Oberlandesgericht Hamm:
Beschluss vom 21. November 2008
Aktenzeichen: 1 ZU 22/07

(OLG Hamm: Beschluss v. 21.11.2008, Az.: 1 ZU 22/07)

Tenor

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin werden dem Antragsteller auferlegt.

Der Gegenstandswert wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der am ...1928 in I geborene Antragsteller ist durch Urkunde des Präsidenten des Oberlandesgerichts Hamm vom ...1957 zur Rechtsanwaltschaft und als Rechtsanwalt bei dem Amtsgericht Herford und bei dem Landgericht Bielefeld zugelassen worden. Mit Wirkung vom ...2002 wurde er zugleich bei dem Oberlandesgericht Hamm zugelassen. Die Kanzleiräume des Antragstellers befinden sich in der K-Straße in ...1 I.

Im Jahr 2000 wurde der Antragsteller des Amtes als Notar enthoben, weil er sich weigerte, die gesetzlich vorgeschriebene Haftpflichtversicherung zu unterhalten.

Durch den angefochtenen Bescheid vom 28.02.2007 widerrief die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls. Die sofortige Vollziehung der Widerrufsverfügung ist nicht angeordnet worden. Die Antragsgegnerin stützt den Widerruf darauf, dass Anfragen bei Gerichtsvollziehern ergeben hätten, dass gegen den Antragsteller mehrere Vollstreckungsaufträge vorlägen, in denen auch das Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung eingeleitet worden sei. Zwischenzeitlich sei auch ein Haftbefehl erlassen worden; allerdings sei die zugrundeliegende Forderung inzwischen durch Zahlung erledigt; über eine Löschung sei der Antragsgegnerin nichts bekannt. Es stünden jedoch weitere Verbindlichkeiten offen. Angesichts zahlreicher Beweisanzeichen für einen Vermögensverfall wie Zwangsvollstreckungen, Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse, Anträge zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und Eintragung eines Haftbefehls wäre es die Pflicht des Antragstellers gewesen, seine Vermögenssituation im Detail nachzuweisen, woran es fehle. Der Vermögensverfall führe auch zu einer abstrakten Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden.

Gegen die Widerrufsverfügung vom 28.02.2007 wendet sich der Antragsteller mit dem vorliegenden Antrag.

Er macht geltend, dass die Abteilung V des Vorstands der Antragsgegnerin nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen sei, weil Rechtsanwalt Dr. G3 kraft Gesetzes ausgeschlossen und befangen sei. Er, der Antragsteller, habe gegen den Präsidenten Dr. G3 und gegen den Sachbearbeiter Dr. T Strafanzeige wegen Verfolgung Unschuldiger und wegen Betrugsbeihilfe erstattet. Das Ermittlungsverfahren gegen die Antragsgegnerin sei analog § 154 e StPO ein Verfahrenshindernis im hier anhängigen Verfahren gegen die Antragsgegnerin.

Es widerspräche dem Gewaltenteilungsprinzip, dass im Lande Nordrhein-Westfalen seit 1999 die ermittelnde Behörde gleichzeitig auch die entscheidende sei. Das Verfahren sei deshalb analog Art. 100 GG an das Verfassungsgericht in Münster abzugeben. Der Anwaltsgerichtshof habe den ermittelnden und entscheidenden Kollegen in der Antragsgegnerin aufzugeben, ihre Tätigkeit gegen den Antragsteller nach § 3 BORA unverzüglich zu beenden, da diese Kollegen in der Antragsgegnerin zu gemeinschaftlicher Berufsausübung und in Bürogemeinschaft verbunden seien.

Er habe nicht genügend Zeit gehabt, die vielen Fragen im Auskunftsersuchen der Antragsgegnerin zu beantworten. Aus Art. 6 III b EMRK folge, dass ihm eine weitere Frist zum rechtlichen Gehör hätte gewährt werden müssen. Wenn der Antragsgegnerin die Stellungnahme des Antragstellers nicht genügt habe, hätte diese ausreichend Zeit gehabt, weitere Auskunft oder die Vorlage von Belegen zu verlangen.

Da dem Antragsteller ein Berufsverbot drohe, hätte ihm ein Verteidiger seiner Wahl angeboten werden müssen.

Die Antragsgegnerin habe die Beweisregeln auf den Kopf gestellt. Die Antragsgegnerin müsse den Vermögensverfall beweisen; sie habe jedoch allein Indizien behauptet, die widerlegt worden seien.

Außerdem habe er eine Bankbürgschaft angeboten; durch dieses wörtliche Angebot seien die Indizien eines angeblichen Vermögensverfalls entkräftet. Die mehrfach angebotene Bankbürgschaft sei offenbar nicht erwünscht; die Ausforschungsmethoden der Antragsgegnerin seien "zulässig".

Er verfüge auch über erhebliches schuldenfreies Vermögen. Sein Bankguthaben übersteige die bestrittenen Titel.

Die Antragsgegnerin habe alle Umstände des Falles gewürdigt, obwohl diese länger zurück lägen und deshalb einem Verwertungsverbot unterlägen.

Die abstrakte Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden sei konstruiert und genüge nicht zum Beweis eines Vermögensverfalls; sie verstoße auch gegen das Bestimmtheitsgebot; eine konkrete Gefahr sei nicht gegeben. Die Unterstellung, der Antragsteller könnte sich an Mandantengeldern vergreifen, müsse schärfstens zurückgewiesen werden.

Alle Titel, aus denen die Zwangsvollstreckung betrieben werde, seien nicht korrekt. Sie seien nicht von den Entscheidungsträgern unterschrieben, dem Antragsteller nichts zugestellt worden und deshalb nicht rechtskräftig. Im Fall T3 sei dies durch Beschluss vom 07.03.2005 bestätigt worden.

Es sei eine rücksichtsvolle Bewertung, dass bei der Antragsgegnerin die eifrigsten Verfechter der Berufsausübungsbeschränkung säßen und dass sie sich bei ihren Aktionen am Rande der Legalität bewege.

In der Sache T3 sei die Eintragung im Schuldnerverzeichnis am 30.03.2007 gelöscht worden.

