Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Oktober 2004
Aktenzeichen: 33 W (pat) 414/02

(BPatG: Beschluss v. 19.10.2004, Az.: 33 W (pat) 414/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Im vorliegenden Fall geht es um die Ablehnung einer Wortmarke für verschiedene Dienstleistungen. Die Marke "VALUE PRICER" wurde für Druckereierzeugnisse und Meinungsforschung angemeldet. Das Patentamt hat die Anmeldung abgelehnt, da die Marke aus den englischen Worten "VALUE" und "PRICER" besteht, die den Prozess der Wertorientierten Preisfindung und Preisprüfung von Waren und Dienstleistungen beschreiben. Das Patentamt argumentiert, dass die Marke lediglich den Inhalt der beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibt und daher keine Unterscheidungskraft besitzt.

Die Anmelderin hat Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt und argumentiert, dass die Marke nicht einfach und ohne weiteres zu verstehen sei. Sie ist der Meinung, dass die Definition des Patentamtes zeigt, dass es sich nicht um eine einfache, allgemein verständliche Bezeichnung handelt. Außerdem ist die Marke im deutschen Verkehr nicht bekannt und die Verwendung der Marke durch andere Dienstleister deutet darauf hin, dass keine Identität zwischen der Marke und den angebotenen Dienstleistungen besteht. Die Anmelderin fordert, dass der Beschluss aufgehoben wird.

Das Bundespatentgericht hat die Beschwerde abgewiesen. Es wird festgestellt, dass die Marke keine ausreichende Unterscheidungskraft besitzt. Die Marke setzt sich aus den englischen Substantiven "VALUE" und "PRICER" zusammen und der Begriff "PRICER" bezeichnet den eigentlichen Gegenstand der Substantivkombination. Das vorangestellte Wort "VALUE" grenzt diesen Gegenstand nur näher ein. Die wörtliche Bedeutung der Marke ist somit die eines "Wert-Preiskalkulators". Die Nutzung der Marke durch verschiedene Unternehmen, einschließlich Fluggesellschaften, deutet ebenfalls darauf hin, dass die Marke beschreibend verwendet wird.

Daher wird festgestellt, dass die Marke keine Unterscheidungskraft besitzt und daher von der Eintragung ausgeschlossen ist. Die Frage eines möglichen Freihaltungsbedürfnisses kann in diesem Fall offenbleiben.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 19.10.2004, Az: 33 W (pat) 414/02


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Am 3. November 1998 ist beim Deutschen Patent- und Markenamt die Wortmarke VALUE PRICER für folgende Dienstleistungen angemeldet worden:

Kl. 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere Druckschriften, Tabellen und grafische Darstellungen, Kl. 35: Meinungsforschung und -analyse, insbesondere Meinungsumfragen zur politischen Lage in Deutschland.

Mit Beschluss vom 2. September 2002 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung durch ein Mitglied des Patentamts nach §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle bezeichnet die aus den englischen Wörtern "VALUE" (= "Wert") und "PRICER" (= "Preiskalkulator, Preisprüfer") zusammengesetzte Marke diejenigen Prozesse, die der am tatsächlichen Wert orientierten optimalen Preisfindung und Preisprüfung von Waren und Dienstleistungen dienen. In diesem Sinne werde sie vom Verkehr auch ohne Weiteres verstanden, da sie aus leicht verständlichen englischen Wörtern bestehe und - wie sich aus Internet-Belegen ergebe - auch bereits von verschiedenen Dienstleistern zur Bezeichnung eines Preismanagement-Systems verwendet werde. Damit beschreibe die angemeldete Marke lediglich den Inhalt bzw. die Bestimmung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Zur Begründung führt sie aus, dass die angemeldete Wortkombination entgegen der Auffassung der Markenstelle keineswegs einfach und ohne weiteres zu verstehen sei. Bereits die von der Markenstelle gegebene Definition zeige, dass es sich gerade nicht um eine einfache, jedermann verständliche Gesamtbezeichnung handeln könne. Dem inländischen Verkehr sei die angemeldete Wortkombination nicht bekannt, woran auch die Internet-Auszüge der Markenstelle nichts änderten, aus denen sich ergebe, dass Fluggesellschaften ein eigenes VALUE PRICER System für Online-Buchungen eingerichtet hätten. Auch decke sich die von der Markenstelle aufgestellte Definition nicht mit den weiteren Ausführungen des angefochtenen Beschlusses, wonach Dienstleistungen auf dem Gebiet der Meinungsforschung auf Fragen des Preismanagements zugeschnitten sein könnten, indem sie das als Grundlage der Preisfestlegung dienende Verbraucherverhalten durch Meinungsumfragen ermittelten und analysierten. Damit habe die Markenstelle in der angefochtenen Entscheidung selbst bestätigt, dass zwischen der (angeblichen) Übersetzung der Anmeldemarke und der Tätigkeit der Anmelderin keine Identität bestehe. Daraus folge, dass weder ein Freihaltungsbedürfnis noch ein Mangel an Unterscheidungskraft bestehe.

