Verwaltungsgericht Düsseldorf:
Urteil vom 29. Januar 2003
Aktenzeichen: 16 K 5883/01

(VG Düsseldorf: Urteil v. 29.01.2003, Az.: 16 K 5883/01)

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klägerin die Klage zurück-genommen hat.

Es wird festgestellt, dass Ziffer II Abs. 2 und Abs. 4 (hinsichtlich des Satzteiles &.8222;nach Vorgabe des Fachbereichs Straßen- und Brücken-bau&.8220;), ferner Ziffer VIII Abs. 1 (hinsichtlich des Satzteiles &.8222;gemäß den Auflagen der Straßenverkehrsbehörde&.8220;), ferner Ziffer XII Abs. 3 und Abs. 5 in den teilweise geänderten Fassungen der in der Anlage zum Zustimmungsbescheid der Beklagten vom 17. August 2001 beigefüg-ten Technischen Bedingungen und Auflagen der Stadt S rechtswidrig waren.

Im Übrigen wird die Klage, soweit sie nicht in der Hauptsache erledigt ist, abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 3/5 und die Be-klagte 2/5.

Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die jeweilige Kostenschuldnerin kann die Vollstreckung gegen Si-cherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages ab-wenden, wenn nicht die jeweilige Kostengläubigerin vor der Voll-streckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Mit Schreiben vom 1. August 2001 beantragte die Klägerin die Zustimmung zur Verlegung eines Kabelschutzrohres in der L Straße in S. Mit Bescheid vom 17. August 2001 erteilte die Beklagte die begehrte Zustimmung; Bestandteil dieses Bescheides waren mehrere Nebenbestimmungen.

Am 20. September 2001 hat die Klägerin gegen den am Tage des Erlasses auch abgesandten Bescheid Klage erhoben hinsichtlich der Nebenbestimmungen Ziffer 4 und Ziffer 5 des Zustimmungsbescheides sowie hinsichtlich Ziffer I Nr. 4 c und Nr. 5, Ziffer II, Ziffer IV, Ziffer VI, Ziffer VII, Ziffer VIII, Ziffer IX, Ziffer X, Ziffer XI und Ziffer XII der als Anlage zum Zustimmungsbescheid beigefügten Technischen Bedingungen und Auflagen der beigeladenen Stadt.

Die Verlegung des Schutzrohres ist mittlerweile erfolgt, die diesbezüglichen Arbeiten sind abgeschlossen.

Die Beklagte hat während des gerichtlichen Verfahrens mehrere Änderungen der Nebenbestimmungen vorgenommen. Nachdem die Klägerin ihre Klage hinsichtlich der Nebenbestimmungen Ziffer 5 sowie der Ziffer VIII Abs. 2 Satz 2 der Anlage zurückgenommen hat und die Parteien hinsichtlich der Nebenbestimmungen Ziffer 4 des Bescheides sowie der Ziffern I Nr. 4 c und Nr. 5, IV, VII, VIII Abs. 3 und 4, X, XI und XII Abs. 2 der Anlage den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, sind noch folgende Nebenbestimmungen streitig:

Ziffer II Abs. 1, Abs. 2 in der durch Schriftsatz vom 7. Februar 2002 geänderten Fassung und Abs. 4:

(1) Eine Überbauung von parallel verlaufenden Fremdleitungen ist nicht zulässig, es sei denn, sie wurden entsprechend beantragt und genehmigt. Das Kreuzen von Fremdleitungen wird nicht als Überbauung im Sinne dieser Regelung angesehen.

(2) Mit einem Mitarbeiter/einer Mitarbeiterin des Fachbereichs Straßen und Brückenbau ist vor Beginn der Arbeiten die Aufgrabungsstrecke abzugehen. Voraussichtliche technische Schwierigkeiten bei der Verlegung der TK-Linien und der nach § 52 vorzunehmenden Wiederherstellung nach Beendigung der Baumaßnahme sind zu erörtern. Es ist ein Protokoll zu fertigen, das sowohl das Ergebnis dieser Erörterung einschließlich etwaiger Abweichungen und Besonderheiten als auch den Bauzustand der Verkehrsoberfläche wiedergibt.

