Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Februar 2007
Aktenzeichen: 25 W (pat) 74/05

(BPatG: Beschluss v. 12.02.2007, Az.: 25 W (pat) 74/05)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Bezeichnung Aktiv-Kapselnist am 21. Mai 2003 u. a. für die Waren "Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide; Herbizide" zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Mit zwei Beschlüssen der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Juni 2004 und vom 2. Dezember 2004, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wurde die Anmeldung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG teilweise, nämlich für die oben genannten Waren zurückgewiesen. Ob darüber hinaus die Eintragung für diese Waren auch nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG versagt werden kann, blieb dahingestellt.

Die angemeldete Marke "Aktiv-Kapseln" stelle für die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen Hinweis auf die Darreichungsform und Wirkung der zurückgewiesenen Waren dar. Das Wort "Aktiv" werde vielfach als Hervorhebung bzw. Verstärkungshinweis genutzt. Auch sei die Kombination der Markenbestandteile allgemein verständlich. Die angemeldete Marke "Aktiv-Kapseln" sei sprachüblich und aus leicht verständlichen Begriffen der Umgangssprache gebildet. Der Verkehr werde in ihr nur einen Hinweis auf die beanspruchten Waren in Kapselform erkennen, die besonders wirksam seien. Die angemeldete Marke sei daher nicht geeignet, die Waren hinsichtlich ihrer Herkunft aus einem Unternehmen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Hinsichtlich der von der Anmelderin vorgetragenen Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG seien keine hinreichenden Anhaltspunkte zu erkennen. Die von der Anmelderin vorgelegten Unterlagen reichten für die notwendige Anfangsglaubhaftmachung, die Voraussetzung zur Durchführung eines Verkehrsdurchsetzungsverfahrens sei, nicht aus. Einerseits bezögen sich die dargelegten Umsätze auf ein Produkt, das laut Überschrift der Umsatztabelle mit "Klosterfrau Aktiv-Kapseln" gekennzeichnet sei. Zweitens müsse sich die Glaubhaftmachung auf alle Waren beziehen, für die eine Verkehrsdurchsetzung beantragt werde. Der Tatsachenvortrag bezöge sich aber allein auf ein Knoblauchpräparat und sei auch insoweit unzureichend. Für weitere amtliche Ermittlungen bestünde kein Raum. Letztlich könne auch der Hinweis der Anmelderin auf die eingetragenen Marken "GELENK-AKTIV", "BALANCE AKTIV" und "VITAMIN AKTIV" nicht überzeugen. Dagegen habe die Rechtsprechung vergleichbare Markenanmeldungen ebenfalls als nicht schutzfähig erachtet (Hautaktiv, aktiv FRÜHSTÜCK, Duo-Aktiv Tabs).

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag (sinngemäß), die Beschlüsse der Markenstelle des DPMA vom 7. Juni 2004 und vom 2. Dezember 2004 aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.

Das angemeldete Zeichen sei nicht beschreibend. Auch könne Unterscheidungskraft der angemeldeten Bezeichnung nicht verneint werden, denn es reiche eine noch so geringe Unterscheidungskraft aus. Es weise keinen sofort erfassbaren Begriffsgehalt auf. Das gekennzeichnete Präparat könne nicht selbst aktiv sein, da es sich um eine Sache, einen "toten Gegenstand" handele. Auch eine besondere Wirksamkeit könne mit dem Begriff nicht angesprochen werden, da die dafür erforderliche Bezugnahme auf eine "normale" Wirksamkeit fehle. Ein mit dem Hinweis "Aktiv-Kapseln" versehenes Produkt würde nur dann auf eine gesteigerte Wirksamkeit schließen lassen, wenn bereits mit dem Begriff "Kapsel" ein Hinweis auf die nicht gesteigerte Wirksamkeit des Präparats verbunden wäre. Die sei aber nach der Auffassung des DPMA nicht der Fall, da der Hinweis auf Kapsel als Angabe der Darreichungsform angesehen worden sei. Die bisherige Eintragungspraxis bestätige die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke, da auch dort wie bei der angemeldeten Marke ein sofort erfassbarer Sinngehalt fehle. Auch käme eine Eintragung nach § 8 Abs. 3 MarkenG in Betracht. Die vorgetragenen Umsatzzahlen in Höhe von durchschnittlich 2 900 000 Euro pro Jahr, wie auch die Tatsache, dass es sich bei diesem Produkt um einen Konsumartikel handele, der in großen Mengen verbraucht werde, seien von der Markenstelle nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die Überschrift der vorgelegten Umsatzliste lasse entgegn der Ansicht der Markenstelle darüber hinaus keinen Rückschluss auf die Kennzeichnung des Produkts und insbesondere darauf zu, welche Bekanntheit die angemeldete Marke im Verkehr habe. Denn bei den überreichten Verpackungen sei das Produkt nicht mit dem Begriff "Klosterfrau Aktiv-Kapseln", sondern mit der angemeldeten Marke "Aktiv-Kapseln" gekennzeichnet, die in Schriftgröße und Farbgebung optisch von dem Begriff "Klosterfrau" deutlich abgesetzt sei.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, da der Eintragung des angemeldeten Zeichens für die streitgegenständlichen Waren zumindest das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegensteht.

Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. zur st. Rspr. BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor). Es muss also eine Kennzeichnungskraft mit der Eignung zur Ausübung der Herkunftsfunktion verbunden sein, auch wenn eine Marke zusätzlich noch weitere Funktionen haben kann (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. § 8 Rdn. 39).

Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten streitgegenständlichen Waren und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren abzustellen ist.

Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Postkantoor). Jedoch hat der EuGH auch darauf hingewiesen, dass eine unmittelbar beschreibende Bedeutung nicht Voraussetzung für die Annahme fehlender Unterscheidungskraft ist. Vielmehr kann die Unterscheidungskraft auch aus anderen Gründen fehlen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor; GRUR 2004, 680 - Biomild).

Dabei reicht zur Versagung der Eintragung bereits aus, wenn das Zeichen nur für einen Teil der Waren nicht schutzfähig ist, der unter die jeweiligen Oberbegriffe fällt (vgl. BGH WRP 2002, 91 - AC).

Der Verkehr sieht in der Bezeichnung "Aktiv-Kapseln" hinsichtlich der Waren "pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide; Herbizide" eine bloße Sachbezeichnung. Der Zeichenbestandteil "Kapseln" weist darauf hin, dass diese Waren in Form von Kapseln angeboten werden oder Kapseln enthalten können. Das Adjektiv "aktiv" bedeutet u. a. "in besonderer Weise wirksam" (Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006 [CD-ROM]). In der Gesamtheit ist die zumindest in der Werbesprache üblich gebildete, angemeldete Bezeichnung ein beschreibender Hinweis darauf, dass die Waren aus Kapseln bestehen, die eine besondere Wirksamkeit aufweisen. So hat bereits die Erstprüferin ihrem Beschluss eine Internetrecherche beigefügt, in der Verwendungsbeispiele unterschiedlicher Anbieter mit dem Hinweis auf "Aktiv Kapseln" oder entsprechend gebildeter Wortkombinationen wie z. B. "Aktivcreme", "Aktivpuder" oder "Aktivfluid" aufgeführt sind. Da das Adjektiv "aktiv" in der deutschen Sprache auch im Sinne von "in besonderer Weise wirksam" verwendet wird, ist die Verbindung mit einem Substantiv wie "Kapseln" entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ebenso sprachüblich wie wenn es mit einem Adjektiv kombiniert wäre. Kapseln können wirksame Substanzen enthalten und daher auch in besonderer Weise wirksam sein. Um vom Verkehr lediglich als Sachangabe aufgefasst zu werden, ist es entgegen der Beschwerdeführerin nicht erforderlich, dass diese Sachangabe auch den Vergleichsmaßstab angibt, inwiefern die Waren eine besondere Wirksamkeit haben.

Da der Verkehr die angemeldete Bezeichnung in Verbindung mit den streitgegenständlichen Waren somit nur als beschreibenden Hinweis darauf versteht, dass diese Waren in Kapselform angeboten werden und diese Kapseln besonders wirksam sind, fehlt ihr jegliche Unterscheidungskraft.

Voreintragungen wie "GELENK-AKTIV", "BALANCE AKTIV" und "VITAMIN AKTIV", auf die die Anmelderin hingewiesen hat, sind schon wegen ihres unterschiedlichen Begriffsgehalts mit der angemeldeten Marke nicht vergleichbar. Darüber hinaus geben selbst Voreintragungen identischer Zeichen keinen Rechtsanspruch auf Eintragung einer neu angemeldeten Marke, da es sich bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit nicht um eine Ermessensentscheidung handelt (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rdn. 25).

