Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. Juni 2005
Aktenzeichen: 17 W (pat) 45/03

(BPatG: Beschluss v. 30.06.2005, Az.: 17 W (pat) 45/03)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse G 01L des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. Dezember 2002 aufgehoben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen erteilt:

Patentanspruch 1 vom 6. Dezember 2004, eingegangen am 7. Dezember 2004, Patentanspruch 2, eingegangen am 17. Mai 1997 (Anmeldetag);

Beschreibung Seiten 1, Reinschrift eingegangen am 17. Mai 1997 und Seiten 2, 3, eingegangen am 7. Dezember 2004 sowie ein Blatt "Bezugszeichenliste", Reinschrift eingegangen am 17. Mai 1997;

1 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 und 2, eingegangen am 17. Mai 1997.

Gründe

I.

Die Anmeldung mit der Bezeichnung

"Rohrdruckmittler"

wurde am 17. Mai 1997 beim Deutschen Patentamt eingereicht.

Sie wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G01L des Deutschen Patent- und Markenamtes mit Beschluß vom 5. Dezember 2002 mangels erfinderischer Tätigkeit zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluß ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.

Sie verfolgt ihre Anmeldung auf der Grundlage des am 6. Dezember 2004 per Fax eingereichten Anspruchs 1 weiter:

Dieser Anspruch lautet:

"Rohrdruckmittler für strömende Medien, bestehend aus einem rohrförmigen Gehäuse mit einer axial einliegenden rohrförmigen im Querschnitt kreisförmigen metallischen Druckmembran, deren Enden druckdicht mit dem Gehäuse verbunden sind, wobei ein Spalt zwischen dem Gehäuse und der Druckmembran eine Druckmittelkammer für flüssige Druckmittel bildet und die Druckmittelkammer über eine Leitung mit einem Meßgerät verbunden ist und der vom Medium auf die Druckmembran einwirkende Druck über das Druckmittel auf das Meßgerät übertragen wird, dadurch gekennzeichnet, daß in der Druckmittelkammer (4) ein Unterdruck besteht, durch den die Druckmembran (2) im Betrieb stets elastisch nach außen verformt ist."

Bezüglich der weiteren Unterlagen wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Nach Ansicht der Anmelderin ist die beanspruchte Lehre durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik weder bekannt noch nahegelegt und demzufolge patentierbar.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentanspruch 1 vom 6. Dezember 2004, Patentanspruch 2, eingegangen am 17. Mai 1997 (Anmeldetag);

Beschreibung Seiten 1, eingegangen am 17. Mai 1997 und Seiten 2, 3, eingegangen am 6. Dezember 2004 sowie ein Blatt "Bezugszeichenliste", eingegangen am 17. Mai 1997;

1 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 und 2, eingegangen am 17. Mai 1997.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet, da der beanspruchte Gegenstand nach den §§ 1 bis 5 PatG patentfähig ist.

1. Der Erteilungsantrag ist zulässig. Die Offenbarung des geltenden Anspruchs 1 geht aus dem ursprünglichen Anspruch 1 und aus der ursprünglichen Beschreibung Seite 2, 3. Abs. hervor, wobei die in dem genannten Beschreibungsteil befindliche Aussage "Dieser Unterdruck bleibt bestehen" in zulässiger Weise durch den Begriff "stets" im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 umschrieben wurde.

Anspruch 2 ist unverändert geblieben. Die Änderungen in der Beschreibung beziehen sich auf die Textanpassung an den geltenden Anspruch 1 durch Einfügung des Wortes "stets" auf S. 2, Zeile 14 und auf die Streichung des Wortes "beispielsweise" auf Seite 3, Zeilen 24, 25 der ursprünglichen Beschreibung; diese Änderungen sind ebenfalls zulässig.

2. Die Erfindung betrifft einen Rohrdruckmittler für strömende Medien. Nach den Angaben in der Beschreibungseinleitung zeigen bekannte Rohrdruckmittler mit Vorverformung der Druckmembran nach innen Nachteile bei der Messung von Unterdrücken im zu messenden strömenden Medium oder bei höheren Medientemperaturen, da in beiden Fällen die Messmembran in Richtung ihrer Vorverformung weiter verformt wird. Wird hierbei die Elastizitätsgrenze überschritten, so können bleibende Schäden an der Messmembran auftreten.

