Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. April 2000
Aktenzeichen: 24 W (pat) 177/99

(BPatG: Beschluss v. 11.04.2000, Az.: 24 W (pat) 177/99)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Das folgende, in den Farben Weiß und Gelb gehaltene Bildsiehe Abb. 1 am Endeist am 12. November 1997 als zweidimensionale Marke zur Eintragung in das Register angemeldet worden. Die Anmeldung bezieht sich auf die Waren der Klasse 3:

"Waschmittel; Reinigungsmittel; Geschirrspülmittel (außer zur Verwendung im Geschirrspüler); Fleckensalz; Wasserenthärter; Putzmittel".

Mit Beschluß vom 8. März 1999 hat die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts diese Anmeldung zurückgewiesen mit der Begründung, daß es der angemeldeten Marke an der erforderlichen Unterscheidungskraft iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG fehle, weil sie sich auf ein naturgetreues Abbild der angebotenen Waren beschränke. Unter dem Begriff "Tabs" böten seit einiger Zeit verschiedene Hersteller namentlich Wasch- und Spülmaschinenmittel, aber auch Wasserenthärter und Reinigungsmittel für Gebißspangen als gebrauchsfertig dosierte Wareneinheiten an. Dazu hat die Markenstelle eine Reihe konkreter Anbieter benannt. Diese "Tabs" hätten sich in kurzer Zeit als Alternative zu flüssigen und pulvrigen Konsistenzen der angebotenen Waren durchgesetzt. Der Verkehr sei inzwischen an diese Darreichungs- und Dosierungsform gewöhnt. Neben kreiszylindrischen Gestaltungsformen seien auch quaderförmige Gestaltungen, auch mit abgeschrägten Kanten, geläufig. Auch die farbige Gestaltung mit zwei einfarbigen Schichten sei von den sogenannten "2-Phasen-Tabs" bekannt. Mit dieser Gestaltung wiesen die Anbieter auf die Behauptung hin, daß der entsprechende "Tab" verschiedene Wirkungen entfalte, möglicherweise auch zeitlich nacheinander. Die Farbkombination "weißgelb" stelle sich angesichts der Usancen des einschlägigen Warenmarkts als naheliegende Gestaltungsvariante ohne unterscheidungskräftige Originalität dar.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie meint, die angemeldete Marke sei unterscheidungskräftig iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG und begründet diese Rechtsauffassung wie folgt:

Die abgebildete Form und die farbliche Gestaltung des abgebildeten "Tabs" seien im Bereich der beanspruchten Waren als Darreichungs- und Dosierungsform nicht üblich, etwas anderes möge allenfalls für Maschinengeschirr-Reiniger gelten. Außerdem sei die Gestaltung der Marke als flacher Quader mit abgeschrägten Kanten und mit zwei Lagen in den Farben Weiß und Gelb nicht durch technische Notwendigkeiten bedingt. Vielmehr sei sie so phantasievoll und originell, daß der Marke Unterscheidungskraft zukomme. Die Anmelderin habe eine Eintragung der angemeldeten Marke bei den Markenämtern von Italien und der Benelux-Staaten erreicht, ohne daß es im Zuge dieser Verfahren zu Beanstandungen gekommen sei.

Die Anmelderin beantragt (sinngemäß), den angegriffenen Beschluß der Markenstelle für die Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben.

Hilfsweise regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde bzw eine Vorlage beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) an. Das hat sie ua mit dem Wunsch begründet, den besseren Zeitrang ihrer Marke gegenüber Drittmarken zu erhalten, die beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt angemeldet worden seien und im Zuge des gemeinschaftsrechtlichen Eintragungsverfahrens jetzt dem EuGH - Gericht erster Instanz (EuG) - zur Entscheidung vorlägen.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, aber nicht begründet. Denn unbeschadet der Markenfähigkeit der angemeldeten Marke iSv § 3 MarkenG ist diese von der Eintragung ausgeschlossen, weil ihr iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG jegliche Unterscheidungskraft für die in Anspruch genommenen Waren fehlt.

Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um die naturgetreue und maßstabsgerechte Abbildung einer möglichen Darreichungsform der im Warenverzeichnis genannten Waren. Die Abbildung zeigt einen flachen Quader, der in zwei über die breiten Seiten laufenden Lagen aufgebaut ist. Die breitere Lage ist weiß, die schmalere gelb. Diese gelbe Lage hat abgeschrägte Kanten. Die Darstellung entspricht insoweit den sogenannten "Tabs". Dabei handelt es sich um in Tablettenform gepreßtes Pulver als Darreichungs- und Dosierungsform für bestimmte Wirkstoffe. Wie die Markenstelle in dem angegriffenen Beschluß zutreffend festgestellt hat, sind "Tabs" in den letzten Jahren im Bereich von Reinigungs- und Spülmitteln für Wäsche und Geschirr, Wasserenthärtern und Reinigungsmitteln für Gebißspangen zu einer verbreiteten Alternative zu losen Pulvern und zu Flüssigkeiten geworden.

Als naturgetreue Abbildung einer möglichen und verbreiteten Darreichungsform für die im Warenverzeichnis genannten Waren ist die angemeldete Marke jedoch grundsätzlich nicht unterscheidungskräftig (vgl BGH GRUR 1999, 495, 496 "Etiketten", GRUR 1997, 527, 529 "Autofelge"). Denn die Ware als Objekt der Kennzeichnung kann nicht ihr eigenes Kennzeichnungsmittel sein (vgl Ströbele, GRUR 1999, 1041, 1042).

Sofern die Anmelderin die Auffassung vertreten sollte, daß bereits jede Gestaltung, die über das technisch Notwendige und Unabdingbare hinausgeht, die zwei- oder dreidimensionale Darstellung einer Ware unterscheidungskräftig mache, kann ihr nicht zugestimmt werden. Die Differenzierung zwischen einer Gestaltung, die sich auf das technisch Notwendige beschränkt, und einer Gestaltung, die darüber hinausgeht, ist nur für die Frage der abstrakten Markenfähigkeit eines dreidimensionalen Zeichens iSv § 3 Abs 2 MarkenG entscheidungserheblich. Denn gem § 3 Abs 2 Nr 1 und 2 sind solche Formen, die durch die Art der Ware selbst bedingt oder zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sind, von vornherein nicht markenfähig. Insoweit kommt es allein auf die maßgeblichen technischen Verhältnisse an. Dagegen ist der Maßstab für die Unterscheidungskraft iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ausschließlich die Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise. Was aus ihrer Sicht eine übliche und naheliegende Warenform ist, kann nur auf die Ware selbst hinweisen, nicht dagegen auf ihr Herkunftsunternehmen. Nur wenn die äußere Erscheinung der dargestellten Ware aus dem verkehrsüblichen Rahmen der bekannten Gestaltungsvielfalt herausfällt, kann sie als eine Kennzeichnung wahrgenommen werden, die auf das Herkunftsunternehmen hinweist (vgl BGH GRUR 1995, 732, 734 "Füllkörper"; GRUR 1997, 527, 529 "Autofelge"; GRUR 1999, 495 "Etiketten").

Danach kann das Abbild eines "Tabs" nur dann unterscheidungskräftig sein, wenn es erkennbar verfremdet ist oder eine äußere Erscheinung hat, die von den üblichen und gewöhnlichen Warenformen auf dem einschlägigen Markt abweicht. Beides trifft auf die angemeldete Marke nicht zu, weil sie sich in allen Aspekten auf eine naturgetreue und maßstabsgerechte Darstellung ohne Verfremdungen beschränkt. Die wesentlichen Gestaltungsmerkmale der angemeldeten Marke sind ihre Form als flacher Quader und ihr zweifarbiger Aufbau in zwei Lagen. Jedes dieser Gestaltungselemente bewegt sich im Rahmen des Üblichen. "Tabs" werden in Deutschland in einfachen geometrischen Formen angeboten, überwiegend als flache Quader, auch mit abgeschrägten Kanten, und als flache Zylinderformen. Auch der Aufbau des Quaders mit zwei Lagen in verschiedenen Farben entspricht der für "Tabs" üblich gewordenen Gestaltung. Wie bereits die Markenstelle in dem angegriffenen Beschluß festgestellt hat, werden viele "Tabs" mit eben diesem Aufbau als sogenannte "Zwei-Phasen-Tabs" vertrieben. Damit wird der Hinweis verbunden, die "Tabs" entwickelten zwei verschiedene Wirkungen (zB Bleichen und Reinigen bei Waschmitteln oder Reinigen und Entkalken bei Geschirrspülmitteln). Üblich sind Kombinationen zwischen einer Lage in der Farbe des verarbeiteten Pulvers - meistens weiß - und einer zweiten, gefärbten Schicht. Für diese eingefärbte Schicht üblich geworden sind die Grundfarben Gelb, Blau, Rot und Grün in verschiedenen Schattierungen.

