Bundespatentgericht:
Urteil vom 30. Oktober 2001
Aktenzeichen: 3 Ni 38/00

(BPatG: Urteil v. 30.10.2001, Az.: 3 Ni 38/00)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,- DM vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 28. Juni 1983 angemeldeten Patents 33 48 491 (Streitpatent), das als Teil aus dem Patent 33 23 171 hervorgegangen ist. Das Streitpatent betrifft einen verstellbaren, an die Körpergröße anpaßbaren Stuhl und umfasst einen Patentanspruch mit folgendem Wortlaut:

"Verstellbarer, an die Körpergröße anpaßbarer Stuhl mit einstellbarer Höhe der Sitzplatte und mit einer Rückenlehne, die von seitlich der Sitzplatte nach hinten oben weisend angeordneten Tragteilen gehalten ist, die eine Verstellung der Relativlage von Rückenlehne und Sitzplatte zueinander gestatten, dadurch gekennzeichnet, dass die seitlichen Tragteile (6,7) aus teleskopartig ineinanderschiebbaren Hohlprofilen bestehen, von denen die oberen einen U-förmigen Rückenlehnenbügel (7) bilden, der mit seinen Schenkeln auf den unteren Tragteilen (Verbindungsholme 6) in Bezug auf die Sitzplatte (5) gleichzeitig höhen- und tiefenverstellbar gehalten und mittels einer Verriegelungselemente (14,15) aufweisenden Verstelleinrichtung (12) in unterschiedlichen Relativlagen von Rückenlehne (9) und Sitzplatte (5) fixierbar ist."

Die Klägerin vertritt die Auffassung, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig, weil er nicht neu sei, zumindest nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Zudem sei das Streitpatent gegenüber der Stammanmeldung in unzulässiger Weise erweitert worden. Zur Begründung beruft sich die Klägerin auf folgende Unterlagen:

K 1 "Stühle aus Stahl", Metallmöbel 1925 bis 1940, Verlag der Buchhandlung Walter König, Köln 1980, S. 168, K 2 vergrößerte Kopie des verstellbaren Ahrend-Arbeitsstuhls nach K 1 (S. 168 li Sp unten), K 3 vergrößerte Kopie eines anderen Ahrend-Arbeitsstuhls nach K 1 (Wiedergabe einer zitierten Seite 50 mit Abb 41).

Darüber hinaus nimmt sie Bezug auf folgende schon im Erteilungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt berücksichtigte Druckschriften:

deutsche Offenlegungsschrift 24 21 259, deutsches Gebrauchsmuster 70 39 941, deutsches Gebrauchsmuster 71 13 781 undfranzösische Offenlegungsschrift 2 265 321.

Die Klägerin beantragt, das Patent 33 48 491 für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Hilfsweise beantragt sie, dem Patent die Fassung eines aus dem erteilten Patentanspruch durch Einfügung der Wortfolge "unabhängig von der Überbodenhöhe der Sitzplatte (5)" hinter der Wortfolge "in Bezug auf die Sitzplatte (5)" hervorgegangenen Patentanspruchs zugrunde zu legen.

Sie tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und hält das Streitpatent für patentfähig.

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich als unbegründet. Der Senat hat nicht feststellen können, daß die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe der unzulässigen Erweiterung und der fehlenden Patentfähigkeit dem Streitpatent entgegenstehen, §§ 22 Abs 1, 21 Abs 1 Nrn 4 und 1 PatG. I.

1) Das Streitpatent betrifft einen verstellbaren, an die Körpergröße anpaßbaren Stuhl, bei dem die Höhe der Sitzplatte sowie die Relativlage zwischen Sitzplatte und Rückenlehne verstellt werden können.

Nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift ist aus der deutschen Offenlegungsschrift 24 21 259 ein höhenverstellbarer Stuhl für Kinder verschiedener Altersstufen bekannt (s StrP Sp 1 Z 10 - 37), bei dem die Sitzposition in Relation zur fixierten Lehnenhöhe dadurch verstellbar ist, daß seine Tragteile an den einander zugewandten Seiten zahlreiche Nuten aufweisen, in die eine Sitzplatte und ggf. auch noch ein Fußbrett einschiebbar sind. Soll der Stuhl auch für Erwachsene benutzbar sein, kommt man nicht umhin, für kleine Kinder die Sitzplatte in erheblicher Höhe über dem Boden anzubringen. Die Sitzplatte ist folglich für diese Kinder nur schwer zu erreichen; ihre Höhe stellt überdies einen Gefahrenpunkt dar.

