Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 28. August 1998
Aktenzeichen: 6 U 8/97

(OLG Köln: Urteil v. 28.08.1998, Az.: 6 U 8/97)

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 21. August 1996

verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts

Köln - 28 O 319/95 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu

tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicher-

heitsleistung in Höhe von DM 15.000.- abwenden, wenn

nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe

leistet.

Der Beklagten wird nachgelassen, die von ihr zu

stellende Sicherheit in Form der unbedingten, unbe-

fristeten, unwiderruflichen, selbstschuldnerischen

schriftlichen Bürgschaft einer deutschen Großbank,

öffentlichen Sparkasse oder Volksbank zu leisten.

Die mit diesem Urteil für den Kläger verbundene

Beschwer wird auf DM 100.000.- festgesetzt.

Tatbestand

Die Beklagte ist eine berufsständische Vereinigung, der alle niedergelassenen Kassenärzte angehören. Ihre satzungsgemäße Aufgabe besteht u. a. darin, die Belange dieser Ärzte gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen ( sog. "Primärkassen" ) und den Ersatzkassen wahrzunehmen. Gemäß § 106 SGB V fällt ihr ferner die Aufgabe zu, gemeinsam mit den Krankenkassen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung zu überwachen. Dem tragen die von ihr mit den Krankenkassen abgeschlossenen Prüfvereinbarungen ( § 106 Abs. 2 SBG V ) Rechnung, in denen u. a. die Methode festgelegt wird, anhand welcher auf der Grundlage statistischer Vergleichswerte jeweils die Ermittlung der Wirtschaftlichkeit des von einem Vertragsarzt während der Dauer einer bestimmten Abrechnungsperiode in Ansatz gebrachten Leistungsverhaltens vorgenommen werden soll. Bis zum 3. Quartal 1993 erfolgte diese Wirtschaftlichkeitsprüfung bei der Beklagten durch Vergleich der Leistungen des abrechnenden Vertragsarztes mit den durchschnittlichen Behandlungs- und Verordnungskosten, die pro Fall bei einer vergleichbaren Fachgruppe von Ärzten entstanden waren ("Gruppenfallwert"). Sollten die von dem geprüften Vertragsarzt berechneten Leistungen danach die Fallwerte der zu Vergleichszwecken herangezogenen Fachgruppe um einen bestimmten Prozentsatz übersteigen, konnte das zu Kürzungen des durch den Vertragsarzt jeweils berechneten Honorars führen. Ab dem 3. Quartal 1993 ging die Beklagte von dieser Methode des Vergleichs, in dem das Leistungsverhalten des zu beurteilenden Arztes dem durchschnittlichen Verhalten der Fachgruppe insgesamt gegenübergestellt wurde, zu einem verfeinerten statistischen Prüfverfahren über: Den Leistungen des abrechnenden Vertragsarztes wurden nunmehr Vergleichswerte gegenübergestellt, in die nur die Leistungen der betreffenden Fachgruppe einflossen, die er selbst erbrachte. Im Ergebnis sollte auf diese Art

den vorbezeichneten Honorarkürzungen bzw. der Beurteilung eines ärztlichen Leistungsverhaltens als unwirtschaftlich vorgebeugt werden, bei dem der beurteilte Vertragsarzt beispielsweise aufgrund seines spezialisierten Tätigkeitsbereichs Leistungen erbrachte, die innerhalb der Gesamtheit einer diverse Unterbereiche umfassenden verglichenen Fachgruppe - aus dem arithmetischen Mittel gebildet - statistisch nur selten vorkamen. Dieses, von den Parteien als verfeinerter bzw. modifizierter Anwendervergleich bezeichnete Verfahren des statistischen Vergleichs war in der zum 1. Juli 1993 in Kraft getretenen Prüfvereinbarung zwischen einerseits der Beklagten sowie andererseits den Primär- und Ersatzkassen als Methode festgelegt worden, anhand der die Wirtschaftlichkeit des Leistungsverhaltens des Vertragsarztes geprüft werden solle. In die nach Maßgabe von § 9 Abs. 3 und Abs. 4 dieser Prüfvereinbarung im Zusammenhang mit der Prüfmethode des verfeinerten Anwendervergleichs zu verwendenden sogenannten Gesamtübersichten und Frequenztabellen, denen jeweils die im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung herangezogenen Vergleichswerte entnommen werden konnten, waren dabei die Spalten " Modifizierter Falldurchschnitt der Vergleichsgruppe" sowie " Leistungsaufwendungen der Vergleichsgruppe je Fall" eingestellt. Bezüglich des Inhalts der erwähnten Prüfvereinbarung wird auf Bl. 158 bis 210 d.A. verwiesen; hinsichtlich der Einzelheiten der vorbezeichneten Gesamtübersichten und Frequenztabellen wird beispielhaft auf Bl. 74 R ff/ 82 R ff d.A. Bezug genommen.

Der Kläger ist Facharzt für Allgemeinmedizin und seit dem 1. Juli 1981 bei der Beklagten für den Bereich der Bezirksstelle K. hauptamtlich als Prüfarzt beschäftigt.

Die Parteien streiten im vorliegenden Verfahren im wesentlichen um die Fragen , ob das in der vorbezeichneten Prüfvereinbarung mit Wirkung ab dem 3. Quartal ( 1. Juli) 1993 festgelegte und von der Beklagten praktizierte statistische Prüfverfahren des verfeinerten bzw. modifizierten Anwendervergleichs vom Kläger entwickelt wurde und ob es sich dabei weiter um eine dem Urheberschutz unterfallende Leistung handelt.

