Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 16. Dezember 2011
Aktenzeichen: AnwZ (Brfg) 10/10

(BGH: Beschluss v. 16.12.2011, Az.: AnwZ (Brfg) 10/10)

Tenor

Die Rüge des Klägers, durch die Zurückweisung seiner Berufung gegen das Urteil des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11. Juni 2010 in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden zu sein, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Gründe

Die nach Maßgabe des § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 152a VwGO statthafte Anhörungsrüge des Klägers ist - ungeachtet ihrer Zulässigkeit im Übrigen - jedenfalls unbegründet. Der Senat hat kein zu berücksichtigendes entscheidungserhebliches Vorbringen des Klägers übergangen und auch nicht in sonstiger Weise dessen rechtliches Gehör verkürzt.

1. Der Senat hat alle ihm unterbreiteten, entscheidungserheblichen Umstände berücksichtigt. Der Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung und den davor eingereichten Schriftsätzen genügt nicht den Anforderungen, die nach gefestigter Rechtsprechung an die Darlegung und den Nachweis geordneter Vermögensverhältnisse zu stellen sind. Dass der Senat den Angaben des Klägers nicht dieselbe Überzeugungskraft beimisst wie der Kläger selbst, stellt keine Verletzung des Anspruchs des Klägers auf Gewährung rechtlichen Ge-1 hörs dar. Das Verfahrensgrundrecht des Art. 103 Abs. 1 GG gewährt keinen Schutz dagegen, dass das Gericht den Sachvortrag eines Beteiligten aus rechtlichen Gründen nicht für maßgebend oder ausreichend erachtet (vgl. etwa BVerfG, DVBl 2007, 253 ff. m.w.N.; BVerfGE 80, 269, 286).

2. Soweit der Kläger rügt, der Senat habe nicht geprüft, ob der Vermögensverfall auch zu einer Gefährdung der Rechtsuchenden führt, verkennt er, dass die vorliegend anwendbare Bestimmung des § 7 Nr. 9 BRAO über die Versagung der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfall an eine abstrakte Gefährdung der Rechtsuchenden anknüpft und - anders als der Widerrufsgrund des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO - nicht darauf abstellt, ob eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles ausgeschlossen ist (Senatsbeschluss vom 7. März 2005 - AnwZ (B) 7/04, NJW 2005, 1944 unter II 3 a).

3. Ohne Erfolg macht der Kläger schließlich geltend, der Senat habe eine Überraschungsentscheidung erlassen. Die Beklagte hat die Versagung des Widerrufs auch auf den Vermögensverfall des Klägers gestützt. Im Zulassungsbeschluss vom 7. Juni 2011 hat der Senat den Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Berufungsverfahren auch der Versagungsgrund des § 7 Nr. 9 BRAO (Vermögensverfall) zu prüfen sei. Dem Kläger wurde in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf die Folgen einer Fristversäumung aufgegeben, innerhalb der Frist für die Begründung der Berufung eine geordnete Aufstellung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse einschließlich einer Aufstellung sämtlicher gegen ihn erhobenen Forderungen vorzulegen. Weiter wurde ihm aufgegeben, binnen dieser Frist die von ihm behaupteten Ratenzahlungsvereinbarungen durch geeignete Urkunden zu belegen. Diese Anforderungen hat der Kläger nicht erfüllt. Insbesondere ist er - wie in dem angefochtenen Ur-3 teil ausgeführt - den Nachweis schuldig geblieben, dass er seine Vermögensverhältnisse zweifelsfrei nachhaltig geordnet hat.

Der Senat war nicht nach Art. 103 Abs. 1 GG gehalten, den anwaltlich vertretenen Kläger nochmals auf seine Verpflichtung zur umfassenden Darlegung und zum Nachweis einer Konsolidierung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse hinzuweisen und ihm erneut Gelegenheit zu geben, seinen Vortrag zu ergänzen. Zwar verletzt ein Gericht den Anspruch einer Partei auf Gewährung rechtlichen Gehörs, wenn es ohne vorherigen Hinweis auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (BGH, Beschluss vom 15. Februar 2005 - XI ZR 144/03, FamRZ 2005, 700 unter II 1 m.w.N.). So liegen die Dinge hier aber nicht. Der anwaltlich vertretene Kläger hätte im Hinblick auf die erteilten Hinweise erkennen müssen und können, dass seine lückenhaften und nur punktuell belegten Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht ausreichend waren, um eine Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse nachzuweisen.

4. Da dem Senat kein Gehörsverstoß unterlaufen ist, ist das Verfahren nicht fortzusetzen. Dies hat zur Folge, dass die vom Kläger im Rahmen seiner Gehörsrüge ergänzt vorgebrachten Angaben nicht zu berücksichtigen sind. Im 5 Übrigen wäre auch dieses Vorbringen nicht geeignet, eine geordnete Vermögenslage nachzuweisen.

Kessal-Wulf König Fetzer Frey Braeuer Vorinstanz:

AGH Hamm, Entscheidung vom 11.06.2010 - 1 AGH 28/10 -






BGH:
Beschluss v. 16.12.2011
Az: AnwZ (Brfg) 10/10


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