Die Anmelderin hat zwar die konkreten Feststellungen der Markenstelle darüber, welche Form und Farbgebung von "Tabs" in welchen Warenbereichen üblich seien, bestritten. Dazu hat sie jedoch keine konkreten Tatsachen vorgetragen, die geeignet wären, die Richtigkeit der angegriffenen Feststellungen in Frage zu stellen. Deswegen bleibt die - nicht näher belegte - Behauptung der Anmelderin unbeachtlich, wonach Form und farbliche Gestaltung des von der angemeldeten Marke abgebildeten "Tabs" im Bereich der beanspruchten Waren allenfalls für Maschinengeschirr-Reiniger üblich sein sollen. Abgesehen davon ändert dieser tatsächliche Einwand der Anmelderin nichts an der Bewertung der angemeldeten Marke als nicht unterscheidungskräftig. Denn wenn der angesprochene Verkehr "Tabs" bereits als Darreichungsform für Geschirrspülmittel kennt und als üblich betrachtet, die in privaten Haushalten in Geschirrspülmaschinen eingesetzt werden, wird er die angemeldete Marke im Zusammenhang mit anderen Geschirrspülmitteln ebenfalls als Warenbeschreibung auffassen und davon ausgehen, daß eine bewährte Darreichungs- und Dosierungsform nunmehr auf einen unmittelbar angrenzenden Warenbereich angewandt wird. Dasselbe gilt für die beanspruchten "Putzmittel". Zu den "Putzmitteln" gehören ua alle Haushaltsreiniger, die aus der Sicht des Endverbrauchers in einem direkten Zusammenhang stehen mit Wasch- und Spülmitteln für Wäsche und Geschirr und mit den entsprechenden Wasserenthärtern. Bei dieser Sachlage wird der angesprochene Verkehr die angemeldete Marke jedenfalls im Zusammenhang mit Putzmitteln für Haushaltszwecke als eine Abbildung der angebotenen Waren verstehen und davon ausgehen, daß eine Darreichungs- und Dosierungsform, die ihm bereits aus benachbarten Warenbereichen bekannt und vertraut ist, nunmehr auch auf Putzmittel erstreckt wurde, was schon deshalb ohne weiteres naheliegt, weil gerade die häufig gebrauchten Putzmittelkonzentrate auch in Tabs-Form vorstellbar erscheinen.

Die stattgebenden Beschlüsse des 26. Senats vom 17. November 1999 in dem Verfahren 26 W (pat) (131/99) und weiteren Parallelverfahren stehen dieser markenrechtlichen Bewertung nicht entgegen. In diesen Verfahren ging es um die Eintragung von zweidimensionalen Darstellungen zweilagiger "Tabs" mit einem andersfarbigen runden Einschluß in der farbigen Schicht. Ausgehend von der bisherigen Rechtsprechung des Bundespatentgerichts und des Bundesgerichtshofs hat der 26. Senat festgestellt, daß das Gestaltungselement des runden andersfarbigen Einschlusses in der eingefärbten Schicht des abgebildeten "Tabs" im einschlägigen Warenbereich der Klassen 1 und 3 ungebräuchlich sei. Gestaltung und Lage des Kerns seien so originell und prägnant, daß dadurch die angemeldete Marke unterscheidungskräftig werde. Die stattgebenden Entscheidungen des 26. Senats beruhen daher nicht auf einer Abweichung von rechtlichen Grundsatzentscheidungen der bisherigen Rechtsprechung, sondern auf der Anwendung dieser Rechtsprechung auf einen konkreten Sachverhalt, der sich von dem vorliegenden wesentlich unterscheidet.