Der Kläger hat behauptet, schon in den Jahren 1982/1983 das Modell des von der Beklagten genutzten Anwendervergleichs außerhalb seiner Dienstzeit aufgrund seiner eigenen privaten Initiative allein entwickelt zu haben. Dieses Modell sei dann erstmals im November 1988 in der Vertreterversammlung der Beklagten von einem der damaligen Mitglieder der Versammlung vorgestellt worden. Nachdem er, der Kläger, in einer Sitzung des Ausschusses zur Vorbereitung einer neuen Prüfvereinbarung in D. im März 1989 gebeten worden sei, das Modell des modifizierten Anwendervergleichs zu erklären, habe er sodann im April 1989 die aus Bl. 31 ff d. A. ersichtliche schriftliche Erläuterung nebst Tabellen vorgelegt. In der Folgezeit seien daraufhin nach seinen, des Klägers, Vorgaben in der EDV-Abteilung der Beklagten Frequenztabellen erstellt worden, die später auch in die o. g. Prüfvereinbarung übernommen worden seien. So entspreche die in der "Frequenztabelle Arzt" verwendete Sparte "Leistungsaufwendungen der Vergleichsgruppe je Fall" exakt seinen, des Klägers, handschriftlichen Aufzeichnungen bezogen auf das I. Quartal 1988; gleiches gelte hinsichtlich der in den Gesamtübersichten genannten "modifizierten Falldurchschnitte der Vergleichsgruppe". Bei dem von ihm, dem Kläger, entwickelten Modell des modifizierten Anwendervergleichs handele es sich auch nicht lediglich um eine Idee oder die Entwicklung einer rechnerischen Formel, sondern um eine statistische Aufbereitung

ärztlichen Handelns. Es liege, so hat der Kläger geltend gemacht, damit ein urheberschutzfähiges Werk vor. Gerade in der Entwicklung der speziellen "verfeinerten" Vergleichsgruppe sei die persönlich geistige Schöpfung im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG zu sehen, die in der von ihm, dem Kläger, stammenden Form der tabellarischen Darstellung der Leistungsaufwendungen ( Frequenztabellen ) und des modifizierten Falldurchschnitts der Vergleichsgruppe ( Gesamtübersicht ) ihren Ausdruck gefunden habe. Es gehe dabei auch nicht nur darum, Faktoren, die in eine vorhandene Rechenformel eingestellt werden, anders zu bestimmen. Vielmehr habe er, der Kläger, ein völlig neues und andersartiges Vergleichsmodell entwickelt. Denn bei den alten Statistiken des arithmetischen Durchschnittswertes sei eine Verfeinerung und Bildung einer "modifizierten Fachgruppe", die so arbeite, wie der zu beurteilende einzelne Arzt, gar nicht möglich. Seine, des Klägers, Idee der Konstruktion einer völlig neuen Vergleichsgruppe habe ihren Ausdruck in Form der gedanklichen Aussage gefunden, die zur konkreten Entwicklung und tabellarischen Gestaltung der Leistungsaufwendungen der Vergleichsgruppe je Fall geführt habe. Die modifizierte Vergleichsgruppe sei als eine künstliche, fiktive Fachgruppe anzusehen, die sich in hervorragender Weise zur Durchführung verfeinerter, gerechterer Honorarvergleiche eigne. Die Beklagte nutze seit dem 3. Quartal 1993 auch nicht etwa nur seine, des Klägers, Idee des Anwendervergleichs, sondern eindeutig auch deren äußere Form und Darstellung, die er - der Kläger - ihr u. a. in der vorbezeichneten schriftlichen Erläuterung nebst Tabellen sowie in einem im Deutschen Ärzteblatt vom 8. Mai 1992 veröffentlichten Beitrag gegeben habe.

Nachdem der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 27. Juli 1994 ( Bl. 94 ff d.A. ) vorprozessual u. a. dazu aufforderte, in § 9 Abs. 3 und Abs. 4 der Prüfvereinbarung hinter dem Begriff "Anwendervergleich" den Zusatz " nach Dr. E." ebenso einzufügen wie nach den in den Gesamtübersichten und in den Frequenztabellen verwendeten Begriffen " modifizierter Falldurchschnitt der Vergleichsgruppe" und " Leistungsaufwendungen der Vergleichsgruppe je Fall", lehnte die Beklagte dies durch Schreiben vom 26. August 1994 ( Bl. 98 f d.A. ) u. a. mit dem Hinweis darauf ab, daß als statistische Vergleichsmethode letztendlich mit den Krankenkassen das "B.´sche Verfahren" vereinbart worden sei. Der Kläger nahm daraufhin die Beklagte klageweise u. a. auf Anerkennung seiner in bezug auf den Anwendervergleich beanspruchten Urheberschaft in Anspruch und hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen

1. ihn - den Kläger - in den von ihr erstellten

Honorar-Gesamtübersichten und Frequenztabellen

im Zusammenhang mit den Begriffen "Modifizierter

Falldurchschnitt der Vergleichsgruppe und

"Leistungsaufwendungen der Vergleichsgruppe

je Fall" namentlich zu nennen, und zwar nach dem

Wort wie vorher in Parenthese "...der Vergleichs-

gruppe je Fall nach Dr. E. ";

2. in der nächsterscheinenden Praxisinformation

K. A. folgenden Hinweis zu veröffentlichen:

" Der von der KVNO seit dem 3. Quartal 1993 in

den Gesamtübersichten und Frequenztabellen genutzte

Anwendervergleich wurde von dem K. beratenden

Arzt Dr. W. E. entwickelt. Die Urheber-

schaft dieses Modells steht Herrn Dr. E. zu";

3. es zu unterlassen, in Zukunft in Zusammenhang mit

dem von ihm - dem Kläger - entwickelten Anwender-

vergleich andere Namen als Urheber zu nennen als

den des Klägers;

4. an ihn - den Kläger - eine angemessene Vergütung

zu entrichten für die Nutzung des Anwendervergleichs

nach Dr. E. seit dem 3. Quartal 1993;

5. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwider-

handlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000.-,

ersatzweise Ordnungshaft des Vorstandsvorsitzenden

bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft

bis zu 2 Jahren zu unterlassen, sich des vom Kläger

entwickelten Modells des modifizierten Anwender-

vergleichs zu bedienen, insbesondere im Rahmen der

Prüfvereinbarung mit den Krankenkassen (AOK-Rhein-

land, Landesverband der Betriebskrankenkassen,

VdAK=Verband der Angestelltenkrankenkassen,

Landesverband der Innungskrankenkassen und Landes-

verband der Betriebskrankenkassen),

hilfsweise,

für den Fall der weiteren Gestattung der Nutzung

des Modells durch ihn - den Kläger - eine ange-

messene Vergütung für die Zukunft zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat in Abrede gestellt, daß es sich bei dem streitgegenständlichen statistischen Vergleichsverfahren des modifizierten Anwendervergleichs überhaupt um eine dem Urheberschutz zugängliche Leistung handele. Diese, so hat die Beklagte eingewandt, stelle vielmehr lediglich eine Idee dar, welcher mangels persönlich geistiger Schöpfung der Werkcharakter abgesprochen werden müsse. Als bloße Idee einer "statistischen Verfeinerung" sei der modifizierte Anwendervergleich weder abstrakt schützbar noch im konkreten Fall geschützt . Die Erwägung, anstelle des bisher zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des Fallwerts des zu beurteilenden Arztes herangezogenen Fallwerts seiner Fachgruppe nunmehr den Fallwert einer "fiktiven Fachgruppe" heranzuziehen, die genau das gleiche Leistungsspektrum aufweise wie der zu beurteilende Arzt, stelle lediglich eine naheliegende Verfeinerung des vorhandenen statistischen Handwerks dar. Eine persönlich geistige Schöpfung liege darin nicht. Denn es handele sich dabei um eine sich aufdrängende gedankliche Variante der vorgefundenen statistischen Methodik. Die streitgegenständlichen Ideen hätten aber

ebenfalls nicht ihren nach dem Urhebergesetz jedoch erforderlichen Ausdruck in einer irgendwie gegenständlich verkörperten Form gefunden. Das in ihrer, der Beklagten, EDV-ABteilung im Zusammenhang mit der Erstellung der Frequenztabellen und Gesamtübersichten angewandte Computerprogramm habe der Kläger - wie unstreitig ist - nicht entwickelt, sondern er habe sich dabei nur der vorhandenen Computerprogramme bedient. Soweit der Kläger den Gedanken des angeblich von ihm entwickelten modifizierten Anwendervergleichs in der in § 9 Abs. 3 und 4 der Prüfvereinbarung sowie den dazu erstellten Frequenztabellen und Gesamtübersichten niedergelegten schriftlichen Form für sich reklamieren wolle, scheide ein urheberrechtlicher Schutz aus Rechtsgründen bereits deshalb aus, weil es sich bei der Prüfvereinbarung und den in ihrer Ausführung erstellten Tabellen und Übersichten um Bestimmungen bzw. Bestandteile amtlicher Werke i. S. von § 5 UrhG handele. Die vom Kläger vorgelegten, angeblich von ihm stammenden bzw. nach seinen Vorgaben gefertigten Tabellen und Aufzeichnungen wichen im übrigen von den Gesamtübersichten und Frequenztabellen, wie sie nach Maßgabe der Prüfvereinbarung von ihr verwendet würden, erheblich ab. Sollten allerdings die Ideen "wider Erwarten" urheberschutzfähig sein, so sei aber jedenfalls der Kläger nicht ihr Urheber, zumindest aber nicht ihr alleinige Urheber. Denn es sei durchaus möglich, daß der für die Kassenärztliche Vereinigung Rheinhessen tätige Dr. B. parallel zu den Arbeiten des Klägers oder sogar zeitlich vor ihm die hier in Streit stehende, in der Prüfvereinbarung für maßgeblich erklärte und von ihr angewendete statistische Prüfmethode des "modifizierten Anwendervergleichs" entwickelt habe. Jedenfalls aber, so hat die Beklagte weiter eingewandt, habe der Kläger selbst bei alleiniger Urheberschaft des streitgegentändlichen statistischen Berechnungsmodells und bei dessen unterstellter Urheberschutzfähig-

keit ihr - der Beklagten - ein unentgeltliches Nutzungsrecht hieran eingeräumt. Dies ergebe sich zum einen aus den Bedingungen des dem Kläger abgeschlossenen Arbeitsvertrages. Unabhängig davon folge das aber zum anderen stillschweigend aus dem Umstand, daß der Kläger sein Modell des Anwendervergleichs gerade für die von ihr durchzuführende Wirtschaftlichkeitsprüfung erdacht und bei ihr unter Inanspruchnahme ihrer EDV-Abteilung erprobt habe. Hinzu komme, daß der Kläger selbst - wie unstreitig ist - sich Dritten gegenüber für die Anwendung des angeblich von ihm entwickelten Modells des verfeinerten Anwendervergleichs im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung stark gemacht habe. Von einer ihrerseits für die Anwendung bzw. Nutzung des Verfahrens zu entrichtenden Vergütung sei niemals die Rede gewesen. Diese habe der Kläger vielmehr erstmals im Verlauf der vorliegenden Streitigkeit gefordert. Aus all' dem könne daher nur geschlossen werden, daß der Kläger ihr nicht nur die Nutzung des Verfahrens des Anwendervergleichs als solche überlassen habe, sondern daß dies auch unentgeltlich geschehen sei.

Mit Urteil vom 21. August 1996, auf welches zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Soweit der Kläger seine Klagebegehren aus urheberrechtlichen Anspruchsgrundlagen herleiten wolle, scheitere das, so hat das Landgericht in Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, jedenfalls daran, daß dem modifizierten Anwendervergleich, dessen Urheber zu sein der Kläger für sich reklamiere, kein dem Urheberschutz zugänglicher Werkcharakter beigemessen werden könne. In Betracht komme im Streitfall allenfalls eine Schutzfähigkeit des modifizierten Anwendervergleichs als Darstellung wissenschaftlicher Art i. S. von § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG. Daß der Kläger dem angeblich von ihm entwickelten Modell des modifizierten Anwendervergleichs jedoch eine individuelle

Form der Darstellung verliehen habe, die den Anforderungen des allein an diese Darstellungsform anknüpfenden Urheberschutzes nach Maßgabe von § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG genüge, sei nicht ersichtlich. Ein Vergütungsanspruch des Klägers gemäß §§ 631,632 BGB sei mangels substantiierter Darlegung eines beklagtenseits erteilten Auftrags zur Entwicklung des modifizierten Anwendervergleichs unbegründet. Gleiches gelte für etwaige Ansprüche aus § 812 BGB unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung, die im Streitfall deshalb ausscheide, weil der Kläger der Beklagten das Ergebnis seiner Entwicklungsarbeiten bewußt und freiwillig überlassen habe, ohne dies an Bedingungen, etwa in Form der Zahlung einer Vergütung, zu knüpfen.