(4) Nach Verlegung der TK-Linien sind aufgegrabene Verkehrsflächen durch die und auf Kosten der Berechtigten unverzüglich in vorgefundener Weise nach Vorgabe des Fachbereichs Straßen und Brückenbau durch die Berechtigte wiederherzustellen.

Ziffer VI in der durch Schriftsatz vom 9. Dezember 2002 geänderten Fassung:

Wird durch die Bauarbeiten der Zugang zu den angrenzenden Grundstücken sowie der Anliegerverkehr voraussichtlich eingeschränkt werden, sind die Anlieger bzw. Nutzer der betroffenen Grundstücke rechtzeitig vor Baubeginn in angemessener Form zu unterrichten.

Ziffer VIII Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 in der durch Schriftsatz vom 9. Dezember 2002 geänderten Fassung und Abs. 5, letzter Satz:

(1) Bauarbeiten sind so durchzuführen, dass die Sicherheit des Verkehrs nicht und die Leichtigkeit des Verkehrs nur in geringst möglichem Umfang beeinträchtigt werden. Die Berechtigte wird alle zum Schutz der öffentlichen Verkehrswege und des Straßenverkehrs erforderlichen Vorkehrungen treffen, insbesondere die Baustellen gemäß den Auflagen der Straßenverkehrsbehörde absperren und kennzeichnen.

(2) Der Beginn der Bauarbeiten ist der Stadt S mindestens zwei Wochen vorher schriftlich anzuzeigen.

(5) ... Die Berechtigte duldet Einwirkungen, die sich bei der Erfüllung der Aufgaben aus der Wegebaulast und aus dem Straßenverkehr ergeben.

Ziffer IX in der durch Schriftsatz vom 9. Dezember 2002 geänderten Fassung:

(1) Jede Verlegung oder Änderung von TK-Linien ist vollständig zu dokumentieren. Die Berechtigte hat die Kabelkanalrohre mit vermessungstechnischen Messmethoden und Anschluss an die geodätischen Festpunktfelder nach Lage und Höhe einzumessen. Als Nachweis sind Gauß-Krüger-Koordinaten bzw. NN-Höhen (Normal-Null) zu liefern.

(2) Die Berechtigte führt über ihre TK-Linien eine Leitungsdokumentation nach Maßgabe der in Abs. 1 genannten Einmessungen durch und ist in jedem Fall für die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Leitungsdokumentation verantwortlich. Die Berechtigte gibt auf Verlangen der Stadt oder anderer Sondernutzer des Straßenlandes, zu denen auch alle Nutzungsberechtigten i.S. des TKG gehören, entsprechende Auskünfte. Bei Änderungen ist die Leitungsdokumentation entsprechend fortzuschreiben.

(3) Die Berechtigte verpflichtet sich gegenüber der Stadt, spätestens vier Monate nach Fertigstellung des jeweils genehmigten Trassenabschnitts kostenfreie genaue und vollständige Bestandslagepläne auf Datenträger in Abstimmung mit dem Fachbereich Vermessung, Kataster und Liegenschaften im SICAD-SQD-Format oder ersatzweise in DXF-Format zur Führung eines eigenen Leitungskatasters zur Verfügung zu stellen. Als einheitliche geometrische Grundlage ist die digitale Liegenschaftskarte/Flurkarte und der Topografische Atlas zu verwenden.

(4) Für den Fall, dass der Stadt keine digitalisierten Bestandslagepläne in der oben beschriebenen Weise zur Verfügung gestellt werden, übernimmt die Berechtigte die Kosten, die der Stadt für die Herstellung von den Anforderungen entsprechenden Plänen entstehen. Diese städtischen Leistungen werden auf der Grundlage des Gebührenverzeichnisses zur Gebührenordnung für die Vermessungs- und Katasterbehörden (VermGebO NW) Nr. 4.2 in Verbindung mit der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) § 6 - Zeithonorar - oder § 100 Abs. 2 - Freie Vereinbarung - abgerechnet.

