Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 10. Januar 1997
Aktenzeichen: 6 U 94/96
(OLG Köln: Urteil v. 10.01.1997, Az.: 6 U 94/96)
Werden bei der Gestaltung von Verpackungen bzw. Behältnissen für Kosmetikartikel auf diesen typische und allseits bekannte Gestaltungselemente des berühmten Malers Joan Miro verwendet, kann auch dann eine unzulässige Bearbeitung und Umgestaltung von Werken dieses Künstlers bejaht werden, wenn hierbei nicht ein bestimmtes einzelnes Werk (Bild) als Vorlage gedient hat.
Tenor
1.) Die Berufung der Beklagten gegen das am 10.1.1996 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 28 O 284/95 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß dessen Tenor zu Ziffer 1) wie folgt neu gefaßt wird:Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft, zu vollziehen an den Geschäftsführern, zu unterlassen, Kosmetik und/oder Parfümerieartikel in Aufmachungen und/oder Verpackungen unter Verwendung von Werken und/oder Bestandteilen von Werken des Malers Joan Miró wie nachstehend wiedergegeben im geschäftlichen Verkehr anzubieten und/oder zu vertreiben und/oder zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen und/oder vertreiben und/oder bewerben und/ oder in den Verkehr bringen zu lassen: 2.) Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 44 % und die Beklagte 56 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben zu 7 % die Klägerin und zu 93 % die Beklagte zu tragen.3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung seitens der Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in nachbenannter Höhe abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leistet. Im Rahmen der Vollstreckung der einzelnen Ansprüche durch die Klägerin sind zu hinterlegen oder als Sicherheit zu leisten: für die Unterlassung 80.000 DM, für die Auskunft 13.000 DM, für die Vernichtung 33.000 DM und für die Kosten 32.000 DM. Die Klägerin kann die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages von 10.200 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Beklagten wird auf ihren Antrag nachgelassen, die Sicherheiten auch durch Gestellung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen.4.) Die Beschwer der Beklagten wird auf 142.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine Verwertungsgesellschaft im Sinne des
Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes. Sie nimmt u.a. die Rechte
bildender Künstler wahr. Im vorliegenden Verfahren nimmt sie die
Beklagte u.a. mit der Begründung in Anspruch, bestimmte von dieser
hergestellte und vertriebene Produkte stellten Verletzungen von
Urheberrechten an Werken des bekannten spanischen Malers Joan Miró
dar. Der im Jahre 1983 verstorbene Künstler und seine Erben haben
mit der französischen Verwertungsgesellschaft ADAGP
Wahrnehmungsverträge abgeschlossen.
Die Beklagte produziert und vertreibt Kosmetik- und
Parfümerieartikel. Sie ist Inhaberin der deutschen Wortmarke "MIRO"
(Wz 2021330) und der gleichlautenden IR-Marke Nr.596872 mit
Priorität zum 17.8.1992. Mit Schreiben vom 28.3.1994, wegen dessen
Inhalts im einzelnen auf die als Bl.42 ff vorgelegte Ablichtung
verwiesen wird, wandte sie sich mit der Bitte an die ADAGP, für
Kosmetik- und Parfümerieartikel eine Lizenz für die Benutzung des
Namens und von Motiven des Künstlers Joan Miró zu erhalten. Dem
Schreiben war u.a. ein Entwurf einer Verpackung für ein Produkt
beigefügt. Bei der Gestaltung dieses Entwurfes, wegen dessen
Einzelheiten auf die Ablichtungen Bl.48 Bezug genommen wird, hatte
die Beklagte Bildelemente verwendet, wie sie für das Werk von Joan
Miró typisch sind. Das Design des Markennamens sollte nach diesem
Entwurf der charakteristischen Original-Signatur von Joan Miró,
dessen sog. "Malerzeichen", entsprechen. Nach Rücksprache mit den
Erben des Künstlers lehnte die ADAGP mit Schreiben vom 18.4.1994
den Wunsch der Beklagten ab.