Das Verfahren, welches der Position 35 der Liste der Antragsgegnerin zugrunde liege, sei noch nicht beendet; außerdem sei der Antragsteller hier für eine GbR tätig.

Die Nr. 34 und 37 der Liste seien identisch; der Gegner habe einen Zwangsvollstreckungsantrag zurückgenommen.

Es seien bei verschiedenen Gerichten Zweifel an seiner Geschäfts- und Prozessfähigkeit aufgetaucht, so dass im anwaltsgerichtlichen Verfahren nicht verhandelt werden könne. Er selbst schätze sich als prozess- und geschäftsfähig ein.

Die Mitteilungen der OGVin L an die Antragsgegnerin seien nicht zulässig gewesen und dürften deshalb nicht verwertet werden. Nach § 2 EGGVG sei eine Übermittlung allein in Zivilsachen, nicht aber in justizverwaltungsrechtlichen Zulassungssachen zulässig. Nach § 13 EGGVG dürften verfahrensübergreifende Mitteilungen von Amts wegen nur von Gerichten und Staatsanwälten erfolgen, nicht jedoch von Gerichtsvollziehern. Nach § 15 EGGVG sei die Übermittlung auch deshalb rechtswidrig, weil es sich nicht um eine Grundbuch- oder Registersache handele.

Der Antragsteller beantragt,

die Widerrufsverfügung vom 28.02.2007 aufzuheben,

festzustellen, dass die "GV-Berichte an die RAK rechtswidrig" seien.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie verteidigt die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung. Sie steht auf dem Standpunkt, dass keine Umstände vorlägen, die eigene Einschätzung des Antragstellers, geschäfts- und prozessfähig zu sein, zu widerlegen.

II.

Der Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung ist frist- und formgerecht gestellt, mithin zulässig. In der Sache selbst ist der Antrag jedoch unbegründet.

1.

Die angefochtene Widerrufsverfügung vom 28.02.2007 ist rechtmäßig ergangen. Der Widerrufsgrund des Vermögensverfalls ist auch nicht nachträglich wieder entfallen.

1.1.

Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn entweder ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet worden ist oder der Rechtsanwalt in das vom Insolvenzgericht oder vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis eingetragen ist. Im Übrigen liegt ein Vermögensverfall vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse gerät, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann und außerstande ist, seinen Zahlungsverpflichtungen geregelt nachzukommen. Beweisanzeichen sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen ihn.

1.2.

Vorliegend kann für den Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung am 28.02.2007 das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Vermutung nicht festgestellt werden. Zwar war der Antragsteller am 28.02.2007 für den in Nr. 30 der Forderungsübersicht der Antragsgegnerin erfassten Gläubiger T3 mit einem Haftbefehl im Schuldnerverzeichnis nach § 915 ZPO eingetragen. Da allerdings die OGVin L mit ihrem Schreiben vom 08.02.2007 die Zahlung der Gesamtforderung mitgeteilt hatte, muss die Erfüllung dieser Forderung vor Erlass des angefochtenen Bescheides erfolgt sein. Damit lag zum maßgeblichen Zeitpunkt (Erlass der angefochtenen Entscheidung) Löschungsreife hinsichtlich der fortbestehenden Eintragung vor, so dass diese Eintragung nicht mehr Grundlage einer Vermutung für einen Vermögensverfall sein kann. Wie der Antragsteller mit Schriftsatz vom 03.04.2007 vorgetragen hat, ist die Löschung im Schuldnerverzeichnis am 30.03.2007 erfolgt.

1.3.

Allerdings ist festzustellen, dass die Voraussetzungen des Vermögensverfalls nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung vorlagen. Denn es haben, wie die zahlreichen Positionen in der Aufstellung der Antragsgegnerin zeigen, eine Vielzahl von Gläubigern Schuldtitel gegen den Antragsteller erwirkt und zahlreiche Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen ihn ausgebracht. Hier hat der Antragsteller die Erfüllung auch kleinerer Forderungen nur unter erheblichem Druck vorgenommen.

Dies ist durch die Forderungsliste der Antragsgegnerin, die bis in das Jahr 1980 zurückreicht, belegt. Aus neuerer Zeit belegen nachstehende Forderungsangelegenheiten den Vermögensverfall des Antragstellers:

Nr. 25 der Liste

In einer Forderungsangelegenheit der Rechtsanwälte L pp war wegen einer Forderung von 246,13 EUR am 01.04.2005 Haftbefehl gegen den Antragsteller ergangen, der zur Eintragung im Schuldnerverzeichnis führte. Nach Zahlung im Sommer 2005 erfolgte die Löschung.

Nr. 26 der Liste

In einer Forderungsangelegenheit der Stadt I war wegen einer Forderung von 4.677,24 EUR am 01.04.2005 Haftbefehl gegen den Antragsteller ergangen, der zur Eintragung im Schuldnerverzeichnis führte. Nach Zahlung im Sommer 2005 erfolgte die Löschung.

Nr. 27 der Liste

In einer Forderungsangelegenheit der Rechtsanwältin V wegen einer Forderung von 2.406,38 EUR war am 01.04.2005 Haftbefehl gegen den Antragsteller ergangen, der zur Eintragung im Schuldnerverzeichnis führte. Nach Zahlung im Sommer 2005 erfolgte die Löschung.

Nr. 28 der Liste

In einer Forderungsangelegenheit der Erbengemeinschaft M wegen einer Forderung von 13.242,84 EUR war am 01.04.2005 Haftbefehl gegen den Antragsteller ergangen, der zur Eintragung im Schuldnerverzeichnis führte. Nach Zahlung im Sommer 2005 erfolgte die Löschung.

Nr. 29 der Liste

In einer Forderungsangelegenheit der Rechtsanwältin V über 252,14 EUR aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Fürth aus März 2005 wurde auf Antrag der Gläubigerin Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung auf den 18.08.2005 anberaumt, dem der Antragsteller widersprach. Zugleich mit der Zurückweisung dieses Widerspruchs wurde angeordnet, dass der Antragsteller die eidesstattliche Versicherung bereits vor Rechtskraft dieses Beschlusses abzugeben hat. Unmittelbar vor dem auf den sodann auf den 13.10.2005 anberaumten Termin hat der Antragsteller die Forderung beglichen.