Gegen dieses ihm am 3. September 1996 zugestellte Urteil richtet sich die am 4. Oktober 1996 eingelegte Berufung des Klägers, die er mittels eines am 27. Dezember 1996 - nach entsprechender Fristverlängerung - eingegangenen Schriftsatzes fristgerecht begründet hat.

Zu Unrecht, so bringt der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens im übrigen vor, habe das Landgericht dem von ihm - dem Kläger - entwickelten Anwendervergleich die Urheberschutzfähigkeit i. S. von § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG abgesprochen. Das System des modifizierten Anwendervergleichs, welches auf der Basis der bisher zur Ermittlung der Falldurchschnittwerte einer Fachgruppe verwendeten Formel ( Bl. 491 d.A. ) die Fallzahl der Fachgruppe durch die Fallzahl derjenigen Ärzte der Fachgruppe ersetze, welche die jeweilige Leistung tatsächlich erbringen, sei keineswegs nur die selbstverständliche und logische Fortentwicklung des bisherigen arithmetischen Durchschnittsverfahrens. Die eigenschöpferische und damit urheberschutzfähige Leistung liege in der Erfindung

einer fiktiven Fachgruppe, die genau die Leistungen erbringe, die der individuell zu prüfende Arzt erbracht habe. Eine weitere eigenschöpferische Leistung bestehe darin, die so erfundene fiktive Fachgruppe dadurch zur Grundlage der Ermittlung von "Durchschnittswerten" zu machen, daß der ermittelte Preis für die ärztliche Einzelleistung in ein Punktesystem übertragen werde, welches es wiederum gestatte, jeder einzelnen Leistung einen nach dieser fiktiven Fachgruppe ausgerichteten "Punktewert" zuzuordnen. All dies sei neu, habe es bisher nicht gegeben und erleichtere die individuelle Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Leistungen. Er - der Kläger - habe bei alledem jedermann zugängliche oder jedenfalls für jedermann ermittelbare Daten neu kombiniert und so ein System geschaffen, das zwar mit der Anwendung arithmetischer Regeln arbeite, aber die Berechnungsfaktoren so "mixe", daß sowohl der Weg zu diesem Ergebnis als auch das Ergebnis selbst die erforderliche persönliche geistige Schöpfungshöhe aufweise. Dieses von ihm, dem Kläger, entwickelte System des Anwendervergleichs sei dabei urheberschutzfähig und genieße Urheberschutz entweder als "Darstellung wissenschaftlicher Art" gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG oder aber als "Sprachwerk" i. S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG. Denn es habe - wie vom Landgericht jedoch verkannt worden sei - seinen individuellen und konkreten Niederschlag in einer wahrnehmbaren Form gefunden. Er, der Kläger, habe sein System mit seiner im April 1989 vorgelegten schriftlichen Darstellung "statistische Durchschnittsberechnungen bezogen auf Honorarabrechungen von Ärzten" ( Bl. 31 ff d.A. ) und in drei dazugehörigen Tabellen ( Bl. 34 - 36 d.A. )sowie in dem im Deutschen Ärzteblatt vom 8. Mai 1992 veröffentlichten Artikel ( Bl. 601 ff d.A. ) niedergelegt und schriftlich ausgeformt. Dies stelle eine für den Urheberschutz ausreichende Niederlegung in einer wahrnehmbaren Formgestaltung dar. Exakt die von ihm, dem Klä-

ger, in diesem Zusammenhang entwickelte Methode zur Ermittlung der Durchschnittswerte und damit der Grundlage der Wirtschaftlichkeitsprüfung der einzelnen ärztlichen Leistungen durch die Beklagte habe auch Eingang in die zum 3. Quartal 1993 in Kraft getretene Prüfvereinbarung, und zwar dort in § 9 Abs. 3 Ziff. 3, gefunden. Er - der Kläger - sei auch alleiniger Urheber dieses Werks. Er allein habe das System des Anwendervergleichs entwickelt. Es treffe demgegenüber nicht zu, daß ein Dr. B. Urheber oder Miturheber dieses Werks sei; auch die von der Beklagten eingewandte Möglichkeit einer "Doppelschöpfung" scheide aus. Der Urheberschutzfähigkeit stehe auch § 5 UrhG nicht entgegen, weil der Anwendervergleich in der Prüfvereinbarung lediglich in bezug genommen, nicht aber urkundlicher Teil der Prüfvereinbarung selbst sei. Er - der Kläger - habe nach alledem gemäß § 13 UrhG ein Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft am Werk, das jegliche Art der Benutzung des Anwendervergleichs erfasse. Dieses sei auch nicht etwa deshalb entfallen, weil er, der Kläger, das Werk angeblich im Rahmen seiner dienstlichen Obliegenheiten als Prüfarzt geschaffen habe, was hingegen aus den bereits in erster Instanz dargelegten und in der Berufung noch vertieften Gründen nicht der Fall sei. Gemäß § 97 Abs. 1 UrhG stehe ihm gegen die Beklagte ferner ein Schadensersatzanspruch zu, der darauf gerichtet sei, ihn so zu stellen, wie er sich bei Abschluß einer Lizenzvereinbarung betreffend die Nutzung des Anwendervergleichs gestanden hätte. Davon, daß er der Beklagten die Nutzung des Anwendervergleichs unentgeltlich eingeräumt und überlassen habe, könne keine Rede sein.