Ob darüber hinaus auch ein Schutzhindernis im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 Markengesetz besteht, weil es sich dabei für die streitgegenständlichen Waren um eine Beschaffenheitsangabe handelt, zu denen nicht nur Angaben über die Zusammensetzung der Waren, sondern auch Angaben über die Wirkungsweise und die sonstigen wesensbestimmenden Eigenschaften einer Ware gehören (Stöbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. § 8 Rdn. 210), kann dahingestellt bleiben, da die Eintragung hinsichtlich der streitgegenständlichen Waren bereits wegen fehlender Unterscheidungskraft zu versagen ist.

Es gibt auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die angemeldete Marke im Sinne von § 8 Abs. 3 MarkenG verkehrsdurchgesetzt sein könnte. Die Markenstelle hat in ihrem Beschluss bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass keine Unterlagen vorliegen, die eine Benutzung der angemeldeten Bezeichnung belegen, welche die angemeldeten Oberbegriffe abdeckt. Außerdem hat sie auch zu Recht ausgeführt, dass eine von der Anmeldung abweichende Verwendung der angemeldeten Bezeichnung eine Eintragung wegen Verkehrsdurchsetzung nicht rechtfertigt. Im Beschwerdeverfahren hat die Anmelderin auch keine weiteren Unterlagen eingereicht. Eine Verkehrsdurchsetzung für die angemeldeten Oberbegriffe kann schon deshalb nicht angenommen werden, weil die angemeldete Bezeichnung nach den eingereichten Unterlagen nur im Zusammenhang mit Knoblauchpillen verwendet wurde, und daher die angemeldeten Oberbegriffe nicht abdecken. Abgesehen davon, dass die Anmelderin ihr Warenverzeichnis nicht entsprechend eingeschränkt hat, sind selbst für Knoblauchpillen die von der Anmelderin eingereichten Unterlagen nicht ausreichend, um eine Verkehrsdurchsetzung anzunehmen oder auch nur insoweit in Betracht zu ziehen, dass die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung zur Prüfung der Verkehrsdurchsetzung gerechtfertigt wäre.

Selbst wenn man zugunsten der Anmelderin unterstellt, dass das Präparat der Anmelderin, für das Benutzungsunterlagen eingereicht wurden, bekannt ist, so folgt daraus noch nicht, dass die beschreibende Bezeichnung "Aktiv-Kapseln" als Marke und nicht als beschreibende Angabe aufgefasst wird. Ein Begriff, der ein Produkt der Gattung nach glatt beschreibt, ist nur dann als Marke im Verkehr durchgesetzt i. S. von § 8 Abs. 3 MarkenG, wenn ein weit überwiegender Teil der angesprochenen Verkehrskreises darin einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft des Produkts erblickt (BGH GRUR 2006, 760 - Lotto). Bloße Bekanntheit der Bezeichnung bedeutet noch nicht, dass diese als Marke und nicht als Sachangabe verstanden wird. Die Umsätze, die mit dem Präparat erzielt wurden, mögen zwar ein Indiz dafür sein, dass dieses Präparat bekannt ist, jedoch kann daraus nicht geschlossen werden, dass diejenigen Verkehrskreise, die den Begriff "Aktiv-Kapseln" kennen, ihn als Marke und nicht lediglich als Sachangabe ansehen.

Selbst wenn man der Argumentation der Beschwerdeführerin folgen würde, dass die graphische Gestaltung den Wortbestandteil "Aktiv-Kapseln" auf der Verpackung hervorhebt, so spricht dies nicht dafür, dass der Verkehr deshalb darin eine Marke und nicht weiter nur eine beschreibende Angabe sieht. Zudem begehrt die Beschwerdeführerin die Eintragung des reinen Wortzeichens "Aktiv-Kapseln" ohne besondere Graphik. Es fehlen daher jegliche Unterlagen, die die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung der angemeldeten Bezeichnung stützen könnten. Selbst soweit in den eingereichten Unterlagen eine graphische Gestaltung des angemeldeten Wortes fehlt, steht es i. d. R. zusammen mit dem Wort "Klosterfrau", so dass der Verkehr um so weniger Anlass hat in der beschreibenden Angabe "Aktiv-Kapseln" eine Marke zu sehen, unabhängig davon, ob die Bezeichnungen "Klosterfrau" und "Aktiv-Kapseln" sich in Schriftgröße und Farbgebung unterscheiden.

Die Beschwerde war deshalb zurückzuweisen.






BPatG:
Beschluss v. 12.02.2007
Az: 25 W (pat) 74/05


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