Mit Zwischenbescheid vom 29. Juni 2004 sind der Anmelderin Kopien des Ergebnisses einer vom Senat durchgeführten Recherche übersandt worden, wobei der Senat darauf hingewiesen hat, dass er nach vorläufiger Auffassung vom Vorliegen eines Freihaltungsbedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, zumindest aber von mangelnder Unterscheidungskraft i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ausgeht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist nicht begründet.

Die zur Eintragung angemeldete Bezeichnung "VALUE PRICER" weist nicht die für eine Marke erforderliche Unterscheidungskraft auf (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Entsprechend der Hauptfunktion der Marke, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, ist unter Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung zu verstehen, Waren oder Dienstleistungen als von einem Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2002, 804 Nr. 35 Philips/Remington; GRUR 2004, 428 Nr. 30, 48 - Henkel). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist. Kann einer Wortmarke ein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus ein tatsächlicher Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl. BGH GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice).

Die angemeldete Marke setzt sich aus den beiden englischen Substantiven "VALUE" und "PRICER" zusammen, wobei "PRICER" als nachgestellter Begriff entsprechend den Sprachregeln den eigentlichen Gegenstand der Substantivkombination bezeichnet, während das vorangestellte Wort "VALUE" diesen Gegenstand nur begrifflich näher eingegrenzt. "PRICER" hat die Bedeutung von "Preiskalkulator, (regulator of market prices, Br.) Preisprüfer" (vgl. Der Große Eichborn, Engl.-Deutsch, 2. Aufl.). Im Finanzbereich ließ sich das Wort "Pricer" zudem in der deutschen Fachsprache belegen, wobei es auch in einem weitergehenden Sinne zur Bezeichnung von Instrumenten verwendet wird, die der Ermittlung des optimalen An- oder Verkaufspreises dienen (vgl. ifbg.wiwi.unigoettingen.de/wpjava/Hilfesystem/Hilfe-Seiten/bundesschatzbrief_a.html: "Mit dem Security Pricer können Sie Bundesschatzbriefe bewerten ... Der Pricer berechnet nun den Kurs in % und den Kurswert des Bundesschatzbriefes."; www.gdpgroup.com/de/pricer.php€op=ausw: "Analyse und Reporting Preisszenarien (Pricer) ... Der Pricer erlaubt es ihnen, die Auswirkungen von Preisänderungen ... auf das Kaufverhalten zu quantifizieren ... Preisschwellen zu erkennen."; Webseite der Credit Lyonnais: "Zur Berechnung des Preises ihres Optionsscheins finden Sie unter www.clwarrants.de einen Pricer sowie eine erstklassige Simulationsfunktion. Es können 25 Preise gleichzeitig berechnet werden."; www.swisspuote.ch/static/pages/newlook/help/pricer/picer_d.html: (unter der Zwischenüberschrift "Pricer"): "Ermitteln Sie den besten Kauf- oder Verkaufspreis eines Titels mit der <<Preisbestimmung>>, dem neuen Tool von Swissquote."; www.hhl.de/de/cxTP_standard_1.php€topic=study.finanzentoolspricer: (unter der Zwischenüberschrift "Option Pricer":) "Zur schnellen Bewertung von Optionen ist es oftmals hilfreich, auf vorgefertigte Option Pricer zurückzugreifen, anstatt diese selber schriftlich zu bewerten.").

Der Begriff "PRICER" wird in der angemeldeten Marke durch das nahezu jedermann als "Wert" bekannte englische Wort "VALUE" präzisiert. Die sich damit zwanglos ergebende wörtliche Bedeutung eines "Wert-Preiskalkulators" bzw. "Wert-Preisprüfers" besagt aus der Sicht eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verkehrsteilnehmers nur, dass die Preisermittlung unter Berücksichtigung des (Gegen-)Werts des betreffenden Wirtschaftsguts erfolgt.

