Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. März 2003
Aktenzeichen: 10 W (pat) 30/01

(BPatG: Beschluss v. 13.03.2003, Az.: 10 W (pat) 30/01)

Tenor

Die Beschwerde der Patentinhaberin wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Patentinhaberin gegen einen Patenterteilungsbeschluss.

Die Patentinhaberin hat am 27. August 1998 eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Glasbalustrade für eine Personenförderanlage" beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Auf die Beanstandungsbescheide der Prüfungsstelle für Klasse B 66 B vom 10. Mai 1999 und 13. Dezember 1999 hin hat die Patentinhaberin ihre Patentansprüche jeweils neu gefasst und die Beschreibung entsprechend angepasst, zunächst mit Schriftsatz vom 22 Juli 1999 und dann mit Schriftsatz vom 18. Februar 2000. Mit der zuletzt genannten und am 21. Februar 2000 beim Patentamt eingegangenen Eingabe hat die Patentinhaberin fünf Patentansprüche mit Beschreibung eingereicht. Auf dieser Grundlage ist das Patent mit Beschluss vom 23. April 2001 unverändert erteilt worden.

Dagegen wendet sich die Patentinhaberin mit ihrer Beschwerde. Sie führt aus, dass sie sich aufgrund des Amtsbescheides vom 13.12.1999 entschlossen habe, dem Wunsch des Prüfers zu folgen, ein konkretes Merkmal in Anspruch 1 aufzunehmen, nämlich "dass die dickere Glasscheibe zusammen mit der Folie im Bereich der jeweiligen Halterung fest eingespannt ist". Nach Bekanntgabe des Erteilungsbeschlusses habe sie festgestellt, dass die Aufnahme dieses Merkmals nicht den bereits am Markt platzierten technischen Lösungen entspreche. Dieses Merkmal habe sich für praktische Ausführungen nicht bewährt. Die Patentinhaberin habe sich insoweit geirrt. Wäre der Irrtum bei Abfassung der Eingabe vom 18. Februar 2000 bemerkt worden, hätte sie dem Wunsch des Prüfers nach entsprechender Anspruchsfassung nicht zugestimmt. In der Offenlegungsschrift bzw der Eingabe vom 22. Juli 1999 sei der Verlauf der Folie als Option aufgeführt und nicht als zwingendes Muss angesehen worden wie im Erteilungsbeschluss bzw in der Eingabe vom 18. Februar 2000. Es liege ein offenbarer Widerspruch zwischen dem gewollten und dem erteilten Patentschutz vor.

Die Patentinhaberin beantragt, den Erteilungsbeschluss vom 23. April 2001 dahingehend zu berichtigen, dass selbigem die mit Eingabe vom 22. Juli 1999 eingereichten Patentansprüche 1 bis 6 zugrundegelegt werden.

Hilfsweise beantragt sie, die Patentanmeldung im Rahmen der dem Erteilungsbeschluss vom 23. April 2001 zugrundeliegenden Unterlagen zu erteilen.

Die Patentinhaberin hat ihren vorsorglich gestellten Antrag auf mündliche Anhörung zurückgezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Patentamtsakten 198 38 901.9-22 und die im Beschwerdeverfahren eingereichten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die nach § 73 Abs 1 PatG statthafte und form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde ist mangels Beschwer als unzulässig zu verwerfen.

Ein Antragsteller ist nur dann durch die beantragte Entscheidung beschwert, wenn von seinen Anträgen zu seinem Nachteil abgewichen wird (vgl dazu allgemein Thomas/Putzo ZPO, 24. Aufl., Vorbem. zu § 511 Rdn 18 - Beschwer für die Klagepartei). Ein Patentanmelder kann durch einen Patenterteilungsbeschluss nur ausnahmsweise beschwert sein, wenn etwa von den gestellten Anträgen oder ansonsten von den eingereichten Unterlagen abgewichen wird (vgl zur Problematik der Beschwer bei Erteilungsbeschlüssen Schulte, PatG, 6. Aufl., § 49 Rdn 44; siehe auch BPatG BlPMZ 1983, 184).