Der Kläger beantragt,

das am 21. August 1996 verkündete Urteil der

28. Zivilkammer des Landsgerichts Köln - 28 O

319/95 - abzuändern und die Beklagte zu ver-

urteilen,

1. ihn - den Kläger - in den von der Beklagten

erstellten Honorar-Gesamtübersichten und in

den Frequenztabellen im Zusammenhang mit den

Begriffen "Modifizierter Falldurchschnitt der

Vergleichsgruppe" und "Leistungsaufwendungen

der Vergleichsgruppe je Fall" als Urheber des

zugrundeliegenden Vergleichsverfahrens zu

nennen, und zwar in der Weise, daß hinter den

vorgenannten Begriffen hinzugefügt wird

"nach Dr. E.";

2. in Veröffentlichungen und Verlautbarungen oder

anderen an die Öffentlichkeit und/oder ihre

Mitglieder gerichteten Schreiben, in denen der

von dem Kläger entwickelte Anwendervergleich

genannt oder beschrieben wird, den Kläger als

Urheber zu bezeichnen,

3. es zu unterlassen, im Zusammenhang mit dem von

dem Kläger entwickelten Anwendervergleich andere

Personen als ihn als Urheber zu nennen;

4. an ihn - den Kläger - für die Nutzung des von ihm

entwickelten Anwendervergleichs im Rahmen der von

ihr durchzuführenden Prüfungen aufgrund der "Prüf-

vereinbarung" mit den Primar- und Ersatzkassen

seit dem 3. Quartal 1993 eine angemessene Ver-

gütung zu entrichten;

5. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwider-

handlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu

DM 500.000.-, ersatzweise Ordnungshaft, zu voll-

strecken an dem Vorstandsvorsitzenden, bis zu

6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten

zu unterlassen, sich des von dem Kläger ent-

wickelten Anwendervergleichs, insbesondere im

Rahmen der "Prüfvereinbarung" mit den Primär-

und Ersatzkassen ohne Genehmigung durch den

Kläger zu bedienen,

hilfsweise ( zu Antrag 5 ),

für den Fall der weiteren Nutzung des von dem

Kläger entwickelten Anwendervergleichs im Rahmen

der "Prüfvereinbarung" der Beklagten mit den

Primär- und Ersatzkassen an ihn, den Kläger,

eine angemessene Vergütung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält an ihren bereits in erster Instanz vorgebrachten und in der Berufung noch vertiefend begründeten Standpunkten fest, wonach das klägerseits für sich beanspruchte Modell des Anwendervergleichs nicht urheberschutzfähig sei, da es mangels persönlich geistiger Schöpfung keinen Werkcharakter aufweise, es ohnehin an einer gegenständlich verkörperten Form fehle und es, soweit es in die Prüfvereinbarung Aufnahme gefunden habe, jedenfalls als amtliches Werk eingeordnet werden müsse. Sollten die streitgegenständlichen Ideen, so bringt die Beklagte auch insoweit unter Wiederholen ihres erstinstanzlichen Vorbringens vor, "wider Erwarten" gleichwohl als urheberschutzfähig eingeordnet werden, so sei aber jedenfalls der Kläger nicht alleiniger Urheber. Sollte er indessen doch als Urheber anzusehen sein, so habe er ihr -der Beklagten- hieran ein uneingeschränktes unentgeltliches Nutzungsrecht eingeräumt. In der stillschweigenden Nutzungsüberlassung liege zugleich ein den jetzigen Verlangen auf Urheberbenennung entgegenstehender - ebenfalls stillschweigender - Verzicht des Klägers auf das Bestimmungsrecht i. S. von § 13 Satz 2 UrhG. Nachdem der Kläger ihr - der Beklagten - den angeblich von ihm entwickelten modifizierten Anwendervergleich zur unentgeltlichen Nutzung über-

lassen und sie diesen daher mit seiner Billigung genutzt habe, schieden schließlich ebenfalls sowohl die geltend gemachten Vergütungsanspruche, als auch Schadensersatzansprüche aus.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird auf die zwischen ihnen in beiden Instanzen jeweils gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die in formeller Hinsicht einwandfreie und insgesamt zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht den im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Klagebegehren des Klägers, die er im Rahmen seiner in der Berufung umstrukturierten und neu formulierten Antragsfassung im wesentlichen inhaltlich unverändert weiterverfolgt, nicht stattgegeben. Dem Kläger stehen die damit geltend gemachten Anspruche auf Anerkennung seiner Urheberschaft (I), Unterlassung (II) und Zahlung (III) unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

I.

Der mit den Klageanträgen in ihrer jetzigen Formulierung unter Ziff. 1 und Ziff. 2 der Sache nach verfolgte Anspruch des Klägers auf Anerkennung seiner Urheberschaft an dem modifizierten Anwendervergleich ist nicht begründet. Dieser in den Ausprägungen der Anträge unter Ziff. 1 und 2 jeweils verfolgte Anspruch scheitert daran, daß in bezug auf den angeblich vom Kläger ent-

wickelten Anwendervergleich kein dem Urheberschutz zugängliches Werk i. S. von § 2 UrhG vorliegt, welches die vorbezeichneten konkreten Klagebegehren trägt.

Dabei kann es dahinstehen, inwiefern der hier in Rede stehende, in der Prüfvereinbarung ab 1. Juli 1993 als Methode der Wirtschaftlichkeitsprüfung vereinbarte und von der Beklagten tatsächlich praktizierte Anwendervergleich überhaupt vom Kläger, sei es allein oder gemeinsam mit Dritten, entwickelt worden ist. Das ist hier deshalb nicht von streitentscheidender Bedeutung, weil dem Urheber gemäß § 13 UrhG ein Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft jedenfalls nur an einem dem Urheberschutz unterfallenden Werk zusteht. Ungeachtet der Frage, ob überhaupt der Kläger als Urheber in Betracht kommt, mangelt es vorliegend aber bereits an einem solchen Werk.

