Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. Februar 2004
Aktenzeichen: 28 W (pat) 100/03

(BPatG: Beschluss v. 25.02.2004, Az.: 28 W (pat) 100/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 7 - vom 20. Januar 2003 aufgehoben.

Wegen des Widerspruchs aus der Marke GM 138 089 wird die Löschung der angegriffenen Marke 397 23 164 angeordnet.

Das Verfahren bezüglich der Widerspruchsmarke 743 323 ist somit gegenstandslos.

Gründe

I.

Die Marke 397 23 164 siehe Abb. 1 am Endeist für folgende Waren in das Markenregister eingetragen worden:

Klasse 7 Motoren (ausgenommen Motoren für Landfahrzeuge), Zubehör zu Maschinen und Leistungsstellern für Umwandlung, Steuerung und Regelung, nämlich Stromsensoren und Auswerte- und Regelungselektronik zur Ansteuerung der elektrischen Leistungssteller der Motoren;

Klasse 9 Sensoren, Komponenten und Hilfsmittel, nämlich Auswerte- und Versorgungselektronik für die Sensoren und Komponenten sowie für stromführende Bauteile, Halterungs- und Positionierungsvorrichtungen sowie Montagehilfen für ebenjene, für die direkte und indirekte Erfassung elektrischer Ströme und daraus abzuleitender Größen;

Klasse 42 Ingenieurdienstleistungen und Software zur Meßwerterfassung und Maschinensteuerung sowie Softwarepflege und -anpassung.

Hiergegen hat die Widersprechende aus der Marke 743 323 (AMP) und aus der Marke GM 138 089 AMP Widerspruch erhoben. Diese Marke ist für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen eingetragen, darunter Maschinen und Werkzeugmaschinen; Maschinen und Werkzeugmaschinen und Werkzeuge, alles zur Verwendung bei der Herstellung und/oder Anwendung und/oder Einstellung und/oder Installation und/oder Verbindung und/oder Handhabung und/oder Montage und/oder beim Endanschluß elektrischer Verbindungen, Verbindungselementen, Kontakten, Leitern, Schaltungen, Terminals, Spleißverbindungen und/oder Verdrahtungsvorrichtungen; kraftbetätigte Werkzeuge; Werkzeuge zur maschinellen Bearbeitung und Reparatur elektrischer Kabel und elektrischer Leitungen; Preß-, Stempel-, Biege- und/oder Schneidemaschinen und/oder -werkzeuge, Maschinen zum Abisolieren; Schermaschinen; Gaufriermaschinen; Matrizen; Teile und Bestandteile für alle vorstehend genannten Waren.

Handbetätigte Werkzeuge und Geräte; transportable Werkzeuge; Handwerkzeuge und Geräte alle zur Verwendung bei der Herstellung und/oder Anwendung und/oder Einstellung und/oder Installation und/oder Verbindung und/oder Handhabung und/oder Montage und/oder beim Endanschluß elektrischer Verbindungen, Verbindungselementen, Kontakten, Leitern, Schaltungen, Terminals und/oder Verdrahtungsvorrichtungen; Handwerkzeuge und Geräte, alle zum Pressen, Stempeln, Schneiden, Biegen, Abstreifen, Scheren, Prägen; Schneideisen; Teile und Zusatzteile für alle vorstehend genannten Waren.

Wissenschaftliche Apparate und Instrumente; elektrische und elektronische Apparate und Geräte; elektrische Verbindungselemente, Kontakte, Leiter, Verflüssiger, Spulen, Kondensatoren, Stromkreise und Schaltungen, Klemmen, Spleißverbindungen, Transformator Verdrahtungsvorrichtungen, Gleichrichter, Modulatoren, Filter, Regler, Impulsformernetze Schalter; Schaltgeräte und -instrumente; Stromversorgungsgeräte; Isolatoren; Magnetkerne; Signalgabegeräte und -instrumente; Überwachungsgeräte und -Instrumente; Koaxial- und Glasfasersteckverbinder, -terminals, -kontakte Spleißverbindungen; elektrische Steckerschnur und Steckerschnur-Programmsysteme; elektrische, Koaxial-, Glasfaserbänder und flexible Flachkabel und Kabelbausätze; Computer-Hardware; Teile und Zusatzteile für alle vorstehend genannten Waren; Computerprogramme und -software; magnetische und optische Datenträger; Karten, Bänder und Platten, alle zur Verwendung mit Computern; ausgenommen jedoch Verstärker.