Ziffer XII Abs. 3 und Abs. 4 in der durch Schriftsatz vom 25. Oktober 2002 geänderten Fassung und Abs. 5:

(3) Bei Wegfall der Lizenz oder durch Aufgabe des Betriebs der TK-Linien kann die Stadt von der Berechtigten die vollständige Beseitigung der Anlage und die Wiederherstellung der öffentlichen Verkehrswege entsprechend der vorhandenen Wegebefestigung und des Wegezubehörs innerhalb einer angemessenen Frist auf Kosten der Berechtigten verlangen. Die Stadt wird von diesem Recht erst Gebrauch machen, wenn dies im zwingenden öffentlichen Interesse erforderlich ist. Dies begründet keine Ansprüche Dritter gegenüber der Stadt.

(4) gestrichen

(5) Die Berechtigte verpflichtet sich, für den Fall des Wegfalls der Lizenz oder der Aufgabe des Betriebs ihrer TK-Linien oder einer anstehenden Geschäftsaufgabe, vor Eintritt eines dieser Ereignisse alle aus der Ausführung von Straßenbauarbeiten auf Ser Stadtgebiet zu ihren Gunsten hinterlegten Gewährleistungsbürgschaften und die Ansprüche hieraus auf die Stadt zu übertragen.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die angefochtenen Nebenbestimmungen mit den Grundsätzen des Telekommunikationsgesetzes nicht vereinbar und daher aufzuheben bzw. deren Rechtswidrigkeit festzustellen seien und legt dies im Einzelnen dar.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Zustimmungsbescheid der Beklagten vom 17. August 2001 hinsichtlich der Nebenbestimmung in Ziffer IX der als Anlage zu diesem Bescheid beigefügten Technischen Bedingungen und Auflagen der Stadt S aufzuheben,

ferner festzustellen, dass Ziffer II Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4, Ziffer VI, Ziffer VIII Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 5 letzter Satz sowie Ziffer XII Abs. 3, Abs. 4 und Abs. 5 der als Anlage zum Zustimmungsbescheid vom 17. August 2001 beigefügten Technischen Bedingungen und Auflagen der Stadt S rechtswidrig gewesen sind.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen, soweit sie noch aufrecht erhalten bzw. in eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgewandelt worden ist.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die ausführlichen Schriftsätze der Klägerin und der Beklagten sowie auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

I.

Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 VwGO eingestellt.

II.

Soweit die Klage aufrecht erhalten bzw. als Fortsetzungsfeststellungsklage fortgeführt wird, hat sie teilweise Erfolg.

1.) Die gegen Ziffer II Abs. 1, Ziffer VI, Ziffer VIII Abs. 2 Satz 1 und Abs. 5 letzter Satz, Ziffer XII Abs. 4 gerichtete Fortsetzungsfeststellungsklage und die gegen Ziffer IX gerichtete Anfechtungsklage haben allerdings keinen Erfolg.

a) Die gegen die Nebenbestimmung Ziffer II Abs. 1 gerichtete Fortsetzungsfeststellungsklage ist unzulässig. Schon die ursprünglich hiergegen gerichtete Anfechtungsklage war mangels Rechtsschutzinteresses der Klägerin unzulässig. Denn dass sie durch diese Regelung im Hinblick auf das konkrete Vorhaben in der L Straße beschwert war, dass dort also eine Überbauung von parallel verlaufenden Fremdleitungen beabsichtigt war oder in Betracht gekommen wäre, ist von ihr nicht geltend gemacht worden und auch sonst nicht ersichtlich. War aber schon die ursprüngliche Klage unzulässig, dann ist auch eine Fortsetzungsfeststellungsklage nicht zulässig.

b) Hinsichtlich der Regelung in Ziffer VIII Abs. 2 Satz 1, dass der Beginn der Bauarbeiten der Stadt S mindestens zwei Wochen vorher anzuzeigen ist, hat die Klägerin eine Rechtsverletzung nicht konkret geltend gemacht, sodass ihre Klage insoweit ebenfalls unzulässig ist.