Die Frage nach einer etwaigen Indiz- oder Bindungswirkung von Entscheidungen des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt ist schon deshalb nicht erheblich, weil nach den Erkenntnissen des Senats dieses Amt trotz einer Reihe entsprechender Anmeldungen letztlich keine zwei- oder dreidimensionalen Abbildungen von "Tabs" als Marken eingetragen hat. Vielmehr haben sowohl die Prüfer als auch die Beschwerdekammern dieses Amtes solche Anmeldungen wiederholt zurückgewiesen und zwar ebenfalls mit der Begründung, daß der jeweils angemeldeten Marke die erforderliche Unterscheidungskraft fehle (vgl HABM Mitt 1999, 471, 473 "TABS (viereckig, rot/weiß)").

Hervorzuheben ist auch ein Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 14. Oktober 1999, mit dem die Anmeldung einer dreidimensionalen Marke in Form eines weißgrünen "Tabs" die Unterscheidungskraft abgesprochen wurde (vgl SchwBG MarkenR 2000, 55, 56 "Tablette weißgrün").

Sofern - nach dem Vortrag der Anmelderin - die angemeldete Marke beim Markenamt der Benelux-Staaten und bei dem entsprechenden italienischen Amt eingetragen worden sein soll, können diese Eintragungen keine Indizwirkung für die Entscheidung im hiesigen Verfahren entfalten. Eine tatsächliche Indizwirkung ausländischer Voreintragungen ist bislang allenfalls für einen bestimmten Bereich des Freihaltungsbedürfnisses anerkannt worden und zwar insoweit, als die Eintragung einer fremdsprachigen Angabe in einem Land des betreffenden Sprachkreises indiziell dagegen spricht, daß die fragliche Angabe nach dem originären Sprachverständnis eine zur freien Verwendbarkeit benötigte beschreibende Bezeichnung darstellt (Althammer/ Ströbele, Markengesetz, 5. Aufl 1997, § 8, Rdn 59).

Die Beurteilung der Unterscheidungskraft bemißt sich dagegen ausschließlich nach der Auffassung der inländischen Verkehrskreise (vgl Althammer/Ströbele, aaO, § 8 Rdn 14), die sich von den Auffassungen ausländischer Verkehrskreise im Einzelfall stark unterscheiden kann. Abgesehen von der Tatsache, daß die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke keine Ermessens-, sondern eine reine Rechtsfrage darstellt, ist im übrigen zu bedenken, daß regelmäßig nur die Verneinung der Schutzfähigkeit einer Anmeldung, nicht jedoch die positive Eintragungsentscheidung schriftlich begründet wird. Die Gründe der handelnden Behörde für die Eintragung sind insoweit häufig nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Die bloße Tatsache der Eintragung gibt auch keinen Aufschluß darüber, ob es sich möglicherweise um ein Versehen oder eine Ausnahmeentscheidung handelt und in welchem Umfang gleichgelagerte Anmeldungen womöglich unangefochten zurückgewiesen wurden (vgl BPatG PAVIS PROMA, 25 W (pat) 174/98 "Tablettenform", demnächst veröffentlicht in BPatGE 41, 211).

Aus den vorstehend dargelegten Gründen war die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen, weil der angemeldeten Marke die gem § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehlt.