Zum aus der amerikanischen Patentschrift 4 364 606 (s StrPS Sp 1 Z 38 - 68) bekannten Stuhl ist ausgeführt, daß die Relativlage von Rückenlehne und Sitzplatte zueinander verstellbar ist. Wird der Sitz durch Anheben seiner Vorderkante etwas nach hinten gekippt, läßt er sich auf Führungsabschnitten verschieben, wobei sich Rückenlehnenhöhe und Sitzflächengröße gemeinsam verändern. Jeder Relativlage von Sitz und Rückenlehne entspricht eine unterschiedliche Überbodenhöhe, die jedoch nicht gewählt werden kann. Zum Verstellen muß der Benutzer aufstehen.

Des weiteren ist der amerikanischen Patentschrift 2 797 738 (s StrPS Sp 2 Z 1 - 9) ein Schaukelstuhl zu entnehmen, dessen Tragteile die Form ineinander verschiebbarer Hohlprofile haben, über die die Sitzflächengröße, nicht jedoch die Rückenlehnenhöhe verändert werden kann. Da die Relativlage durch Schrauben fixiert ist, ist die Verstellung ohne Werkzeug nicht möglich.

Aus den deutschen Gebrauchsmusterschriften 70 39 941 und 71 13 781 (s StrPS Sp 2 Z 10 - 29) sind Stühle bekannt, deren Sitzflächenhöhe, nutzbare Sitzflächengröße und Rückenlehnenhöhe gleichzeitig über Spindeltriebe verstellbar sind. Eine individuelle Einstellung von Sitzhöhe, Sitztiefe und Rückenlehnenhöhe ist nicht möglich. Die Verstellvorrichtung ist außerdem schwer zugänglich und schwer zu betätigen sowie aufwendig in der Herstellung.

2) Vor diesem Hintergrund ist es Aufgabe des Streitpatents (s StrPS Sp 2 Z 30 - 35), eine von der Überbodenhöhe der Sitzplatte unabhängige gemeinsame Verstellmöglichkeit für Sitzflächengröße und Rückenlehnenhöhe über der Sitzplatte vorzuschlagen, die auch vom auf dem Stuhl sitzenden Benutzer einfach betätigt werden kann.

3) Zur Lösung dieser Aufgabe beschreibt der Patentanspruch einenverstellbaren, an die Körpergröße anpaßbaren Stuhl 1. mit einstellbarer Höhe der Sitzplatte und 2. mit einer Rückenlehne, 2.1. die von seitlich der Sitzplatte nach hinten oben weisend angeordneten Tragteilen gehalten ist, 2.1.1. die eine Verstellung der Relativlage von Rückenlehne und Sitzplatte zueinander gestatten und 2.1.2. die aus teleskopartig ineinanderschiebbaren Hohlprofilen bestehen, 2.1.2.1. von denen die oberen einen U-förmigen Rückenlehnenbügel bilden, 2.1.2.1.1. der mit seinen Schenkeln auf den unteren Tragteilen (Verbindungsholmen) in bezug auf die Sitzplatte gleichzeitig höhen- und tiefenverstellbar gehalten und 2.1.2.1.2. mittels einer Verriegelungselemente aufweisenden Verstellvorrichtung in unterschiedlichen Relativlagen von Rückenlehne und Sitzplatte fixierbar ist.

II.

1. Der Gegenstand des Patents geht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen (Stammanmeldung P 33 23 171.0) nicht hinaus.

