Landgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 15. November 2011
Aktenzeichen: 3-05 O 45/11, 3-5 O 45/11, 3-05 O 45/11, 3-5 O 45/11

(LG Frankfurt am Main: Urteil v. 15.11.2011, Az.: 3-05 O 45/11, 3-5 O 45/11, 3-05 O 45/11, 3-5 O 45/11)

Das SchVG 2009 ist - auch hinsichtlich der Verfahrensvorschriften - nur anwendbar, wenn in den Anleihebedingungen eine Rechtswahl insgesamt für deutsches Recht getroffen wurde.

Tenor

Es wird festgestellt, dass die in der Versammlung der Gläubiger der von der Beklagten begebenen garantierten, nachrangigen, zunächst fest- und danach variabel verzinslichen Schuldverschreibungen ohne Endfälligkeit im Gesamtnennwert von EUR 275.000.000 (ISIN: XS0297230368 / WKN A0NTX1 /Common Code: 029723036) am 20.06.2011 in München gefassten Beschlüsse,

zu TOP 4 (Beschlussfassung über die Anwendung des SchVG),

a) Beschluss hinsichtlich der Schuldverschreibungen,

b) Beschluss hinsichtlich der Nachrangigen Garantie,

c) Beschluss hinsichtlich der Nachrangigen Verpflichtungserklärung;

zu TOP 5 (Beschlussfassung über Umtausch der Schuldverschreibungen in das Erwerbsrecht),

a) Umtausch der Schuldverschreibungen gegen das Recht zum Erwerb von Aktien der P AG

b) Ausübung des Erwerbsrechts

c) Übertragung der Schuldverschreibungen; Erfüllung des Erwerbsrechts

d) Erfüllungstag für das Erwerbsrecht

e) Steuern und Abgaben

f) Aufschiebende Vollziehung;

zu TOP 6 über die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters;

zu TOP 7 über keine weiteren Rechtsfolgen nach den Emissionsbedingungen

nichtig sind.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat die gerichtlichen Kosten der Klagen der Kläger zu 1) € 13) und 17) € 21) sowie die außergerichtlichen Kosten dieser Kläger zu tragen.

Von den Gerichtskosten der Klage der Kläger zu 14) € 16) und den außergerichtlichen Kosten dieser Kläger hat die Beklagte 4/5 und die Kläger zu 14) € 16) jeweils 1/15 selbst zu tragen.

Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten hat diese 19/22 selbst und die Kläger zu 14) € 16) jeweils 1/22 zu tragen.

Das Urteil ist für die Kläger (wegen der Kosten) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrags jeweils vorläufig vollstreckbar, für die Beklagte ohne Sicherheitsleistung. Den Klägern zu 14) € 16) wird gestattet, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sein, dass die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beklagte ist eine 1992 nach niederländischem Recht gegründete Gesellschaft, die einer deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung entspricht und ist eine 100 %ige Tochter der P AG. Die P-Gruppe, deren Obergesellschaft die börsennotierte P AG mit Sitz in Neumarkt in der Oberpfalz ist, ist auf die Produktion und Vermarktung von Holzwerkstoffen spezialisiert. Ihr Produktspektrum umfasst Spanplatten, Mittel- und Hochdichte Faserplatten (MDF/HDF) inklusive Oberflächenveredelung sowie Laminatfußböden. Wichtige Abnehmer der Produkte sind vor allem die Möbelindustrie und der Holzhandel. Im Geschäftsjahr 2010 erzielte die P-Gruppe ausweislich ihres vorläufigen und ungeprüften Konzernabschlusses (Stand 9. Juni 2011) einen Konzernumsatz von EUR 1.491,1 Mio. und erwirtschaftete einen Verlust von EUR 727,8 Mio. Zum Abschluss des Geschäftsjahres 2010 beschäftigte die P-Gruppe 5.592 Mitarbeiter. In der Satzung der P AG ist derzeit ein Grundkapital von EUR 150.166.272 ausgewiesen. Sie hat mit O, einem Fonds für privates Beteiligungskapital (Private Equity Fund), einen wesentlichen Aktionär, der derzeit nach Kenntnis des Vorstands der P AG etwa 23 % der P-Aktien hält. Im Übrigen hat die P AG keine wesentlich beteiligten Aktionäre.

Die Beklagte betreibt kein eigenes operatives Geschäft und hat, abgesehen von einem Mitarbeiter für die Erledigung der Buchhaltung, keine Arbeitnehmer. In der P-Gruppe dient sie als Finanzierungsvehikel. Die Anteile an der Beklagten sind ihrerseits an die Banken im Rahmen der Kreditfinanzierungen verpfändet. Außerdem hat die Beklagte ihre wesentlichen Vermögenswerte in Form von Darlehensforderungen gegen andere Gesellschaften der P-Gruppe zur Besicherung bestimmter Konzernfinanzverbindlichkeiten belastet.

Die Beklagte begab im April 2007 eine Schuldverschreibung über insgesamt EUR 275.000.000 (ISIN: XS0297230368 / WKN A0NTX1), die der der Finanzierung der P-Gruppe diente. Die Schuldverschreibungen wurden in einer Stückelung von jeweils EUR 50.000 ausgegeben; sie werden an der Börse in Luxemburg sowie an verschiedenen deutschen Börsen gehandelt. Hierbei handelt sich um eine Hybridanleihe in der Form von Inhaberschuldverschreibungen, die nach IFRS-Bilanzierungsgrundsätzen in der Konzernbilanz als Eigenkapital ausgewiesen werden. Die Anleihe wird mit einem zunächst festen Zinssatz (7,125% bis 14. August 2014) und einem anschließenden variablen Zinssatz (4,23% über Drei-Monats-Euribor) verzinst. Nach den Emissionsbedingungen steht die tatsächliche Zahlung des Zinses im Ermessen der Beklagten, sofern nicht bestimmte Pflichtzahlungsereignisse u. a. Dividendenausschüttung der P AG an ihre Aktionäre eingetreten sind. Die Schuldverschreibungen sehen keine Fälligkeit vor, sondern können von der Beklagten ab August 2014 gekündigt werden. Die Ansprüche der Anleihegläubiger sind nicht besichert. Darüber hinaus sind die Schuldverschreibungen nachrangig ausgestaltet.

In § 14 der Emissionsbedingungen ist angegeben, dass sich Form und Inhalt der Wertpapiere nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland bestimmten, jedoch wird hiervon ausdrücklich die Regelung des § 2a der Emissionsbedingungen ausgenommen, die dem Recht der Niederlande unterliegt.

Dieser § 2 lit a. hat folgenden Wortlaut:

Status der Wertpapiere; Aufrechungsverbot

Die Wertpapiere begründen direkte, (mit Ausnahme der Nachrangigen Garantie) nicht besicherte, nachrangige Verbindlichkeiten der Emittentin, die (i) vorrangig gegenüber dem Stammkapital der Emittentin sind, (ii) untereinander im Rang gleich stehen und (iii) allen anderen bestehenden und zukünftigen nicht nachrangigen und nachrangigen Verbindlichkeiten der Emittentin (mit Ausnahme von Verbindlichkeiten der Emittentin, die als mit ihren Verbindlichkeiten aus den Wertpapieren gleichrangig vereinbart sind) im Rang nachgehen, soweit zwingende gesetzliche Bestimmungen jeweils nichts anderes vorschreiben. Im Fall der Liquidation, der Auflösung oder der Insolvenz der Emittentin oder eines Vergleichs oder eines anderen der Abwendung der Insolvenz der Emittentin dienenden Verfahrens erfolgen Zahlungen auf die Wertpapiere solange nicht, wie die Ansprüche aller nicht nachrangigen und nachrangigen Gläubiger der Emittentin (mit Ausnahme von Ansprüchen gegen die Emittentin, die als mit ihren Verbindlichkeiten aus den Wertpapieren gleichrangig vereinbart sind) nicht zuvor vollständig erfüllt sind.

