Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg:
Beschluss vom 30. September 1993
Aktenzeichen: 5 S 2136/93

(VGH Baden-Württemberg: Beschluss v. 30.09.1993, Az.: 5 S 2136/93)

1. Der Streitwert für eine Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung bemißt sich dann nicht nach einem Bruchteil der Rohbaukosten (so Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, DVBl 1991, 1239), wenn diese relativ niedrig sind und der eigentliche Wert des Bauvorhabens für den Bauherrn in der Nutzungsänderung liegt. In diesem Fall sind der Streitwertfestsetzung je nach Verwendungsabsicht des Bauherrn die Wertsteigerung des Grundstücks oder die zu erwartenden Mietzinseinnahmen eines Jahres zugrunde zu legen.

Gründe

Auf die zulässige Beschwerde des Prozeßbevollmächtigten der Kläger (§ 25 Abs. 2 GKG, § 9 Abs. 2 BRAGO) war der Streitwertbeschluß des Verwaltungsgerichts Karlsruhe in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu ändern.

Maßgebend für die Bestimmung des Streitwertes ist die Bedeutung der Sache, die sich bei objektiver Betrachtung aus dem Antrag des Klägers für diesen ergibt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG). Obwohl das Klageverfahren erst durch den Erfolg der Einwendungen der beigeladenen Nachbarn gegen das Bauvorhaben der Kläger im Widerspruchsverfahren veranlaßt wurde, handelt es sich - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch im Hinblick auf die Streitwertberechnung um den Fall einer Klage des Bauherrn auf Erteilung einer Baugenehmigung und nicht um einen Nachbarstreit in Baurechtssachen, der eigenen Grundsätzen der Streitwertfestsetzung folgt. Bei der Festsetzung des Streitwerts für die Klage des Eigentümers auf Erteilung einer Baugenehmigung orientiert sich die Praxis des Senats regelmäßig an den Vorschlägen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 1991, Seite 1156). Handelt es sich, wie im vorliegenden Fall, um ein Vorhaben für den Ausbau eines bereits bestehenden Gebäudes mit gemessen an dem Gesamtbauwert von 60.000,-- DM sehr niedrigen Rohbaukosten (nach den Angaben in der Baubeschreibung 2.000,-- DM), ist es nicht sachgerecht den Streitwert aus einem Fünftel der Rohbaukosten zu ermitteln, wie es der Streitwertkatalog für die Genehmigung der Errichtung einer baulichen Anlage vorschlägt. Das wirtschaftliche Interesse des Bauherrn kann in einem solchen Fall, in dem - wie hier - ein bisher lediglich als Nebenanlage nutzbares Gebäude teilweise zu einer Wohnung ausgebaut und damit einer Wohnnutzung zugeführt werden soll, grundsätzlich nach der sich aus der Nutzungsänderung ergebenden Wertsteigerung bestimmt werden (vgl. Stichwort: Bau- und Bodenrecht, bei Nutzungsänderung, Streitwertkatalog a.a.O.).

Liegen keine Anhaltspunkte für die Bemessung der Wertsteigerung des Grundstücks durch die Genehmigung der Nutzungsänderung vor und ist auch nicht erkennbar, daß der Eigentümer beabsichtigt, die Wertsteigerung seines Grundstücks in absehbarer Zeit durch dessen Verkauf zu realisieren, kann, wenn der neugeschaffene Wohnraum vermietet werden soll, der Streitwert auch aus den zu erwartenden Mieteinnahmen bestimmt werden.

Der Prozeßbevollmächtigte der Kläger hat vorgetragen, daß die Kläger beabsichtigen die genehmigte Wohnung nach ihrer Fertigstellung zu vermieten. Ausgehend von den vorstehenden Grundsätzen setzt der Senat danach den Streitwert für das Klageverfahren auf 8.000,-- DM fest, wobei er, dem Ansatz des Prozeßbevollmächtigten der Kläger folgend, von einer realisierbaren monatlichen Mieteinnahme aus der zu errichtenden Wohnung von 600,-- DM ausgeht und den Streitwert danach aus den (aufgerundeten) Mietzinseinnahmen eines Jahres errechnet.

Da für beide Kläger das wirtschaftliche Interesse an der erstrebten Baugenehmigung identisch ist, besteht keine Veranlassung den Streitwert in analoger Anwendung des § 5 ZPO wegen der subjektiven Klagehäufung auf der Klägerseite zu verdoppeln.






VGH Baden-Württemberg:
Beschluss v. 30.09.1993
Az: 5 S 2136/93


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