Die Klägerin hält aufgrund der Fassung des Patentanspruchs 1 der Stammanmeldung und der darin genannten Aufgabe, nämlich Konstruktions- und Gestaltungsmerkmale für einen Stuhl anzugeben, der sich leicht an die Körpermaße eines xbeliebigen Schülers anpassen läßt, um die orthopädischen Forderungen und ergonomischen Erkenntnisse bei minimaler Abweichung von diesen zu erfüllen (S 5 le Abs), für ersichtlich, daß ursprünglich Schutz begehrt worden sei für einen Stuhl, bei dem sowohl die Höhe der Sitzplatte über dem Boden als auch die Relativlage von Rückenlehne und Sitzplatte durch ganz bestimmte konstruktive Merkmale, beispielsweise mehrere teleskopartig verstellbare Stuhlbeine sowie teleskopartig verstellbare Tragelemente für die Rückenlehne, verändert werden können. Wenn demgegenüber der aus einer Teilung des Stammpatents hervorgegangene Gegenstand des Streitpatents keine Ausführungsform der Tragelemente für die Sitzplatte, insbesondere keine konkreten Mittel zur Verstellung der Sitzhöhe mehr umfasse, sei eine unzulässige Erweiterung des ursprünglich offenbarten Gegenstands anzunehmen. Dadurch gelte nämlich der in der Stammanmeldung enthaltene ausdrückliche Verzicht auf bekannte konstruktive Mittel wie Federn, Gasdruckpatronen oder ähnliches zur Unterstützung der Sitzplatte (S 6 leAbs), der die noch im Rahmen der ursprünglich offenbarten Erfindung wählbaren Mittel einschränke, für das Streitpatent nicht mehr.

Der Senat vermochte dieser Ansicht nicht zu folgen. Es ist zwar mit dem einzigen Ausführungsbeispiel der Stammanmeldung ein Stuhl beschrieben, der konstruktive Merkmale sowie bezüglich der Sitzhöhen- als auch bezüglich der Lehnenverstellung umfaßt. Der Fachmann - als hier zuständig wird ein erfahrener Konstrukteur von Sitzmöbeln, insbesondere Stühlen, angesehen - überblickt im Rahmen seiner fachlichen Routine aber ohne weiteres, daß die Sitzhöhenverstellbarkeit und die Lehnenverstellbarkeit beim beschriebenen Stuhl zwei Teilaspekte bzw. zwei Teilgegenstände betreffen, die - weil ihre Wirkungen ersichtlich nicht voneinander abhängen - nicht notwendig miteinander verknüpft sein müssen, woraus folgt, daß die für die Höhenverstellung der Sitzfläche wesentlichen Merkmale nicht zugleich erfindungswesentliche Merkmale für die Gestaltung der Verstellbarkeit der Lehne in Relation zur Sitzfläche darstellen. Die Nichtberücksichtigung diesbezüglicher, unwesentlicher Merkmale im Patentanspruch nach Streitpatent ergibt daher keine unzulässige Erweiterung des in der Stammanmeldung offenbarten Teilgegenstandes.

Aus dem gleichen Grunde konnte auch die Übernahme des in der Stammanmeldung enthaltenen Verzichts auf bekannte konstruktive Mittel zur Unterstützung der Sitzplatte, der im übrigen nicht als rechtsverbindliche Erklärung, sondern eher als Hinweis auf eine bevorzugte Ausgestaltung der Verstellung der Sitzhöhe des Stuhls im Falle kleiner Kinder als Benutzer zu werten ist, in die Unterlagen des Streitpatents unterbleiben.

2. Der angegriffene Patentgegenstand ist, wie zuletzt nicht mehr bestritten wurde, neu.

Keine der im von der Klägerin entgegengehaltenen Stand der Technik aufgezeigten Stühle umfaßt seitlich der Sitzplatte nach hinten oben weisend angeordnete und aus teleskopartig ineinander verschiebbaren Hohlprofilen bestehende Tragteile für die Rückenlehne, die in Bezug auf die Sitzplatte gleichzeitig höhen- und tiefenverstellbar sind.

3. Der Senat konnte nicht feststellen, daß die Lehre des Patentanspruchs dem Fachmann durch den im Nichtigkeitsverfahren erörterten Stand der Technik nahegelegt wird.

