Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. April 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 55/03

(BPatG: Beschluss v. 13.04.2005, Az.: 32 W (pat) 55/03)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. November 2002 aufgehoben.

Gründe

I Gegen die am 18. Januar 2000 angemeldete und am 20. Juli 2000 für "Finanzwesen; Weiterbildung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" eingetragene Bildmarke 300 03 110 siehe Abb. 1 am Endehat die Widersprechende aus ihrer am 1. August 1997 angemeldeten und u. a. für 36: Finanzwesen, Versicherungswesen, Investitionswesen; Finanzberatung; Lieferung von Finanzinformationen; Finanzmanagement; Finanzplanung; Erstellung von Finanzberichten und Analysen; 41: Ausrichtung und Durchführung von Seminaren, Konferenzen und Kongressen; Ausbildung bezüglich Finanzierung, Versicherungen, Bankgeschäften und Investitionen; Bewertung und Verwaltung von Prüfungen und Prüfungsprozeduren auf dem Gebiet des Finanzwesens, des Bankwesens, des Investitionswesens und des Versicherungswesens; Organisation von Ausstellungen für Ausbildungszwecke; 42: Vermietung von Computerprogrammen bezüglich Finanzwesen, Versicherungswesen, Investitionswesen und Bankwesen" eingetragenen Wortmarke 397 36 546 CFP Widerspruch erhoben.

Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamt hat durch eine Beamtin des höheren Dienstes die angegriffene Marke mit Beschluss vom 20. November 2002 gelöscht und dazu ausgeführt, sie gehe von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchmarke aus; Tatsachen für eine andere Einschätzung seien nicht ersichtlich und nicht substantiiert vorgetragen. Die Marken begegneten sich im Zusammenhang mit identischen Dienstleistungen.

Die klanglichen Gemeinsamkeiten ließen eine Verwechslungsgefahr erwarten. Es stünden sich ZERT-EF-PE und CE-EF-PE gegenüber. Die Anfangskonsonanten Z und C seien klangverwandt, so dass als Unterschied allein die Konsonantenfolge RT in der angegriffenen Marke bleibe, die nicht ausreiche, eine Verwechslungsgefahr auszuschließen.

Dagegen hat die Inhaberin der angegriffenen Marke am 19. Dezember 2002 Beschwerde erhoben. Sie ist der Auffassung, die Markenstelle habe zu Unrecht die bildliche Ausgestaltung zurückgestellt und allein auf den Klang abgestellt.

Sie bestreitet außerdem einen höheren Bekanntheitsgrad der Widerspruchmarke, zumal "zertifizierter Finanzplaner" in Deutsch oder Englisch ein rein beschreibender Begriff sei.

Auch die Dienstleistungen hielten deutliche Abstände ein; das Erstellen von Programmen sei etwas völlig anderes als das Vermieten.

Die von der Markenstelle behaupteten Gemeinsamkeiten in den Lautfolgen seien nicht vorhanden. Die Widersprechende sei eine Gesellschaft aus den USA; die Abkürzung CFP stehe für "certified financial planner", was die Aussprache [si:ef:pi:] bewirke. Demgegenüber spreche der Kunde die angegriffene Marke [zertefpe], da es sich um eine deutsche Markeninhaberin handle und um den deutschen Begriff "zertifizierter Finanzplaner". Weiter vergleiche die Markenstelle fälschlich isoliert den Buchstaben Z mit dem Anfangsbuchstaben der Widersprechenden C; "Zert" sei aber klanglich als eine Einheit zu sehen. Dies werde noch dadurch unterstrichen, dass sich zwischen "Zert" und "FP" ein Unterstrich befinde; er bewirke eine klangliche Pause.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.

Die Widersprechende war im Verfahren vor der Markenstelle der Auffassung, sie selbst und ihr deutscher Lizenznehmer, der deutsche Verband für Finanzplanung, seien renommierte und bekannte Finanzdienstleister im Bereich privater Vermögen. Ihre Beratung sei zu einem Begriff geworden, wie die beigefügten Presseberichte zeigten. Im Bereich der angesprochenen Kunden habe die Widerspruchmarke daher eine erhöhte Kennzeichnungskraft.

Die angebotenen Dienstleistungen seien weitgehend identisch.

Die Graphik der angegriffenen Marke könne vernachlässigt werden.

Die Marken stimmten in der Silbenzahl und den am Ende stehenden Buchstaben FP überein. Die ersten Silben ZE und CE seien betont und klanglich identisch. Die schwachen Konsonanten RT würden überhört. Die letzten Silben würden ebenfalls identisch [efpe] ausgesprochen. Auch hinsichtlich der Widerspruchmarke müsse mit einer deutschen Aussprache gerechnet werden.

Außerdem werde der Verbraucher, selbst wenn er Unterschiede erkenne, vermuten, dass zwischen den Unternehmen geschäftliche oder organisatorische Beziehungen bestünden. Die angegriffene Marke bedeute nichts anderes als "zertifizierter Finanzplaner", was mit CFP in der Widerspruchmarke abgekürzt sei.

Zur Ergänzung des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen Bezug genommen; wegen sonstiger Einzelheiten auf den Akteninhalt.

II 1) Die Beschwerde ist zulässig; die Inhaberin der angegriffenen Marke hat nach wie vor ein Rechtsschutzinteresse. Dass die Widersprechende zeitweise nur noch gem. § 96 Abs. 4 MarkenG durch den ehemaligen Inlandsvertreter vertreten war, hat den Widerspruch nicht unzulässig gemacht. Allerdings hat der Widerspruch ohnehin keinen Erfolg.