Auf § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG kann der Kläger die Urheberschutzfähigkeit der von ihm in bezug auf den modifizierten Anwendervergleich geltend gemachten Leistung nicht stützen. Eine nach Maßgabe von § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG geschützte Darstellung wissenschaftlicher oder technischer Art hat der Kläger nicht vorgelegt.

Als etwaige Darstellungen wissenschaftlicher Art in Betracht zu ziehen sind dabei von vorneherein lediglich die mit den " Statistischen Durchschnittsberechnungen bezogen auf Honorarabrechnungen von Ärzten" (Bl. 31 ff d.A.) im April 1989 vom Kläger vorgelegten Tabellen (Bl. 34 - 36 d.A.). Denn Ausdrucksmittel der von § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG erfaßten Leistungen müssen gerade die graphische Darstellung oder die Raumform sein. Ist Ausdrucksmittel hingegen die Sprache, so handelt es sich zwar möglicherweise um eine dem Schutz als Sprachwerk i. S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG unterfallende Leistung ( vgl. Schricker-Loewenheim, Urheberrecht, Rdn. 122 zu § 2 UrhG ). Als Darstellung wissenschaftlicher Art kann die sich der Sprache als Ausdrucksmittel beschienende Leistung jedoch - selbst wenn sie sich ihrem Inhalt nach mit wissenschaftlichen und technischen Sachverhalten befaßt - nicht eingeordnet werden. Infolgedessen können die vom Kläger weiter als angeblich urheberschutzfähige Werke angeführten Schriftbeiträge "statistische Durchschnittsberechnungen bezogen auf Honorarabrechnungen von Ärzten" (Bl. 31 - 33 d.A. ) sowie der im Deutschen Ärzteblatt vom 8. Mai 1992 veröffentlichte Artikel "Modell eines realistischen Vergleichsverfahrens" aus diesem Grund von vorneherein nicht dem Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG zugeordnet werden.

Die im gegebenen Zusammenhang folglich allein zu beurteilenden Tabellen können jedoch nicht als nach Maßgabe von § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG urheberschutzfähige Werke eingeordnet werden, da sie nicht die dafür vorauszusetzende eigenschöpferische Gestaltungshöhe ( § 2 Abs. 2 UrhG ) aufweisen.

Schutzobjekt der vorbezeichneten Bestimmung ist dabei von vorneherein nur die Darstellung als solche, nicht aber der dargestellte Gegenstand. Das in der Darstellung enthaltene wissenschaftliche oder technische Gedankengut wird durch § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG nicht geschützt und kann daher auch nicht zur Begründung der Schutzfähigkeit von Tabellen, die nach einer bestimmten wissenschaftlichen Erkenntnis oder Methode - hier des modifizierten Anwendervergleichs - gewonnene Eintragungen wiedergeben, herangezogen werden. Die Urheberschutzfähigkeit solcher Tabellen kann ihre Grundlage allein in der individuellen, eigenschöpferischen Form der Darstellung finden ( vgl. BGH GRUR 1979, 464/ 465 - "Flughafenpläne" -; Schricker/Loewenheim, a. a.O., Rdn. 124; Fromm/Nordemann/Vinck, Urhberrecht, 8. Auflage, Rdn. 80 zu § 2 UrhG - jeweils mit weiteren Nachweisen ). Daß die klägerseits vorgelegten Tabellen ihrer Darstellungsform nach jedoch eine derart individuelle Prägung aufweisen, die sie als persönlich geistige Schöpfung qualifizieren, ist nicht ersichtlich. Sie erschöpfen sich vielmehr in der für Tabellen üblichen

Aufteilung in Spalten, in die jeweils einzelne, gekennzeichnete Werte eingetragen und einander zugeordnet sind. Irgend eine individuelle schöpferische Leistung des Klägers, die über die üblichen und gängigen Darstellungsmethoden hinausginge, ist nicht erkennbar.

Scheidet somit ein Urheberschutz des Klägers nach Maßgabe von § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG in bezug auf die Tabellen aus diesem Grund aus, gilt gleiches aber auch hinsichtlich der beiden vorbezeichneten Texte ( Bl. 31-33/ Bl. 601 f d.A. ), für die ein Urheberschutz allein nach Maßgabe von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG in Erwägung zu ziehen ist.

Als Sprachwerke i. S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG geschützt sind individuelle Schöpfungen, deren Gehalt mit den Mitteln der Sprache zum Ausdruck gebracht wird (vgl. Fromm/Nordemann/Vinck, a.a.O., Rdn. 29 zu § 2 UrhG m.w.N.). Dabei kann sich der eigenschöpferische Gestaltungsgrad zwar nicht nur aus der individuellen Form, also dem "Wie" der Darstellung, sondern auch aus der in wahrnehmbarer Form zum Ausdruck gebrachten Gedankenführung und -formung des dargestellten Inhalts und/oder der individuellen Form und Art der Sammlung, Einteilung und Anordnung des dargebotenen Stoffes, also dem "Was" der Darstellung ergeben ( BGH GRUR 1987, 704/705 f -" Warenzeichenlexika"-; BGH GRUR 1991, 449 -"Inkasso-Programm"-; Schricker-Loewenheim, a. a.O., Rdn. 29 f; Fromm/Nordemann/Vinck, a.a.O., Rdn. 29 - jeweils mit weiteren Nachweisen ). Zu beachten ist dabei jedoch der Grundsatz, daß Gedanken, Lehren und Theorien als solche gemeinfrei bleiben müssen, und dem Urheberschutz daher auch dann nicht zugänglich sind, wenn sie im Rahmen eines Sprachwerkes wissenschaftlichen und technischen Inhalts dargestellt und/oder herangezogen werden. Da die wissenschaftliche Lehre und das

