Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. November 2001
Aktenzeichen: 6 W (pat) 45/99

(BPatG: Beschluss v. 13.11.2001, Az.: 6 W (pat) 45/99)

Tenor

1. Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

2. Die Sache wird zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I Die Prüfungsstelle für Klasse E 03 F des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung 195 45 047.7-25 mit Beschluß vom 3. Mai 1999 zurückgewiesen. In diesem Beschluß wurde ausgeführt, daß der Gegenstand nach Anspruch 1 vom 30. September 1996 im Hinblick auf die deutsche Offenlegungsschrift 34 18 813 A1 und die britische Patentschrift 1 543 374 sowie das fachmännische Können nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hat in der mündlichen Verhandlung neue Ansprüche 1 bis 3 vorgelegt.

Der Patentanspruch 1 lautet:

"Vorrichtung zur Aktivierung vorhandener Stauräume sowie zur Abflußverzögerung von Abwasser innerhalb von Abwassersystemen der Siedlungswasserwirtschaft mit einem Drosselorgan (7), welches in einen Abwasserkanal oder Schacht (1) eingesetzt ist und einen Durchströmquerschnitt in dem Kanal (2) begrenzt, wobei das Drosselorgan (7) einen Überlauf (14) aufweist, über den das Abwasser nach Überschreiten eines vorbestimmten maximalen Abwasserspiegels (11) beim Anstauen vor dem Drosselorgan (7) in den gleichen Kanal (2) nach dem Drosselorgan (7) gelangt, wobei sich das Drosselorgan(7) aus einer Kanalstaublende (8 - 8.2) und einer Verstellkeilblende (9 - 9.2) zusammensetzt und die Kanalstaublende (8 - 8.2) und die Verstellkeilblende (9 - 9.2) abgerundet keilförmig oder gekrümmt gegen die Fließrichtung (x) des Abwassers angestellt ist."

Zur Fassung der auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 und 3 wird auf die überreichten Unterlagen verwiesen.

Die Anmelderin beantragt, die Sache zur weiteren Prüfung unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.

Die Anmelderin trägt vor, daß der beim Deutschen Patent- und Markenamt gestellte Antrag auf Erteilung eines Patents generell aufrechterhalten werde, und zwar auf der Basis der in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüche 1 bis 3. Dieses Patentbegehren sei gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik, insbesondere den durch die Eingabe eines Dritten vom 23. Februar 2000 neu in das Verfahren eingeführten Druckschriften neu und erfinderisch.

Zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat insoweit Erfolg, als die Sache zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen war.

1. Die geltenden Patentansprüche sind zulässig.

Das nunmehr geltende Patentbegehren ist für den Fachmann, einen auf dem Gebiet der Abwassertechnik tätigen Bauingenieur, den am Anmeldetag eingereichten Unterlagen, insbesondere auch den Zeichnungen, als zur Erfindung gehörend offenbart zu entnehmen.

2. Die Zurückverweisung erfolgt gemäß § 79 Abs 3 Satz 1 Nr 3 PatG, wonach das Bundespatentgericht die angefochtene Entscheidung aufheben kann, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, wenn neue Tatsachen bekannt werden, die für die Entscheidung wesentlich sind. Als neue Tatsachen im Sinne von Nr 3 gilt auch eine wesentliche Änderung des Patentbegehrens, insbesondere wenn ein wesentlich geänderter und derart noch nicht geprüfter Anspruch 1 eingereicht wird (vgl Schulte PatG, 6. Aufl., §79 Rdn 26). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Der geltende Patentanspruch 1 unterscheidet sich von dem dem Zurückweisungsbeschluß zugrundeliegenden Anspruch 1 in erheblichem Umfang. Denn der geltende Patentanspruch 1 umfaßt zusätzlich die aus einer Kanalstaublende und einer Verstellkeilblende zusammengesetzte Ausbildung des Drosselorgans und das abgerundet keilförmige oder gekrümmte Anstellen von Kanalstaublende und Verstellkeilblende gegen die Fließrichtung des Abwassers.

Zu der nunmehr im Patentanspruch 1 enthaltenen baulichen Ausbildung des Drosselorgans hat die Prüfungsstelle bisher nicht Stellung genommen und offensichtlich auch noch nicht recherchiert. Mit den zusätzlich in den Patentanspruch 1 aufgenommenen Merkmalen liegen somit neue Tatsachen vor, die für die Entscheidung wesentlich sind. Der Senat hält es in diesem Fall für geboten, von der ihm durch § 79 Abs 3 Satz 1 Nr 3 PatG an die Hand gegebenen Möglichkeit der Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt antragsgemäß Gebrauch zu machen. Die Prüfungsstelle erhält dadurch Gelegenheit, über die Patentfähigkeit des Gegenstandes nach dem geltenden Patentanspruch 1 zu entscheiden.

Rübel Heyne Trüstedt Schmidt-Kolb Cl






BPatG:
Beschluss v. 13.11.2001
Az: 6 W (pat) 45/99


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