Aus der französischen Offenlegungsschrift 2 265 321 ist ein an die Körpergröße anpaßbarer Stuhl bekannt, dessen Sitzhöhe und Lehnenposition unabhängig voneinander einstellbar sind (S 1 Z 22 bis 33 iVm Fig 1 bis 3). In Übereinstimmung mit Merkmalen des angefochtenen Patentanspruchs ist die Lehne (13) von seitlich der Sitzplatte (8) angeordneten Tragteilen (Arme des U-förmigen Lehnen-Tragbügels 11, Rohrhülsen 9) gehalten, die eine Verstellung der Relativlage von Rückenlehne und Sitzplatte zueinander gestatten. Hierzu sind die Enden des Tragbügels teleskopartig in die seitlich der Sitzplatte befestigten Rohrhülsen (9) mehr oder weniger weit einschiebbar und mittels Verriegelungselementen (Nut 10, Bolzen 12) in unterschiedlichen Lagen fixierbar. Aufgrund der parallel zu den Seiten der Sitzplatte horizontal verlaufenden Lage der Rohrhülsen und Tragbügelenden ist abweichend vom streitgegenständlichen, im wesentlichen auf dem gleichen konstruktiven Konzept beruhenden Stuhl mit der Lehnenverstellung nach vorn oder hinten aber nur eine Änderung der Sitztiefe, nicht auch eine Änderung der Lehnenhöhe über der Sitzfläche einstellbar. Die Rückenlehne des in der Zeichnung dargestellten Ausführungsbeispiels hat zwei Unterstützungsflächen, die eine relativ große Höhe abdecken. Eine Höhenverstellung der Rückenlehne ist daher auch nicht erforderlich. Dieser Stand der Technik gibt daher dem Fachmann keine Anregung in Richtung der Ausbildung der Rückenlehnenverstellung, wie im Patentanspruch des Streitpatents beschrieben.

Der aus der deutschen Offenlegungsschrift 24 21 259 bekannte, an die Körpergröße anpaßbare Stuhl gibt zur Auffindung dieses Merkmals dem Fachmann ebenfalls keine Anregung, weil bei diesem Stuhl die mit der Lehne fest verbundenen Tragteile nicht in sich verstellbar sind, so daß eine Verstellung der Lehne mittels der Tragteile nicht möglich ist. Im übrigen weist die Konstruktion dieses Stuhls in eine Richtung, die das konstruktive Konzept des Stuhls nach der französischen Offenlegungsschrift 2 265 321 verläßt. Denn die Anpassung des Stuhls an unterschiedliche Körpergrößen soll hier durch Lösen der Sitzplatte von den Tragteilen und Wiedereinsetzen zwischen die Tragteile an anderer Stelle, wozu an den Innenseiten der Tragteile übereinander liegende Nuten angebracht sind, erreicht werden, wobei mit der Anpassung des Stuhls an andere Körpergrößen und abweichend von den Stuhlkonzepten nach der französischen Offenlegungsschrift 2 265 321 (und Streitpatent) eine zwangsläufige Änderung der Sitzhöhe verbunden ist. Insoweit hat der Fachmann keine Veranlassung gehabt, beispielsweise das Merkmal der nach hinten oben weisend angeordneten Tragteile bei der weiter abliegenden Stuhlkonstruktion isoliert herauszugreifen und mit dem bekannten konstruktiven Stuhlkonzept nach der französischen Offenlegungsschrift 2 265 321 zu verknüpfen.

Nicht anders verhält es sich in Kenntnis der Stuhlausführungen der deutschen Gebrauchsmuster 70 39 941 und 71 13 781 (vgl Schutzansprüche1 iVm Figuren), die übereinstimmend höhenverstellbare Sitzflächen und Rückenlehnen aufweisen. Die Sitzfläche ist mit einer vertikalen, die Rückenlehne mit einer schräg nach oben in Richtung auf die Stuhlrückseite verlaufenden, jeweils in Erstreckungsrichtung verstellbaren Strebe verbunden. Dazu umfaßt jede Strebe einen Spindeltrieb. Die beiden Spindeltriebe sind antriebsseitig miteinander gekoppelt und über eine einzige Einrichtung (Drehknopf 13 bzw Handrad 12) im Bereich der Sitzfläche zu betätigen. Die Rückenlehnenposition ist hiermit zwar gleichzeitig in der Höhe und in der Tiefe bezüglich der Sitzplatte änderbar, doch - wie beim Stuhl nach der deutschen Offenlegungsschrift 24 21 259 auch und insoweit abweichend von dem konstruktiven Konzept des patentgemäßen Stuhls - nicht unter Beibehaltung der eingestellten Sitzplattenhöhe über dem Boden. Die Zwangsverstellung von Lehnenposition und Sitzhöhe unter Verwendung technisch und baulich aufwendiger Mittel (Getriebe) stellt insoweit eine andere, einen hohen Automatisierungsgrad anstrebende Lösung für die Anpassung des Stuhls an unterschiedliche Körpergrößen dar, die den Fachmann geradezu abhält, Teilaspekte der Lehren der Gebrauchsmuster auf einen Stuhl nach der französischen Offenlegungsschrift 2 265 321 zu übertragen, dessen Gestaltung in Übereinstimmung mit der Lehre des Streitpatents auf die Nutzung einfacher und einfach zu handhabender Konstruktionsmittel gerichtet ist.

