Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. August 2007
Aktenzeichen: 33 W (pat) 103/05

(BPatG: Beschluss v. 21.08.2007, Az.: 33 W (pat) 103/05)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. Juni 2005 aufgehoben.

Gründe

I Am 9. Dezember 2004 ist beim Deutschen Patent- und Markenamt die Wortmarke Audit Committee Institutefür folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

Klasse 16: Druckerzeugnisse; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate);

Klasse 35: Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, nämlich die Erstellung von Steuererklärungen, Unternehmensberatung, Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen, Beratung in Fragen der Geschäftsführung, Beratung des Aufsichtsrats in organisatorischer und betriebswirtschaftlicher Hinsicht;

Klasse 36: Erstellung von Steuergutachten und Steuerschätzungen, Beratung des Aufsichtrats in finanzieller Hinsicht;

Klasse 42: Beratung des Aufsichtrats in rechtlicher Hinsicht.

Mit Beschluss vom 9. Juni 2005 hat die Markenstelle für Klasse 35 durch ein Mitglied des Patentamts die Anmeldung nach §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle fehlt der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft. Die Wortverbindung "Audit Committee" bezeichne ein Gremium aus drei bis fünf Mitgliedern, die als Koordinationselement zwischen den einzelnen Elementen des betrieblichen Überwachungssystems fungierten. Dazu zitiert die Markenstelle das Internet-Lexikon Wikipedia. Danach handele es sich bei einem Audit Committee um den Prüfungsausschuss des Aufsichtsorgans (bei Aktiengesellschaften: des Aufsichtsrats). Seine Errichtung werde vom Deutschen Corporate Governance Kodex für deutsche Aktengesellschaften empfohlen. Daher könne auch nicht dem Vortrag der Anmelderin gefolgt werden, der Begriff "Audit Committee" sei als Besonderheit des US-amerikanischen Unternehmensverfassungsrechts in Deutschland nicht bekannt. Grundsätzlich sei das Audit Committee für die Überwachung der Finanzberichterstattung, des Risikomanagements und des internen Kontrollsystems sowie für Compliance zuständig. Der weitere Markenbestandteil "Institute" entspreche dem deutschen Wort "Institut".

Den angesprochenen Verkehrskreisen, in erster Linie Fachverkehrsteilnehmern im Management, seien derartige englische Termini berufsbedingt bekannt. Der Verkehr werde der angemeldeten Bezeichnung in ihrer Gesamtheit in Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen entnehmen, dass es sich um solche handele, die von einem Institut zur Bewältigung der Aufgaben eines "Audit Committee" bereitgestellt würden. Sie sei nach ihrem Sinngehalt klar und eindeutig. Außerdem bestehe an ihr ein Freihaltungsbedürfnis i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

In ihrer Beschwerdebegründung weist sie auf die Parallelanmeldung 304 69 720.6 - "Audit Committee Quarterly" hin, die - außer für Druckereierzeugnisse - vom Patentamt eingetragen worden sei. Die Zurückweisung der vorliegenden Markenanmeldung sei demgegenüber nicht nachvollziehbar. Selbst wenn einem kleinen Fachverkehrskreis die Bedeutung "Audit Committee" als Prüfungsausschuss des Aufsichtsrats bekannt sei, könne gerade angesichts der Kombination mit dem weiteren Begriff "Institute" nicht davon ausgegangen werden, dass die Marke beschreibend sei. In der Gesamtheit der Markenbegriffe ergebe sich ein Widerspruch. Ein Ausschuss werde nicht durch ein Institut, das wiederum Hinweis auf ein Untenehmen sei, ausgeübt. Ein Prüfungsausschuss des Aufsichtsrats habe mit einem Institut oder gar einer Anstalt bzw. gelehrter Gesellschaft nichts gemein. Ein "Audit Committee" könne auch nicht Bestandteil eines Instituts sein. Es existiere auch keine von einem Institut angebotene Ausbildung für Mitglieder eines "Audit Committees".

Insbesondere sei auch nicht nachvollziehbar, wie ein Institut Waren und Dienstleistungen bereitstellen soll, die zur Bewältigung der Aufgaben eines "Audit Committee" dienten. Die Mitglieder eines solchen Komitees seien üblicherweise so ausgebildet, dass sie für ihre Aufgabenerfüllung keine weiteren Waren und Dienstleistungen benötigten. Ansonsten würde ein weiteres Unternehmen den Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft kontrollieren, was widersinnig wäre.

Es sei auch unerfindlich, welche Druckereierzeugnisse oder Lehrmittel zur Bewältigung der Aufgaben eines "Audit Committee" bereitgestellt würden. Das gleiche gelte für die weiteren beanspruchten Dienstleistungen, die mit den Aufgaben eines Prüfungsausschusses nichts zu tun hätten. Insbesondere erfolge eine Beratung des Aufsichtsrats in organisatorischer und betriebswirtschaftlicher Hinsicht nicht durch das Institut, sondern - wenn überhaupt - durch das "Audit Committee" selbst. Die beanspruchte Beratungstätigkeit gehe weit über die Prüfungs- und Überwachungsaufgaben eines "Audit Committees" hinaus.