Nr. 30 der Liste

In einer Forderungsangelegenheit des Gläubigers T3 aus einem Urteil des Amtsgerichts Herford vom 30.09.2004 über 1.500,00 EUR hatte der Gläubiger am 21.03.2005 Zwangsvollstreckungsauftrag erteilt. Dem auf den 26.07.2005 anberaumten Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung widersprach der Antragsteller. Sodann erging am 21.09.2005 Haftbefehl gegen den Antragsteller, der durch das Landgericht Bielefeld wegen eines Formfehlers aufgehoben wurde. Neuer Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung wurde auf den 05.01.2006 anberaumt; im Termin widersprach der Antragsteller erneut. Nach Zurückweisung des Widerspruchs wurde Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung auf den 07.03.2006 anberaumt, der sodann wegen einer Beschwerde des Antragstellers auf den 07.09.2006 verlegt wurde. In diesem Termin widersprach der Antragsteller erneut; in einem weiteren Termin vom 17.10.2006 widersprach der Antragsteller wiederum. Sodann erging Haftbefehl am 19.01.2007 und Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung wurde auf den 08.02.2007 anberaumt. Der Haftbefehl wurde in das Schuldnerverzeichnis eingetragen. Sodann zahlte der Antragsteller, wie die OGVin L mit Schreiben vom 08.02.2007 mitteilte, die Gesamtforderung.

Nr. 31 der Liste

Am 15.08.2005 erging ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Herford zugunsten des Rechtsanwalts H als Gläubiger wegen einer Forderung von 86,40 EUR aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Herford vom 18.05.2005; gepfändet wurden Ansprüche des Antragstellers gegen die Commerzbank G. Gegenüber der Antragsgegnerin hat der Antragsteller mit Schreiben vom 09.02.2007 vorgetragen, dass diese Forderung durch Zahlung erledigt sei. Das Datum der Zahlung ist ebenso wenig vorgetragen wie ein Beleg vorgelegt worden ist.

Nr. 32 der Liste

In einer Forderungsangelegenheit der Rechtsanwälte L pp aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss des AG Freiburg vom 16.08.2004 über 146,88 EUR wurde auf Antrag der Gläubiger vom 20.01.2006 Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung auf den 09.02.2006 bestimmt, dem der Antragsteller widersprach. Nach Zurückweisung dieses Widerspruchs wurde neuer Termin auf den 29.06.2006 anberaumt; in diesem Termin widersprach der Antragsteller erneut. Sodann erging am 08.09.2006 Haftbefehl gegen den Antragsteller; Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung wurde zunächst auf den 03.10.2006 und sodann auf den 17.10.2006 anberaumt. Sodann zahlte der Antragsteller den vollen Betrag.

Nr. 33 der Liste

Zugrunde liegt eine Forderung der Fa. B GmbH aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Herford vom 16.01.2006 über einen Betrag von 26.257,24 EUR. Am 20.06.2006 bestimmte das Amtsgericht Herford auf Antrag der Gläubigerin Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung auf den 15.08.2006. In diesem Termin widersprach der Antragsteller der Notwendigkeit zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung. Sodann hat die Gläubigerin den Zwangsvollstreckungsauftrag zurückgenommen.

Nr. 34 der Liste

Zugrunde liegt ebenfalls eine Forderung der Fa. B GmbH aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Herford vom 06.07.2006 über einen Betrag von 370,86 EUR. Einem für den 01.08.2006 anberaumten Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung widersprach der Antragsteller; sodann wurde Termin auf den 26.09.2006 anberaumt. Alsdann nahm die Gläubigerin den Zwangsvollstreckungsauftrag zunächst zurück. In dem sodann weiter betriebenen Zwangsvollstreckungsverfahren widersprach der Antragsteller im Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vom 26.04.2007. Diesen Widerspruch wies das AG Herford durch Beschluss vom 15.06.2007 zurück. In dem sodann erneut anberaumten Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung am 18.09.2007 legte der Antragsteller erneut Widerspruch ein. Diesen Widerspruch wies das Amtsgericht Herford durch Beschluss vom 09.01.2008 zurück. Die hier gegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers wies das LG Bielefeld durch Beschluss vom 11.02.2008 zurück. In dem sodann anberaumten Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vom 06.03.2008 widersprach der Antragsteller erneut. Wegen grundloser Verweigerung erging sodann am 24.04.2008 Haftbefehl gegen den Antragsteller. Die hier gegen gerichtete Beschwerde wies das LG Bielefeld durch Beschluss vom 02.06.2008 zurück. Nach sodann vorgenommener Zahlung erfolgte die Löschung im Schuldverzeichnis am 24.06.2008.

Nr. 35 der Liste

Mit Beschluss vom 05.10.2006 genehmigte das Amtsgericht Herford in der seitens der Stadt I als Vollstreckungsbehörde betriebenen Zwangsvollstreckungssache die Durchsuchung der Wohnung und der Geschäftsräume des Antragstellers. Zugrunde lagen ein Anspruch der Stadtkasse I wegen Baugenehmigungsgebühren und ein Zwangsgeld des Bauordnungsamtes.

Nr. 36 der Liste

In einer Forderungsangelegenheit von Frau E2 und Herrn E aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Herford vom 17.01.2006 über einen Betrag von 405,69 EUR erließ am 16.02.2006 das Amtsgericht Herford auf Antrag der Gläubiger einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, mit dem Ansprüche des Antragstellers gegen die Commerzbank I gepfändet worden sind. Der Antragsteller hat die Erledigung der Forderung durch Zahlung geltend gemacht, ohne das Datum der Zahlung vorzutragen oder einen Beleg vorzulegen.