Auch die Verwendung des angemeldeten Gesamtbegriffs "VALUE PRICER" konnte vom Senat ermittelt werden. Insbesondere Fluggesellschaften, die an das Amadeus-Buchungssystem angeschlossen sind, verwenden diese Bezeichnung, wenngleich insoweit nicht eindeutig ist, ob es sich um rein beschreibende oder auch um markenmäßige Verwendungen handelt (vgl. z.B. www.agentcorner.de/forum/read_archive.php€f=1&i=293&t=291: "Es gibt in Amadeus eine Preisanfrage, die nur freie Tarife anzeigt: FXC. Das ist die Eingabe für den so genannten Value Pricer."; www.portevo.de/sites/getContent.do€id=45991: (Überschrift:)"Amadeus Value Pricer"; www.allresnet.com/vendor/index6.html: "...Alliance Reservations Network has partnered with Amadeus for use of their proprietary "Value Pricer" airfare/booking technology."; www.alitalia.be/EN/HOME/w/1024/h/768/ww/1124/wh/750/c/32: (Überschrift neben einem Klick-Button:) "Best Price (Value Pricer)".

Die dabei festzustellende teilweise Verwendung von Possessivpronomen wie "unser Value Pricer" spricht jedenfalls dafür, dass die betreffende Angabe eher beschreibend verwendet wird, da mit dieser Ausdrucksweise angedeutet wird, dass es auch "Value Pricer" anderer Unternehmen, insbesondere von Wettbewerbern, gibt (vgl. www.travel24.com/partnerseite ...: "Unser Value Pricer sucht ihnen den günstigsten verfügbaren Flug zu ihrem Reiseziel."; www.ineedatrip.com/qualitycontrol.html: "We run a diagnostic check of all routing combinations using our Value Pricer Software."; www.abstravel.net/: "...which will take you to our hotel Value Pricer reservation."

Darüber hinaus ließ sich die angemeldete Wortkombination auch außerhalb von Buchungssystemen vereinzelt im englischen Sprachraum in erkennbar beschreibender Verwendung auffinden (vgl. http://tolearn.net/marketing/pricem.htm: "The good value strategy is a way to attack the premium pricer, ...If true, and if the qualitysensitive segment believes the goodvalue pricer, they will sensibly buy the product and save money ...".

Im übrigen scheint auch die Anmelderin selbst in der angemeldeten Marke eine beschreibende Bedeutung zu sehen und mit dieser werben zu wollen. In der Broschüre, die sie mit Schriftsatz vom 27. Dezember 1999 im Verfahren vor der Markenstelle vorgelegt hat, wird das Produkt "VALUE PRICER" als "Preismanagement-System" vorgestellt, mit dem im Rahmen eines "Pricing" (S. 6 der Broschüre) Strategieempfehlungen für eine optimale Preisfestsetzung zur Erzielung größerer Marktanteile gegeben werden sollen (vgl. insb. S. 5. Broschüre: "... Vor diesem Hintergrund wurde der optimale Preis für ein Haarpflegeprodukt ermittelt. Strategieempfehlung: Preisfestsetzung auf DM 7,99" ). Dies entspricht auch dem aktuellen Internetauftritt der Anmelderin unter www.nfoeurope.com/ib/CountryProductDetail.cfm€lan=de&Country=deu&Obj ..., in dem es heißt: "Mit NFO VALUE PRICER bieten wir Ihnen einen individuellen, marktforschungsbasierten Lösungsansatz zur Optimierung des Preismanagements."

Damit stellt die angemeldete Marke für die beanspruchten Waren der Klasse 16 eine beschreibende Angabe über den thematischen Inhalt der Druckereierzeugnisse dar. Dies gilt ebenso für die weiter beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 35, da Meinungsforschung und -analyse mit der angemeldeten Marke nach ihrem Schwerpunkt als Dienstleistung beschrieben wird, die auf die Ermittlung des optimalen Preises unter Berücksichtigung des (Gegen-)Werts des betreffenden Wirtschaftsguts gerichtet ist. Zwar handelt es sich beim sogenannten "Pricing" um eine besondere Form der Marktforschung bzw. -analyse, da der Begriff "Meinungsforschung" jedoch auch "Marktforschung- und -analyse" mit umschließt (vgl. Brockhaus Enzyklopädie, 20.Aufl.; Gabler, Wirtschaftslexikon, 14. Aufl.), liegt für die angemeldeten Meinungsforschungs- und -analysedienstleistungen ebenso eine beschreibende Angabe vor.

Wegen ihres im Vordergrund stehenden beschreibenden Bedeutungsgehalts ist die angemeldete Marke nicht geeignet, Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer zu unterscheiden. Sie ist daher nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Die Frage des Bestehens eines Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG kann somit dahingestellt bleiben.

Winkler Dr. Hock Kätker Cl






BPatG:
Beschluss v. 19.10.2004
Az: 33 W (pat) 414/02


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