Für die Rechte der Wertpapiergläubiger aus den Wertpapieren ist diesen keine Sicherheit durch die Emittentin oder (mit Ausnahme der Nachrangigen Garantie) durch Dritte gestellt; eine solche Sicherheit (mit Ausnahme der Nachrangigen Garantie) wird auch zu keinem Zeitpunkt gestellt werden.

Die Wertpapiergläubiger sind nicht berechtigt, Forderungen aus den Wertpapieren gegen etwaige Forderungen, welche die Emittentin gegen sie hat, aufzurechnen, und die Emittentin ist nicht berechtigt, etwaige Forderungen, welche sie gegen einen Wertpapiergläubiger hat, gegen Forderungen dieses Wertpapiergläubigers aus den Wertpapieren aufzurechnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte Ablichtung der Emissionsbedingungen (Anlage ) Bezug genommen.

Die Verpflichtungen der Beklagten aus den Schuldverschreibungen werden durch die P AG garantiert, die insoweit den Anleihegläubigern gegenüber als "Garantin" auftritt. Allerdings ist auch die Garantie der P AG nachrangig, d.h. die P AG muss ihre Garantieverpflichtung zwar vor den Verpflichtungen ihren Aktionären gegenüber aus den Aktien erfüllen, aber nachrangig gegenüber allen anderen Verpflichtungen mit Ausnahme von etwaigen Verbindlichkeiten, die gleichrangig mit der nachrangigen Garantie sind. Insbesondere sind Ansprüche aus der Garantie auch im Verhältnis zu allen anderen Kreditverpflichtungen den (besicherten) Banken gegenüber nachrangig.

Die Beklagte (im Folgenden auch €Emittentin") hat mit am 01.06.2011 im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichten Einladung die Inhaber der von ihr am 27.04.2007 emittierten garantierten, nachrangigen, zunächst fest- und danach variabel verzinslichen Anleihe ohne Endfälligkeit im Gesamtnennbetrag von EUR 275.000.000 (EUR 275.000.000 Undated Subordinated Fixed to Floating Rate Securities; im Folgenden "Anleihe", €Hybridanleihe" oder "Schuldverschreibungen") (ISIN: XS0297230368 / WKN A0NTX1 /Common Code: 029723036) zu einer Gläubigerversammlung am 20.06.2011 nach München eingeladen.

Auf dieser Gläubigerversammlung wurden entsprechend den Beschussvorschlägen der Beklagten zu den Tagesordnungspunkten 4 € 7 folgende Beschlüsse gefasst:

TOP 4

Vor "§ 14 (Schlussbestimmungen)" der Emissionsbedingungen wird folgender neuer § 14 eingefügt:

"§ 14

Änderung der Emissionsbedingungen, der Nachrangigen Garantie und der Nachrangigen Verpflichtungserklärung durch Beschluss der Wertpapiergläubiger; Gemeinsamer Vertreter

(a) Die Emissionsbedingungen können mit Zustimmung der Emittentin durch Mehrheitsbeschluss nach Maßgabe der §§ 5 ff. des Gesetzes über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen ("SchVG" oder "Schuldverschreibungsgesetz") in seiner jeweiligen gültigen Fassung geändert werden. Die Wertpapiergläubiger können zur Wahrnehmung ihrer Rechte einen gemeinsamen Vertreter für alle Wertpapiergläubiger bestellen und alle anderen nach dem Schuldverschreibungsgesetz in seiner jeweiligen gültigen Fassung zugelassenen Beschlussgegenstände beschließen. Ein ordnungsgemäß gefasster Mehrheitsbeschluss ist für alle Wertpapiergläubiger verbindlich.

(b) Die Wertpapiergläubiger beschließen grundsätzlich mit der einfachen Mehrheit der an der Abstimmung teilnehmenden Stimmrechte. Beschlüsse, durch welche der wesentliche Inhalt der Anleihebedingungen, insbesondere in den Fällen des § 5 Absatz (3) Nummer 1 bis 9 SchVG, geändert wird, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit einer Mehrheit von mindestens 75% der an der Abstimmung teilnehmenden Stimmrechte (eine "qualifizierte Mehrheit").

(c) Beschlüsse der Wertpapiergläubiger werden im Rahmen einer Gläubigerversammlung nach §§ 9 ff. SchVG getroffen. Die weiteren Einzelheiten der Beschlussfassung und der Abstimmung werden in der Einberufung der Gläubigerversammlung geregelt. Mit der Einberufung der Gläubigerversammlung werden in der Tagesordnung die Beschlussgegenstände sowie die Vorschläge zur Beschlussfassung den Wertpapiergläubigern bekannt gegeben. Die Emittentin kann für die Teilnahme an der Gläubigerversammlung oder die Ausübung der Stimmrechte eine Anmeldung der Wertpapiergläubiger vor der Versammlung vorsehen.

(d) Wertpapiergläubiger haben die Berechtigung zur Teilnahme an der Abstimmung zum Zeitpunkt der Stimmabgabe durch besonderen Nachweis der Depotbank gemäß § 15(d) nachzuweisen. Die Emittentin kann in der Einberufung zudem die Vorlage eines Sperrvermerks der Depotbank zugunsten einer Hinterlegungsstelle für den Abstimmungszeitraum verlangen.

(e) Diesen § 14 betreffende Bekanntmachungen erfolgen gemäß den §§ 5ff. SchVG sowie nach § 11."

bb) Der Paragraph "§ 14 Schlussbestimmungen" der Emissionsbedingungen wird in "§ 15 Schlussbestimmungen" geändert und Verweise in den Emissionsbedingungen auf § 14 werden entsprechend in Verweise auf § 15 abgeändert.

Zudem werden in § 15(a), neue Fassung, die folgenden neuen Sätze 2 und 3 aufgenommen:

"Für Entscheidungen gemäß §§ 9 Absatz 2, 13 Absatz 3 und 18 Absatz 2 SchVG ist gemäß § 9 Absatz 3 SchVG das Amtsgericht Frankfurt am Main zuständig.

Für Entscheidungen über die Anfechtung von Beschlüssen der Wertpapiergläubiger ist gemäß § 20 Absatz 3 SchVG das Landgericht Frankfurt am Main ausschließlich zuständig."

cc) Der Paragraph "§ 15 Sprache" der Emissionsbedingungen wird in "§ 16 Sprache" geändert und Verweise in den Emissionsbedingungen auf § 15 werden entsprechend in Verweise auf § 16 abgeändert.

b. Beschluss hinsichtlich der Nachrangigen Garantie

Die §§ 5 bis 21 des Gesetzes über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen vom 31. Juli 2009 finden entsprechende Anwendung auf die am 25. April 2007 zwischen der Garantin und der Deutschen Bank Aktiengesellschaft, Frankfurt am Main in ihrer Funktion als Hauptzahlstelle zugunsten der Wertpapiergläubiger geschlossene nachrangige Garantie (die "Nachrangige Garantie").

aa) Zu diesem Zweck wird in § 15 (Schlussbestimmungen), neue Fassung, der Emissionsbedingungen folgender neuer Absatz (e) eingefügt:

"(e) Änderung der Nachrangigen Garantie

§ 14 dieser Emissionsbedingungen gilt entsprechend für eine Zustimmung der Wertpapiergläubiger zu einer Änderung der Nachrangigen Garantie der P AG."

bb) Im übrigen stimmen die Wertpapiergläubiger der Einfügung folgender neuer Ziffer 1.8 in die Nachrangige Garantie zu:

"1.8 Änderungen der Emissionsbedingungen gemäß § 14 der Emissionsbedingungen, denen die Garantin ausdrücklich zugestimmt hat, lassen die Verpflichtungen der Garantin unter dieser Nachrangigen Garantie unberührt. Änderungen dieser Nachrangigen Garantie durch Mehrheitsbeschluss der Wertpapiergläubiger sind nach Maßgabe von § 15 (e) der Emissionsbedingungen zulässig."

c. Beschluss hinsichtlich der Nachrangigen Verpflichtungserklärung

Die §§ 5 bis 21 des Gesetzes über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen vom 31. Juli 2009 finden entsprechende Anwendung auf die am 25. April 2007 zwischen der Garantin und der Deutschen Bank Aktiengesellschaft, Frankfurt am Main in ihrer Funktion als Hauptzahlstelle zugunsten der Wertpapiergläubiger geschlossene nachrangige Verpflichtungserklärung (die "Nachrangige Verpflichtungserklärung").

aa) Zu diesem Zweck wird in § 15 (Schlussbestimmungen), neue Fassung, der Emissionsbedingungen folgender neuer Absatz (f) eingefügt:

"(f) Änderung der Nachrangigen Verpflichtungserklärung

§ 14 dieser Emissionsbedingungen gilt entsprechend für eine Zustimmung der Wertpapiergläubiger zu einer Änderung der Nachrangigen Verpflichtungserklärung der P AG."

bb) Im übrigen stimmen die Wertpapiergläubiger der Einfügung folgender neuer Ziffer 4.3 in die Nachrangige Verpflichtungserklärung zu:

"4.3 Änderungen der Emissionsbedingungen gemäß § 14 der Emissionsbedingungen, denen die Gesellschaft ausdrücklich zugestimmt hat, lassen die Verpflichtungen der Gesellschaft unter dieser Nachrangigen Verpflichtungserklärung unberührt. Änderungen dieser Nachrangigen Verpflichtungserklärung durch Mehrheitsbeschluss der Wertpapiergläubiger sind nach Maßgabe von § 15 (e) der Emissionsbedingungen zulässig."

Die Beschlüsse über die Anwendbarkeit des SchVG und die Änderungen der Emissionsbedingungen wie in Ziffer 4 a, b und c beschrieben, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit einer Mehrheit von mindestens 75% der an der Abstimmung teilnehmenden Stimmrechte.

TOP 5

a. Umtausch der Schuldverschreibungen gegen das Recht zum Erwerb von Aktien der P AG

Die Wertpapiergläubiger beschließen, sämtliche Schuldverschreibungen der Anleihe nebst sämtlichen damit verbunden Ansprüchen und Rechten gegen das Erwerbsrecht, d.h. das Recht zum Erwerb ohne Gegenleistung von auf den Namen lautenden Stammaktien (Stückaktien) der P AG mit einem zum Erfüllungstag (wie unten definiert) auf eine Aktie entfallenden anteiligen Betrag des Grundkapitals der P AG von EUR 1,00 (die "Aktien") zu einem noch festzusetzenden Umtauschverhältnis (das "Umtauschverhältnis") gemäß den in den nachfolgenden Abschnitten beschriebenen Bedingungen auf die Abwicklungsstelle zu übertragen (der "Umtausch"). Das Erwerbsrecht stellt einen Anspruch gegenüber der Abwicklungsstelle auf Lieferung der dem Erwerbsrecht unterliegenden Aktien dar. Das Umtauschverhältnis soll von der Emittentin dergestalt festgesetzt werden, dass die Wertpapiergläubiger insgesamt rund 4% des Aktienkapitals der P AG an deren neu festgesetzten Grundkapital, wie es nach Umsetzung der geplanten Kapitalsanierungsmaßnahmen (d.h. Kapitalherabsetzung und anschließende Barkapitalerhöhung auf bis zu EUR 52.000.000) tatsächlich erhöht sein wird, erhalten, abgerundet auf die nächste volle durch 5.500 teilbare Anzahl von Aktien, um die bruchteilsfreie Zuordnung der Aktien zu den 5.500 Schuldverschreibungen im Nennbetrag von je EUR 50.000 der Anleihe zu ermöglichen.

Die Aktien werden zum Handel im Regulierten Markt (Prime Standard) an der Frankfurter Wertpapierbörse zugelassen und erstmalig für das Geschäftsjahr 2012 gewinnberechtigt sein.

Die Verpflichtungen der Wertpapiergläubiger gegenüber der Emittentin zum Umtausch der Schuldverschreibungen in das Erwerbsrecht werden durch Übertragung der Schuldverschreibungen frei von Rechten Dritter und zu deren freier Verfügung an die Abwicklungsstelle erfüllt. Verpflichtungen der Wertpapiergläubiger werden im übrigen durch diesen Beschluss nicht begründet.

Die Abwicklungsstelle wird die Schuldverschreibungen an die P AG weiter übertragen. Sämtliche Ansprüche gegen die Emittentin aufgrund der Schuldverschreibungen bleiben nach dem Umtausch bestehen.

b. Ausübung des Erwerbsrechts

Die Wertpapiergläubiger können das Erwerbsrecht während der Erwerbsfrist ausüben.

Die Ausübung des Erwerbsrechts ist erst möglich, wenn für die dem Erwerbsrecht unterliegenden Aktien der P AG ein von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gebilligter Prospekt veröffentlicht wurde. Beginn und Ende der Erwerbsfrist sowie die weiteren Modalitäten der Ausübung des Erwerbsrechts wird die Emittentin gemäß § 11 der Emissionsbedingungen bekannt machen, sobald sämtliche Bedingungen für die Ausübung des Erwerbsrechts, d.h. die erforderlichen Kapitalmaßnahmen der P AG sind von deren Aktionären beschlossen und deren Durchführung ist im Handelsregister eingetragen worden und für die Aktien ist ein von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gebilligter Wertpapierprospekt veröffentlicht worden, eingetreten sind. Jeder Wertpapiergläubiger darf sein Erwerbsrecht nur unter der Voraussetzung ausüben, dass die Ausübung nach den auf ihn anwendbaren Rechtsvorschriften zulässig ist.

Soweit Wertpapiergläubiger ihr anteiliges Erwerbsrecht nicht ausüben, wird die Abwicklungsstelle die diesen Wertpapiergläubigern zum Erwerb zustehenden Aktien durch Verkauf verwerten. Die Verwertung erfolgt in der Weise, dass die Abwicklungsstelle, beginnend mit dem zweiten Bankgeschäftstag nach Ablauf der Erwerbsfrist, die Aktien börslich oder außerbörslich nach einem mit dem gemeinsamen Vertreter und der Emittentin abgestimmten Verfahren (welches eine Veräußerungsfrist von maximal zehn aufeinanderfolgenden Bankgeschäftstagen in Frankfurt am Main (jeweils ein "Bankgeschäftstag") vorsehen wird), veräußert. Eine marktschonende Verwertung kann nicht gewährleistet werden, insbesondere im Falle einer fehlenden Marktliquidität der Aktien der Gesellschaft. Die Summe der so erzielten Verwertungserlöse nach Abzug der Verwertungskosten (der "Barausgleich") steht den betreffenden Wertpapiergläubigern, die ihr anteiliges Erwerbsrecht nicht ausgeübt haben, anteilig zu und wird über deren jeweiliges Depotkonto am Erfüllungstag entsprechend ausgezahlt.

c. Übertragung der Schuldverschreibungen; Erfüllung des Erwerbsrechts

Die Wertpapiergläubiger bevollmächtigen die Abwicklungsstelle, selbst oder durch einen von ihr beauftragten Dienstleister, alle Maßnahmen zu treffen und Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen, die zur Abwicklung des Umtauschs der Schuldverschreibungen in das Erwerbsrecht und zur Erfüllung des Erwerbsrechts (einschließlich der ggf. erforderlichen Zahlung des Barausgleichs) erforderlich oder zweckmäßig sind, ohne allerdings die in den Beschlüssen festgelegten wirtschaftlichen Vereinbarungen zum Nachteil der Wertpapiergläubiger zu ändern. Dies schließt insbesondere Weisungen an die Clearingsysteme im Zusammenhang mit der Abwicklung des Umtauschs der Schuldverschreibungen in das Erwerbsrecht und der Erfüllung des Erwerbsrechts (einschließlich der ggf. erforderlichen Zahlung des Barausgleichs) ein.