Für die von der Anmelderin angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde ist kein Raum, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 83 Abs 2 MarkenG nicht erfüllt sind. So ist nach Ansicht des Senats nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden. Zur Bejahung dieses Tatbestandsmerkmals des § 83 Abs 2 Nr 1 MarkenG reicht nicht aus, daß die Sache von besonderer Wichtigkeit für die Beteiligten ist (vgl Althammer/Ströbele, aaO, § 83 Rdn 12). Im vorliegenden Fall ist für den Senat auch kein Grund ersichtlich, weshalb der Bundesgerichtshof von seinen wiederholt bestätigten Grundsätzen zur Bewertung naturgetreuer Warenabbildungen abweichen sollte. Insoweit beschränkt sich der Beschluß des erkennenden Senats auf die Beurteilung der konkret angemeldeten Marke auf der Grundlage allgemein anerkannter Rechtsgrundsätze, wobei die Problematik vor allem in der tatsächlichen Bewertung der angemeldeten Form besteht. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Wie ausgeführt vertreten sowohl die Senate des Bundespatentgerichts wie auch ausländische und europäische Rechtsmittelinstanzen zur Frage der Eintragungsfähigkeit zweidimensionaler naturgetreuer Warenabbildungen im wesentlichen übereinstimmende Auffassungen. Hiervon grundsätzlich abweichende Entscheidungen von Zivilgerichten in Rechtsmittelverfahren sind dem Senat nicht bekannt. Die von der Anmelderin angeführte unterschiedliche Amtspraxis einzelner Eintragungsbehörden rechtfertigt schon deshalb keine Zulassung der Rechtsbeschwerde, weil § 83 Abs 2 Nr 2 MarkenG lediglich die Einheitlichkeit der Rechtsprechung betrifft, während die Sicherung einer einheitlichen Amtspraxis von Verwaltungsbehörden im In- und Ausland nicht Aufgabe des Bundesgerichtshofs ist.

Ebenso ist kein Grund ersichtlich, den Fall dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art 234 EG zur Vorabentscheidung vorzulegen. Im vorliegenden Fall ist nicht die allgemeine Auslegung einer gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift unmittelbar entscheidungserheblich; vielmehr handelt es sich ausschließlich um die einzelfallbezogene Subsumtion eines konkreten Sachverhalts unter eine nationale Rechtsvorschrift.

Soweit sich die Anträge der Anmelderin auf Zulassung der Rechtsbeschwerde oder Vorlage beim EuGH nach ihrem verfahrensrechtlichen Sinn und Zweck auch als Antrag auf Aussetzung des Verfahrens auslegen ließen mit dem Ziel, daß vor einer abschließenden Entscheidung des erkennenden Senats zunächst die anstehende Entscheidung des EuG abgewartet werden soll, könnte auch einem solchen Begehren nicht stattgegeben werden. Denn eine Aussetzung setzt gem § 148 ZPO voraus, daß die Entscheidung in dem hiesigen Rechtsstreit ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines jetzt beim EuG anhängigen Verfahrens über die Anmeldungen Dritter bildet. Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. Gegenstand des europäischen Verfahrens sind die Vorschriften der Gemeinschaftsmarkenverordnung. Anders als die Vorschriften der Richtlinie 89/104/EWG des Europäischen Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken, hat die Gemeinschaftsmarkenverordnung keine unmittelbare Bedeutung für die Auslegung des deutschen Markenrechts. Zwar ist eine europarechtskonforme Auslegung der nationalen Vorschriften, mit denen die Markenrechtsrichtlinie umgesetzt wurde, geboten, um eine Harmonisierung der Rechtsanwendung im europäischen Binnenmarkt zu erreichen. Die konkrete Ausgestaltung des nationalen Markenrechts, die stets im Rahmen der Prüfung zu berücksichtigenden nationalen Verkehrsgepflogenheiten und die nationale Verkehrsauffassung können jedoch zu durchaus unterschiedlichen Ergebnissen führen (vgl HABM, GRUR Int 1998, 889, 890 "LASTING PERFORMANCE"; GRUR 737, 738 f "ToxAlert"; Mitt 2000, 116, 117 "TEEKAMPAGNE"). Die Ablehnung einer Aussetzung des Verfahrens führt auch zu keinem unbilligen Ergebnis, denn der Anmelderin stand es frei, ihre Marke nicht nur in Deutschland sondern auch beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt anzumelden und sich damit denselben Rechtsweg zum EuGH zu eröffnen, über den jetzt die Marken Dritter dem EuG zur Entscheidung vorgelegt wurden.

Ströbele Hacker Werner Ko Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/24W(pat)175-99.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 11.04.2000
Az: 24 W (pat) 177/99


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/4eba9b6d25e0/BPatG_Beschluss_vom_11-April-2000_Az_24-W-pat-177-99




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share