Später brachte die Beklagte unter der Bezeichnung "MIRO" ein Eau
de Toilette und ein Duschgel auf den Markt. Für die Gestaltung der
Verpackung des Eau de Toilette und der Tube, in der sich das
Duschgel befindet, verwendet sie eine geringfügig modifizierte
Version des soeben erwähnten, der Anfrage bei der ADAGP
zugrundegelegten Entwurfes. Als einzige Abwandlung von jenem
Entwurf werden die Produkte nicht mit dem Malerzeichen des
Künstlers Joan Miró, sondern in geraden Großbuchstaben als "MIRO"
bezeichnet. Wegen der Einzelheiten der Ausstattung der Produkte
wird auf die farbige Darstellung des Flakons, seiner Verpackung und
der das Duschgel enthaltenden Tube verwiesen, wie sie auf der
letzten Seite des neben anderer Werbung als Anlage K 9 (Bl.57)
vorgelegten Katalogs der Fa.Douglas ersichtlich ist.
In jenem Katalog der Fa. D. werden die Produkte der Beklagten
mit folgendem Wortlaut beworben:
"Miro pour Femme. Parfums Miro pour
Femme ist inspiriert von Joan Miros Kunst. Eine duftende
Assoziation von Sonne, Lebensfreude und südlichen Landschaften.
Eine Flut floraler, fruchtiger Duftkomponenten..."
Die Vertreibergesellschaft V. Duftconzept GmbH bewirbt die
Produkte der Beklagten gegenüber dem Zwischenhandel u.a. mit
folgendem Text:
"Die Kreation PARFUMS MIRO pour femme
ist inspiriert von Joan Miros Kunst.
Miró gilt als einer der größten und
populärsten Maler des Jahrhunderts. Er ist spanischer Herkunft.
Typisch für Miró sind abstrakte farbenfrohe Bilder. Seinen Stil
könnte man als verrücktverspielt bezeichnen. Mit Miró assoziiert
man automatisch Sonne, Süden, Lebensfreude.
Der Name eignet sich deshalb
hervorragend für ein Parfum. Der Duft spiegelt entsprechend
fruchtige, sonnige, an Süden erinnernde Elemente wider."
Die Klägerin stützt sich auf eine Erklärung von Herrn Emilio
Fernandez Miró, eines Erben von Joan Miró, der von den übrigen
Erben des Künstlers bevollmächtigt ist, vom 5.4.1995, in der ihr
das Recht eingeräumt worden ist, Unterlassungs- und
Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung von Urheber- und
Persönlichkeitsrechten des Künstlers Joan Miró im eigenen Namen
gerichtlich durchzusetzen, und wegen deren Wortlauts auf die
Ablichtung Bl.18 verwiesen wird. Sie hat die Auffassung vertreten,
ein rechtliches Interesse an der Durchsetzung der den Erben von
Joan Miró zustehenden Ansprüche im eigenen Namen deswegen zu haben,
weil dies im Interesse einer umfassenden Wahrnehmung ihrer Aufgaben
und einer möglichst weitgehenden Durchsetzung der Interessen der
von ihr vertretenen Künstler geboten sei.
Weiter stützt sie sich auf den als Bl.25 ff vorgelegten
Gegenseitigkeitsvertrag mit der ADAGP vom 1.10.1990, wonach sie die
von der ADAGP vertretenen französischen Künstler auf dem Gebiet der
Bundesrepublik Deutschland vertritt.
Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte sei nicht nur
Herstellerin der in ihrer Ausstattung angegriffenen Produkte,
sondern vertreibe diese auch selbst. Sie hat die Auffassung
vertreten, wegen bestimmter, im einzelnen von ihr auf Bl.9 der
Klageschrift (Bl.13 d.A.) beschriebener Óbereinstimmungen mit
typischen von dem Künstler Joan Miró verwendeten Elementen handele
es sich um eine Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG, für die es an
der erforderlichen Einwilligung der Erben des Urhebers fehle. Die
geltendgemachten, sogleich im einzelnen darzustellenden Ansprüche
ergäben sich daher aus §§ 97 f UrhG. Darüber hinaus seien sie aber
auch unter dem Aspekt der Rufausbeutung zur Empfehlung der eigenen
Ware aus § 1 UWG und schließlich unter dem Gesichtspunkt des
postmortalen Persönlichkeitsschutzes begründet.