c) Gleiches gilt für die in Ziffer VIII Abs. 5 letzter Satz getroffene Regelung, wonach die Berechtigte Einwirkungen duldet, die sich bei der Erfüllung der Aufgaben aus der Wegebaulast und aus dem Straßenverkehr ergeben; auch insoweit war die Klage von Anfang an unzulässig. Diese Regelung enthält keine besondere Beschwer der Klägerin. Ein entschädigungsloses Dulden von Einwirkungen ist hier entgegen der Ansicht der Klägerin nicht geregelt, vielmehr handelt es sich lediglich um einen allgemeinen Hinweis auf die ohnehin bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen.

d) Schließlich ist die Fortsetzungsfeststellungsklage auch hinsichtlich Ziffer XII Abs. 4 unzulässig. Insoweit mangelt es der Klägerin an einem Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Die Beklagte hat diesen Abs. 4 laut Schriftsatz vom 25. Oktober 2002 ersatzlos gestrichen. Dass sie eine entsprechende Regelung in künftigen Zustimmungsbescheiden trotzdem wieder verwenden wird, was für die Annahme einer Wiederholungsgefahr erforderlich wäre, dafür liegen keinerlei Anhaltspunkte vor.

e) Die gegen die Nebenbestimmung Ziffer VI gerichtete Fortsetzungsfeststellungsklage ist demgegenüber zulässig. Diese Nebenbestimmung bezieht sich auf den Zeitraum vor Baubeginn, sie kann daher, nachdem die Bauarbeiten an der betr. Telekommunikationslinie beendet sind, keine Wirkung mehr entfalten und hat sich damit erledigt. Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr. Denn wegen der standardisierten Form der im Wesentlichen durch die beigeladene Stadt beeinflussten Nebenbestimmungen ist eine derartige Regelung, die sich hier wegen der Durchführung der Bauarbeiten erledigt hat, in vergleichbaren Fällen, d.h. bei allen weiteren von der Beklagten erlassenen Zustimmungsbescheiden, die sich auf das Stadtgebiet der Beigeladenen beziehen, wieder zu erwarten. Dass in einigen vergleichbaren Verfahren bereits das Berufungsverfahren durchgeführt wird, ändert nichts an dem Fortsetzungsfeststellungsinteresse, da diese Verfahren weder hinsichtlich des Streitgegenstandes noch hinsichtlich der Verfahrensbeteiligten identisch sind.

Diese Klage ist allerdings unbegründet.

Nach § 50 Abs. 3 Satz 2 TKG kann die Zustimmung zur Verlegung neuer Telekommunikationslinien mit technischen Bedingungen und Auflagen versehen werden, die diskriminierungsfrei zu gestalten sind. Bei dem Erlass des Zustimmungsbescheides handelt es sich um einen gebundenen Verwaltungsakt, da grundsätzlich ein Anspruch auf Benutzung der Verkehrswege für die öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationslinien und damit auch grundsätzlich ein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung zur Verlegung neuer Telekommunikationslinien besteht; deshalb sind mit der Zustimmung verbundene Bedingungen und Auflagen nur gerechtfertigt, wenn sie sich am Zweck des entsprechenden Gesetzes, hier also des Telekommunikationsgesetzes orientieren; sie sind darüber hinaus gerechtfertigt, wenn sie sich aus anderen, den Vorgaben des Telekommunikationsgesetzes nicht widersprechenden Rechtsnormen ergeben oder allgemeinen Rechtsgrundsätzen entsprechen.

Die der Klägerin in Ziffer VI auferlegte Pflicht zur Benachrichtigung der Grundstückseigentümer über den anstehenden Baubeginn ist zwar nicht im Gesetz geregelt. Da aber aus den wechselseitigen Beziehungen, die zwischen dem Wegebaulastträger einerseits und dem die öffentlichen Wege mitbenutzenden Leitungsbetreiber andererseits bestehen, insbesondere im Hinblick auf das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme und auf die im Interesse der Allgemeinheit zu beachtenden Anforderungen der Sicherheit und Ordnung weitere Rechte und Pflichten folgen, sind diese gleichfalls zu beachten und können als Nebenbestimmung in einen Zustimmungsbescheid nach § 50 TKG Eingang finden. Eine derartige Pflicht stellt auch die Verpflichtung zur Information der Grundstückseigentümer dar, es entspricht allgemeinen Rechtsgrundsätzen und ist im Hinblick auf das Gebot der Rücksichtnahme nicht unangemessen, diese Verpflichtung zur Information, die im Interesse sämtlicher von den Baumaßnahmen unmittelbar oder mittelbar Betroffenen geboten ist, der den Zeitpunkt des Baubeginns festlegenden und damit im Vergleich zum Straßenbaulastträger sachnäheren Klägerin aufzuerlegen.

f) Auch die Anfechtungsklage hinsichtlich der Nebenbestimmung Ziffer IX ist nicht begründet.

