Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 19. November 1993
Aktenzeichen: 6 U 116/93

(OLG Köln: Urteil v. 19.11.1993, Az.: 6 U 116/93)

Es ist mit den guten Sitten im Wettbewerb unvereinbar, wenn ein Konkurrent mit Hilfe des Vertragspartners seines Wettbewerbers bzw. dessen Vertragspartnern in geschäftlichen Kontakt zu treten (hier: durch Zulassen der Verwendung der Telefonnummer durch einen Dritten für dessen konkurrierenden Wettbewerb).

Tenor

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 4. März 1993 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 O 170/92 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß dieses Urteil des Landgerichts Köln und die durch dieses Urteil bestätigte einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 30. Oktober 1992 - 81 O 170/92 - wie folgt neu gefaßt werden: Die Antragsgegnerin hat es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,-- DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, Herrn K. B. die Nutzung des Te- lefonanschlusses derart zuzulassen, daß dieser im geschäftlichen Verkehr auf dem Gebiet der gewerblichen Betätigung im Zusammenhang mit der Werbung auf Einkaufswagen die Nummer dieses Anschlusses mitteilt, wie nachstehend wiedergegeben: Die Kosten der ersten Instanz tragen die Antragsgegnerin zu 2/3 und der Antragsteller zu 1/3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tra-gen die Antragsgegnerin 8/9 und die Antragstellerin 1/9.

Gründe

Die Berufung der Antragsgegnerin ist zulässig, aber

unbegründet.

Nachdem die Antragstellerin ihren Antrag auf Erlaß einer

einstweiligen Verfügung im Berufungstermin teilweise zurückgenommen

hat, ist Gegenstand des Berufungsverfahrens nur noch das aus dem

Tenor dieses Urteils ersichtliche Unterlassungsbegehren der

Antragstellerin.

Der auf dieses Unterlassen zielende Antrag der An- tragstellerin

auf Erlaß einer einstweiligen Verfü- gung ist zulässig. Soweit die

Antragstellerin Bedenken aus § 253 Abs. 2 Ziffer 2 ZPO gegenüber

der hinreichenden Bestimmtheit des ursprünglichen Verfügungsantrags

erhoben hat, sind diese Bedenken durch die Teil- rücknahme des

Verfügungsantrags sowie durch die Umformulierung des nach der

Teilrücknahme noch im Streit stehenden Antrags im Berufungstermin

gegen- standslos geworden.

Zulässigkeitsbedenken bestehen ebenfalls nicht hinsichtlich der

Dringlichkeit des Begehrens der Antragstellerin. Da es vorliegend

um eine Wettbe- werbsangelegenheit geht, wird gemäß § 25 UWG die

Dringlichkeit zu Gunsten der Antragstellerin ver- mutet. Diese

Vermutung ist auch nicht durch das eigene Verhalten der

Antragstellerin widerlegt, denn es ist glaubhaft, daß der

Antragstellerin die Identität der im Schreiben des Herrn K.B. vom

25.08.1992 angegebenen Telefonnummer mit dem Telefonanschluß der B.

Werbeagentur GmbH erst am 16.10.1992 bewußt geworden ist. Wie vom

Landgericht bereits zutreffend ausgeführt, ist es selbst bei

langjährigen Geschäftskontakten unge- wöhnlich und damit eher

unwahrscheinlich, daß man die Telefonnummer der Geschäftspartner

auswendig kennt und daher sofort dem jeweiligen Geschäfts- partner

zuordnet, wenn sie in einem anderen Zusam- menhang auftaucht.

Das Unterlassungsbegehren der Antragstellerin mit dem aus dem

Tenor dieses Urteils ersichtlichen In- halts ist jedoch auch in der

Sache erfolgreich.

Das insoweit beanstandete Verhalten der Antrags- gegnerin

widerspricht den Anschauungen des redli- chen kaufmännischen

Verkehrs und ist damit unlau- ter gemäß § 1 UWG.