Die Klägerin hat - in teilweiser Abweichung von ihrer
Ankündigung in der Klageschrift - b e a n t r a g t (Neubezifferung
durch den Senat),
die Beklagte zu verurteilen,
es bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM,
ersatzweise Ordnungshaft, zu vollziehen an den Geschäftsführern, zu
unterlassen, Kosmetik- und/oder Parfümerieartikel unter Verwendung
des Namens und der Werke bzw. Bestandteile der Werke des Künstlers
Joan Miró anzubieten und/oder zu vertreiben und/oder zu bewerben
und/ oder anbieten und/oder bewerben und/oder vertreiben zu lassen,
und zwar insbesondere wie nachstehend wiedergegeben:
(es folgten Ablichtungen wie Bl.
3-6)
alle von ihr hergestellten, aber noch nicht in den Vertrieb
gegebenen Flaschen für das Produkt Miro pour femme Eau de Toilette
Spray und alle hergestellten, aber noch nicht in den Vertrieb
gegebenen Tuben für das Produkt Miro pour femme Duschgel
einschließlich der dazugehörigen Verpackung zu vernichten;
ihr Auskunft darüber zu erteilen, in welchen Stückzahlen und in
welchen Verpackungsgrößen sie die vorstehend unter 1 b)
bezeichneten Produkte hergestellt und in welcher Stückzahl sie
diese Produkte in den Verkehr gebracht hat;
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihr allen
Schaden zu ersetzen, der ihr aus den unter Ziffer 1 a) bezeichneten
Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
Die Beklagte hat b e a n t r a g t,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Zulässigkeit der Klage mit der Begründung in Abrede
gestellt, es fehle für eine Geltendmachung der Ansprüche in
Prozeßstandschaft das erforderliche rechtliche Interesse und sowohl
§ 1 WahrnG als auch der Gegenseitigkeitsvertrag, den die Klägerin
mit der ADAGP geschlossen habe, erfaßten weder Ansprüche aus § 1
UWG, noch solche aus dem postmortalen Persönlichkeitsrecht.
Die Ansprüche seien aber auch unbegründet, weil eine Verletzung
von Urheberrechten durch sie nicht vorliege. Nachdem die ADAGP ihre
Bitte um Lizensierung abgelehnt habe, habe der von ihr beauftragte
Grafiker ein neues Markenkonzept erstellt. Er habe sich dabei von
dem Werk Miros nur inspirieren lassen, aber weder ganze Werke, noch
Teile ganzer Werke des Künstlers übernommen. Urheberrechtlichen
Schutz könnten aber die einzelnen Elemente des Werks des Künstlers
nicht für sich in Anspruch nehmen, zumal es sich um einfache, teils
auch in Kinderzeichnungen vorkommende Stilelemente handele.
Eventuelle Óbereinstimmungen mit Werken des Künstlers seien
jedenfalls nicht beabsichtigt. Die Bezeichnung "MIRO" der Produkte
stelle keine Anlehnung an den Künstler dar, zumal es sich bei
"Miro" um einen Allerweltsnamen in Spanien handele, der Vorname
Joan nicht auftauche und sie auch das Malerzeichen mit der
typischen Unterschrift des Künstlers nicht verwende. Soweit die
Firmen D. und V. Duftconzept in ihrer Werbung ausdrücklich
Verbindungen zu dem Künstler Joan Miró herstellten, könne das nicht
ihr zugerechnet werden, zumal sie, so hat die Beklagte behauptet,
nur Herstellerin der Produkte sei und entgegen der Behauptung der
Klägerin diese nicht auch vertreibe.