Die zusätzliche Berücksichtigung der Entgegenhaltungen K1 bis K3 führt ebenfalls nicht näher zur Lehre des Patentanspruchs des Streitpatents, denn es lassen sich aus ihnen keine Anregungen dafür finden, bei einem aus der französischen Offenlegungsschrift 2 265 321 bekannten Stuhl die Tragteile der Lehne gleichzeitig höhen- und tiefenverstellbar zu gestalten.

Der aus der Veröffentlichung K1 bzw. K2 bekannte, in der Sitzhöhe nicht verstellbare Ahrend-Arbeitsstuhl ist mit einer vor- und rückwärts sowie in der Höhe verstellbaren Rückenlehne ausgestattet (vgl. Text rechts der Abbildung in K2). Wie die Verstellung im einzelnen vorgenommen wird, insbesondere ob eine gleichzeitige Verstellung der Höhe und der Tiefe der Lehne bezüglich der Sitzfläche beabsichtigt ist, ist nicht beschrieben und auch der Zeichnung nicht zweifelsfrei zu entnehmen. Die Zeichnung offenbart jedenfalls zwei unabhängige Verstellmittel: einen seitlich der Sitzplatte verlaufenden Rückenlehnenbügel, dessen untere Enden offenbar jeweils in einer Schiene nach vorn oder nach hinten verschiebbar gehalten sind, und die genannten Schienen selbst, die zwischen den vorderen und hinteren Stuhlbeinen verstellbar gehalten sind, wie sich aus dem Vorhandensein von Schlitzen in den Stuhlbeinen und mit ihnen in Deckung gezeichneten Punkten an der Schiene, die Schrauben oder Stifte sein könnten, folgern läßt. Die gleichzeitige Verstellung von Lehnenhöhe und Sitztiefe geht aus der Abbildung nicht hervor, so daß diese bekannte Stuhlkonstruktion kein Anregung zum Auffinden des Gegenstandes des Patentanspruchs geben kann. Selbst wenn man eine gleichzeitige Verstellmöglichkeit der Lehnenposition gegenüber der Sitzplatte nach Höhe und Tiefe zum Zwecke der Anpassung des Stuhls an unterschiedliche Körpergrößen unterstellen wollte, würde sie dennoch nicht zum streitpatentgemäßen Ergebnis führen können, weil eine Vergrößerung der Sitztiefe wegen der nach hinten abfallenden Schienen zu einer Verringerung der Höhe der Rückenlehne über der Sitzfläche führt.

Bei dem in K3 abgebildeten Arbeitsstuhl mit Schwenkmechanismus zum Verstellen der Rückenlehne (s Abb. 41), der ebenfalls keine Höhenverstellung der Sitzplatte vorsieht, besteht die Lehnenverstelleinrichtung aus seitlich der Sitzplatte von unten nach schräg oben verlaufenden Lehnen-Tragbügeln, die um eine an der Unterseite des rückwärtigen Teils der Sitzplatte angeordnete Achse schwenkbar gelagert sind und deren jeweilige untere Enden mit dem Endbereich jeweils eines zweiten, vorderen Bügels gelenkig verbunden sind, dessen anderes Ende um eine weitere, an der Unterseite des vorderen Teils der Sitzplatte angeordnete Achse drehbar angeschlagen ist. Der Lehnentragbügel weist alternative Löcher für das Schwenklager auf, durch die im wesentlichen die Höhe der Lehne über der Sitzfläche variiert werden kann. Auch der vordere Bügel weist alternative Löcher auf. Sie ermöglichen, die gelenkige Verbindung mit dem unteren Ende des Lehnentragbügels im Hinblick auf die Anpassung der Sitztiefe zu verändern. Auch bei diesem Stuhl sind daher Höhe und Tiefe der Lehnenstellung nur mittels zweier Verstellmaßnahmen änderbar.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 Abs 2 PatG iVm § 91 Abs 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs 1 PatG iVm § 709 ZPO.

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BPatG:
Urteil v. 30.10.2001
Az: 3 Ni 38/00


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