Die Abwicklungsstelle wird die Erfüllung des Erwerbsrechts und die Abbuchung der Schuldverschreibungen erst vollziehen, wenn das Erwerbsrecht wirksam vertraglich begründet wurde, und sämtliche Voraussetzungen für die Erfüllung des Erwerbsrechts, insbesondere für die Lieferung der Aktien für ausgeübte Erwerbsrechte, vorliegen.

Die Emittentin wird die Abwicklungsstelle anweisen, den Clearingsystemen alle erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen, um es den an die Clearingsysteme angeschlossenen Depotbanken zu ermöglichen, ihren Depotkunden die Ausübung ihres anteiligen Erwerbsrechts zu ermöglichen sowie die Aktien der P AG nach Maßgabe des Umtauschverhältnisses gutzuschreiben bzw. den Barausgleich zu überweisen.

Für die Zwecke der Erfüllung des Erwerbsrechts ist die Abwicklungsstelle berechtigt, denjenigen als zum Empfang der Aktien bzw. des anteiligen Barausgleichs Berechtigten zu behandeln, auf dessen Wertpapierdepot sich am Erfüllungstag (wie in nachfolgendem Abschnitt d. definiert) die in das anteilige Erwerbsrecht umgetauschten Schuldverschreibungen befinden.

d. Erfüllungstag für das Erwerbsrecht

Die Abbuchung der gegen das Erwerbsrecht umgetauschten Schuldverschreibungen sowie die Lieferung von Aktien für ausgeübte anteilige Erwerbsrechte bzw. die Zahlung des Barausgleichs für nicht ausgeübte anteilige Erwerbsrechte erfolgt spätestens am 20. Bankgeschäftstag, nachdem sämtliche der nachfolgenden Bedingungen erfüllt sind (der "Erfüllungstag"), vorausgesetzt die Bedingungen sind spätestens bis zum 30. Juni 2012 erfüllt:

(i) die für den Umtausch erforderlichen Beschlüsse der Wertpapiergläubiger sind nicht nach § 20 (3) Satz 1 € 3 SchVG angefochten worden, oder erhobene Anfechtungsklagen sind durch Vergleich, Klagerücknahme oder Erledigung der Hauptsache beendet worden, oder diese Beschlüsse sind aufgrund eines rechtskräftigen gerichtlichen Beschlusses nach § 246a AktG i.V.m. § 20 (3) Satz 4 und 5 SchVG vollziehbar;

(ii) die vorbezeichneten Beschlüsse wurden gemäß § 21 (1) SchVG vollzogen;

(iii) die P AG hat gegenüber der Emittentin und der Abwicklungsstelle angezeigt, dass der "Restructuring Effective Date" nach den Bestimmungen des zwischen der Gesellschaft und ihren Gläubigern abgeschlossenen Restrukturierungsrahmenvertrages vom 12. Mai 2011 (der "Restrukturierungsrahmenvertrag") eingetreten ist; und;

(iv) die Veräußerung der Aktien, für die anteilige Erwerbsrechte nicht ausgeübt wurden, ist abgeschlossen.

Die Emittentin wird den Erfüllungstag und das anwendbare Umtauschverhältnis mit einer Frist von mindestens fünf (5) Bankgeschäftstagen vor dem Erfüllungstag gemäß § 11 der Emissionsbedingungen bekanntmachen.

e. Steuern und Abgaben

Jeder Wertpapiergläubiger ist verpflichtet, sämtliche Steuern oder sonstigen Abgaben, die ihn betreffen, zu zahlen bzw. zu erstatten, die im Zusammenhang mit dem Umtausch der Schuldverschreibungen in das Erwerbsrecht, der Lieferung der Aktien und der Zahlung des etwaigen Barausgleichs anfallen. Eine Lieferung von Aktien bzw. eine Zahlung des Barausgleichs an den jeweiligen Wertpapiergläubiger erfolgt nur dann, wenn der betreffende Wertpapiergläubiger seine Verpflichtung gemäß diesem Absatz erfüllt.

f. Aufschiebende Vollziehung

Die vorstehenden Beschlüsse (Ziffer 5 a.-e.) sollen erst gemäß § 21 SchVG vollzogen werden, wenn die P AG gegenüber der Emittentin und der Abwicklungsstelle angezeigt hat, dass sämtliche nach dem Restrukturierungsrahmenvertrag erforderlichen Bedingungen (soweit sich diese Bedingungen nicht auf die in dieser Gläubigerversammlung gefassten Beschlüsse beziehen) für das Wirksamwerden der Verpflichtung bestimmter Parteien, an der Barkapitalerhöhung auf bis zu EUR 52.000.000 der P AG im Zusammenhang mit den geplanten Kapitalsanierungsmaßnahmen (d.h. Kapitalherabsetzung und anschließende Barkapitalerhöhung auf bis zu EUR 52.000.000) teilzunehmen, eingetreten sind.

Top 6

Herrn Rechtsanwalt Burkhard N. (geschäftsansässig T.straße ..., ... D. )wird zum gemeinsamen Vertreter aller Wertpapiergläubiger zu bestellt. Der Umfang seiner Aufgaben und Befugnisse richtet sich nach den Bestimmungen des SchVG. Der gemeinsame Vertreter wird ermächtigt, die Wertpapiergläubiger bei sämtlichen Maßnahmen, Erklärungen und Beschlüssen zu vertreten, die zur Umsetzung und zum Vollzug der Beschlüsse über den Umtausch der Schuldverschreibungen in das Erwerbsrecht und der Erfüllung des Erwerbsrechts nach Maßgabe der Ziffer 5 zweckdienlich oder erforderlich sind, ohne allerdings die in den Beschlüssen festgelegten wirtschaftlichen Vereinbarungen zum Nachteil der Wertpapiergläubiger zu ändern.

Top 7

Die Wertpapiergläubiger stimmen mit der Emittentin darin überein, dass die Maßnahmen nach den Beschlüssen zu Ziffern 4, 5 und 6 kein Pflichtnachzahlungsereignis im Sinne des §4(c)(i) der Emissionsbedingungen darstellen. Im übrigen ist der Umtausch der Schuldverschreibungen in das Erwerbsrecht auf Aktien der P AG Teil des Sanierungskonzepts der Gesellschaft und der Emittentin und stellt damit keinen Fall des §4(e)(i) der Emissionsbedingungen dar. Schließlich stimmen die Wertpapiergläubiger zu, dass im Rahmen des Umtauschs und des damit verbundenen Gesamtsanierungskonzepts der Gesellschaft die Rechtsfolgen des §5(g) der Emissionsbedingungen nicht ausgelöst werden sollen, insbesondere sich die Verzinsung nicht gemäß §5(g)(ii) der Emissionsbedingungen verändert. Vorsorglich verzichten die Wertpapiergläubiger hiermit auf etwaige Rechte, die ihnen im Falle des Eintritts eines Ereignisses nach §4(c)(i), § 4(e)(i) oder §5(g)(iii) der Emissionsbedingungen aufgrund der unter Ziffer 4, 5 und 6 gefassten Beschlüsse zustünden.

Mit ihren Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsklagen haben sich die Kläger gegen alle oder einzelne der vorbenannten Beschlüsse gewandt.