Das L a n d g e r i c h t hat die Klage abgewiesen, soweit sich
die Anträge zu 1 a) und 2) auf das Flakon des Eau de Toilette
bezogen haben, wie es auf S.11 des angefochtenen Urteils
wiedergegeben worden ist. Im übrigen hat es die Beklagte mit der
Modifizierung antragsgemäß verurteilt, daß es im Antrag zu 1 a) vor
der bildlichen Wiedergabe der Ausstattung der Produkte nicht "und
zwar insbesondere wie nachstehend wiedergegeben", sondern lediglich
"wie nachstehend wiedergegeben" heißt.
Die Klägerin sei aktivlegitimiert, weil sie die Ansprüche aus §§
97 Abs.1, 23 UrhG gem. § 1 WahrnG i.V.m. dem mit der ADAGP
geschlossenen Gegenseitigkeitsvertrag geltend machen könne. Ob ihr
auch eventuelle Ansprüche aus § 1 UWG oder dem postmortalen
Persönlichkeitsrecht des Künstlers zustünden, könne offenbleiben,
weil sich die geltendgemachten Ansprüche - abgesehen von
denjenigen, die auf das Flakon gerichtet seien - sämtlich aus den
vorstehenden Bestimmungen des Urhebergesetzes ergäben. Es liege aus
bestimmten, auf den Seiten 19 ff des Urteils im einzelnen
dargestellten Gründen eine unfreie Bearbeitung von Bestandteilen
des Werkes von Joan Miró vor. Sämtliche grafischen Elemente des
Designs der beiden Produkte seien von der Beklagten aus den Werken
des Malers Joan Miró übernommen worden. Es fehle daher für eine
freie Bearbeitung im Sinne des § 24 UrhG, die allerdings
hinsichtlich des Flakons gegeben sei, bezüglich der im übrigen
angegriffenen Ausstattung die notwendige Selbständigkeit. Im
übrigen setze die Beklagte das Design ihrer Produkte in direkten
Bezug zu dem Produktnamen "MIRO". Hierdurch liege eine unerlaubt
assoziative Nutzung einer ansonsten rechtmäßigen Marke vor. Wenn
ein Produkt den Namen "MIRO" trage und sich auf der Verpackung eine
Bearbeitung von Werkteilen Miros befinde, ergebe sich für einen
durchschnittlichen Verbraucher eine Gedankenverbindung zu dem
spanischen Maler. Diese sei auch von der Beklagten beabsichtigt,
was sich daraus ergebe, daß sie das Design im Zeitpunkt der Anfrage
bei der ADAGP bereits fertig entwickelt gehabt und es nach deren
Absage bis auf den Schriftzug mit dem Malerzeichen unverändert
übernommen habe. Es stehe damit fest, daß die gesamte Kosmetikreihe
von vorneherein auf die Vermarktung von Joan Miró ausgerichtet
gewesen sei.
Ihre gegen dieses Urteil gerichtete B e r u f u n g begründet
die Beklagte wie folgt:
Zu Unrecht habe das Landgericht die Verurteilung auf § 97 UrhG
gestützt. Die Verwendung des Namens Miro könne ihr schon deswegen
nicht aus dieser Vorschrift untersagt werden, weil § 97 UrhG nur
einzelne Werke, nicht aber die Namen der Urheber schütze. Das
Urteil gehe auch dadurch von vorneherein zu weit, daß es ihr auch
die Verwendung von Werken des Künstlers Joan Miró verbiete, weil
sie - was unstreitig sei - kein Werk des Künstlers verwendet habe.