Diese Regelung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.

Gegen die in der angefochtenen Nebenbestimmung festgelegte Verpflichtung zur digitalen Einmessung der betr. Telekommunikationslinie und der Dokumentation in einem bestimmten digitalen System bestehen keine rechtlichen Bedenken, wie das angerufene Gericht schon in seiner Entscheidung vom 2. Mai 2001

VG Düsseldorf, Urteil vom 2. Mai 2001 - 16 K 2244/98 -

im Einzelnen dargelegt hat. Zwar betraf dieses Urteil die Verpflichtung zur Einstellung der Daten in das von der dort beigeladenen Stadt verwendete GEOLIS-Dokumentationssystem, während hier das SICAD-SQD-Format oder das DXF-Format maßgeblich sein sollen. Die damals angestellten Erwägungen gelten aber genauso im vorliegenden Fall; schon im genannten Urteil hat das Gericht sich mit dem Umstand, dass es keine bundeseinheitliche Normung gibt und die Klägerin sich deshalb auf verschiedene Methoden und Systeme einstellen muss, auseinander gesetzt und hat diesem Umstand angesichts der Möglichkeit, dass es ohne allzu große technische Schwierigkeiten möglich ist, Daten in ein anderes System einzustellen und ggfs. auf neue Systeme umzustellen, keine entscheidende Bedeutung beigemessen und die geforderte Einmessungs- und Dokumentationspflicht als dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechend angesehen. Hieran ist auch weiter fest zu halten. Auch wenn das Verwaltungsgericht Hannover insoweit eine andere Ansicht vertreten hat,

vgl. VG Hannover, Urteil vom 21. Mai 2001 - 10 A 3939/00 -,

besteht für das angerufene Gericht dennoch kein Anlass, von seiner Auffassung abzurücken, zumal auch das Verwaltungsgericht Hamburg eine entsprechende Einmessungs- und Dokumentationspflicht als rechtmäßig eingestuft hat,

vgl. VG Hamburg, Urteil vom 3. September 2001 - 21 VG 2321/99 -,

und eine obergerichtliche Entscheidung zu dieser Problematik noch nicht vorliegt.

2.) Demgegenüber hat die unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr zulässige Fortsetzungsfeststellungsklage, soweit sie sich gegen Ziffer II Abs. 2, Ziffer II Abs. 4, Ziffer VIII Abs. 1, Ziffer XII Abs. 3 und Abs. 5 richtet, Erfolg.

a) Die Fortsetzungsfeststellungsklage hinsichtlich der streitigen Nebenbestimmung Ziffer II Abs. 2 in der durch Schriftsatz vom 7. Februar 2002 abgeänderten Fassung ist begründet, § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Diese Regelung ist rechtswidrig gewesen. Sie ist mit § 50 TKG nicht vereinbar. Sie sieht Beweissicherungsmöglichkeiten vor, die nach dem Telekommunikationsgesetz nicht vorgeschrieben sind; dort sind lediglich Regelungen enthalten, die die Wiederherstellung der Wegeoberfläche betreffen, § 52 Abs. 3 TKG. Eine weiter gehende Verpflichtung, darüber hinaus schon im Vorfeld der Bauarbeiten die Aufgrabungsstrecke mit einem Vertreter der Beigeladenen abzugehen und über den Bauzustand und dergleichen gemeinsam Feststellungen zu treffen, diese zu erörtern und in einem Protokoll fest zu halten, lässt sich hieraus regelmäßig nicht ableiten. Derartiges geht auch über die im Gesetz vorgeschriebene Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik hinaus, solche Pflichten sind an keiner Stelle vorgesehen, sie entsprechen auch nicht allgemeinen Rechtsgrundsätzen. Die Klägerin wird durch eine derartige Nebenbestimmung gerade angesichts des Umstandes, dass es einen erheblichen Personalaufwand bedeutet, schon vor Beginn der Bauarbeiten einen gemeinsamen Termin an Ort und Stelle durchzuführen und dies wiederum erhebliche Kosten (auch) für die Klägerin zur Folge hat, insbesondere wenn man diese Kosten auf die Vielzahl der erforderlichen Fälle hochrechnet, unverhältnismäßig belastet.

