Landgericht Köln:
Urteil vom 22. Februar 2008
Aktenzeichen: 81 O 148/06

(LG Köln: Urteil v. 22.02.2008, Az.: 81 O 148/06)

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt,

an den Kläger € 1.964,00 nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1.3.2006 zu zahlen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 10% und der Beklagte 90%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 120% desjenigen Betrages, dessentwegen vollstreckt wird.

Tatbestand

Der Kläger behauptet, früher allein und jetzt zusammen mit seiner Ehefrau im Rahmen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter der Bezeichnung golup gewerblich über die Internetplattform ebay Schuhverkäufe zu tätigen und leitet hieraus seine Berechtigung her, gegen den Beklagten vorzugehen.

Er nimmt den Beklagten, der über die Internetplattform ebay Schuhe verkauft, in Anspruch mit der Begründung, dieser habe gegen seine Belehrungspflichten betreffend das Widerrufsrecht des Verbrauchers sowie seine Pflicht, sein Impressum im Angebot mitzuteilen, verstoßen. Er ist der Auffassung, der Antragsgegner hätte - was nicht geschehen war - die Widerrufsbelehrung in das Angebot aufnehmen müssen; des weiteren fehle es innerhalb des Angebotes an einem Impressum und schließlich sei die auf der "mich"-Seite gegebene Widerrufsbelehrung in zwei Punkten (Rücksendung nur unter Angabe von Gründen und bei einem Wert von bis zu € 100,- unter Übernahme der Kosten). Mit Schreiben vom 4.1.2006 hat er den Beklagten anwaltlich abgemahnt, der daraufhin mit Fax vom 17.1.2006 eine Unterwerfung ablehnte, weil eine "Kettenabmahnung" vorliege. Auf eine erneute Aufforderung seitens der Prozessbevollmächtigen des Klägers hin rief der Beklagte die Anwälte an; im Rahmen dieses Telefonates kam es - so die Behauptung des Klägers - zu einer ausführlichen Erörterung der Rechtslage, "um den Beklagten zur Einsicht zu bewegen". Innerhalb der bis zum 25.1.2006 verlängerten Frist gab dann der Beklagte durch seine jetzigen Prozessbevollmächtigen eine modifizierte Unterlassungsverpflichtungserklärung ab, die der Kläger annahm; die verlangten Anwaltskosten zahlte der Beklagte nicht.

Der Kläger berechnet seine Forderung wie folgt:

Angesichts der drei Beanstandungspunkte legt er einen Streitwert von € 15.000,- zu Grunde und verlangt den Ersatz einer 1,3fachen Geschäftsgebühr nach Nr.2400 VV (€ 735,80), einer 1,2fachen Terminsgebühr nach Nr.3104 VV(€ 679,20), weil sein Prozessbevollmächtiger Klageauftrag hatte und das Telefonat der Vermeidung eines Verhandlungstermins gedient habe und schließlich - außer der Postpauschale von € 20,- - eine 1,5fache Einigungsgebühr nach Nr.1000 VV (€ 849,-), weil es zu einer Einigung über den Streit gekommen sei.

Das Gericht hat die Parteien auf Folgendes hingewiesen:

1. Nachdem sich aus dem Zustandekommen der Einigung zwischen den Parteien kein Anerkenntnis seitens des Beklagten herleiten lässt, muss der Kläger seine Aktivlegitimation - hier: seine Mitbewerberstellung - dartun; dies braucht nicht (und sollte auch nicht) durch Benennung von Käufern als Zeugen zu geschehen, sondern sollte sinnvoller Weise (z.B.) durch Einreichung eines Internetangebotes als Beispiel und einer (auszugsweisen) Liste von abgeschlossenen Auktionen geschehen.

2. Bezüglich des Streitwertes erscheinen die vom Kläger am Schluss der Klagebegründungsschrift genannten € 15.000,- angemessen, denn jeder der drei Beanstandungspunkte

a) Keine Widerrufsbelehrung im Angebot

b) Kein Impressum im Angebot

c) In zwei Aspekten unrichtige Widerrufsbelehrung

sind durchaus gewichtige Fehler bei Angeboten im Rahmen des Fernabsatzes und sind mit jeweils € 5.000,- angemessen bewertet.