Streitig sei nur, ob sie Teile einzelner Werke verwende. Dies sei
indes auch nicht der Fall. Vielmehr habe ihr Designer lediglich
ungeschützte einzelne Elemente aus dem Werk des Künstlers Joan Miró
übernommen, wie sie auch bei vielen anderen Künstlern und sogar in
Kinderzeichnungen auftauchten. Das damit vorliegende bloße
Nachempfinden eines Stils reiche für eine Urheberrechtsverletzung
indes nicht aus. Der Unterlassungsanspruch könne auch nicht mit der
Verwendung des Namens "Miro" begründet werden, weil im Urheberrecht
nur das Werk selbst geschützt sei und es kein Rolle spiele, ob
durch die Verwendung eines Namens eine gedankliche Verbindung
hergestellt werde.
Die Ansprüche könnten auch nicht auf § 1 UWG oder ein
postmortales Persönlichkeitsrecht des Künstler Joan Miró gestützt
werden, weil derartige Ansprüche jedenfalls der Klägerin nicht
zustünden. So verleihe § 1 WahrnG diese Rechte nicht und könne die
Klägerin sich auch nicht auf die vorprozessual erteilte
Ermächtigung durch die Erben des Künstlers berufen, weil es aus
bestimmten Gründen an dem erforderlichen rechtlichen Interesse der
Klägerin fehle, diese Rechte in ein eigenem Namen durchzusetzen. In
der Sache bestünden derartige Ansprüche auch nicht, weil zwischen
den Parteien kein Wettbewerbsverhältnis bestehe und eine
Ehrverletzung des Malers Joan Miró oder eine herabwürdigende
Nutzung seines Namens nicht ersichtlich seien.
Die Beklagte b e a n t r a g t,
das Urteil des Landgerichts Köln vom
10.1.1996 - 28 O 284/95 - abzuändern und die Klage insgesamt
abzuweisen.
Die Klägerin b e a n t r a g t,
die Berufung mit der Maßgabe
zurückzuweisen, daß Ziffer 1 des Tenors des landgerichtlichen
Urteils wie oben geschehen neu gefaßt wird.
Sie meint, das Landgericht habe zu Recht auch die Verwendung des
Namens "Miro" untersagt. Der Anspruch folge insoweit aus dem
postmortalen Persönlichkeitsrecht des Künstlers und könne aufgrund
der Ermächtigungserklärung der Erben von ihr im eigenen Namen
durchgesetzt werden. Die Rechtsverletzung bestehe gerade in der
Kombination von Bestandteilen des Werkes von Joan Miró mit dem
Namenszug "Miro", was für ihre Prozeßführungsbefugnis spreche. Zu
Recht habe das Landgericht auch die Benutzung von "Werken" des
Künstlers untersagt. Auch insoweit bestehe ein Anspruch, weil die
Benutzung von Teilen eines Werkes auch die Gefahr beinhalte, daß
die Nutzung des (gesamten) Werkes unbefugt wiederholt werde. Der
von der Beklagten beauftragte Grafiker habe sich auch nicht darauf
beschränkt, den Stil Miros nachzuempfinden, sondern Bestandteile
von dessen Werken so übernommen, daß jeder Betrachter der
Verpackung aus den bereits in erster Instanz dargelegten Gründen
glaube, einen Ausschnitt aus einem typischen Werk von Miro vor
Augen zu haben. Dies gelte insbesondere, weil einem größeren
Publikum gerade auch Werke von Miro bekannt seien, in denen nur
wenige der typischen Werkbestandteile des Künstlers vereinfacht
grafisch dargestellt und mit balkenartigen Farbstrichen kombiniert
seien (Beweis: Sachverständigengutachten). Schließlich sei der
Anspruch auch aus § 1 UWG begründet, wobei es wegen der bestehenden
Prozeßstandschaft nicht auf ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den
Parteien ankomme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die
gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand
der mündlichen Verhandlung waren.
Gründe
Die Berufung ist zulässig, hat aber nach der Neufassung des
Klageantrags zu Ziff. 1) in der Sache keinen Erfolg.