Die der Erfindung zugrundeliegende Zielsetzung besteht demgemäß in der Schaffung von Rohrdruckmittlern ohne die aufgezeigten Mängel.

Die zugehörige technische Lehre des Anspruchs 1 lautet - mit hinzugefügter Gliederung - wie folgt:

Rohrdruckmittler für strömende Medien, a) bestehend aus einem rohrförmigen Gehäusea1) mit einer axial einliegenden rohrförmigen im Querschnitt kreisförmigen metallischen Druckmembran, a1.1) deren Enden druckdicht mit dem Gehäuse verbunden sind, b) wobei ein Spalt zwischen dem Gehäuse und der Druckmembran eine Druckmittelkammer für flüssige Druckmittel bildetc) und die Druckmittelkammer über eine Leitung mit einem Meßgerät verbunden ist und der vom Medium auf die Druckmembran einwirkende Druck über das Druckmittel auf das Meßgerät übertragen wird, dadurch gekennzeichnet, d) daß in der Druckmittelkammer (4) ein Unterdruck besteht, durch den die Druckmembran (2) im Betrieb stets elastisch nach außen verformt ist.

3. Im Prüfungsverfahren wurden folgende Druckschriften betrachtet:

D1) EP 0 629 846 A1 D2) WO 92/ 08 116 A1 D3) US 5 022 271.

Anmelderseitig wurden genannt:

D4) DE 74 33 978 U D5) EP 0 629 846 B1.

Bezüglich dieses Standes der Technik ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu, da keine der Druckschriften einen Rohrdruckmittler mit allen Merkmalen dieses Anspruchs zeigt. Der beanspruchte Gegenstand beruht darüber hinaus auch auf erfinderischer Tätigkeit.

In D1 (vergl. Fig. 1, 2, 3 mit Sp. 5, Z. 13 bis Sp. 6, Z. 13) wird ein Rohrdruckmittler für strömende Medien ("Meßstoff" Sp. 6, Z. 32) beschrieben, der aus einem rohrförmigen Gehäuse 4, 6 mit einer axial einliegenden, rohrförmigen, im Querschnitt kreisförmigen und metallischen Druckmembran 30 besteht, deren Enden druckdicht mit dem Gehäuse 4, 6 verbunden sind - Merkmale a), a1), a1.1). Ein Spalt zwischen dem Gehäuse 4, 6 und der Druckmembran 30 bildet eine Druckmittelkammer 42 für flüssige Druckmittel (Sp. 6, Z. 14-32) - Merkmal b). Die Druckmittelkammer 42 ist über eine Leitung 46 mit einem Meßgerät 48 verbunden, so daß der vom Medium ("Meßstoff") auf die Druckmembran 30 einwirkende Druck über das Druckmittel auf das Meßgerät 48 übertragen wird (Fig. 5 mit Sp. 6, Z. 33-54) - Merkmal c). Beim Rohrdruckmittler nach D1 wird die Druckmittelkammer im Betrieb stets unter einem Druck gehalten, der um so viel größer ist als der (Meßstoff-) Druck im Inneren der Druckmembran 30, daß die Membran örtlich radial nach innen eingebeult ist (Sp. 7, Z. 28-36; Sp. 11, Z. 9-12). Bei diesem Betrieb des Rohrdruckmittlers ergibt sich eine gute Linearität der Kennlinie zwischen dem Arbeitsvolumen und dem Druck im Meßraum sowie ein ausreichend hohes Arbeitsvolumen (Sp. 9, Z. 12-19), wobei sich der Begriff "Arbeitsvolumen" auf das bei Druckänderungen bewegte Volumen des Druckmittels bezieht (Sp. 11, Z. 13-17).

Die gemäß Merkmal d) beim Gegenstand des Anspruchs 1 im Betrieb durch Unterdruck in der Druckmittelkammer stets vorhandene elastische Verformung der Meßmembran nach außen ist somit beim Rohrdruckmittler nach D1 nicht gegeben. Eine entsprechende Vorgehensweise wird durch D1 auch nicht nahegelegt, da die dort angegebenen Vorteile, die durch den in der Druckmittelkammer im Betrieb stets herrschenden Überdruck gegeben sind, dem Fachmann keine Veranlassung zu Änderungen geben. Gegenüber D1 ist der beanspruchte Gegenstand folglich neu und beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit.

D5 ist die B1-Schrift zu D1 und bezüglich des beanspruchten Gegenstandes wie D1 zu bewerten.