b) Auch die angegriffene Regelung in Ziffer II Abs. 4, wonach die Wiederherstellung aufgegrabener Verkehrsflächen nach Vorgabe des Fachbereichs Straßen- und Brückenbau erfolgen soll, ist rechtswidrig gewesen. Diese Regelung entspricht nicht den Vorgaben des § 52 Abs. 3 TKG. Hiernach hat der Nutzungsberechtigte den Verkehrsweg nach Beendigung der Arbeiten an den Telekommunikationslinien unverzüglich wieder in Stand zu setzen, sofern nicht der Unterhaltungspflichtige erklärt hat, die Instandsetzung selbst vornehmen zu wollen. D.h., soweit der Nutzungsberechtigte die Instandsetzung selbst vorzunehmen hat, ist er berechtigt, diese in eigener Regie durchzuführen. Eine Regelung, dass er die Vorgaben des Straßenbaulastträgers zu beachten hat, steht in Widerspruch hierzu, folgt auch nicht aus anderen Rechtsvorschriften und ist auch nicht im Hinblick auf die grundsätzlich zu beachtenden Anforderungen der Sicherheit und Ordnung geboten.

c) Die Fortsetzungsfeststellungsklage hinsichtlich der Nebenbestimmung Ziffer VIII Abs. 1 ist gleichfalls begründet. Diese Regelung, derzufolge die Klägerin alle zum Schutz der öffentlichen Verkehrswege und des Straßenverkehrs erforderlichen Vorkehrungen treffen, insbesondere die Baustellen gemäß den Auflagen der Straßenverkehrsbehörde absperren und kennzeichnen wird, war hinsichtlich der Verpflichtung, dies den Auflagen der Straßenverkehrsbehörde entsprechend zu tun, ebenfalls rechtswidrig. Insoweit geht diese Regelung, die ansonsten nur die ohnehin bestehenden Pflichten der Klägerin wiedergibt, über das durch den Straßenbaulastträger bzw. die Regulierungsbehörde in einem Zustimmungsbescheid Regelbare hinaus. Denn die verkehrsrechtlichen Aspekte, die die Straßenverkehrsbehörde der Klägerin zur Auflage macht, werden in einer verkehrsrechtlichen Anordnung ausgesprochen, zu deren Einhaltung die Klägerin sich nicht schon vor Erlass derselben verpflichten muss, zumal sie dadurch eventueller Rechtsschutzmöglichkeiten gegen eine solche Anordnung verlustig gehen kann.

d) Ferner ist die Nebenbestimmung Ziffer XII Abs. 3 rechtswidrig gewesen. Die hier geregelte Berechtigung der Beigeladenen, die vollständige Beseitigung der Anlage und Wiederherstellung der öffentlichen Verkehrswege zu verlangen, gehört nicht zu dem, was die Beklagte zulässigerweise in einem Zustimmungsbescheid regeln kann. Diese Regelung soll und kann erst bei Wegfall der Lizenz oder Aufgabe der Telekommunikationslinien zum Zuge kommen, mithin zu einem Zeitpunkt, zu dem das dem Nutzungsberechtigten durch das Telekommunikationsgesetz eingeräumte Sondergebrauchsrecht erloschen und die damit zusammenhängenden, die Benutzung der Verkehrswege betreffenden Rechtsbeziehungen nach dem Achten Teil des TKG (§§ 50 58) beendet sind. Eine Regelungsbefugnis der Beklagten über den Zeitraum des Bestehens des Sondergebrauchsrechts hinaus ist ihr nach dem Telekommunikationsgesetz nicht eingeräumt, folglich kann die Beklagte auch keine Befugnis haben, Regelungen zu treffen, die erst nach dem Erlöschen dieser Rechtsbeziehungen Wirkungen entfalten können. Da eine sich möglicherweise aus dem Erlöschen des Sondergebrauchsrechts ergebende Verpflichtung zur Rückabwicklung (zum Rückbau) erst nach dem Erlöschen der Wirkungen des Telekommunikationsgesetz eintreten kann, besteht kein unmittelbarer Sachzusammenhang mehr mit der Zustimmungsentscheidung der Beklagten. Insoweit müsste eine Rückabwicklung nach den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften erfolgen, andernfalls würden u.U. die Rechtsschutzmöglichkeiten der Klägerin verkürzt.