Nr. 37 der Liste

In einer weiteren Forderungsangelegenheit der Fa. B GmbH aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Herford vom 16.01.2006 über einen Betrag von 25.786,83 EUR erließ am 23.05.2006 das Amtsgericht Herford auf Antrag der Gläubigerin einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, mit dem Ansprüche des Antragstellers gegen die Sparkasse I gepfändet worden sind. Die hiergegen gerichtete Erinnerung wies das Amtsgericht Herford durch rechtskräftigen Beschluss vom 27.10.2006 zurück. Der Antragsteller hat der Notwendigkeit zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung, die auf den 19.12.2006 angesetzt war, widersprochen. Diesen Widerspruch wies das Amtsgericht Herford durch rechtskräftigen Beschluss vom 05.03.2007 zurück. Den erneuten Widerspruch im Termin vom 03.05.2007 hat das AG Herford durch Beschluss vom 15.06.2007 zurückgewiesen. Die hier gegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers wies das Landgericht Bielefeld durch Beschluss vom 30.07.2007 zurück. Den erneuten Widerspruch im Termin vom 18.09.2007 wies das Amtsgericht Herford durch Beschluss vom 09.01.2008 zurück. Die hier gegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers wies das LG Bielefeld durch Beschluss vom 11.02.2008 zurück. Nach dem der Antragsteller im Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vom 06.03.2008 erneut Widerspruch eingelegt hatte, erging am 24.04.2008 Haftbefehl gegen den Antragsteller. Die hier gegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers wies das Landgericht Bielefeld durch Beschluss vom 02.06.2008 zurück. Nach sodann erfolgter Zahlung ist die Löschung im Schuldverzeichnis am 24.06.2008 erfolgt.

Die Auffassung des Antragstellers, dass die Fälle 34 und 37 identisch seien, trifft nicht zu. Tatsächlich geht es um verschiedene Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Amtsgerichts Herford: derjenige vom 06.07.2006 lautet auf 363,00 EUR und derjenige vom 16.01.2006 auf 24.974,80 EUR. Allerdings betreffen die Vorgänge zu den Nummern 33 und 37 dieselbe Forderung, nämlich den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16.01.2006.

Nr. 38 der Liste

Wegen eines Vollstreckungsauftrags der Oberjustizkasse Hamm vom 07.12.2006 wegen eines Betrages von 744,00 EUR wiedersprach der Antragsteller der Notwendigkeit zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung (Termin vom 30.01.2007). Diesen Widerspruch wies das Amtsgericht Herford durch Beschluss vom 26.03.2007 zurück. Den erneuten Widerspruch im Termin vom 12.07.2007 wies das AG Herford durch Beschluss vom 03.08.2007 zurück. Den erneuten Widerspruch im Termin vom 30.08.2007 wies das Amtsgericht Herford durch Beschluss vom 09.01.2008 zurück. Nach erneutem Widerspruch im Termin vom 06.03.2008 (Bl. 32 BA) erging am 25.04.2008 Haftbefehl gegen den Antragsteller. Die hier gegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers wies das Landgericht Bielefeld durch Beschluss vom 02.06.2008 zurück und führte zur Begründung aus, dass die erhobenen Einwendungen des Antragstellers "ersichtlich nur der Verfahrensverschleppung und -verzögerung" dienten. Nach sodann erfolgter Zahlung erfolgte die Löschung im Schuldverzeichnis am 24.06.2008.

Damit ergibt sich, dass der Antragsteller Zahlungen an seine Gläubiger - wenn überhaupt - nur auf den äußersten Druck von vielfältigen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erbracht hat. Damit ist davon auszugehen, dass der Antragsteller in ungeordneten finanziellen Verhältnissen lebt.

Deshalb vermag auch der Hinweis des Antragstellers, er habe "wie früher 5-stellige Bankbürgschaft" angeboten, das Vorliegen eines Vermögensverfalls nicht in Frage zu stellen. Soweit der Antragsteller damit vortragen will, er verfüge über Sicherheiten, fehlt jeder Vortrag dazu, um welche Sicherheiten es sich dabei handeln soll und dass diese liquide verwertbar sind. Auch sein Vortrag zum Vorhandensein von Bankguthaben ist gänzlich vage und ohne jeden Beleg geblieben. Es fehlt jeglicher Vortrag zur Höhe des behaupteten Bankguthabens ebenso wie zur Möglichkeit und Bereitschaft, hierüber zu Gunsten der Gläubiger zu verfügen. Nähere Darlegungen zu dem angeblichen Steuerrückerstattungsanspruch gegenüber dem Finanzamt I über 8.8683,41 EUR hat der Antragsteller nicht gemacht. Die Aufstellung des Antragstellers über angeblich "9-stelliges Vermögen" bezieht sich auf Forderungen, deren Bestand insbesondere nach erläuternden Angaben des Antragstellers in der Senatsverhandlung vom 17.08.2007 äußersten Zweifeln begegnet und deren Realisierung sehr theoretisch erscheint. Schließlich bleibt der Einwand des Antragstellers erfolglos, dass die herangezogenen Umstände aus zeitlichen Gründen - die Aufstellung der Antragsgegnerin reicht bis in die 80er Jahre zurück - einem Verwertungsverbot unterlägen. Entscheidend ist allein die Frage, ob Umstände vorliegen, die bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Widerrufsbescheids die Feststellung des Vorliegens eines Vermögensverfalls gebieten. Dies ist - wie ausgeführt - hier der Fall.

Ohne Erfolg macht der Antragsteller geltend, dass "alle Titel", aus denen die Zwangsvollstreckung betrieben werde, nicht "korrekt" seien, weil sie nicht unterschrieben und ihm nicht zugestellt worden seien und daher "nicht rechtskräftig" seien. Diese seitens des Antragstellers auch in den Zwangsvollstreckungsverfahren erhobene Einwendung hat sich in den vorbezeichneten Zwangsvollstreckungsverfahren ausnahmslos als haltlos erwiesen, die ohne Tatsachengrundlage erhoben wurde.

1.4.