Die Klagen der Kläger zu 1)-18) sind die mit Beschluss vom 3.8.2011 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zum führenden Az. 3-05 O 45/11 verbunden worden Mit Beschluss vom 7.9.2011 sind auch die Klagen der Kläger zu 19) € 21) mit denen im führenden Verfahren 3-05 O 45/11 verbunden worden.

Alle oder einzelne Kläger machen geltend, die Einberufung zur Gläubigerversammlung sei nicht wirksam, die Bekanntmachung sei nur von der P AG veranlasst worden; die Bekanntmachung hätte auch Sitz der AG enthalten müssen; es sei in der Ladung eine unzulässige Einschränkung der Bevollmächtigung erfolgt und gegen § 14 SchVG verstoßen worden. Die verlangte Vorlage eines Sperrvermerks verstoße gegen § 10 Abs. 3 SchVG. Die Bekanntmachung sei entgegen § 12 SchVG nicht auf Internetseite der Antragstellerin, sondern nur auf Seite der P AG erfolgt.

Das SchVG gelte nur für nach deutschem Recht begebene Schuldverschreibungen, dies sei hier jedoch nicht vollständig gegeben, da für §2a (Status) niederländisches Recht gelte. Die Rückwirkungsmöglichkeit des SchVG sei verfassung- und europarechtswidrig. Der Opt-in Beschluss zu TOP 4 hätte vor den Beschlussfassungen zu TOP 5 -7 zunächst vollzogen werden müssen. Es liege eine unvollständige Einbeziehung der SchVG in die Anleihebedingungen vor, da §§ 1 - 4 SchVG nicht einbezogen worden seien. Die Wahlmöglichkeit des § 24 SchVG sei keine Ermächtigungsklausel zur Änderung der Gesamtstruktur der Anleihebedingungen, die Emissionsbedingungen sähen eine Anpassung nicht vor.

Die Beschlussfassungen zu TOB 4b und 4c auf die außerhalb der Anleihebedingung geregelte nachrangige Garantie und Verpflichtungserklärung seien nicht möglich.

Bei den Beschlüssen zu TOP 5 und 7 sei eine Beschlussfähigkeit nicht gegeben gewesen. Die Beschlussfassung zu Top 5 nichtig, da sie zur Unterpariemission führe, bzw. weil durch die Umwandlung in Aktien eine Nachschusspflicht begründet werde.

Zu TOP 4 sei die Gläubigerinformation unzureichend gewesen, zudem liege hier eine Unverhältnismäßigkeit von Top 4 und Top 5 vor, da andere Maßnahmen ausgereicht hätten. Diese seien nachteilig für die Minderheit, sie nutzten nur den Großgläubigern.

Diese erlangten einen Sondervorteil.

Es sei zu Informationsrechtsverletzungen gekommen. Die Berichterstattung in der Einladung sei unzureichend gewesen. Es habe auch keine Vorlage eines Entwurfs der geänderten Emissionsbedingungen gegeben. Durch die Schwärzung in der Bestätigung der Sanierungsfähigkeit habe es an der sachgerechten Information gefehlt, zumal eine testierte Bilanz 2010 nicht vorgelegt worden sei. Die Gegenleistung sei unbestimmt, bzw. keine wirtschaftlich äquivalente Gegenleistung durch Umtausch gegeben. Stimmrechtsverbote seinen nicht beachtet worden. Einige Gläubiger seien nicht ordnungsgemäß angemeldet gewesen

Die Antragstellerin habe keine Möglichkeit, die P AG zur Ausgabe von Anteilen anzuweisen. Die Stimmauszählung sei fehlerhaft gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die jeweiligen Klageschriften vom 20.7.2011 (Bl. 5 ff; 52 ff; 79 ff; Bl. 110 ff und Bl. 127 ff d. A.) und 1.9.2011 (Bl. 232 ff d. A.) sowie die ergänzenden Schriftsätze Bezug genommen.

Alle Kläger beantragen,

festzustellen, dass die in der Versammlung der Gläubiger der von der Beklagten begebenen garantierten, nachrangigen, zunächst fest- und danach variabel verzinslichen Schuldverschreibungen ohne Endfälligkeit im Gesamtnennwert von EUR 275.000.000 (ISIN: XS0297230368 / WKN A0NTX1 /Common Code: 029723036) am 20.06.2011 in München gefassten Beschlüsse, nämlich zu TOP 5 (Beschlussfassung über Umtausch der Schuldverschreibungen in das Erwerbsrecht),

a) Umtausch der Schuldverschreibungen gegen das Recht zum Erwerb von Aktien der P AG

b) Ausübung des Erwerbsrechts

c) Übertragung der Schuldverschreibungen; Erfüllung des Erwerbsrechts

d) Erfüllungstag für das Erwerbsrecht

e) Steuern und Abgaben

f) Aufschiebende Vollziehung,

nichtig sind,

ggf. oder hilfsweise die Nichtigkeit festzustellen

und äußerst hilfsweise die Unwirksamkeit festzustellen;

darüber hinaus die Kläger zu 1), 2), 3)-13), 17), 18),19) € 21) festzustellen, dass

die Beschlussfassung zu TOP 4 (Beschlussfassung über die Anwendung des SchVG),

a) Beschluss hinsichtlich der Schuldverschreibungen,

b) Beschluss hinsichtlich der Nachrangigen Garantie,

c) Beschluss hinsichtlich der Nachrangigen Verpflichtungserklärung,

nichtig ist,

ggf. oder hilfsweise die Nichtigkeit festzustellen,

äußerst hilfsweise die Unwirksamkeit festzustellen;

darüber hinaus die Kläger zu 1), 2), 14)-16), 17),18), 19) € 21) festzustellen, dass

die Beschlussfassung zu TOP 6

über die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters

nichtig ist,

ggf. oder hilfsweise die Nichtigkeit festzustellen,

äußerst hilfsweise die Unwirksamkeit festzustellen;

darüber hinaus die Kläger zu 1), 2), 3)-16) festzustellen, dass

die Beschlussfassung zu TOP 7

über keine weiteren Rechtsfolgen nach den Emissionsbedingungen

nichtig ist,

ggf. oder hilfsweise die Nichtigkeit festzustellen,

äußerst hilfsweise die Unwirksamkeit festzustellen;

darüber hinaus die Kläger zu 14) € 16)

die Beschlussfassung zu Top 8 (Zustimmung der P AG) für nicht zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet, dass die Kläger zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Tagesordnung der streitgegenständlichen Gläubigerversammlung Gläubiger der Beklagten gewesen seien und weiterhin seien. Bei den Klägern zu 4), 6) € 16) fehle die Anfechtungsbefugnis, da sie nicht an der Abstimmung teilgenommen hätten; das gleiche gelte mangels Widerspruchseinlegung für die Kläger zu 4), 5) 7) 8) und 11).

Weiterhin werden bestritten, dass die Kläger zu 1) -3), 6) 13) € 18) bei der Einlegung des Widerspruchs wirksam vertreten worden seien. Es habe bei der Einberufung der keine Mängel gegeben. Die Einberufung sei durch die Beklagte erfolgt und habe alle notwendigen Angaben enthalten kann. Es sei auch zu erkennen gewesen, dass es sich beider Garantin um die P Aktiengesellschaft Neumarkt/Oberpfalz handle. Auch seien die Bedingungen für die Teilnahme und die Ausübung des Stimmrechts zutreffend angegeben worden. Teilnahmerechte seien nicht unzulässig eingeschränkt worden. Die Gläubigerversammlung sei zu allen Zeiten auch beschlussfähig gewesen.