e) Schließlich ist auch die in Ziffer XII Abs. 5 geregelte Pflicht zur Übertragung von Gewährleistungsbürgschaften und Ansprüchen hieraus auf die beigeladene Stadt rechtswidrig. Eine derartige Verpflichtung geht über die der Klägerin mit dem Telekommunikationsgesetz auferlegten Pflichten hinaus, weder ist so etwas dort ausdrücklich vorgesehen noch kann dies aus der Verpflichtung des Nutzungsberechtigten, die Telekommunikationslinien den Anforderungen der Sicherheit und Ordnung sowie den anerkannten Regeln der Technik genügend zu errichten und zu unterhalten, folgen. Auch aus anderen Rechtsvorschriften oder allgemeinen Rechtsgrundsätzen lassen sich derartige Pflichten nicht ableiten. Eine derartige Regelung durfte damit nicht in einem Verwaltungsakt getroffen werden.

III.

Soweit der ursprüngliche Klageantrag die Nebenbestimmung Ziffer II ohne Einschränkung aufgeführt hat, ergibt sich aus der Klagebegründung und dem prozessualen Verhalten der Klägerin, dass diese Nebenbestimmung nur hinsichtlich der Abs. 1, 2 und 4 angefochten werden sollte. Aus diesem Grund bedurfte es keiner Entscheidung zu Abs. 3 dieser Nebenbestimmung. Auch Ziffer VIII Abs. 5 Satz 1 und Ziffer XII Abs. 1 waren nicht Gegenstand der Klage.

IV.

1.) Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist hinsichtlich dieses Teils des Verfahrens nur noch über die Kosten zu entscheiden, § 161 Abs. 2 VwGO.

Im Hinblick auf die ursprünglich angefochtenen Nebenbestimmungen Ziffer I Nr. 5, Ziffer X, Ziffer XI und Ziffer XII Abs. 2 der Technischen Bedingungen und Auflagen der beigeladenen Stadt hat die Beklagte durch Teilaufhebung und Verdeutlichung (Ziffer I Nr. 5), durch Aufhebung (Ziffer X) bzw. durch Änderung (Ziffer XI und XII Abs. 2) dem zulässigen Klagebegehren entsprochen; daher entspricht es billigem Ermessen, der Beklagten diesen Anteil an den Kosten aufzuerlegen.

Hingegen sind hinsichtlich des übrigen in der Hauptsache für erledigt erklärten Teiles die anteiligen Kosten aus Billigkeitsgründen der Klägerin aufzuerlegen. Denn hinsichtlich dieser Nebenbestimmungen (Ziffer 4 des Bescheides und Ziffer I Nr. 4 c, IV, VII, VIII Abs. 3 und Abs. 4 der Technischen Auflagen und Bedingungen der beigeladenen Stadt) hätte die Klage voraussichtlich keinen Erfolg gehabt:

Der in Ziffer 4 genannte Widerrufsvorbehalt entspricht den allgemeinen Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes, ihm steht das Telekommunikationsgesetz weder ausdrücklich noch nach Sinn und Zweck entgegen.