3. a) Das Gericht hält die Beanstandung zu a) für unbegründet, weil - hierauf weist der Beklagte zu Recht hin - innerhalb des Angebotes auf den Fundort der Widerrufsbelehrung hingewiesen worden ist; dies reicht aus, weil der Verbraucher nichts zu „suchen“ braucht.

b) Anders verhält es sich mit dem Impressum, auf das innerhalb des Angebotes nicht in geeigneter Form hingewiesen worden ist.

c) Ebenfalls begründet ist die Beanstandung bezüglich der beiden Mängel der Widerrufsbelehrung, was der Beklagte zu Recht als solches auch nicht bestreitet; sein Einwand, er schulde keinen Ersatz der Abmahnkosten, weil die Auktion schon beendet gewesen sei, ist unerheblich, denn der Ablauf einer Auktion beendet noch nicht die ohne Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung fortbestehende Wiederholungsgefahr.

4. Vor diesem Hintergrund bestehen zu Gunsten des Klägers - unterstellt, er kann seine Aktivlegitimation belegen - folgende Ansprüche, zu berechnen nach einem Streitwert von € 10.000,-:

a) 1,3 Geschäftsgebühr (€ 631,80), weil es keinen Grund gibt, von diesem Satz abzuweichen, erst recht nicht nach unten

b) 1,5 Einigungsgebühr (€ 729,00), denn eine Einigung ist erfolgt, auch wenn der Beklagte der Auffassung war und ist, zu nichts verpflichtet gewesen zu sein

c) Auslagenpauschale (€ 20,00)

d) Hinsichtlich 1,2 „Terminsvermeidungsgebühr“ nach Nr. 3104 VV RVG (€ 583,20) folgt das Gericht ebenfalls der Auffassung des Klägers, wonach eine solche Gebühr auch vor tatsächlicher Einleitung eines Verfahrens in Betracht kommt, wenn - wie hier - der Klageauftrag erteilt ist. Dies ergibt sich aus der Vorbem. 3, Abs.3 zu Nr.3104 VV RVG, denn die Handlungsvariante „Vermeidung ... des Verfahrens“ macht nur Sinn, wenn die Anhängigkeit eines Verfahrens keine Voraussetzung ist (siehe auch Anwaltskommentar RVG, 3.Aufl VV Vorbemerkung 3, RN 138, wo die gegenteilige Auffassung in der vom Beklagten zitierten 2.Auflage - dort Rdn. 127 - aufgegeben ist.

5. Der Beklagte hat zwar erwähnt, mit Gegenansprüchen aufgerechnet zu haben; er hat dies aber in keiner Weise spezifiziert - insbesondere nicht nach der Höhe einschließlich er Fälligkeit -, sodass dieser Aspekt unberücksichtigt zu lassen ist.

6. Die Differenz des sich daraus errechnenden Gesamtbetrages von € 1.964,00 zur Klageforderung ist relativ so gering, dass es wegen der sich dann reduzierenden Gerichtskosten unter dem Strich billiger sein dürfte, wenn der Kläger seine Forderung darauf reduziert und der Beklagte die reduzierte Forderung anerkennt.

Im Hinblick darauf hat der Kläger seine Klage um € 320,- nebst anteiliger Zinsen ermäßigt

und beantragt,

wie erkannt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bestreitet nach wie vor die Aktivlegitimation des Klägers - die vorgelegte Liste belege nicht, dass es sich um Verkäufe des Klägers handele -, hält den angenommenen Streitwert für zu hoch und meint, er müsse schon deshalb keine Kosten tragen, weil die Auktion nicht mehr online gestanden habe.

Sein Verhalten sei hinsichtlich der Tatsache der Widerrufsbelehrung und der Angabe des Impressums nicht zu beanstanden, weil es ausreiche, wenn dies auf der "mich"-Seite geschehe; dieser Begriff sei üblich und werde als Hinweis auf das Impressum verstanden.

Eine Terminsgebühr könne nicht entstehen, weil kein Verfahren anhängig gewesen sei und es bestritten werde, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers unbedingten Prozessauftrag gehabt habe; eine Einigung sei nun gerade nicht zustande gekommen, schon weil es an einem Nachgeben des Klägers fehle.