Das Patent wurde gemäß den zuletzt im Prüfungsverfahren gestellten Anträgen erteilt. Das räumt die Patentinhaberin selbst ein. Allein diese Anträge sind aktuell zur Entscheidung gestellt und maßgeblich für die Beurteilung, ob eine Beschwer vorliegt. Zuvor gestellte Anträge sind prozessual überholt. Im Hinblick auf die Antragsbindung (vgl Schulte aaO, Vorbem. vor § 34 Rdn 7) kann das Patentamt bei einer Patenterteilung von diesem Antrag auch nicht abweichen. Zwar kann ein Patentanmelder seinen Erteilungsantrag, den er beschränkt hatte, im Rahmen der ursprünglichen Offenbarung wieder erweitern. An den zuletzt gestellten beschränkten Antrag ist und bleibt er aber dann gebunden, wenn das Patent antragsgemäß erteilt wurde (sog. Zäsurwirkung der Patenterteilung; vgl dazu Schulte, PatG, aaO § 34 Rdn 48). Nach der antragsgemäßen Patenterteilung kann das Ziel einer Erweiterung des Erteilungsantrags nicht mehr erreicht werden (vgl Schulte aaO, § 34 Rdn 48 letzter Absatz).

Der Umstand, dass die Patentinhaberin ihre Patentansprüche in der Eingabe vom 18. Februar 2000 gemäß dem Beanstandungsbescheid vom 13. Dezember 1999 angepasst hat und die Merkmale des zuvor gestellten Anspruchs 2 in Anspruch 1 aufgenommen hat, mag für sie rein tatsächlich nachteilig sein. Für die Beurteilung der Beschwer ist dieser Gesichtspunkt nicht relevant. Maßgeblich sind - wie bereits ausgeführt - die zuletzt gestellten Anträge bzw Ansprüche. Insoweit ist dem Begehren der Patentinhaberin durch die Patenterteilung in vollem Umfang Rechnung getragen worden. Die Patentinhaberin macht auch ansonsten nicht geltend, dass bei der Patenterteilung von ihren zuletzt eingereichten Unterlagen zu ihrem Nachteil abgewichen worden ist.

Der Senat vermag im Übrigen nicht zu erkennen, dass ein Widerspruch zwischen dem gewollten und dem erteilten Patentschutz vorliegt. Einen solchen Widerspruch versucht die Patentinhaberin aus den mit den Schriftsätzen vom 22. Juli 1999 und vom 18. Februar 2000 eingereichten Unterlagen zu begründen. Im Hinblick auf die vorgenommene Beschränkung der Patentansprüche besteht zwischen den jeweiligen Unterlagen notwendigerweise ein Unterschied. Bei Änderungen des Patentbegehrens, ob im Sinne von Einschränkungen oder von Erweiterungen ergeben sich solche Unterschiede praktisch immer. Daraus kann kein Widerspruch im Sinne einer Beschwer hergeleitet werden. Bei Änderungen von Patentansprüchen im Laufe des Erteilungsverfahrens kann der maßgebliche Wille eines Anmelders in Bezug auf sein Patentbegehren regelmäßig nur aus den zuletzt eingereichten Unterlagen ermittelt werden. Einen sich daraus ergebenden Widerspruch macht die Patentinhaberin nicht geltend und ein solcher ist auch nicht ersichtlich. In der mit Schriftsatz vom 18. Februar 2000 eingereichten Beschreibung war die in Patentanspruch 1 vorgenommene Einschränkung, dass nämlich die dickere Glasscheibe zusammen mit der Folie im Bereich der jeweiligen Halterung fest eingespannt ist, auch in der Beschreibung entsprechend nachvollzogen worden (Beschreibungsseite 2 a, 1. Absatz), so dass insoweit ein relevanter Widerspruch nicht ersichtlich ist.

Mangels Beschwer kann auch der Hilfsantrag der Patentinhaberin keinen Erfolg haben.

Soweit die Anmelderin mit ihren Anträgen eine weitergehende bzw geänderte Patenterteilung verfolgt, sind die Anträge auch deshalb nicht zulässig, weil das Patenterteilungsverfahren mit dem Patenterteilungsbeschluss beendet ist.

Die von der Anmelderin angeführten eigenen Irrtümer, die nach ihren Angaben zu den zuletzt vor der Patenterteilung gestellten Anträge geführten haben, können auch unter dem Gesichtspunkt einer Irrtumsanfechtung zu keiner Aufhebung der angefochtenen Patentamtsentscheidung führen. Abgesehen davon, dass die Patentinhaberin eine Anfechtung ihrer entsprechenden verfahrensrechtlichen Erklärungen nicht ausdrücklich erklärt hat, lag nach ihren Ausführungen auch keine für eine Anfechtung allein relevante Inkongruenz von Wille und Erklärung, sondern nur ein insofern irrelevanter Fehler bei der Willenbildung vor.

Schülke Püschel Knoll Pr






BPatG:
Beschluss v. 13.03.2003
Az: 10 W (pat) 30/01


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