Landgericht Stuttgart:
Urteil vom 20. Mai 2005
Aktenzeichen: 31 O 67/05 KfH

(LG Stuttgart: Urteil v. 20.05.2005, Az.: 31 O 67/05 KfH)

Tenor

1. Auf den Widerspruch der Verfügungsbeklagten wird die Beschlussverfügung vom 12.04.2005 in ihrer Ziff.1 b) und c) mit der Maßgabe bestätigt, dass es unter b) wie folgt lauten muss:

Teppiche mit einem höheren Preis zu bewerben, dem ein niedriger Preis gegenüber gestellt wird, wenn der unmittelbar vor der Werbung verlangte höhere Preis nicht über einen Zeitraum länger als drei Monate von dem eigenen Unternehmen vor Ort gefordert wurde.

2. Die Verfügungsbeklagten tragen als Gesamtschuldner auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

Gegenstandswert: 10.000,00 Euro.

Tatbestand

Gegenstand des einstweiligen Verfügungsverfahrens sind die Werbeanzeigen der Verfügungsbeklagten Ziff. 1, deren Geschäftsführer der Verfügungsbeklagte Ziff. 2 ist, vom 25.02.2005, von der 10. Kalenderwoche und von der 14. Kalenderwoche (vgl. ASt 2, 3 und 6).

Die gerichtsbekannte Verfügungsklägerin ist der Ansicht, dass die Verfügungsbeklagten mit den oben erwähnten Werbeanzeigen gegen § 5 Ziff. 4 UWG verstoßen würden, da der gegenübergestellte höhere Preis nicht über einen angemessenen Zeitraum von der Verfügungsbeklagten verlangt worden sei. Dies ergebe sich daraus, dass die Verfügungsbeklagte, wie sich aus ihrer Gewebeanmeldung ergebe, erst am 04.02.2005 ihren Geschäftsbetrieb aufgenommen habe.

Die ersten beiden Werbeanzeigen seien auch insoweit irreführend, als die angesprochenen Verkehrskreise den Eindruck haben müssten, dass die beworbene Räumung lediglich an den jeweils beworbenen Tagen durchgeführt werde. Tatsächlich sei die beworbene Räumung jedoch fortgesetzt worden, wie sich aus den Folgeanzeigen ergeben würde.

Auf Antrag der Verfügungsklägerin hat die 31. Handelskammer des Landgerichts Stuttgart am 12.04.2005 folgende Beschlussverfügung erlassen, wobei der Verfügungsausspruch entsprechend Ziff. 1 a) nicht Gegenstand des Widerspruchsverfahrens ist:

"1. Die Antragsgegner haben es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

a) mit dem Hinweis "Räumung angeordnet" zu werben, es sei denn, die Räumung werde durch eine öffentlich-rechtlichen Verfügung oder durch einen Insolvenzverwalter, vorläufigen Insolvenzverwalter oder Zwangsverwalter angeordnet,

und/oder

b) einen Artikel mit einem höheren Preis zu bewerben, dem ein niedriger Preis gegenübergestellt wird, wenn der unmittelbar vor der Werbung verlangte höhere Preis nicht über einen Zeitraum länger als drei Monate von dem eigenen Unternehmen vor Ort gefordert wurde,

und/oder

c) Preisreduzierungen mit dem Hinweis auf einen bestimmten Zeitraum zu bewerben, wenn nach Ablauf des genannten Zeitraumes dieselbe Veranstaltung fortgesetzt wird."

Die Verfügungsklägerin beantragt,

die einstweilige Verfügung zu bestätigen;

hilfsweise hinsichtlich Ziff. 1 lit. b.,

einen Artikel mit einem höheren Preis zu bewerben, dem ein niedriger Preis gegenübergestellt wird, wenn der unmittelbar vor der Werbung verlangte höhere Preis nicht über einen Zeitraum länger als zwei Monate, hilfsweise einem Monat, von dem eigenen Unternehmen vor Ort gefordert wurde.

Die Verfügungsbeklagten beantragen:

Die einstweilige Verfügung des Vorsitzenden der 31. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 12.04.2005 wird hinsichtlich Ziff. 1 lit. b. und c. aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen.