Der Unterlassungsanspruch ist in seiner jetzigen Fassung aus §§
23, 97 Abs.1 UrhG begründet, weil die Beklagte mit der
streitgegenständlichen Verpackung für ein Eau de Toilette und der
Gestaltung der Tube, in der sie Duschgel anbietet, eine ohne
Erlaubnis der Rechtsinhaber unzulässige Bearbeitung und
Umgestaltung von Werken des Künstlers Joan Miró vorgenommen
hat.
Die Klägerin ist auch hinsichtlich dieses Anspruches - und der
übrigen noch zu erörternden Ansprüche - auf Grund von § 1 WahrnG
i.V.m. dem mit der ADAGP geschlossenen Gegenseitigkeitsvertrag
Rechtsinhaberin. Hierzu sieht der Senat von näheren Ausführungen
ab, weil sich die Berufungsgründe nicht gegen die entsprechende
Feststellung des Landgerichts richten.
Sowohl die Verpackung des Eau de Toilette als auch die Tube, in
der das Duschgel angeboten wird, stellen unzulässige Bearbeitungen
und Umgestaltungen von Werken des Künstlers Joan Miró dar. Auf
beiden Gegenständen befinden sich Bilder, die gerade aus den
typischen, allseits bekannten Gestaltungselementen des berühmten
Malers bestehen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zu dieser
offenkundigen Situation gem. § 543 Abs.2 ZPO auf die Ausführungen
des Landgerichts, denen sich der Senat anschließt, Bezug genommen.
Die Anlehnung ist so stark, daß der Verbraucher ohne weiteres
annehmen wird, es handele sich um die Wiedergabe eines einzelnen
konkreten Werkes des Künstlers. Dies vermögen die Mitglieder des
Senats, die teilweise mittelbar und in der Person seines weiblichen
Mitgliedes auch unmittelbar zu den angesprochenen Kunden gehören,
aus eigener Sachkunde und Lebenserfahrung zu beurteilen.
Vor diesem Hintergrund steht dem Anspruch nicht entgegen, daß es
sich tatsächlich nicht um die Bearbeitung oder Umgestaltung eines
bestimmten einzelnen Werkes von Joan Miró handeln mag. Denn dies
ist deswegen nicht erforderlich, weil ausschließlich die typischen
und schon von dem Durchschnittskunden leicht als solche erkennbaren
Einzelmerkmale von Werken des Künstlers verwendet worden sind.
Werden aber typische Stilelemente aus dem Werkfundus in einer Weise
benutzt, daß der Eindruck entsteht, es handele sich bei dem so
geschaffenen Werk um eine Bild von Joan Miró, so liegt eben eine
Bearbeitung von dessen Werken vor, wenn auch nicht ein konkretes
Bild als Vorlage gedient haben mag. Dies gilt deswegen sogar
insbesondere im Fall des Künstlers Joan Miró, weil dessen
Kunstwerke gerade aus einer Komposition der beschriebenen
Einzelelemente bestehen, die häufig ohne Verbindung zueinander vor
einfarbigem Hintergrund dargestellt werden, und so schon das
Aufführen einzelner derartiger Elemente nachhaltig den Eindruck
erweckt, es handele sich insgesamt und auch hier um ein Werk des
Künstlers oder einen Ausschnitt hieraus.
Das gilt erst recht, wenn - wie dies bei beiden beanstandeten
Gegenständen der Fall ist - die Bezeichnung der Produkte auch noch
"MIRO" lautet und so der Betrachter endgültig auf die Assoziation
zu dessen Werken gestoßen wird.
Der Senat sieht zu diesen Fragen von weiteren Ausführungen ab,
weil die Assoziation zu den bekannten Werken des Künstlers
offenkundig ist.
