Landgericht Krefeld:
Beschluss vom 17. Dezember 2012
Aktenzeichen: 12 O 122/12

(LG Krefeld: Beschluss v. 17.12.2012, Az.: 12 O 122/12)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Landgericht Krefeld hat in seinem Beschluss vom 17. Dezember 2012 (Aktenzeichen 12 O 122/12) den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Die Antragstellerin hatte die Antragsgegnerin auf Unterlassung wegen fehlerhafter Herstellerkennzeichnung in Anspruch genommen. Die Antragsgegnerin betreibt mehrere Märkte im Bereich Dekoration und Geschenke. Die Antragstellerin hatte bereits in der Vergangenheit strafbewehrte Unterlassungserklärungen der Antragsgegnerin wegen ähnlicher Verstöße herbeigeführt. In diesem Fall hatte die Antragstellerin am 16. Oktober 2012 bei einem Besuch in einem Markt der Antragsgegnerin festgestellt, dass die Produkte erneut keine ordnungsgemäße Herstellerkennzeichnung aufwiesen. Die Antragstellerin mahnte die Antragsgegnerin am 28. November 2012 ab, woraufhin diese den Anspruch zurückwies.

Die Kammer des Landgerichts Krefeld entschied, dass die Sache nicht dringlich im Sinne von § 935 ZPO war. Die Antragstellerin hatte rund 6 Wochen von der Kenntnis des Verstoßes bis zur Abmahnung abgewartet, was den Schluss rechtfertigt, dass die Sache nicht mehr eilbedürftig war. Somit griff die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG nicht zugunsten der Antragstellerin. Die Kammer berücksichtigte, dass die Antragstellerin das Marktverhalten der Antragsgegnerin in Bezug auf die Herstellerkennzeichnung bereits seit rund zwei Jahren beobachtete und bereits drei strafbewehrte Unterlassungserklärungen erwirkt hatte. In diesem Fall war der Sachverhalt klar und es bedurfte keiner längeren Überlegungsfrist. Daher konnte die Antragstellerin innerhalb von einem Monat entscheiden, ob sie eine Abmahnung vornehmen wollte. Die Kammer wies darauf hin, dass es keine starre Regelfrist von 2 Monaten gab. Sofern der Sachverhalt einfach gelagert und leicht überschaubar war, konnten die notwendigen Entscheidungen innerhalb eines Monats getroffen werden. Die Antragstellerin hatte jedoch rund 6 Wochen abgewartet, was zeigte, dass sie selbst den Sachverhalt nicht als eilig kennzeichnete. Aus diesem Grund wurde der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mangels Dringlichkeit zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin. Der Streitwert beträgt 7.500,00 Euro.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

LG Krefeld: Beschluss v. 17.12.2012, Az: 12 O 122/12


Eine Dringlichkeit im Sinne von § 935 ZPO kann in Wettbewerbssachen bei dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht mehr festgestellt werden, wenn der Antragsteller bei einfach gelagerten Sachverhalten nicht binnen Monatsfrist nach Kenntnis des Wettbewerbsverstoßes abmahnt. Auf die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG kann sich der Antragsteller nach Ablauf der Monatsfrist nicht mehr berufen. Eine Regelfrist von 2 Monaten als Überlegungsfrist gibt es nicht. Die Frist, innerhalb derer abzumahnen ist, bemisst sich jeweils nach den Umständen des Einzelfalls.

Tenor

Der Antrag der Antragstellerin vom 14.12.2012 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Die Antragstellerin importiert und vertreibt Waren aller Art, u.a. wärmende Körnerprodukte. Die Antragsgegnerin betreibt in Deutschland unter dem Namen Y etwa 30 Märkte im Segment Dekoration und Geschenke. In der jüngeren Vergangenheit hat sich die Antragsgegnerin der Antragsstellerin gegenüber wiederholt wegen fehlerhafter Herstellerkennzeichnung am Produkt strafbewehrt unterworfen. Insoweit wird auf die Darstellung unter I. der Antragsschrift (Bl. 2 d.A.) Bezug genommen.

Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin nunmehr im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung wegen fehlerhafter Herstellerkennzeichnung mit der Begründung in Anspruch, sie habe anlässlich einer Sichtung am 16.10.2012 und einem Testkauf am 17.10.2012 in der Filiale Krefeld der Antragsgegnerin festgestellt, dass die von der Antragsgegnerin zum Verkauf angebotenen Produkte erneut weder am Produkt selbst noch auf der Verpackung mit einer ordnungsgemäßen Herstellerkennzeichnung versehen seien. Wegen der Einzelheiten wird auf II. der Antragsschrift (Bl. 3 d.A.) Bezug genommen.

Die Antragstellerin hat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 28.11.2012 (Anlage FN 7, Bl. 20c d.A.) abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Die Antragsgegnerin hat den geltend gemachten Anspruch mit Anwaltsschreiben vom 11.12.2012 (Anlage FN 8, Bl. 20g d.A.) zurückgewiesen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Antragstellers wird auf die Antragsschrift (Bl. 1 d.A.) Bezug genommen.