Die Verfügungsbeklagten, die zunächst der Ansicht sind, dass das Gericht mit dem Verfügungsausspruch entsprechend Ziff. 1 lit. b. der Verfügungsklägerin mehr zugesprochen hat, als von dieser beantragt, tragen im Übrigen vor, eine starre Zeitgrenze könne es nicht geben, und zwar weder für die spezielle Ware Orientteppiche und erst recht nicht übergreifend für alle Waren. Insoweit ergebe sich aus ihrer letzten Werbeanzeige, dass die Verfügungsbeklagte Ziff. 1 ihr Sortiment erweitern werde.

Nach der Rechtsprechung komme es auf die Ernsthaftigkeit an, mit der der höhere durchgestrichene Preis verlangt worden sei. Es komme insoweit auf die Umstände des Einzelfalles an, wobei die Marktsituation zu berücksichtigen sei.

Aus dem Inhalt ihres ersten angegriffenen Werbeprospekts hätten die angesprochenen Verkehrskreise darüber hinaus erkennen können, dass ein anerkennenswertes unternehmerisches Bedürfnis zur kurzfristigen Preisherabsetzung bestanden habe.

Auch in der dritten Werbeanzeige sei ein solcher aufklärender Zusatz erfolgt, da dort darauf hingewiesen worden sei, dass die Verfügungsbeklagte Ziff. 1 demnächst ein neues Sortiment in ihren Geschäftsräumen aufbauen möchte und deshalb ihr gesamtes Warenlager räumen wolle.

Auch das Unterlassungsgebot entsprechend Ziff. 1 lit. c. sei aufzuheben, da durch den Hinweis auf die Geschäftszeiten der nächsten Tage in der ersten Werbeanzeige deutlich gemacht worden sei, dass der Räumungsverkauf nicht mit dem letzten dort genannten Tag ende. Darüber hinaus würde in den streitigen Werbeanzeigen jeder Hinweis fehlen, dass die Verkaufsveranstaltung datumsmäßig begrenzt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die von ihnen vorgelegten Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Der Widerspruch ist zulässig; in der Sache ist die einstweilige Verfügung jedoch zu bestätigen, wobei der Verfügungsausspruch entsprechend der dortigen Ziff. 1 b) jedoch zu präzisieren ist.

1. Soweit die Verfügungsbeklagten der Ansicht sind, das Gericht sei mit seinem Verfügungsausspruch entsprechend Ziff. 1 b) über den entsprechenden Verfügungsantrag hinausgegangen (vgl. § 308 ZPO), kann diese Frage dahingestellt bleiben, da die Verfügungsklägerin mit ihrem Hauptantrag beantragt hat, die zu ihren Gunsten ergangene einstweilige Verfügung zu bestätigen. Sie hat deshalb beantragt, wie nunmehr zu erkennen ist.

Soweit die Verfügungsbeklagten die im Verfügungsausspruch enthaltene starre Zeitvorgabe bekämpfen, können ihre Ausführungen nicht überzeugen, da zumindest nach der neuen Regelung des § 5 Abs. 4 UWG Ausgangspunkt für die Frage, ob eine irreführende Werbung vorliegt, der Zeitraum ist, während dessen vor der Preisherabsetzung von dem werbenden Unternehmen der höhere Preis verlangt worden ist. Dieser Zeitraum darf nach der gesetzlichen Formulierung nicht unangemessen kurz gewesen sein. Lässt sich Letzteres feststellen, so wird eine irreführende Werbung nach dem Gesetzeswortlaut vermutet.

Ob eine unangemessene kurze Zeit, während der der der höhere Preis verlangt worden ist, vorliegt, lässt sich unter Berücksichtigung der Art der von dem Werbenden angebotenen Waren und der Marktsituation beurteilen.

Insoweit folgt das angerufene Gericht den Ausführungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 19.6.2001, wonach der höhere Vergleichspreis über mindestens drei Monate tatsächlich von dem werbenden Unternehmen gefordert worden sein muss, da es sich bei Teppichen um langlebige Wirtschaftsgüter handelt, deren Wertschätzung nur in geringem Maße kurzfristigen Modeströmungen unterliegt. Auch ist die Marktsituation abschätzbar, weshalb ein Erwerbsinteressent erwarten kann, dass der für Teppiche ausgezeichnete Preis zumindest auf einer mittelfristigen Kalkulation beruht.