2) Der Beschwerde ist nämlich stattzugeben, weil die Markenstelle die angegriffene Marke nicht nach § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG hätte löschen dürfen; es besteht nach Auffassung des Senats keine Verwechslungsgefahr.

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke älteren Zeitrangs und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren bzw. Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht. Für deren Beurteilung sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, wobei eine Wechselwirkung zwischen den Faktoren Ähnlichkeit der Marken und der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, Kennzeichnungskraft der älteren Marke sowie Aufmerksamkeit des Publikums besteht. So kann ein höherer Grad an Ähnlichkeit der Waren oder eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke einen geringeren Grad an Ähnlichkeit der Marken ausgleichen und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2002, 626 - IMS; EuGH GRUR Int. 2000, 899, 901 (Nr. 40) - MARCA / ADIDAS).

a) Die Widerspruchsmarke ist durchschnittlich kennzeichnungskräftig. Eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist bestritten und von der Widersprechenden nicht substantiiert dargetan.

Eine Minderung der Kennzeichnungskraft ist ebenfalls nicht ersichtlich; selbst nicht aussprechbare Abkürzungen haben keine ursprüngliche Kennzeichnungsschwäche (BGH GRUR 2002, 106 - DKV/OKV). Anhaltspunkte für die Annahme, gerade der Buchstabenfolge der Widerspruchsmarke CFP komme (als Abkürzung) nur eine schwache Kennzeichnungskraft zu, sind nicht gegeben.

b) Ausgehend von der Registerlage stehen sich teilweise, etwa mit "Finanzwesen, Weiterbildung" (jüngere Marke) und "Finanzwesen, Ausbildung" (Widerspruchsmarke), identische Dienstleistungen gegenüber.

c) Auch wenn unter Berücksichtigung der dargelegten Umstände strenge Anforderungen an den erforderlichen Markenabstand zu stellen sind, reichen die Abweichung von Zert und C im Klang- und Schriftbild aus, um die Gefahr von Verwechslungen im Sinn von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG hinreichend sicher auszuschließen.

Die Dienstleistungen richten sich an Verkehrskreise, die sich nicht flüchtig mit den entsprechenden Angeboten befassen, sondern sogar sorgfältiger als ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Verbraucher (vgl. BGH GRUR 2000, 506 - ATTACHÉ / TISSERAND; GRUR 1998, 942, 943 li Spalte - ALKA-SELTZER; EuGH GRUR Int. 1999, 734, Rdnr. 24. - LLOYD / LOINTS) prüfen und auswählen. Deshalb wird das angesprochene Publikum bei der Konfrontation mit den Marken überdurchschnittlich aufmerksam sein und die gegebenen Unterschiede wahrnehmen. Angesichts der Fülle von kennzeichnenden wie beschreibenden Abkürzungen, mit denen der Verbraucher in allen Lebensbereichen konfrontiert ist, schenkt er ohnehin jedem Bestandteil einer Buchstabenfolge eine vergleichsweise hohe Aufmerksamkeit, um Verwechslungen auszuschließen. Bei übersichtlichen Buchstabenzeichen, wie hier, wirken sich daher sowohl in klanglicher als auch in schriftbildlicher Hinsicht schon geringe Unterschiede verwechslungsverhindernd aus (BPatG Beschluss vom 28. Oktober 2003, Az: 33 W (pat) 109/03 - cFm/CFP).

aa) Bildlich unterscheiden sich die Marken schon aufgrund der graphischen Gestaltung der angegriffenen Marke ausreichend. Die Unterschiede zwischen Zert und C treten selbst bei üblicher Schreibweise deutlich in Erscheinung. Zudem unterscheiden sich die Zeichen durch die unterschiedliche Länge, die figürlichen Unterschiede in den Wortanfängen sowie durch den Unterstrich in der angegriffenen Marke, dem in der Widerspruchsmarke nichts vergleichbares gegenübersteht.

bb) Auch klanglich unterscheiden sich die Marken ausreichend. Der Konsonantenfolge "rt" in der angegriffenen Marke steht in der Widerspruchsmarke nichts gegenüber, wobei sich der Abstand noch vergrößert, wenn beide oder gar nur eine der zu vergleichenden Marken Englisch buchstabiert würden, weil C und P als [si] bzw. [pi] gesprochen und damit auch die ersten und letzten Vokale beider Marken unterschiedlich würden.

Zudem geht die prägnante Konsonantenfolge "rt" in "Zert_FP" nicht derartig unter, dass eine Verwechslungsgefahr zu "CFP" = [tseefpe] oder gar [siefpi] bestünde.

cc) Beide Marken enthalten zwar Abkürzungen für "Finanzplaner" und "Zertifizierung"; selbst wenn man unterstellt, dass der Verbraucher dies weiß oder erkennt, wird er aber keiner assoziativen Verwechslungsgefahr unterliegen. Die Übereinstimmung in rein beschreibenden Zeichenteilen reicht hierfür nicht aus (vgl. STRÖBELE/HACKER, Markengesetz, 7. Aufl., § 9 Rdnr. 484 mwNachw.).

3) Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeit besteht kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

Viereck Kruppa Dr. Albrecht Hu Abb. 1






BPatG:
Beschluss v. 13.04.2005
Az: 32 W (pat) 55/03


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