Wie das Schreiben vom 25.08.1992 belegt, hat Herr K.B. die

Telefonnummer der B. Werbeagentur GmbH verwendet, um Kunden der

Antragstellerin bzw. Kun- den der "F.-Nehmer" der Antragstellerin

zu veran- lassen, mit ihm in geschäftlichen Kontakt in Bezug auf

die Belegung von Einkaufswagen mit Werbung in den P.-, M.- sowie

-Märkten zu treten. Herr B., der Ehemann der Antragsgegnerin,

handelte jedoch bei dieser geschäftlichen Tätigkeit als Wettbe-

werber der Antragstellerin, was sich ebenfalls bereits aus dem

Schreiben vom 25.08.1992 ergibt, denn darin dient sich Herr B.

gerade gegenüber den Werbekunden der Antragstellerin bzw. deren "F.

-Nehmer" als neuer Vertragspartner anstelle der Antragstellerin und

deren Geschäftspartner an. Ob Herr B. daneben auch im Auftrag der

Firma W.R.K. GmbH tätig wird, vermag daran nichts zu ändern.

Die Antragsgegnerin wiederum hat dieses Verhalten ihres Ehemanns

gefördert, indem sie die streitge- genständliche Verwendung der

Telefonnummer durch Herrn B. zuläßt, wie von der Antragstellerin

glaubhaft gemacht. Weder in der ersten Instanz noch im

Berufungsverfahren hat die Antragsgegnerin in Abrede gestellt, von

der Benutzung der Telefon- nummer der B.-Werbeagentur GmbH durch

ihren Ehe- mann für dessen in Rede stehenden geschäftlichen

Tätigkeit als Inhaber der "Beratungskanzlei für Absatzwirtschaft"

gewußt zu haben. Zu einem derar- tigen Vortrag hatte aber die

Antragsgegnerin hin- reichend Anlaß, nachdem schon das Landgericht

im angefochtenen Urteil das von der Antragstellerin glaubhaft

gemachte Verhalten der Antragsgegnerin bei dem Telefonat vom

28.08.1992 als Billigung der Verwendung der Telefonnummer durch

Herrn B. gewertet und die Antragstellerin zudem in der Be-

rufungserwiderung ausdrücklich darauf hingewiesen hat, daß es

bislang an einem Bestreiten der An- tragsgegnerin zu einer

Benutzung der Telefonnummer durch ihren Ehemann mit ihrem - der

Antragsgegne- rin - ausdrücklichen Einverständnis fehle. Der Se-

nat sieht es danach als hinreichend glaubhaft ge- macht an, daß die

Antragsgegnerin von der streit- gegenständlichen Verwendung der

Telefonnummer der B.-Werbeagentur GmbH durch Herrn B. wußte und

weiß und diese Verwendung zumindest duldet.

Als Geschäftsführerin der B.-Werbeagentur GmbH hatte aber die

Antragsgegnerin die Möglichkeit und - wegen der Vertragsbeziehungen

der B.-Werbeagen- tur zur Antragstellerin - zugleich die Verpflich-

tung, gegen die Benutzung der fraglichen Telefon- nummer durch

Herrn B. einzuschreiten, was jedoch - ersichtlich bis heute - nicht

geschehen ist. Die Antragsgegnerin handelt damit unlauter im Sinne

von § 1 UWG, denn es ist mit den guten Sitten des Wettbewerbs

unvereinbar, wenn ein Konkurrent mit Hilfe des Geschäftsführers

eines Vertragspart- ners seines Wettbewerbers die Möglichkeit

erhält, mit den Kunden des Wettbewerbers bzw. dessen

Vertragspartner in Kontakt zu treten, um auf diese Weise seinen

eigenen Wettbewerb zu fördern. Dabei spielt es keine Rolle, daß

Inhaberin des streitge- genständlichen Telefon-Anschlusses nur die

B. Wer- beagentur GmbH und nicht die Antragsgegnerin ist. Dies

ändert nichts daran, daß die Antragsgegnerin als Geschäftsführerin

der B. Werbeagentur GmbH für eigenes wettbewerbswidriges Handeln,

nämlich das Zulassen der Verwendung der Telefonnummer durch ihren

Ehemann für dessen konkurrierenden Wettbe- werb zu Lasten der

Antragstellerin, als Störerin verantwortlich ist (vgl. dazu

Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 17. Aufl., Einl UWG Rdnr. 329

m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 269 Abs. 3, 97 Abs. 1

ZPO.

Die Entscheidung ist gemäß § 545 Abs. 2 ZPO mit der Verkündung

rechtskräftig.






OLG Köln:
Urteil v. 19.11.1993
Az: 6 U 116/93


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