Stimmverbote hätten keine beachtet werden müssen, da keine vorgelegen hätten. Eine unzulässige Zerstücklung der Beschlüsse sei nicht gegeben. Eine Einschüchterung der Gläubiger sei nicht gegeben gewesen. Die Stimmen seien ordnungsgemäß ausgezählt und die Beschlüsse ordnungsgemäß festgestellt worden. Informationsrechte der Gläubiger seien nicht verletzt worden. Die Berichterstattung in der Einladung sei nicht fehlerhaft gewesen. Auch bei der Präsentation sei es zu keinen Berichtsmängeln gekommen. Das Transparenzgebot des § 3 SchVG sei nicht verletzt. Soweit Centerbridge weitergehende Informationen erhalten habe, beruhe dies darauf, dass es sich hier auch um einen Senior-Kreditgläubiger handle.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Bestimmungen des neuen Schuldverschreibungsgesetzes seien anwendbar. Die Begebung der Anleihe sei nur nach deutschem recht erfolgt, wie sich aus dem Subscription Agreement vom 25./27. April 2007 zwischen der Beklagten als Emittentin, der P AG als Garantin und der A Bank B.V. sowie der B Bank plc. als Zeichner ergebe. Dort sei nur deutsches Recht vereinbart. Eine europarechts- oder Verfassungswidrigkeit des SchVG insbes. des § 24 SchVG liege nicht vor. Die Beschlussfassung zu TOP 4 habe mit den anderen Beschlüssen in der gleichen Gläubigerversammlung gefasst werden können. Eine Differenzhaftung sei ausgeschlossen. Auch ein Verstoß gegen das Verbot der Unterparieemission liege nicht vor. Eine Treupflicht der Anleihegläubiger untereinander bestehe nicht. Die Nichtigkeitsklage als allgemeine Feststellungsklage sei unstatthaft. Die Klage der Kläger zu 19) € 21) sei verfristet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageerwiderungen vom 5.9.2011 (BL. 291 ff d. A.) und 29.9.2011 (Bl. 404 ff d. A.) sowie die ergänzenden Schriftsätze. Bezug genommen.

Gründe

Die Klage der Kläger zu 14) -16) ist € sowohl jeweils nach Haupt- und Hilfsantrag - hinsichtlich der angegriffenen Beschlussfassung zu dem Tagesordnungspunkt 8 unzulässig.

Die Unzulässigkeit der Klageerhebungen der Kläger zu 14) € 16) hinsichtlich der vorgeblichen Beschlussfassungen zu dem Tagesordnungspunkt 8 ergibt sich schon daraus, dass sich aus dem Protokoll dieser Gläubigerversammlung, ebenso wie aus der Bekanntmachung über die Beschlüsse dieser Gläubigerversammlung (Anlage k3 Bl. 176 f d. A.) sich nichts zu einer Beschlussfassung der Versammlung zu diesen Tagesordnungspunkt ergibt und auch diese Kläger keinen Sachvortrag zu einer Beschlussfassung zu diesem Tagesordnungspunkt vorgetragen haben.

Für die begehrte gerichtliche Entscheidung über Anfechtbarkeit, bzw. Nichtigkeit dieser Beschlussfassungen fehlt es somit an einem Rechtsschutzbedürfnis.

Im Übrigen sind die Klagen der Kläger begründet.

Unabhängig davon, ob einzelne Kläger nur die Beschlussfassungen angefochten haben, war auf die allgemeine Feststellungsklage auf Nichtigkeit anderer Kläger die Nichtigkeit der Beschlüsse der Gläubigerversammlung festzustellen, ohne das insoweit ein Unterliegen der Anfechtungskläger vorläge. Entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BGH NJW 2002, 3465; Hüffer in MünchKomm, AktG 3. Aufl. § 246 Rz 21. m.w.Nachw) zum Streitgegenstand der aktienrechtlichen Nichtigkeits- und Anfechtungsklage handelt es sich auch bei der Geltendmachung von Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Beschlüssen einer Gläubigerversammlung nach dem SchVG um den gleichen Streitgegenstand. Ebenso wie dort ist das mit der Klage verfolgte prozessuale Ziel, die richterliche Klärung der Nichtigkeit eines Versammlungsbeschlusses in Bezug auf seine fehlende Übereinstimmung mit Gesetz hinsichtlich seines Gegenstands und Inhalts sowie des zur Beschlussfassung führenden Verfahrens herbeizuführen.

Dabei ist auch unerheblich, ob alle Kläger die Gründe vorgebracht haben, die zur Nichtigkeit führen. Zwar fehlt eine entsprechende Regelung des § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG im SchVG, doch muss man ebenso wie bei den Klägern von aktienrechtlichen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen (vgl. BGH AG 1993, 422; 1999, 375) hier eine notwendige Streitgenossen i.S.d. § 62 ZPO annehmen, denen gegenüber in der Sache eine einheitliche Entscheidung ergehen muss.

Alle Kläger haben auch durch entsprechende Bankbestätigungen nachgewiesen, dass sie Gläubiger der streitgegenständlichen Anleihe waren.

Die allgemeine Feststellungsklage gem. § 256 ZPO ist hier statthaft, d.h. auch die nach Ablauf der Anfechtungsfrist des § 20 SchVG erhobenen Klagen der Kläger zu 19) € 21).

Wie noch im Folgenden darzulegen sein wird, findet vorliegend das SchVG von 2009 und damit auch seine verfahrensrechtliche Vorschrift des § 20 SchVG, der die Anfechtung von auf einer Gläubigerversammlungen gefasste Beschlüssen regelt, hier keine Anwendung, so dass dahin gestellt bleiben kann, ob neben der Anfechtungsklage nach § 20 SchVG die binnen eines Monats nach der Gläubigerversammlung zu erheben ist, noch eine nicht an diese Frist gebundene Nichtigkeitsklage überhaupt statthaft ist, d.h. ob nicht alle Einwendungen gegen den auf einer Gläubigerversammlung gefassten Beschluss innerhalb dieser Frist im Klagewege geltend gemacht werden müssen.

Die Nichtigkeit auf der Gläubigerversammlung vom 20.6.2011 gefassten Beschlüsse war festzustellen, da es sowohl für den zu TOP 4 gefassten Beschluss über die Anwendung des SchVG als auch für die weiter zu den TOP 5 € 7 gefassten Beschlüsse über die Änderung der Emissionsbedingungen der von der Beklagten am 24.7.2007 begebenen Anleihe an einer Rechtsgrundlage fehlt.

Zunächst sehen die Anleihebedingungen selbst keine derartigen Beschlussfassungen einer Gläubigerversammlung zur Änderung der Anleihebedingungen vor.

Entgegen der Auffassung der Beklagten finden die angegriffenen Beschlüsse auch keine Rechtsgrundalge in den Bestimmungen des SchVG 2009.

Das SchVG 2009 findet keine Anwendung auf die streitgegenständliche Anleihe

Zur Frage der Nichtanwendbarkeit des SchVG 2009 im vorliegenden Fall hat die Kammer im von der hiesigen Beklagten angestrengten Freigabeverfahren zu Az. 3-05 O 60/11 in ihrem Beschluss vom 27.10.2011 ausgeführt:

€Es liegt hier bei der hier im Jahre 2007 emittierten streitgegenständlichen Anleihe keine Schuldverschreibung vor, die den verfahrensrechtlichen Anwendungsbereich für ein Freigabeverfahren nach dem am 5.8.2009 in Kraft getretene neue Schuldverschreibungsgesetz (BGBl I 2009, 2512) für Beschlüsse einer Gläubigerversammlung eröffnen würde.