wissenschaftliche Ergebnis urheberrechtlich frei und jedermann zugänglich bleiben müssen, kann daher nicht das den Inhalt eines Werkes bildende wissenschaftliche Gedankengut, sondern allenfalls seine wissenschaftliche Verarbeitung und Darstellung Gegenstand urheberrechtlichen Schutzes sein. Bei (Sprach-)Werken wissenschaftlichen und technischen Inhalts ist dies nur in verhältnismäßig engen Grenzen in erster Linie dann möglich, wenn die persönlich geistige Schöpfung in der individuellen Darstellung selbst, d.h. in der Form und Art der Sammlung, Einteilung und Anordnung des gebotenen Stoffs liegt. Anders als bei literarischen Werken kann sich die persönlich geistige Schöpfung bei Sprachwerken wissenschaftlichen und technischen Inhalts in aller Regel dagegen nur nachrangig auch aus der Gedankenformung und -führung des dargebotenen Inhalts ergeben ( vgl. BGH GRUR 1986, 739/741 -"Anwaltsschriftsatz; BGH a.a.O. -"Inkasso-Programm" -; Fromm/Nordemann/Vinck, a.a.O., Rdn. 30 zu § 2 UrhG; Schricker-Loewenheim, a.a.O., Rdn. 32 zu § 2 UrhG - jeweils mit weiteren Nachweisen ). Unter Anwendung dieser Maßstäbe können aber die vorstehenden, sich mit der Erläuterung des und Information über den Anwendervergleichs befassenden Texte und Textteile des Klägers nicht als dem Urheberschutz unterfallende Sprachwerke i. S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG eingeordnet werden, bzw. nicht die hier in Rede stehenden Begehren auf Anerkennung der Urheberschaft des Klägers tragen.

Hinsichtlich des Textes " statistische Durchschnittsberechnungen bezogen auf Honorarabrechnungen von Ärzten" gilt das bereits deshalb, weil der Kläger darin lediglich Erläuterungen zu den in die beigefügten Tabellen eingestellten Werten gibt, die sich - auch soweit darin die in den Spalten 6 a und 7 der Tabelle II sowie in der Spalte 5 der Tabelle I enthaltenen verfeinerten Durchschnittswerte und Leistungspunkte je Fall sowie der Falldurchschnittswert der "verfeinerten Fachgruppe" erklärt

werden - auf die Darstellung der unter Heranziehung der bis auf die Grundrechenarten zurückgehenden allgemeinen Rechenregeln sich erschöpfenden Art der Ermittlung der in diesen Spalten eingetragenen Werte beschränken. Der Kläger beschreibt auf diese Weise lediglich die beispielhaft anhand des Tabellenwerks demonstrierte praktische Funktionsweise des Anwendervergleichs. Die sich solcherart an den Tabellen orientierende Einteilung und Aufbereitung des inhaltlichen Stoffs und Gedankenguts folgt dabei weitgehend dem üblichen Aufbau und der üblichen Darstellung. Das individuelle Konzept des "Anwendervergleichs" selbst bleibt dagegen als lediglich abstrakte Lösungsidee im Hintergrund und findet als solches in dem Text sprachlich keinen Ausdruck. Der Senat verkennt dabei auch nicht, daß die beispielhafte Demonstration der praktischen Arbeitsweise einer wissenschaftlichen Theorie letztere als solche erkennbar machen kann. Wollte man jedoch in der vorliegenden Situation allein aus den auf die Erläuterung der eingetragenen Tabellenwerte beschränkten Teilen des hier in Rede stehenden Textes einen auch und gerade das "Modell" des modifizierten Anwendervergleichs erfassenden Urheberschutz herleiten, liefe das auf den mit dem Grundsatz der Gemeinfreiheit wissenschaftlicher Lehren und Ergebnisse nicht zu vereinbarenden Ideenschutz hinaus. Der Kläger erstrebt dabei mit seinem hier zu beurteilenden Klagebegehren auch nicht etwa die Anerkennung seiner Urheberschaft an der Form der Darstellung der in den vorbezeichneten Textpassagen vorgenommenen Erläuterungen oder der darin zum Ausdruck gebrachten konkreten individuellen Einteilung und Anordnung des dargebotenen Stoffs. Sein Begehren geht über den Schutz der sich in dem Text niederschlagenden - formalen und inhaltlichen - Darstellungsweise hinaus und soll das Modell des modifizierten Anwendervergleichs einschließlich der für diesen typischen, und in dem Text in dieser Form überhaupt nicht ver-

wendeten Begriffe " modifizierter Falldurchschnitt der Vergleichsgruppe" und "Leistungsaufwendungen der Vergleichsgruppe je Fall" als solches erfassen.

Gleiches gilt im Ergebnis für den in der Ausgabe des "Deutschen Ärzteblatt" vom 8. Mai 1992 veröffentlichten Beitrag. Auch dieser kann das mit den Klageanträgen unter Ziff. 1 und 2 geltend gemachte Begehren des Klägers nicht tragen. Unabhängig davon, daß der Kläger diesen Artikel nicht als alleiniger Verfasser herausgegeben hat und daher - soweit darin das System des Anwendergleichs als solches sprachlich seinen Niederschlag gefunden hat und zum Ausdruck gebracht ist - nicht ohne weiteres als Alleinurheber angesehen werden kann, verlangt der Kläger auch hier nicht die Anerkennung seiner Urheberschaft an einer in eben diesem Artikel individuell geformten eigenschöpferischen Leistung, sondern unabhängig von dieser konkreten inhaltlichen Darstellungs- und Ausdrucksform Anerkennung der Urheberschaft an dem Modell bzw. der Methode des modifizierten Anwendervergleichs als solchem. Das aus § 13 UrhG folgende Recht des Urhebers bezieht sich indessen allein auf die geistigen und persönlichen Beziehungen des Urhebers zu einem von ihm stammenden konkreten Werk ( vgl. Fromm/Nordemann/Hertin, a.a.O., Rdn. 15 zu § 13 UrhG ). Da die Beklagte jedoch dieses, nämlich den vorstehenden Artikel, weder ganz, noch in Teilen verwendet, sondern sich der Methode des modifizierten Anwendervergleichs und der aus ihrer Anwendung gewonnen Ergebnisse als solcher bedient, vermag der erwähnte Zeitungsartikel das verfahrengegenständliche Begehren des Klägers auf Urheberbenennung nicht zu begründen.