Wird ein Vermögensverfall - wie hier - positiv festgestellt, ist es Sache des Antragstellers, im Einzelnen nachzuweisen, dass tatsächlich ein Vermögensverfall jetzt nicht mehr besteht. Dies kann dadurch geschehen, dass der Antragsteller die Befriedigung seiner Gläubiger nachweist und seine derzeitige wirtschaftliche Lage offen legt; gleiches gilt, wenn der Antragsteller den Verpflichtungen aus Vergleichs- und Ratenzahlungsvereinbarungen regelmäßig nachkommt und er außerdem die laufenden Kosten einschließlich der Lebenshaltungskosten aufbringen kann. Erforderlich ist in diesem Fall, dass der Antragsteller einen erfolgversprechenden Tilgungsplan vorlegt, der sich auf alle gegen ihn geltend gemachten Forderungen erstreckt. Um die Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen, muss der Antragsteller unter Berücksichtigung auch seiner gesetzlichen Mitwirkungspflicht nach § 36 a BRAO seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse umfassend darstellen und dabei darlegen, welche Ansprüche gegen ihn noch bestehen und auf welche Weise diese Forderungen ausgeglichen werden sollen. Auf diese Grundsätze ist der Antragsteller in der Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 07.05.2007, die dem Antragsteller am 16.05.2007 zugestellt worden ist, hingewiesen worden.

Der Antragsteller hat jedoch weder in dem Verfahren vor Erlass der angefochtenen Verfügung noch im gerichtlichen Verfahren die danach erforderlichen Angaben gemacht. Seine "Versicherung, außer diesen offenen zweifelhaften Forderungen keinerlei "Schulden" zu haben", reicht nicht aus. Denn es geht entscheidend darum, ob der Antragsteller in der Zukunft seinen laufenden Verbindlichkeiten nachkommen kann; hierbei kommt es nicht allein auf "Schulden" an. Das Angebot des Antragstellers, eine aktuelle Bankauskunft beizubringen, ist deshalb unbehelflich, weil es nicht auf den Kontostand bei einem Bankinstitut ankommt. Seine Auffassung, dass er die Indizien widerlegt habe, trifft deshalb nicht.

Gegen eine zweifelsfreie Konsolidierung spricht auch der Umstand, dass es im Laufe des Verfahrens vor dem Senat zu weiteren Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gekommen ist. So ist nach Auskunft der OGVin L vom 03.07.2007 auf Betreiben der Gläubiger P Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung auf den 07.08.2007 angesetzt worden. Ebenfalls nach der Auskunft der OGVin L vom 30.04.2008 ist auf Betreiben der Fa. B GmbH Haftbefehl gegen den Antragsteller ergangen; Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ist auf den 15.05.2008 bestimmt worden; an diesem Tag hat der Antragsteller sodann in zwei Zwangsvollstreckungsangelegenheiten der vorgenannten Gläubigerin sowie der Oberjustizkasse Hamm volle Zahlung geleistet.

Auch ist es bis in die jüngste Vergangenheit zu weiteren Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Antragsteller gekommen. Nach der Auskunft der OGVin L vom 22.08.2008 sind bei ihr am 17.06.2008, 21.06.2008, 17.07.2008 und am 21.08.2008 weitere Zwangsvollstreckungsaufträge eingegangen.

1.5.

Die Einwendungen des Antragstellers sind nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit des Widerrufsbescheids der Antragsgegnerin in Zweifel zu ziehen.

1.5.1.

Der Umstand, dass der Antragsteller Strafanzeige gegen den Präsidenten der Antragsgegnerin und gegen ihren als Sachbearbeiter bezeichneten Geschäftsführer erstattet hat, führt nicht dazu, dass die Abteilung V des Vorstands der Antragsgegnerin, der der Präsident der Antragsgegnerin angehört, nicht ordnungsgemäß besetzt war. Weder ist erkennbar, dass der Präsident der Antragsgegnerin - wie der Antragsteller meint - kraft Gesetzes ausgeschlossen sein könnte, noch dass er wegen Besorgnis der Befangenheit an einer Tätigkeit in der Abteilung V des Vorstands der Antragsgegnerin gehindert gewesen sein könnte.

1.5.2.

Anders als der Antragsgegner meint liegt auch kein "Verfahrenshindernis" nach § 154 e StPO vor. Abgesehen davon, dass ein "Ermittlungsverfahren gegen die RAK Hamm" nicht deshalb gegeben wäre, weil der Antragsteller gegen den Präsidenten und einen Geschäftsführer der Antragsgegnerin eine Strafanzeige erstattet hat, enthält die Regelung des § 154 e StPO kein "Verfahrenshindernis"; zudem findet § 154 e StPO im vorliegenden Verfahren weder direkte noch entsprechende Anwendung.

1.5.3.

Für eine Vorlage an den Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen besteht entgegen der Auffassung des Antragstellers keinerlei Veranlassung. Denn verfassungsrechtliche Bedenken haben weder gegen die bisherige Regelung des § 224 a Abs. 1 BRAO a.F. noch gegen die Verordnung zur Übertragung von Befugnissen nach der BRAO vom 26.01.1999 (GVBl. NRW vom 17.02.1999) bestanden (vgl. Hartung in Henssler/Prütting, 2. Aufl., § 224 a BRAO Rz 9). Durch das am 01.06.2007 in Kraft getretene Gesetz zur Stärkung der Selbstverwaltung der Rechtsanwaltschaft ist nunmehr eine originäre Zuständigkeit der Rechtsanwaltskammern für die Aufgaben und Befugnisse im Zusammenhang mit der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft und dem Widerruf bzw. der Rücknahme der Zulassung geschaffen worden.

1.5.4.

Anders als der Antragsteller meint, besteht auch keine Veranlassung für den Senat, "den ermittelnden und entscheidenden Kollegen" der Antragsgegnerin im Hinblick auf § 3 BORA aufzugeben, "ihre Tätigkeit gegen den [Antragsteller] aufzugeben". Weder sind dem Senat hierzu Befugnisse übertragen worden noch ist erkennbar, dass für ein derartiges Tätigwerden eine sachliche Veranlassung bestand.