Vorsorglich rechnet er auf mit seinem Gegenanspruch aus der Gegenabmahnung (BGH, GRUR 2004,790), die jedenfalls als Geschäftsführung ohne Auftrag anzusehen sei. Der Höhe nach gibt er ihn mit € 891,80 an auf der Grundlage eines Streitwertes von € 25.000,- und einer 1,3fachen Geschäftsgebühr.

Beide Parteien haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch den Vorsitzenden einverstanden erklärt.

Das Gericht hat Beweis angeordnet durch Vernehmung des Prozessbevollmächtigen des Klägers; die Beweisaufnahme ist aber nicht durchgeführt worden, weil der Beklagte die entsprechende Behauptung des Klägers unstreitig gestellt hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Gründe

Die Klage ist im zuletzt noch geltend gemachten Umfang begründet.

Der Kläger ist aktivlegitimiert, auch wenn die von ihm vorgelegte Liste tatsächlich keinen Hinweis darauf bietet, dass die Verkäufe von ihm getätigt worden sind. Seine Mitbewerberstellung ergibt sich aber aus dem von ihm vorgelegten Angebot, das oberhalb der Widerrufsbelehrung golup als Anbieter ausweist und (u.a.) ihn als Teil von golup legitimiert; bei einer Zahl von weit über 11.000 Bewertungen in reichlich 4 Jahren ist die ernsthafte gewerbliche Tätigkeit des Kläger nicht mehr in Zweifel zu ziehen und im Übrigen hat der Beklagte gegenüber dieser Urkunde nichts Erhebliches und vor allen Dingen nichts Substanziiertes mehr eingewandt.

In Bezug auf die materielle Rechtslage - Wettbewerbswidrigkeit der Beanstandungen und Begründetheit der einzelnen Forderungen einschließlich der Angemessenheit des angesetzten Streitwertes sowie der Gebührenhöhe - bleibt das Gericht bei seiner Auffassung, die im Hinweisbeschluss vom 2.3.2007 niedergelegt ist; auf den oben im Tatbestand wiedergegebenen Beschluss wird verwiesen. Nunmehr ist auch unstreitig, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers Klageauftrag hatte.

Die vom Beklagten gegenüber der Klageforderung hilfsweise erklärte Aufrechnung ist unbegründet, weil ein solcher Anspruch abgesehen von vorliegend nicht gegebenen besonderen Ausnahmesituationen nicht besteht.

In der vom Beklagten zur Rechtfertigung seines Anspruchs zitierten Entscheidung des BGH heißt es insoweit nämlich wie folgt:

„4. Nicht begründet ist ... der von der Kl. ... geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der diesem durch die Gegenabmahnung entstandenen Kosten. Mit Recht geht die herrschende Meinung im Wettbewerbsrecht davon aus, dass der zu Unrecht Abgemahnte grundsätzlich nicht - auch nicht zur Vermeidung der Kostenfolge des § 93 ZPO - gehalten ist, vor der Erhebung einer negativen Feststellungsklage eine Gegenabmahnung auszusprechen. Eine Gegenabmahnung ist vielmehr nur dann ausnahmsweise veranlasst, wenn die Abmahnung in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht auf offensichtlich unzutreffenden Annahmen beruht, bei deren Richtigstellung mit einer Änderung der Auffassung des vermeintlich Verletzten gerechnet werden kann, oder wenn seit der Abmahnung ein längerer Zeitraum verstrichen ist und der Abmahnende in diesem entgegen seiner Androhung keine gerichtlichen Schritte eingeleitet hat. Denn nur in solchen Fällen entspricht eine Gegenabmahnung dem mutmaßlichen Willen und dem Interesse des Abmahnenden und kann der Abgemahnte daher die Kosten der Gegenabmahnung erstattet verlangen (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 41 Rdnrn. 72-74; Köhler, in: Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., Vorb. § 13 Rdnrn. 205f. jew. m.w. Nachw.).“

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 269, 709 ZPO.

Streitwert: € 3.175,80 (€ 2.284,- Klageforderung zuzüglich € 891,80 Hilfsaufrechnung)






LG Köln:
Urteil v. 22.02.2008
Az: 81 O 148/06


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