Zu der aus D2 bekannten Druckmessvorrichtung 10 gehört ein Gehäuse 12, das auf der dem zu messenden Medium 34 zugewandten Seite 14 eine Vertiefung aufweist, die durch eine Membran 30 abgedeckt ist (Fig. 1). Die von Vertiefung und Membran gebildete Kammer 18 ist beispielsweise mit Silikonöl als flüssigem Druckmittel gefüllt (S. 4, Z. 4-6). Die Druckmittelmenge wird so bestimmt, daß die Membran 30 unbelastet ist und bei Raumtemperatur keine Auslenkung zeigt (S. 3, Z. 29-31; S. 4, Z. 18-20). Der bei Betrieb der Druckmessvorrichtung im Druckmittel auftretende Druck wird an der Öffnung 22 des Kanals 20 mit Hilfe der Druckmeßeinheit 44 ermittelt. Mit dieser so konzipierten Meßvorrichtung, d.h. mit neutraler Membranposition im unbelasteten Zustand und bei Normaltemperatur, soll erreicht werden, daß möglichst geringe unkorrigierbare Fehler auftreten (S. 1, Z. 21 bis S. 2, Z. 4). Auch dieser Stand der Technik gibt dem Fachmann keine Anregung, auf derartigen Unterdruck in der Druckmittelkammer überzugehen, daß die Druckmembran im Betrieb stets elastisch nach außen verformt ist.

Zur Druckmeßvorrichtung nach D3 gehört ein Basiskörper 5, in den eine Hülse 6 eingeschraubt werden kann. Beide Elemente weisen Aussparungen 9 bzw. 13 auf, die zusammen mit dem Membranteil 14 der Hülse 6 eine Druckmittelkammer bilden, die bei Betriebsbeginn zusammen mit dem Meßkanal 10 mit Flüssigkeit gefüllt wird. Die während des Meßbetriebs auftretenden Drücke lenken den Membranteil 14 nach außen und bewirken Druckänderungen in der besagten Flüssigkeit, die mit Hilfe des Messgerätes 7 bestimmt werden (Fig. 1, 2). Um gleichermaßen auf kleine Druckänderungen und große Druckschwankungen anzusprechen, ist die Meßmembran 14 mit - beispielsweise vier - gewölbten Teilbereichen 15 ausgestattet (Sp. 3, Z. 33-38 mit Fig. 2). Auch D3 legt es folglich nicht nahe, zu Betriebsbeginn im flüssigen Druckmittel in der Druckmittelkammer den Druck so einzustellen, daß dort bei allen Betriebsfällen Unterdruck herrscht.

In der Beschreibungseinleitung der Beschwerdeanmeldung ist zutreffend angegeben, daß der Rohrdruckmittler nach D4 (DE 74 33 978 U) mit jenem nach Anspruch 1 bezüglich der Merkmale des Oberbegriffs übereinstimmt. Aus S. 3, le. Abs. dieser Druckschrift geht hervor, daß Druckmittelraum 5, Kanal 6 und Meßglied über den Einfüllkanal 7 zunächst mit spezieller Druckmittelflüssigkeit "luftleer" gefüllt werden: Dieser Vorgang läuft unter Normalbedingungen ab. Hinweise auf eine Einstellung der Druckmittelkammer auf Unterdruck entsprechend Merkmal d) des Anspruchs 1 lassen sich somit auch D4 nicht entnehmen.

Auch die gemeinsame Betrachtung des abgehandelten Standes der Technik legt es nicht nahe, bei einem durch Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 charakterisierten Rohrdruckmittler, wie er beispielsweise durch die Druckschriften D1/D5 und D4 bekannt ist, entsprechend Merkmal d) den Druck in der Druckmittelkammer so einzustellen, daß die Druckmembran im Betrieb stets elastisch nach außen verformt ist.

Bei der aufgezeigten Sachlage beruht das Auffinden des Rohrdruckmittlers nach Anspruch 1 somit auf erfinderischer Tätigkeit; dieser Anspruch ist folglich gewährbar. Der abhängige Anspruch 2 enthält eine zweckmäßige, nicht selbstverständliche Weiterbildung der in Anspruch 1 enthaltenen Erfindung und ist demzufolge ebenfalls gewährbar.

Dr. Fritsch Eder Prasch Schuster Bb






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Az: 17 W (pat) 45/03


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