1.5.5.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist sein Anspruch auf rechtliches Gehör nicht durch eine zu kurze Fristsetzung seitens der Antragsgegnerin verletzt worden. Es ist nicht erkennbar, dass die dem Antragsteller durch Schreiben der Antragsgegnerin vom 08.12.2006 gesetzte Äußerungsfrist nicht ausreichend bemessen gewesen wäre. Tatsächlich hat der Antragsteller mit Schreiben vom 16.12.2006 auch Stellung genommen. Hinzukommt, dass die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 07.02.2007 - in der Zwischenzeit war keine weitere Stellungnahme des Antragstellers bei der Antragsgegnerin eingegangen - den Antragsteller erneut zur Stellungnahme aufgefordert hat; hierzu hat der Antragsteller sodann mit Schreiben vom 09.02.2007 Stellung genommen. Eine weitere Stellungnahme hat der Antragsteller sodann bis zum Erlass der angefochtenen Verfügung am 28.02.2007 nicht vorgelegt. Überdies ist dem Antragsteller im Senatsverfahren durch den Hinweis des Vorsitzenden vom 07.05.2007, dem Antragsteller am 16.05.2007 zugestellt, erneut rechtliches Gehör gewährt worden. Die seitens des Antragstellers erbetene Einsicht in die Personalvorgänge ist ihm am 18.06.2007 gewährt worden.

Der Antragsteller kann in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg rügen, dass das Bestimmtheitsgebot verletzt sei und er nicht verpflichtet sei, "aus einem langen Pflichtenkatalog … selbst heraus zu suchen, welche Vorschriften er verletzt haben könnte". Denn das Anhörungsschreiben der Antragsgegnerin vom 08.12.2006 bezeichnete den Gegenstand der Anhörung genau und stellte dem Antragsteller klare Fragen; es konnte deshalb für den Antragsteller nicht zweifelhaft sein, was Gegenstand der Anhörung war. Im Übrigen zeigen die Äußerungen des Antragstellers, dass er den Gegenstand der Anhörung tatsächlich nicht missverstanden hat.

1.5.6.

Ebenfalls ohne Erfolg rügt der Antragsteller, dass ihm ein Verteidiger seiner Wahl hätte angeboten werden müssen. Eine solche Veranlassung stellte sich weder für die Antragsgegnerin noch für den Senat. Deshalb hat der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 21.11.2008 den entsprechenden Antrag des Antragstellers zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat weder nach Art. 6 Abs. 3 c EMRK noch nach anderen Normen einen Anspruch auf Beiordnung eines Verteidigers. Auf Art. 6 Abs. 3 c EMRK, wonach jede angeklagte Person das Recht hat sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist, kann sich der Antragsteller nicht berufen, weil es sich bei ihm nicht um eine angeklagte Person handelt oder um eine gleichzustellende Person. § 117 a BRAO kommt ebenfalls nicht zur Anwendung, weil sich diese Vorschrift allein auf das anwaltsgerichtliche Verfahren nach den §§ 116 ff BRAO bezieht und ohnehin bereits tatbestandlich nicht gegeben ist. Das Verfahren bei Anträgen auf gerichtliche Entscheidung in Zulassungssachen richtet sich nach den §§ 37 ff BRAO, die eine Bestellung eines "Verteidigers" nicht vorsehen.

1.5.7.

Die Vorwürfe, die der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin im Zusammenhang mit "Berufausübungsbeschränkungen" erhebt, bleiben ebenfalls ohne Erfolg. Denn zum Schutz eines überragenden Gemeinschaftsgutes, nämlich hier der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege, ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, einem Rechtsanwalt, der eine der Voraussetzungen des § 14 BRAO erfüllt, die Berufsausübung zu untersagen.

1.5.8.

Auch der von dem Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin angeführte Gesichtspunkt, es sei sein verfassungsmäßiges Recht, "unberechtigte Forderungen anzufechten und erst bei Unanfechtbarkeit - oder wenn nicht rechtzeitig über die Anfechtung entschieden ist - zu zahlen" rechtfertigt keine dem Antragsteller günstige Bewertung. Eine Eintragung im Schuldnerverzeichnis

- wie sie im Falle des Antragsgegners mehrfach erfolgt ist - führt regelmäßig zum Verlust der Kreditwürdigkeit. Ein Schuldner wird deshalb, soweit er dazu imstande ist, seine Gläubiger befriedigen, um die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und erst recht den Erlass eines Haftbefehls zur Erzwingung ihrer Abgabe zu vermeiden. Diese Annahme ist auch dann gerechtfertigt, wenn der Schuldner glaubt, dass seine Verurteilung zu Unrecht erfolgt sei oder dass Vollstreckungsakte fehlerbehaftet seien. Denn der Verlust der Kreditwürdigkeit hängt von der Eintragung, nicht aber von den Gründen ab, die zu ihr führten. Deshalb wird es auch ein Schuldner, der meint, seine Verurteilung oder einzelne Vollstreckungsakte anfechten zu können, nicht auf eine Eintragung im Schuldnerverzeichnis ankommen lassen. Er wird deshalb seine Gläubiger befriedigen, wenn er die nötigen Mittel hat. Auch derjenige Rechtsanwalt, der meint, Forderungen erst nach Ausschöpfung der letzten Anfechtungsmöglichkeit im Zwangsvollstreckungsverfahren begleichen zu sollen, befindet sich in ungeordneten finanziellen Verhältnissen, wenn Gläubiger Zahlungen nur unter äußerstem Vollstreckungsdruck erreichen können.

1.5.9.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers bedurfte die angefochtene Verfügung nicht der Unterschrift von insgesamt fünf Personen. Abgesehen davon, dass die Abteilung V des Vorstands der Rechtsanwaltskammer Hamm lediglich aus vier Mitgliedern bestand, reichte es aus, dass die Widerrufsverfügung vom 28.02.2007 durch den Präsidenten der Kammer unterzeichnet wurde. Weder das Schriftformerfordernis noch der in § 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO zum Ausdruck kommende Gedanke erforderte die Unterzeichnung durch weitere Personen, um der angefochtenen Verfügung zur Wirksamkeit zu verhelfen.

1.6.

Der Widerruf wegen Vermögensverfalls kommt nicht in Betracht, wenn die Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall nicht gefährdet sind. Dies ist bei einem Vermögensverfall nur ganz ausnahmsweise der Fall. Denn der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer derartigen Gefährdung insbesondere mit Blick auf den eigenen Umgang des Rechtsanwalts mit Fremdgeldern sowie auf den darauf möglichen Zugriff seiner Gläubiger. Die Rechtsprechung, nach welcher der Vermögensverfall eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden indiziert, verstößt auch nicht gegen das Grundrecht des Antragstellers aus Art. 12 Abs. 1 GG.