Die Antragstellerin beantragt,

1.

der Antragsgegnerin aufzugeben, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Waren anzubieten, zu verkaufen und/oder in den Verkehr zu bringen, sofern nicht der Hersteller und die Adresse des Herstellers, oder, sofern dieser nicht im Europäischen Wirtschaftsraum ansässig ist, nicht den Bevollmächtigten oder den Inverkehrbringer mit der Adresse des Bevollmächtigten oder des Inverkehrbringers auf den Waren selbst oder auf der Verpackung angebracht ist.

2.

Der Antragsgegnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtungen im Antrag zu 1. Ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten anzudrohen.

Die Antragsschrift ist der Antragsgegnerin bisher nicht zugestellt worden.

II.

Die Kammer entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss, § 937 Abs. 2 ZPO. Denn es kann nicht festgestellt werden, dass die Sache dringlich im Sinne von § 935 ZPO ist.

Angesichts des Verhaltens der Antragstellerin, die von der Kenntnis des Verstoßes bis zur Abmahnung rund 6 Wochen abgewartet hat, rechtfertigt dies den Schluss darauf, dass die Sache nicht mehr eilbedürftig ist. Dies hat zur Folge, dass zu Gunsten der Antragstellerin die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG nicht greift.

Bei der insoweit vorzunehmenden Einzelfallwürdigung ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin das Marktverhalten der Antragsgegnerin in der hier streitigen Fragen der Herstellerkennzeichnung seit jedenfalls rund zwei Jahren beobachtet und bereits drei strafbewehrte Unterlassungserklärungen der Antragsgegenerin erwirkt hat, die sich mit gleichgelagerten Sachverhalten befassen, wobei der jetzt beanstandete Sachverhalt unter die strafbewehrte Unterlassungserklärung der Antragsgegenerin vom 10.12.2010 - nicht 10.12.2012, wie es auf Seite 3 der Antragsschrift heißt - (Anlage FN 4, Bl. 16 und 17 d.A., dort nach dem Sachvortrag der Antragstellerin fälschlich auf den 25.11.2010 datiert) zu fassen sein dürfte. Damit war, jedenfalls aus Sicht der Antragstellerin, der Sachverhalt klar, einer längeren Überlegungsfrist bedurfte es nicht. Bei dieser Sachlage geht die Kammer davon aus, dass die Antragstellerin jedenfalls innerhalb Monatsfrist die Entscheidung treffen konnte, ob sie das Verhalten der Antragsgegnerin zum Gegenstand einer Abmahnung machen wollte (vgl. zu Vorstehendem zusammenfassend auch Köhler/Bornkamm, UWg 30. Auflage 2012, § 12 UWG Rn 3.15 b mit weiteren Nachweisen). Dies gilt umso mehr, als die Antragstellerin, wäre ihr an einer nachhaltigen Unterlassung der Antragsgegenerin gelegen, unverzüglich aus der strafbewehrten Unterlassungserklärung vom 10.12.2010 hätte vorgehen können, was sie nach dem Akteninhalt aus Gründen, die nicht dargetan sind, offensichtlich nicht getan hat.

Auf eine Regelfrist von 2 Monaten kann sich die Antragstellerin auch unter Berücksichtigung der von ihr zitierten Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf nicht berufen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf geht in seiner grundlegenden Entscheidung vom 21.04.1998 (NJWE-WettbR 1999, 15) gerade nicht von einer starren Regelfrist aus. Vielmehr führt das Oberlandesgericht Düsseldorf dort aus, dass als Richtlinie für die Fälle durchschnittlicher Bedeutung und Schwierigkeit sowie mittleren Umfangs empfohlen werde, dass die Zeitspanne zwischen der Erlangung der Kenntnis von der Person des Verletzers und den maßgeblichen Umständen der Verletzungshandlung bis zur Einreichung des Verfügungsantrags zwei Monate betragen darf, diese Dauer aber auch nicht überschreiten soll.

Vorliegend handelte es sich um einen auf Grund der Vorgeschichte einfach gelagerten, leicht überschaubarer, bereits juristisch abschließend abgeklärter Sachverhalt, der von der Antragstellerin gleichsam schematisch abgearbeitet werden konnte. In diesem Fall konnten die notwendigen Entscheidungen von der Antragstellerin jedenfalls innerhalb Monatsfrist getroffen werden. Ein Abwarten von rund 6 Wochen zeigt im hier zur Entscheidung anstehenden Fall, dass die Antragstellerin selbst diesen Sachverhalt nicht als eilig gekennzeichnet hat.

Bei dieser Sachlage ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mangels Dringlichkeit, die von Amts wegen zu prüfen ist, zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO

Streitwert: 7.500,00 Euro






LG Krefeld:
Beschluss v. 17.12.2012
Az: 12 O 122/12


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