Im übrigen hat die Beklagte dies zumindest in der Vergangenheit
nicht anders gesehen. So hat sie mit dem oben erwähnten Schreiben
die ADAGP um Erlaubnis gebeten, eine Verpackung für das Eau de
Toilette verwenden zu dürfen, die ebenfalls Motive des Künstlers
aufwies. Die in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung
aufgestellte Behauptung der Beklagten, die Anfrage habe sich nur
auf die - später weggelassene - Verwendung des "Malerzeichens" von
Joan Miró bezogen, trifft so nicht zu. Dem - allerdings nur in
französischer Sprache vorgelegten - Schreiben ist nicht zu
entnehmen, daß die Beklagte die Anfrage gerade auf den Namen Joan
Miró beschränkt hätte. Die ADAGP mußte das Schreiben im Gegenteil -
schon angesichts des mitübersandten Entwurfes - dahin verstehen,
daß eine Erlaubnis auch für die - ganz offensichtlich gewollte -
Verwendung von Bildelementen des Künstlers erbeten wurde.
Ausweislich der vorgelegten schwarz/weiß Kopien (Bl.48) ist im
übrigen nach der Absage der ADAGP der Entwurf auch allenfalls noch
marginal und nicht - wie die Beklagte behauptet - grundlegend
überarbeitet worden.
Schließlich zeigt auch die Duldung der oben dargestellten
Werbung durch die Firmen "D." und "V. Duftkonzept", in denen offen
mit dem Werk von Joan Miró für beide Produkte geworben wird, daß
die Beklagte - worauf es im übrigen noch nicht einmal ankommt -
bewußt Rechte des Künstlers bzw. seiner Rechtsnachfolger
verletzt.
Ist der Unterlassungsanspruch aus den vorstehenden Gründen aus
§§ 97, 23 UrHG begründet,so sind die übrigen Ansprüche aus
denselben Bestimmungen (Schadensersatzfeststellung) bzw. aus § 98
Abs.1 UrhG (Vernichtung) bzw. aus § 101 a Abs.5 UrhG, 242 BGB
(Auskunft) begründet, ohne daß hierzu nähere Ausführungen
erforderlich wären.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs.1 (für die
1.Instanz), 97 Abs.1 und 269 Abs.3 ZPO. Die Neufassung der
Klageanträge im Termin zur mündlichen Berufungsverhandlung stellt
eine Teilrücknahme der Anträge auf Unterlassung und Feststellung
der Schadensersatzpflicht dar, die der Senat mit 1/5 der hierfür
anzusetzenden Teilstreitwerte (vgl. dazu unten) bewertet, weil die
Klägerin vorher auch die Verwendung des Namens Joan Miró
angegriffen hat. Aus diesem Grunde ist die Kostenquote der
landgerichtlichen Entscheidung anzupassen und der Klägerin auch ein
Teil der Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen, der indes
angesichts der Reduzierung des Streitwertes und der Tatsache, daß
nicht alle Ansprüche von der Rücknahme betroffen sind, nur 7 % der
Gesamtkosten der Berufungsinstanz ausmacht.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§
708 Nr.10, 711 ZPO.
Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festzusetzende Beschwer der Beklagten
entspricht - ausgehend von den nachstehend festgesetzten
Teilstreitwerten - dem Wert ihres Unterliegens im Rechtsstreit.
Streitwert für das Berufungsverfahren:
bis zur Teilrücknahme 166.000 DM, nämlich:
Unterlassung
100.000 DM
Auskunft
13.000 DM
Schadensersatzfeststellung
20.000 DM
Vernichtung
33.000 DM
Gesamt
166.000 DM
Der Senat hat die vorstehenden Werte, die der von dem
Landgericht festgesetzten Kostenquote entspricht, bereits in seinem
Beschluß vom 9.5.1995 zugrundegelegt. Hieran ist festzuhalten,
nachdem Einwände gegen diese Wertfestsetzung nicht erhoben worden
sind.
anschließend 142.000 DM, nämlich:
Unterlassung
80.000 DM
Auskunft
13.000 DM
Schadensersatzfeststellung
16.000 DM
Vernichtung
33.000 DM
Gesamt
142.000 DM
OLG Köln:
Urteil v. 10.01.1997
Az: 6 U 94/96
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/5304551c0fb3/OLG-Koeln_Urteil_vom_10-Januar-1997_Az_6-U-94-96