Anhaltspunkte dafür, dass hier ein solcher Ausnahmefall vorliegt, sind nicht gegeben. Darauf, dass es bislang zu keinen Beschwerden von Mandanten des Antragstellers gekommen ist, rechtfertigt für sich genommen keine andere Beurteilung. Anders als der Antragsteller meint kommt ein Widerruf auch bei Vorliegen allein einer abstrakten Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden in Betracht; das Vorliegen einer konkreten Gefahr - auf die der Antragsteller allein abstellen will - rechtfertigt dagegen bereits die sofortige Vollziehung der Widerrufsentscheidung nach § 16 Abs. 6 BRAO.

Deshalb liegt vorliegend die Gefährdung der Rechtsuchenden nicht so fern, dass sie ohne Bedenken außer Betracht gelassen werden kann.

1.7.

Dem Erlass des Widerrufsbescheides der Antragsgegnerin sowie dem Erlass einer Sachentscheidung des Senats stand bzw. steht auch nicht die Notwendigkeit entgegen, für den Antragsteller nach § 16 Abs. 3 BRAO zunächst einen Betreuer zu bestellen. Denn dafür, dass der Antragsteller aus gesundheitlichen Gründen zur Wahrnehmung seiner Rechte in dem Verfahren nicht in der Lage sein könnte, bestehen keine durchgreifenden Anhaltspunkte.

1.7.1.

Solche Bedenken folgen nicht aus dem Beschluss des Amtsgerichts Herford vom 28.06.2007 (007 K 101/05), mit welchem der Rechtspfleger einen Versteigerungstermin aufgehoben hat, weil er "vermutete", dass der Antragsteller prozessunfähig sei. Die dort ausdrücklich als "Vermutung" bezeichneten Bedenken stützen sich darauf, dass dem Antragsteller die Einsicht fehle, rechtskräftige Entscheidungen der Gerichte zu akzeptieren; immer wieder versuche er mit nicht nachvollziehbaren Begründungen von vornherein erfolglose Rechtsbehelfe in seinen gegen ihn und seine Ehefrau durchgeführten Zwangsvollstreckungsverfahren einzulegen. Diese Art der Begründung ist sachlich eng an die Zwangsversteigerungsvorgänge gebunden, so dass sich bereits unter diesem Gesichtspunkt keine weitergehenden Rückschlüsse ziehen lassen.

1.7.2.

Derartige Bedenken folgen auch nicht aus dem Betreuungsverfahren 6 XVII M 473 Amtsgericht Herford.

Zwar hat das Amtsgericht Herford durch Beschluss vom 03.08.2007 angeordnet, dass geprüft werden soll, ob und in welchen Angelegenheiten des Antragstellers wegen einer Krankheit oder Behinderung Hilfen durch die Bestellung eines Betreuers erforderlich seien. Nachdem der Antragsteller mitgeteilt hatte, dass er mit einer Begutachtung nicht einverstanden sei, ordnete das Amtsgericht mit Beschluss vom 05.10.2007 die zwangsweise Vorführung des Antragstellers zur neurologischpsychiatrischen Untersuchung durch den Sachverständigen an. Mit Schreiben vom 25.10.2007 teilte der Sachverständige dem Amtsgericht mit, dass er ein Betreuungsgutachten nicht erstellen könne, wobei er ausführte: "Herr Dr. N3 war wach und ansprechbar, er wirkte freundlich zugewandt, dabei affektiv absolut distanziert und fassadenhaft. Der Sachverständige hatte fast den Eindruck als wenn er sich freuen würde, der Justiz ein Schnippchen zu schlagen". Aufgrund der klaren Verweigerung eines Explorationsgesprächs sei es nicht möglich eine klare fachpsychiatrische Einschätzung abzugeben. Unter Berücksichtigung der Gesamtsituation bestehe der Verdacht auf eine wahnhafte Entwicklung nach wie vor bei herabgesetzter Kritikfähigkeit. Da einerseits eine schwere floride Psychose sicherlich nicht vorliege und keine Selbstschädigungsgefahr im gesundheitlichen Bereich bestehe und andererseits eine amtliche Betreuung strikt und rigoros abgelehnt werde, sei eine Betreuung nicht durchsetzungsfähig. Mit Beschluss vom 17.12.2007 lehnte das Amtsgericht sodann die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung ab. In den Gründen führte es aus, dass nach der ärztlichen Stellungnahme zwar Anzeichen für eine wahnhafte Entwicklung und herabgesetzte Kritikfähigkeit vorlägen, eine Betreuung gegen den ausdrücklichen Willen des Betroffenen sei jedoch derzeit nicht durchsetzbar. Den sodann mit Schreiben vom 31.12.2007 gestellten Antrag des Antragstellers, den Beschluss dahin zu ergänzen, dass eine "Prozessunfähigkeit des Betroffenen" nicht habe festgestellt werden können, wies das Amtsgericht durch Beschluss vom 03.01.2008 zurück, weil über die Frage der Prozessfähigkeit nicht zu entscheiden gewesen sei.

Danach besteht zwar nach dem Ergebnis der vorläufigen fachpsychiatrischen Einschätzung der Verdacht auf eine "wahnhafte Entwicklung"; eine schwere floride Psychose liegt danach jedoch "sicherlich" nicht vor. Der bloße Verdacht auf eine wahnhafte Entwicklung kann nicht den Schluss rechtfertigen, dass sich der Antragsteller in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand befinden könnte oder auch nur krankheitsbedingt gehindert sein könnte, seine Rechte im Widerrufsverfahren wahrzunehmen. Denn dies wäre erst dann zu bejahen, wenn der Betroffene nicht mehr in der Lage ist, seine Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen. Da vorliegend eine schwere floride Psychose "sicherlich" auszuschließen ist und lediglich eine Entwicklung ins Wahnhafte gegeben ist, lassen sich dem Verfahren Amtsgericht Herford 6 XVII M 473 keine durchgreifenden Bedenken gegen die Fähigkeit zur eigenen Wahrnehmung seiner Rechte im Widerrufsverfahren herleiten.

1.7.3.