Dieses Gesetz definiert in § 1 Abs. 1 SchVG seinen Anwendungsbereich dahin, dass es für Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen gilt, die nach deutschem Recht begeben sind. Zwar findet damit gegenüber dem SchVG von 1899 eine Ausweitung dahingehend statt, dass es auch für Emissionen ausländischer Emittenten gilt, soweit die Emission deutschem Recht unterliegt (vgl. Leuering NZI2009, 638; Schlitt/Schäfer AG 2009, 477; Podewils DStR 2009, 1914; Horn BKR 2009, 446; Oulds in Veranneman, SchVG, § 1 Rz. 19; Preuße SchVG § 1 Rz. 12 ff m.w.Nachw.), doch bedingt dies, dass in dem Emissionsbedingungen des ausländischen (oder auch inländischen) Schuldners ausdrücklich eine uneingeschränkte Rechtswahl für deutsches Recht stattgefunden hat, da das ganze Schuldverschreibungsgesetz € und damit auch seine Verfahrensregelungen - nur für solche Anleihen gilt (vgl. Maier-Reimer NJW 2010, 1317).

Dies ist für die streitgegenständliche Emission der Antragsgegnerin nicht gegeben.

In § 14 der Emissionsbedingungen ist hier zwar angegeben, dass sich Form und Inhalt der Wertpapiere nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland bestimmten, jedoch wird hiervon ausdrücklich die Regelung des § 2a der Emissionsbedingungen ausgenommen, die dem Recht der Niederlande unterliegt.

Zwar ist eine Teilung des Rechtstatuts bei einer Emission grundsätzlich zulässig (vgl. BGH BeckRS 2005, 13808), doch führt diese Teilverweisung auf ein ausländisches Recht dazu, dass hier der Anwendungsbereich des SchVG von 2009 nicht eröffnet ist.

Entgegen der Auffassung der Beklagte bedingt der in § 1 Abs. 1 SchVG definierte Anwendungsbereich des SchVG der Begebung nach deutschem Recht, dass ausschließlich deutsches Recht für die Anleihe anwendbar sein muss.

Soweit die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 20.9.2011 darauf abstellt, dass § 1 Abs. 1 SchVG nicht verlange, dass die Schuldverschreibung nur nach deutschem Recht begeben worden sei und sich aus der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift auch nichts Gegenteiliges ergebe, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar findet sich in den Gesetzesmaterialien keine ausdrückliche Erwähnung, dass der Anwendungsbereich nicht eröffnet sein soll, wenn neben deutschem Recht für einzelne Bedingungen auch ausländisches Recht gilt, doch ergibt sich dies aus dem Gesamtzusammenhang.

Ziel des Gesetzes war es u .a. den Anwendungsbereich gegenüber dem SchVG v. 1899 zu erweitern, um nicht nur deutsche Anleiheschuldner zu erfassen (vgl. Podewills a.a.O.; Horn BKR 2009, 446). Die Beklagte weist insoweit auch zutreffend darauf hin, dass im Referentenentwurf dieses Gesetzes der Anwendungsbereich ohne nähere Einschränkung auf inhaltsgleiche Schuldverschreibungen aus Anleihen definiert war. Zutreffend ist auch, dass die spätere Einschränkung, dass das Gesetz für nach deutschem Recht begebene Schuldverschreibungen gilt, auf der DAV-Stellungnahme Nr. 41/2008 Nr. 4a beruht, in der hierzu ausgeführt wird:

€Es sollte € im Unterschied zu dem Schuldverschreibungsgesetz von 1899 € klargestellt werden, dass dieses Gesetz Teil des deutschen Schuldrechtsstatuts ist und es deshalb grundsätzlich zur Anwendung kommt, wenn die Anleihe deutschem Recht unterliegt. Auf den Sitz des Schuldners oder den Platzierungsort oder den Ort, an dem die Verschreibungen gehandelt werden, kommt es deshalb nicht an, sofern sich nicht daraus das anwendbare Recht ergibt.€

Hieraus wird aber deutlich, dass für die Anwendbarkeit des SchVG für die Anleihe uneingeschränkt deutsches Recht gelten soll. Auch in der Begründung des diese Empfehlung aufgreifenden Regierungsentwurfs (BT-Drucksache 16/12814)

€Durch die Formulierung €nach deutschem Recht begebene€ Schuldverschreibungen wird klargestellt, dass der Geltungsbereich anders als beim SchVG von 1899 nicht auf Schuldner mit Sitz im Inland beschränkt ist.€

wird deutlich, dass es zwar nicht mehr auf den Sitz des Emittenten ankommen soll, doch es darauf ankommt, dass hier eine Rechtswahl insgesamt für deutsches Recht vorliegen muss.

Dass eine partielle Rechtswahl deutschen Rechts für die grundsätzliche Anwendung des SchVG genügen soll, wie es nunmehr die Beklagte vertritt, (was im juristischen Schrifttum, soweit ersichtlich, bislang nicht vertreten worden ist), wäre unpraktikabel, da ggf. nicht ohne weiteres erkennbar wäre, welche Bestimmungen des SchVG anwendbar sein sollen, bzw. welche Bestimmungen ausländischen Rechts vorgehen würden. Ein Eingriff in partiell vereinbartes ausländisches Recht scheidet aus, da ansonsten in die Hoheitsrechte € und ggf. in dessen Gerichtsbarkeit - eines anderen Staates eingegriffen würde, wenn durch ein deutsches Gesetz in das bei der Emission gewählte ausländische Recht eingegriffen würde.

Nur durch die Rechtswahl von deutschem Recht insgesamt können Regelungen des deutschen Gesetzgebers € u. U. auch zeitlich nachfolgend € ggf. die Möglichkeit eröffnen, zu einer Abweichung der (vertraglich vereinbarten) Emissionsbedingungen zu gelangen. Eine andere Frage ist, ob die Vertragsparteien der Emission die ursprünglich vereinbarte Rechtswahl abändern können um somit spätere Änderungen des deutschen Rechts einbeziehen zu können, da dies hier nicht gegeben ist.

Soweit sich die Beklagte für die Anwendbarkeit des SchVG darauf beruft, dass hier die Begebung, d. h. der sog. Begebungsvertrag (vgl. hierzu Gehrlein in Bamberger/Roth, Beck'scher Online-Kommentar BGB, Stand 1.3.2011 § 793, Rz. 10) nach deutschem Recht erfolgt sei, kann dem nicht gefolgt werden. Nach Sinn und Zweck der Bestimmungen des SchVG kommt es für die Anwendbarkeit nicht nur auf den reinen schuldrechtlich-dinglichen Begebungsvertrag an, sondern auf das im Verhältnis zwischen Anleiheschuldner und €gläubiger vereinbarte Recht. Es ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber für den Anwendungsbereich des SchVG allein auf den Begebungsvertrag abstellen wollte. Für das Entstehen der Verpflichtung aus der Inhaberschuldverschreibung ist die Errichtung der Urkunde und ein Begebungsvertrag erforderlich (€Vertragstheorie€; h. M. seit BGH NJW 73, 283; a. A. die €Kreationstheorie€, die allein auf die Ausstellung der Urkunde abstellt). Die privatrechtliche Regelung des Sonderrechtsverhältnisses zwischen Emittent und Anlegern bei der Anleiheemission findet sich € soweit deutsches Recht anwendbar ist - teils in §§ 793 BGB, überwiegend jedoch in den Anleihebedingungen, die Bestandteil der Urkunde sind.

Zudem ist fraglich, ob der Begebungsvertrag hier uneingeschränkt dem deutschen Recht unterliegt, da in dem niederländischen Recht unterworfenen § 2 lit. a Satz 1 der Emissionsbedingungen die Begründung der wertpapierrechtlichen Verpflichtung ausdrücklich als direkte Verbindlichkeit der Emittenten ausdrücklich geregelt wird, dass Leistungsversprechen somit gerade nicht dem deutschen Recht, §§ 793 ff BGB, unterliegt.

Insoweit liegt entgegen den Ausführungen der Beklagte im Schriftsatz vom 20.9.2011in § 2 lit a. nicht nur eine untergeordnete abspaltbare, die übrigen Emissionsbedingungen nicht tangierende Regelung vor, die lediglich den Haftungsrang und insolvenzrechtliche Fragen betrifft, sondern es wird dort ausdrücklich eines der wesentlichen Bestandteile der wertpapierrechtlichen Verpflichtung der Beklagte, nämlich das selbständige Leistungsversprechen des Schuldners angesprochen, dass nach der Rechtswahl für diese Regelung daher dem Recht der Niederlande unterliegt.