Durch die in Ziffer. I Nr. 4c für anwendbar erklärte ATB-Tele Stra, die zunächst versehentlich als ATB-Be Stra bezeichnet worden war, was dann aber in der Klageerwiderung umgehend korrigiert wurde, war die Klägerin nicht konkret beschwert. Bereits bei Erhalt des Bescheides war für die Klägerin ersichtlich, dass die genannten Vorschriften nicht für das Vorhaben in der L Straße gelten konnten, da es sich hierbei nicht um eine Maßnahme an einer Bundesfernstraße handelte, sodass die in der ATB-Tele Stra genannten Verlegetiefen auch für sie ersichtlich nicht für ihr Vorhaben gelten konnten.

Das in Ziffer IV enthaltene Gebot, die Zahl und Abmessungen der Schächte auf das erforderliche Maß zu beschränken, dient dem möglichst ökonomischen Umgang mit Wegeressourcen und dürfte im Hinblick auf das allgemeine Gebot der Rücksichtnahme nicht zu beanstanden gewesen sein. Diese wie auch die Regelung zur Streckendichte stellen bloße Programmsätze dar, die im Einzelfall durchaus Abweichungen zulassen; dass die Klägerin durch einen derartigen allgemeinen Hinweis in ihren Rechten verletzt gewesen sein könnte, ist insbesondere im Hinblick auf das konkrete Vorhaben nicht ersichtlich. Auch durch die in dieser Ziffer darüber hinaus enthaltene Regelung hinsichtlich der Kennzeichnung der Schachtdeckel war die Klägerin nicht beschwert, da sie ohnehin Schachtdeckel mit Kennzeichnung verwendet; soweit eine Regelung über die Oberflächengestaltung enthalten ist, erforderte diese im vorliegenden Fall auch für die Klägerin ersichtlich keine über die gesetzliche Instandsetzungspflicht des § 52 Abs. 3 TKG hinausgehenden Aufwendungen, somit war sie durch diese Regelungen nicht beschwert, ein Rechtsschutzinteresse bestand daher nicht. Die für städtebaulich besonders gestaltete Bereiche geforderte Abstimmung mit dem Fachbereich Straßen und Brückenbau konnte ebenfalls nicht zum Zuge kommen, da ein solcher €ereich bei der Maßnahme in der L Straße ersichtlich nicht betroffen war.

Auch Ziffer VII, wonach vorgesehen war, dass die Bauarbeiten in möglichst kurzer Zeit durchzuführen seien, enthielt einen reinen Programmsatz, an den im Fall der Nichteinhaltung keine unmittelbaren Sanktionen geknüpft waren; somit hatte die hiergegen gerichtet Klage mangels Beschwer der Klägerin von vornherein keine Erfolgsaussichten.

Die in Ziffer VIII Abs. 3 geforderte Wiederherstellung der Vermessungspunkte entspricht der Instandsetzungspflicht des Nutzungsberechtigten, § 52 Abs. 3 TKG, und begegnet deshalb keinen durchgreifenden Bedenken.

Schließlich war auch die in Ziffer VIII Abs. 4 festgelegte gemeinsame Abnahme sowohl in der ursprünglichen Fassung wie auch in der, die sie durch den Schriftsatz vom 9. Dezember 2002 erhalten hat, nicht rechtswidrig; insbesondere bestand kein Widerspruch zu § 12 VOB Teil B, vielmehr stellte diese Regelung das Verlangen nach förmlicher Abnahme im konkret vom Zustimmungsbescheid betroffenen Bauvorhaben dar, das nach § 12 Ziffer. 4 Abs. 1 VOB jeder Partei zusteht.

2.) Die Kostenentscheidung beruht im Übrigen, soweit über die Klage durch Urteil entschieden wurde, auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und, soweit die Klage zurückgenommen wurde, auf § 155 Abs. 2 VwGO.

Hiervon ausgehend ergibt sich unter Berücksichtigung des Anteils des jeweiligen Obsiegens bzw. Unterliegens eine Kostenverteilung, nach der von den Gesamtkosten des Verfahrens die Klägerin 3/5 und die Beklagte 2/5 zu tragen hat. Die Beigeladene, die keinen Antrag gestellt und sich am Kostenrisiko daher nicht beteiligt hat, trägt nur ihre außergerichtlichen Kosten selbst, §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Berufung war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat.






VG Düsseldorf:
Urteil v. 29.01.2003
Az: 16 K 5883/01


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