonderem Maße des Schutzes durch kosmetische und pharmazeutische Cremes bedarf. In Verbindung mit solchen Produkten wird deshalb in der Werbung häufig die schützende und pflegende Wirkung herausgestellt.

Die angemeldete Wortfolge stellt somit positive Eigenschaften der betroffenen Waren schlagwortartig werbemäßig heraus. Es handelt sich nach dem Verständnis des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsabnehmers um eine für den Verkehr ohne weiteres erkennbare beschreibende Angabe ohne jeglichen betriebskennzeichnenden Charakter, der die Unterscheidungskraft fehlt.

Ob der Eintragung der angemeldeten Kennzeichnung darüber hinaus der Schutzversagungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr 2 MarkenG entgegensteht, kann vorliegend dahingestellt bleiben.

Aus den Voreintragungen von nach Ansicht der Anmelderin vergleichbaren Marken kann kein Anspruch auf Eintragung hergeleitet werden. So vermag selbst die Eintragung identischer oder vergleichbarer Marken in Deutschland weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung zu führen, weil die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage darstellt (vgl. BGH GRUR 89, 420 "KSÜD"; BGH BlfPMZ 1998, 248, 249 "Today"). Außerdem wäre eine derartige Bindung nicht mit der Möglichkeit einer Löschung von Marken wegen Vorliegens absoluter Schutzhindernisse (§ 50 MarkenG) in Einklang zu bringen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 8 Rn. 262). Im übrigen wird darauf hingewiesen, daß die Schutzfähigkeit einer Marke stets im konkreten Einzelfall und in bezug auf die Waren des Warenverzeichnisses zu beurteilen ist. Bei den von der Anmelderin genannten Marken ist jedoch - anders als bei der hier angemeldeten - ein unmittelbarer und schnell erfaßbarer sprachüblicher Sachhinweis auf die dortigen Waren und Dienstleistungen nicht erkennbar.

Die Eintragung einer identischen Marke in Österreich ist ebenfalls kein Indiz für die Schutzfähigkeit nach deutschem Recht. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist die Unterscheidungskraft einer Marke allein aufgrund des jeweiligen inländischen Verkehrsverständnisses zu beurteilen. Die Tatsache, daß in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union eine identische Marke für identische Waren oder Dienstleistungen eingetragen wurde, kann von der zuständigen Behörde oder dem zuständigen Gericht eines anderen Mitgliedstaats zwar berücksichtigt werden, ist jedoch für die Entscheidung, die Anmeldung einer Marke zur Eintragung zuzulassen oder zurückzuweisen, nicht maßgebend (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, 431 (Nr. 60 ff) "Henkel").

Dr. Ströbele Dr. Hacker Guth Bb






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Az: 24 W (pat) 305/03


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