Durch diese Rechtswahl ausländischen Rechts - jedenfalls für eine nicht unerhebliche wertpapierrechtliche Regelung € kommt eine Anwendung der Regelungen € auch der verfahrensrechtlichen Regelungen € des Schuldverschreibungsgesetzes vom 2009 nicht in Betracht. Mangels Anwendbarkeit dieses Gesetzes konnte die Gläubigerversammlung (Beschlussfassung zu TOP 4) auch nicht von der in § 24 Abs. 2 SchVG eröffneten Möglichkeit Gebrauch machen, durch einen Beschluss mit qualifizierter Mehrheit zu beschließen, dass die Anleihebedingungen dahingehend geändert werden, um von den Anpassungsmöglichkeiten dieses nach Begebung der Anleihe in Kraft-getretenen Gesetzes Gebrauch zu machen. Zwar ist § 24 Abs. 2 SchVG nicht dahin zu verstehen, dass einer sog. opt-in Beschluss nur für Schuldverschreibungen möglich sein soll, die unter das SchVG v. 1899 fielen (vgl. Veranneman, SchVG § 24 Rz. 6), sondern auch die Möglichkeit für ausländische Gesellschaften, die ihre Schuldverschreibungen vor dem Stichtag emittiert haben, bestehen soll, doch kann dies nur in Betracht kommen, wenn diese Emission uneingeschränkt dem deutschen Recht unterstellt wurde. Der Gesetzgeber hat in der Begründung ausdrücklich klargestellt, dass die Gläubiger für die Anwendung des neuen SchVG optieren, d.h. für die Anwendbarkeit der Gesamtheit der Vorschriften (Dippel/Preuße in Preuße SchVG § 24 Rz. 8; Veranneman a.a.O. Rz. 7).

Dass in der Beschlussfassung zu TOP 4 auch eine Änderung der Rechtswahl für § 2a der Emissionsbedingungen liegen soll, ist nicht erkennbar und wird auch von der Antragsgegnerin selbst nicht vorgebracht. Vielmehr erscheint schon angesichts des Wortlauts der Beschlussfassung zu TOP 4 schon zweifelhaft, ob die Anwendbarkeit der Gesamtheit der Vorschriften und damit auch des § 1 SchVG beschlossen wurde, da der Wortlaut nur auf Änderungen der Emissionsbedingungen nach §§ 5 ff SchVG abstellt.€

Soweit die Beklagte nunmehr im vorliegenden Verfahren darauf abstellt, dass Begeben im Wertpapierrecht das Schuldverhältnis zwischen Emittent und Anleger meint, d.h. hier auf das €Subscription Agreement€ vom 25./27. April 2007 zwischen der Beklagten als Emittentin, der P AG als Garantin und der ABN Amro Bank B.V. sowie der Barclay Bank plc. als Zeichner abzustellen sei und diese Vereinbarung ausschließlich deutschem Recht unterliege, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Wie bereits in den Gründen des Beschlusses vom 27.10.2011 ausgeführt, kann es nach Sinn und Zweck der Bestimmungen des SchVG für die Anwendbarkeit nicht auf den reinen schuldrechtlich-dinglichen Begebungsvertrag ankommen, sondern auf das im Verhältnis zwischen Anleiheschuldner und €gläubiger vereinbarte Recht ankommen, den in dieses Rechtsverhältnis wird durch die vom SchVG 2009 möglichen nachträglichen Änderungen der Anleihebedingungen eingegriffen. Käme es nur auf die Rechtswahl eines Vertrages an, der außerhalb dieser Bedingungen geschlossen wird - und auf den in den Anleihebedingen hier keinerlei Hinweis zu finden ist -, so käme es auf die Rechtswahl in den Anleihebedingungen nicht an, d. h. auch Anleihen die in den Anleihebedingungen völlig dem Recht eines anderen Staates unterworfen sind, würden dann bei entsprechender Rechtswahl in der Vereinbarung zwischen den Anleiheschuldner und den bei der Emission eingeschalteten Banken in den Anwendungsbereich des deutschen SchVG fallen.

Abgesehen davon, dass vorliegend schon fraglich ist, ob vorliegend diese in Bezug genommene Vereinbarung zwischen der Emittentin und den bei der Emission eingeschalteten Bank als Begeben im wertpapierrechtlichen Sinne anzusehen ist, da sich aus der hierzu vorgelegten - fremdsprachlichen - Anlage B 59 (Bl. 606) nur die Rechtswahl entnehmen lässt und sonst nichts woraus, dass es sich hier um einen Begebungsvertrag im wertpapierrechtlichen Sinne d. h. als Grundlage der wertpapiermäßigen Verpflichtung handelt, müssten die Anleihegläubiger bei Erwerb der Anleihe die regelmäßig von der Rechtswahl in dieser Vereinbarung keine Kenntnis haben, damit rechnen, dass das in den Anleihebedingungen festgelegte ausländische Recht durch deutsches Recht überlagert und auf der Grundlage des deutschen Rechts u.U. geändert werden könnte. Dass dies nicht sachgerecht sein kann, ist offensichtlich.

Wie oben bereits ausgeführt, ist Begeben i. S. v. § 1 SchVG dahin zu verstehen, dass für die Schuldverschreibung selbst deutsches Recht anwendbar oder vereinbart sein muss (vgl. Preuße a.a.O. § 1 Rz. 12). Auf das ggf. abweichende Recht des nach der Vertragstheorie erforderlichen Begebungsvertrags kann es hier nicht ankommen.

Angesichts dieses Befunds kommt es nicht darauf an, ob die von den Klägern im Übrigen geltend gemachten Anfechtungs- und/oder Nichtigkeitsgründe vorliegen, wobei selbst bei Anwendbarkeit des SchVG fraglich ist, ob hier überhaupt Beschlüsse über die Änderung der Emissionsbedingungen in einer Gläubigerversammlung gefasst werden konnten, wenn die ursprünglichen Emissionsbedingungen derartige Gläubigerversammlungen mit entsprechender Beschlusskompetenz nicht vorgesehen haben. § 5 SchVG verlangt aber, dass die Emissionsbedingungen dies vorsehen müssen. Zudem läge angesichts der Schwärzungen in dem den Anleihegläubigern vorgelegten Sanierungsbestätigung von Roland Berger (vgl. Anlage B 49, Sonderband Anlagen BV) eine Verletzung der sich aus § 16 SchVG ergebenen Informationspflicht nahe. Durch diese Schwärzungen nahezu aller Angaben von Eurobeträgen und der gesamten Planungsangaben ab 2011, fehlt dieser Sanierungsbestätigung nahezu jegliche Aussagekraft. Den Gläubigern fehlte bei der Beschlussfassung damit konkrete Angaben, worauf die von Roland Berger angenommene Sanierung beruhen soll, d. h. es ist zumindest zweifelhaft, ob den Anleihegläubigern für die Entscheidung, den nach dem Sanierungskonzept für erforderlich gehaltenen Beitrag zu leisten, die erforderlichen Informationen vorlagen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92, 100 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat für die Kläger ihre Rechtsgrundlage in § 709 ZPO und für die Beklagte in §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.






LG Frankfurt am Main:
Urteil v. 15.11.2011
Az: 3-05 O 45/11, 3-5 O 45/11, 3-05 O 45/11, 3-5 O 45/11


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/51e3c267daf1/LG-Frankfurt-am-Main_Urteil_vom_15-November-2011_Az_3-05-O-45-11-3-5-O-45-11-3-05-O-45-11-3-5-O-45-11




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