Auch der Inhalt der seitens des Antragstellers vorliegend verfassten Schriftsätze lässt nicht hinreichend erkennen, dass der Antragsteller zur Wahrnehmung seiner Rechte nicht in der Lage wäre. Seine Schriftsätze verlieren nicht den Bezug auf den Verfahrensgegenstand; seine Eingaben zeigen auch, dass der Antragsteller den Inhalt der Verfügung des Vorsitzenden sowie des Berichterstatters in vollem Umfang erfasst hat und hierzu gezielt Stellung zu nehmen in der Lage ist. Dass der Standpunkt des Antragstellers inhaltlich keine Billigung finden kann, hat dabei keine Bedeutung.

1.7.4.

Zwar hat der Senat nach dem Inhalt der Erörterungen in der Verhandlung vom 17.08.2007 Zweifel an der Prozessfähigkeit des Antragstellers gehegt. Diese gründeten sich auf die Art und Weise, wie sich der Antragsteller einer Forderung auf Nutzungsentschädigung über 250 Mio. EUR bzw. DM berühmte. Da jedoch das Betreuungsverfahren 6 XVII M 473 Amtsgericht Herford keine weitergehenden Anhaltspunkte für Zweifel an der Prozessfähigkeit des Antragstellers ergeben hat, vermag die rechtlich abwegige Herleitung des Anspruchs allein Zweifel an der Fähigkeit der eigenen Wahrnehmung der Rechte im Widerrufsverfahren nicht zu begründen.

1.7.5.

Der Antragsteller selbst geht ebenso wie die Antragsgegnerin davon aus, dass Bedenken gegen die Prozessfähigkeit nicht bestehen.

1.8.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers besteht kein Hindernis, die von der Antragsgegnerin geführte Personalakte heranzuziehen.

Dass diese unvollständig sei, hat der Antragsteller zunächst nur pauschal behauptet. Sodann hat er - auflagengemäß - seinen Vortrag dahin konkretisiert, dass "die Beschuldigungen von E3, N, Richterin Q vom AG Sullingen in Niedersachsen" fehlten. Diese "Beschuldigungen" sind allerdings von der Antragsgegnerin überhaupt nicht aufgegriffen worden; auch für die Senatsentscheidung sind diese weiteren "Beschuldigungen" nicht von Bedeutung.

Soweit der Antragssteller meint, die Personalvorgänge enthielten nichts zu den "angebotenen Sicherheiten in den verschiedenen Verfahren", triftt dies nicht (vgl. Bl. 333/334 und 337/378 Prozessheft).

1.9.

Ein Verwertungsverbot hinsichtlich jener Umstände, die in seitens der OGVin L gemachten Mitteilungen enthalten sind, besteht entgegen der Auffassung des Antragstellers nach § 22 Abs. 3 Satz 3 EGGVG nicht.

Die entsprechende Rechtsgrundlage für diese Mitteilungen ergibt sich aus der Anordnung über Mitteilungen in Zivilsachen (MiZi), die aufgrund von § 12 EGGVG ergangen ist, sowie aus § 36 a Abs. 3 BRAO. Die MiZi sehen in den Regelungen unter XXIII/2 2 (1) e cc und dd, sowie dort unter (2) sowie unter XXIII/3 (3) sowie unter XXIII/4 (1) a und d sowie (3) diese Mitteilungen ausdrücklich vor. Danach kann es nicht zweifelhaft sein, dass die Mitteilungspraxis der OGVin von den Regelungen der MiZi gedeckt ist.

Selbst wenn dem Antragsteller darin zu folgen wäre, dass es für die MiZi an einer gesetzliche Grundlage fehlt, weil sich § 12 EGGVG allein auf Gerichte und Staatsanwaltschaften und § 36 a Abs. 3 BRAO allein auf Gerichte und Behörden bezieht und Gerichtsvollzieher weder als das eine noch als das andere anzusehen sind, ergäbe sich keine anderes Ergebnis.

Zwar ist ein Verwertungsverbot für den Bereich der §§ 12 EGGVG in § 22 Abs. 3 Satz 3 EGGVG ausdrücklich und ausnahmslos vorgesehen für den Fall, dass die "Übermittlung rechtswidrig" war; die "Verwendung der übermittelten Daten" ist dann unzulässig. Hier allerdings ergibt sich der Stand der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegenüber dem Antragsteller nicht allein aus Mitteilungen der Gerichtsvollzieherin, sondern zugleich auch aus einer Vielzahl von Mitteilungen des Amtsgerichts, die zweifellos verwertbar sind. Zudem hat der Senat zahlreiche Zwangsvollstreckungsakten als Beiakten beigezogen; auch ihr Inhalt konnte ohne jeden Zweifel der Senatsentscheidung zugrunde gelegt werden. Ohnehin haben sich Umstände, die vom Tatsächlichen her streitig sind, nicht ergeben. Die tatsächlichen Vorgänge, die in den Mitteilungen der Gerichtsvollzieherin wiedergegeben werden, sind sämtlich unstreitig; der Antragsteller macht nicht geltend, dass es nicht zu den dort wiedergegebenen Vollstreckungshandlungen gekommen ist.

1.10.

Die angefochtene Verfügung ist somit zu Recht ergangen.

2.

Der Feststellungsantrag, gerichtet auf die Feststellung, dass die Mitteilungen der OGVin L an die Antragsgegnerin rechtswidrig waren, ist unzulässig.

Denn er zielt auf die isolierte Prüfung eines Teils der Voraussetzungen für den Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Dafür besteht jedenfalls kein Rechtsschutzinteresse, weil der Antragsteller den Widerrufsbescheid der Antragsgegnerin mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung angegriffen hat und der Senat bereits in diesem Zusammenhang die Frage der Rechtmäßigkeit der Mitteilungen der zuständigen OGVin zu prüfen hat.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 201 BRAO, die Entscheidung über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin auf § 13 a FGG. Die Entscheidung über den Geschäftswert fußt auf den §§ 202 Abs. 2 BRAO, 30 Abs. 2 KostO und entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats in Fällen dieser Art.






OLG Hamm:
Beschluss v. 21.11.2008
Az: 1 ZU 22/07


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/51f097d9cdf2/OLG-Hamm_Beschluss_vom_21-November-2008_Az_1-ZU-22-07




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