Dass Vorliegend die durch die streitigen Anzeigen Beworbenen mit einem kürzeren Zeitraum rechnen mussten, folgt entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten nicht aus dem Hinweis, dass sie den kompletten Warenbestand der Firma ... übernommen habe. Aus dem Prospekt vom 25.02.2005 (vgl. ASt 2) ergibt sich nämlich nicht, wann die Übernahme dieses Geschäftsbetriebes erfolgt ist. Im Übrigen fehlt ein entsprechender Hinweis in den folgenden Anzeigen aus der 10. Kalenderwoche (ASt 3) und aus der 14. Kalenderwoche (ASt 6), die ebenfalls Gegenstand des Rechtsstreits sind.

Auch der Hinweis der Verfügungsbeklagten in der Werbeanzeige aus der 14. Kalenderwoche auf die Sortimentsänderung macht nicht hinreichend deutlich, dass der in dieser Werbeanzeige gegenübergestellte Preis nur ab 04.02.2005 (Eröffnung des Geschäftsbetriebes der Verfügungsbeklagten) verlangt worden ist. Im Übrigen fehlt dieser Hinweis in den beiden vorangegangenen Anzeigen.

Das Gericht ist deshalb weiterhin der Ansicht, dass die Verfügungsbeklagten mit den drei streitigen Werbeanzeigen irreführend i.S.v. § 5 UWG geworben haben, da der dort genannte höhere Preis nur über einen kürzeren Zeitraum als drei Monate von der Verfügungsbeklagten verlangt worden ist. Gemäß § 938 Abs. 1 ZPO ist der Verfügungsausspruch jedoch insoweit zu präzisieren, als er auf Teppiche zu begrenzen ist. Hierin ist keine teilweise Aufhebung des Verfügungsausspruches zu sehen, da auch nach dem ursprünglichen Verfügungsvorbringen die Verfügungsklägerin lediglich die auf Teppiche bezogene Werbung der Verfügungsbeklagten beanstandet hat.

2. Auch der Verfügungsausspruch Ziff. 1 c) ist zu bestätigen.

Ausgangspunkt muss hier das Transparenzgebot des § 4 Nr. 4 UWG sein, das Verkaufsförderungsmaßnahmen wie die hier von der Beklagten beworbenen Preisnachlässe erfasst. Hiernach hat der mit einer Verkaufsförderungsmaßnahme Werbende Angaben darüber zu machen, in welchem Zeitraum die Verkaufsförderungsmaßnahmen in Anspruch genommen werden können (vgl. Baumbach/Hefermehl/Köhler, 23. Aufl. 2005, UWG, § 4, Rn. 4.11; Harte/Henning/Bruhn, UWG, § 4 Nr. 4, Rn. 32).

Ob die Verfügungsbeklagte mit ihren Werbemaßnahmen entsprechend ASt 2 und ASt 6 gegen dieses Transparenzgebot verstoßen hat, kann dahingestellt bleiben, da zumindest in der ebenfalls streitgegenständlichen Werbeanzeige aus der 10. Kalenderwoche (ASt 3) ein Verstoß gegen § 4 Nr. 4 UWG zu sehen ist.

Aus dem eigenen Vorbringen der Verfügungsbeklagten zu ihrer Werbemaßnahme vom 25.02.2005 (ASt 2) folgt nämlich, dass der Räumungsverkauf nicht zeitlich begrenzt erfolgen sollte, was auch durch die beiden Folgeanzeigen bestätigt wird. Zumindest bei der Werbeanzeige entsprechend ASt 3 musste sich jedoch bei dem Beworbenen der Eindruck einstellen, dass der Räumungsverkauf nur noch an den dort genannten drei Tagen, also zwischen dem 11.03.2004 bis 13.03.2004, stattfinden werde, zumal noch der 13.03.2004 besonders herausgestellt worden ist. Der in anderem Zusammenhang gemachte Verweis auf die üblichen Geschäftszeigen macht zumindest bei der Werbeanzeige entsprechend ASt 3 nicht hinreichend deutlich, dass nach dem 13.03.2004 der Räumungsverkauf zu den üblichen Geschäftszeiten weiter fortgesetzt wird.

Es ist deshalb festzustellen, dass die Verfügungsbeklagten zumindest mit ihrer Werbeanzeige entsprechend ASt 3 gegen § 4 Nr. 4 UWG verstoßen haben, da sie nicht klar und eindeutig bekannt gemacht haben, während welcher Zeiträume sie ihre Verkaufsförderungsmaßnahme durchführen werden.

3. Nach alledem ist somit die Beschlussverfügung mit der o.g. Präzisierung zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.






LG Stuttgart:
Urteil v. 20.05.2005
Az: 31 O 67/05 KfH


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