II.

1. Aus den vorstehenden Erwägungen vermag der Kläger auch mit seinem unter Ziff. 3 des Antrags formulierten Unterlassungsbegehren, mit welchem er von der Beklagten im Ergebnis Unterlassung der Leugnung seiner - des Klägers - angeblicher Urheberschaft an dem modifizierten Anwendervergleich fordert, nicht durchzudringen.

Aus § 13 UrhG läßt sich ein solcher Anspruch nach den vorstehenden Ausführungen deshalb nicht herleiten, weil der Kläger damit nicht die Unterlassung der Bezeichnung eines anderen Urhebers an einem bestimmten Werk, bzw. der sich darin konkretisierenden Ausdrucksform eines gedanklichen Inhalts, sondern generell an dem Modell bzw. der Methode des von ihm, dem Kläger, entwickelten Anwendervergleichs fordert. § 13 UrhG erfaßt indessen nur das Recht auf Urheberbenennung einschließlich des daraus folgenden Anspruchs auf Unterlassung der Leugnung der Urheberschaft bzw. der Beseitigung der Folgen einer solchen Leugnung in bezug auf ein konkretes Werk als Gegenstand des Urheberpersönlichkeitsschutzes.

Aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ( §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB analog ) ergibt sich der geltend gemachte Unterlassungsanspruch des Klägers aber ebenfalls nicht. Denn es ist nicht ersichtlich, inwiefern die ohnehin nur im Verhältnis dem Kläger gegenüber durch die Beklagte erfolgte Benennung einer anderen Person als Urheber des angeblich vom Kläger entwickelten und beklagtenseits praktizierten Anwendervergleichs über den damit verbunden Verdruß und die Enttäuschung über die Nichtanerkennung seiner persönlichen Leistung hinaus geeignet ist, das An-

sehen und die soziale Wertgeltung des Klägers zu beeinträchtigen.

2. Als unbegründet erweist sich ebenfalls das unter Ziff. 5 des Antrags geltend gemachte Unterlassungsbegehren, mit welchem der Kläger das Verbot der Nutzung des angeblich von ihm - dem Kläger - entwickelten Anwendervergleichs durch die Beklagte erstrebt.

Ein hier allein in Betracht zu ziehender Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG steht dem Kläger mangels der Beklagten anzulastender Verletzung eines Urheberrechts nicht zu. Dabei kann es offenbleiben, ob der Kläger der Beklagten tatsächlich ein Recht zur Nutzung des Anwendervergleichs eingeräumt hat, mithin ein von § 97 Abs. 1 UrhG aber vorausgesetzter widerrechtlicher Verletzungstatbestand aus diesem Grund ausscheidet. Ebenfalls dahingestellt bleiben kann es, ob der Kläger, der auch gegenwärtig noch in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten steht, nach den Bedingungen des Arbeitsvertrages zumindest verpflichtet ist, der Beklagten die Anwendung bzw. Nutzung des von ihm unstreitig für die Bedürfnisse der Wirtschaftlichkeitsprüfung entwickelten und in der EDV-Abteilung der Beklagten erprobten Verfahrens des streitgegenständlichen modifizierten Anwendervergleichs zu gestatten. Das alles ist deshalb nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung, weil der Kläger auch hier Urheberschutz nur für die sich in einer bestimmten Darstellung konkretisierende persönlichgeistige Schöpfung beanspruchen kann, nicht aber für die dieser zugrundeliegende abstrakte Idee oder das daraus erzielte wissenschaftliche Ergebnis. Da sich die Beklagte indessen weder im Rahmen der Prüfvereinbarung, noch in sonst ersichtlichem Zusammenhang eines solchen konkreten Werks des Klägers bedient, vielmehr das -abstrakte- algorithmische Verfahren des Anwendervergleichs zur Ermittlung bestimmter, im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung verwendeter Werte, mithin allenfalls die wissenschaftliche Idee und die daraus erzielten Ergebnisse des Klägers verwendet, scheidet eine den Unterlassungstatbestand des § 97 Abs. 1 UrhG erfüllende Urheberrechtsverletzung aus.

III.

Hat die Beklagte aber ein Urheberrecht des Klägers in bezug auf den modifizierten Anwendervergleich durch die bloße Nutzung dieses Verfahrens nicht verletzt, ist der unter Ziff. 4 des Klageantrags geltend gemachte Zahlungsanspruch ebensowenig begründet, wie der schließlich hilfsweise zu Ziff. 5 des Klagebegehrens geltend gemachte Vergütungsanspruch. Denn die einen Vergütungs- bzw. Schadensersatzanspruch in Form der Lizenzanalogie auslösende Beeinträchtigung oder Nutzung einer urheberrechtlichen Rechtsposition des Klägers kann in der hier allein praktizierten Anwendung des Verfahrens des Anwendervergleichs aus den vorangegangenen Erwägungen nicht erblickt werden.

Aus den vom Landgericht im einzelnen dargestellten Gründen, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt ( § 543 Abs. 1 ZPO ) scheidet auch ein Vergütungsanspruch gemäß §§ 611 ff, 631 ff, 812 ff BGB aus, zumal dem Vortrag des Klägers, der die Verwendung des Modells des modifizierten Anwendervergleichs im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung vorprozessual vehement propagiert hat, ohne in diesem Zusammenhang eine gesondert neben seinem Arbeitsentgelt zahlbare Vergütung zu fordern, auch nicht entnommen werden kann, daß eine Vergütung der Üblichkeit entspricht.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer entspricht dem Wert des Unterliegens des Klägers im vorliegenden Rechtsstreit.






OLG Köln:
Urteil v. 28.08.1998
Az: 6 U 8/97


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/51378aea8112/OLG-Koeln_Urteil_vom_28-August-1998_Az_6-U-8-97




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