Außerdem gebe es ein "Audit Committee Institute" nicht. Gerade weil der Begriff "Audit Committee" nur für aktienrechtlich erfahrene Verkehrskreise verständlich sei, werde für diese ein Widerspruch zwischen einem Prüfungsausschuss und einem Institut gerade nicht verständlich sein. Im Übrigen habe das Patentamt lediglich für die Einzelwörter, nicht jedoch für die Gesamtmarke, einen beschreibenden Inhalt festgestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist begründet.

Entgegen der Beurteilung der Markenstelle hält der Senat die angemeldete Marke für hinreichend unterscheidungskräftig und nicht rein beschreibend. Absolute Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG stehen der Eintragung der Anmeldemarke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG somit nicht entgegen.

So sind zunächst keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich, die die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG rechtfertigen können. Nach dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können.

Die angemeldete Marke setzt sich aus drei Wörtern zusammen, wobei mit der Markenstelle davon auszugehen ist, dass die ersten beiden Wörter "Audit Committee" bereits für sich genommen einen festen Gesamtbegriff aus dem Bereich der Abschlussprüfung bzw. des Controllings bilden. Die Wortfolge "audit committee" hat sich ohne Weiteres nicht nur in Wörterbuchern der englischen Sprache belegen lassen, wo sie zumeist mit dem deutschen Wort "Prüfungsausschuss" erläutert wird (z. B. Wörterbuch Rechnungslegung und Steuern, Deutsch-Engl.; Langenscheidt Fachwörterbuch Wirtschaft, Handel und Finanzen, 2. Aufl.), sondern ist auch in deutschen Fachlexika belegbar. In Deutschland versteht man darunter besonders einen Fachausschuss des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft, der sich mit der Rechnungslegung und der Jahresabschlussprüfung beschäftigt, wobei er Ansprechpartner des Wirtschaftsprüfers ist (vgl. Gabler, Wirtschaftslexikon, 16. Aufl., 2004; vgl. a. Lexikon der Rechnungslegung und Abschlussprüfung, 4. Aufl. 1998; Risse, Kästle, Gebler, M&A und Corporate Finance von A - Z, 2006).

Der weitere Markenbestandteil "Institute" entspricht - schon wörtlich nahe gelegt - dem deutschen Wort "Institut" und kann damit die Bedeutung "Anstalt, Einrichtung, Akademie, (Hochschule), Gesellschaft" haben (vgl. Duden Oxford, Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl., Langenscheidts Großwörterbuch Englisch; PONS Großwörterbuch Engl.-Dt.; Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 7. Aufl. 2002; Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl. 1999).

Bei natürlichem Wortverständnis hat die angemeldete Wortkombination damit einen Bedeutungsgehalt, der sich etwa mit "(Rechnungs-) Prüfungsausschuss-Institut/-Einrichtung/-Akademie" o. Ä. umschreiben lässt. Dies wirkt jedoch bereits sprachlich umständlich und unpassend. Vor allem lädt diese sprachliche Bedeutung den Leser oder Hörer zum Nachdenken darüber ein, welchen Sinn sie haben mag, wenn ihm die Marke als Kennzeichnung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen begegnet. So wird es sicherlich (mit der Marke sprachlich allerdings nicht bezeichnete) Institutsausschüsse geben, d. h. Ausschüsse von bzw. innerhalb von Instituten. Weit weniger aber sind die mit der Marke bezeichneten "Ausschussinstitute" denkbar, d. h. Institute, Einrichtungen, Akademien usw., die sich mit Ausschüssen, insbesondere Rechnungsprüfungsausschüssen beschäftigen. Denn Ausschüsse als solche brauchen keine Instituts(aus)bildung. Dies würde jedenfalls wenig sinnvoll erscheinen, denn eine Institutstätigkeit, jedenfalls soweit es um Institute in Form von Lehranstalten geht, machen nur Sinn, wenn sie bei der Qualifikation der (u. U. zukünftigen) Ausschussmitglieder und nicht am Ausschuss selbst ansetzt. So kann man z. B. sicherlich in einem "Audit Institute" auf Prüfungstätigkeit vorbereitet und qualifiziert werden. Ein Audit Committe Institute im Sinne eines Instituts zur Weiterbildung von (gesamten) Ausschüssen erscheint jedoch wenig sinnvoll. Denn hat sich ein Ausschuss erst einmal gebildet, so nimmt er regelmäßig sofort seine Arbeit auf, d. h. für eine Institutsqualifikation wäre es vermutlich zu spät. Geht man lebensnah davon aus, dass ein Audit Comittee bzw. Rechnungsprüfungsausschuss weitgehend mit entsprechend qualifizierten Personen besetzt ist, so wird sich der Verkehr fragen müssen, wozu man ein solches Institut überhaupt braucht. Soweit es dennoch tatsächlich um die Aus- oder Fortbildungen von Ausschussmitgliedern geht, würde allenfalls eine Bezeichnung wie "institute for members of audit committees" passen. Da es bei lebensnaher Betrachtung aber kaum Institute geben wird, die sich im Bereich der Rechnungsprüfung auf Ausschüsse bzw. deren Mitglieder spezialisieren, dürften einzig Begriffe wie "Audit Institute", "audit school", "Institute of Controlling", "Institute of Auditors" o. Ä. einen nachvollziehbaren Sinn ergeben.

Weiterhin könnte ein "audit committee institute" bzw. "(Rechnungsprüfungs-) Ausschuss-Institut" ein Institut sein, dass solche Ausschüsse erforscht. Auch dies wirkt aber unpassend, denn es würde allenfalls nahe liegen, das Rechnungs- und Prüfungswesen als solches wissenschaftlich zu untersuchen. Rechnungsprüfungsausschüsse mit ihrer begrenzten Zahl und ihrem speziellen Tätigkeitsbereich bieten in diesem Feld nur einen kleinen, sich evtl. für Seminare o. Ä. eignenden Einzelaspekt, der aber kaum die Errichtung eines speziell für Ausschüsse zuständigen "Instituts" rechtfertigen kann. Auch unter diesem Aspekt würde der Verkehr also Bezeichnungen wie z. B. "Audit Institute", "Institute of Controlling" o. Ä. erwarten.

Dementsprechend hat sich die angemeldete Wortfolge weder lexikalisch noch im Internet mit brauchbaren Hinweisen als beschreibende Angabe belegen lassen. Zwar findet sie sich sehr häufig im Internet, dort konnte sie vom Senat jedoch nur in Zusammenhang mit dem weltweiten Verbund von Wirtschaftsprüfungs-, Steuer- und Unternehmensberatungsgesellschaften festgestellt werden, zu dem auch die Anmelderin gehört. Die Marke wird dem Verkehr insoweit als Hinweis auf diesen Unternehmensverbund und nicht, zumindest nicht ausschließlich, als beschreibende Angabe nahe gebracht.

Ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankommt, sei angemerkt, dass dieser Unternehmensverbund offenbar in jedem Land ein "Audit Committe Institute" unterhält, wobei er die Anmeldemarke in einem eher übertragenen Sinne verwendet. Wie etwa aus der Webseite zum deutschen "Audit Committee Institute" hervorgeht (vgl. "www.auditcomiteeinstitute.com/index.html"; "www.auditcomitteeinstitute.com/about/index.html"), versteht er sein "Institute" als eine Art Forum bzw. Informationsservice. Es handelt sich letztlich wohl um ein Informationsangebot zum Thema Rechnungslegung unter besonderer Einbeziehung öffentlicher Gesetze und Richtlinien hierzu, wobei auf der Webseite verschiedene Informationen, eine vierteljährlich erscheinende Infobroschüre (Quarterly) und gelegentlich ein Seminar o. Ä. angeboten wird. Für das deutsche "Audit Committee Institute" werden nur vier Mitarbeiter aufgeführt. Dementsprechend übersichtlich ist das im Internet ausgewiesene Angebot, für das die Bezeichnung "Institute" eher deplaziert erscheint.

Nach alledem eignet sich die Anmeldemarke nicht als beschreibende Angabe für Waren und Dienstleistungen der angemeldeten Art. Der Senat sieht damit keine zureichenden Anhaltspunkte für die Feststellung eines Freihaltungsbedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

Nach Auffassung des Senats weist die angemeldete Marke auch die erforderliche Unterscheidungskraft auf (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Wie oben ausgeführt, kann der angemeldeten Marke kein eindeutiger, im Vordergrund stehender beschreibender Bedeutungsgehalt zugeordnet werden. Mag auch ein beschreibender Bezug zum Themenbereich der Rechnungsprüfung und damit eng zusammenhängender Themenbereiche, vor allem zu Rechnungsprüfungsausschüssen unverkennbar sein, so muss der Verkehr dennoch gedankliche Überlegungen zur Bedeutung und Brauchbarkeit des in der Anmeldemarke weiter enthaltenen Worts "Institute" in diesem Zusammenhang anstellen. Trotzt solcher Überlegungen wird er häufig selbst dann nicht zu einer nachvollziehbaren beschreibenden Bedeutung gelangen. Damit waren auch keine zureichenden Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Marke nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden wird.

Der angefochtene Beschluss war damit aufzuheben.

Dr. Hock Dr. Kortbein Kätker Cl






BPatG:
Beschluss v. 21.08.2007
Az: 33 W (pat) 103/05


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