Erstellen von Computerprogrammen; Vermieten von Computern und Computerprogrammen; Projektierung, Zeichnung, Design und Beratung, Konstruktion von Apparaten, Schaltungen und Bauelemente, alles in bezug auf elektrische Anschluß- und Verbindungsapparate; Beratung in bezug auf elektrische Kabelbäume; Testen von elektrischen Apparaten und elektrischen Bauelementen und Bereitstellung von Einrichtungen für Testmaterialien; Aufstellung von Qualitätskontroll- und Sicherheitsprozedur Leasing und Vermietung von Apparaten zur Herstellung von Verbindungen.

Die Markenstelle hat eine Verwechslungsgefahr verneint, denn die jüngere Marke könne nicht von "AMP" geprägt werden; dies sei nämlich im Englischen die Abkürzung von "Ampere", womit die Waren unmittelbar beschrieben würden. Stelle man die Marken aber in ihrer Gesamtheit gegenüber, seien Verwechslungen nicht zu besorgen.

Die Widersprechende hat Beschwerde erhoben und darauf hingewiesen, dass es sich bei ihrer Firma um den weltweit führenden Zulieferer von elektrotechnischen Produkten handelt. Es gehe dabei vorwiegend um Verbindungselemente und Systeme; das Unternehmen beschäftige ca 3.000 Mitarbeiter und habe einen Jahresumsatz von ... Euro. Die Widerspruchsmarke könne deshalb eine gesteigerte Kennzeichnungskraft in Anspruch nehmen. Bei der jüngeren Marke sei "smart" als Hinweis auf "gerätetechnische Intelligenz" glatt beschreibend und müsse außer Betracht bleiben. Zudem gebe es eine mit AMP gebildete - rangältere - Markenserie (AMP STACK, AMP CO, AMP OPTIMATE, AMP ELECTRO-TAP, AMP-CRIMPAC, AMP-IN, AMP-EDGE, AMP-SULATION) was ebenfalls dazu führe, dass die Marke AMP in den einschlägigen Fachkreisen bekannt sei und zur Verwechslungsgefahr beitrage.

Die Markeninhaberin hat sich schriftsätzlich nicht geäußert, in der mündlichen Verhandlung durch einen Vertreter aber darauf hingewiesen, dass "smart" nicht schutzunfähig sei, was sich auch aus den zahlreichen Markeneintragungen ergebe. Im übrigen hält sie die Ausführungen der Markenstelle für zutreffend.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache auch Erfolg. Wegen der erheblichen Warennähe bzw Warenidentität reicht der Abstand der beiden Marken nicht aus, um eine Verwechslungsgefahr iSv § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG zu verhindern.

Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, besteht nach der Registerlage teilweise Warenidentität und teilweise Warenähnlichkeit, die sich wegen des jeweiligen übereinstimmenden Verwendungszweckes, nämlich der Steuerung und Regelung von stromführenden Komponenten und des Stromkreislaufes, im mittleren bis höher gradigen Bereich bewegt. Insbesondere die in Klasse 7 und Klasse 9 beanspruchten Sensoren und Komponenten hierzu bei der jüngeren Marke werden entweder von den "elektrischen und elektronischen Apparaten und Geräten" der Widerspruchsmarke mitumfasst, oder sie weisen eine erhebliche Nähe zu den "Transformatoren, Gleichrichter, Magnetkerne" auf. Die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 42 entsprechen im wesentlichen den für die Widerspruchsmarke geschützten Dienstleistungen in eben dieser Klasse. Auch in Anbetracht eines wohl vorwiegend beteiligten Fachverkehrs muss zur Verneinung einer Verwechslungsgefahr der Abstand der Marken demnach deutlich sein.

Diese Anforderungen werden nicht dadurch gemindert, dass "Amp" in der englischen Sprache die Abkürzung für "Ampere" (und auch für amplifier und amplitude) ist. Im elektrotechnischen Bereich ist die Fachsprache noch deutsch, hier aber ist allein "A" die Abkürzung für "Ampere" und derart bekannt und gebräuchlich, dass der Gedanke von "Amp" zu "Ampere" zumindest zunächst nicht aufkommt, womit kein unmittelbar beschreibender Bezug vorliegt. Hinzukommt, dass sich auch "Ampere" in Alleinstellung zur Beschreibung derartiger Produkte nicht ohne weiteres eignet, denn erst zusammen mit der Amperezahl bekommt diese Maßeinheit einen beschreibenden Sinn. Die Widerspruchsmarke hat damit einen normalen Schutzumfang. Eine maßgebende erhöhte Kennzeichnungskraft im Sinne eines erhöhten Schutzumfanges liegt aber nicht vor. Zwar ist die substantiiert vorgetragene Behauptung der Widersprechende, ihr Unternehmen die "AMP Deutschland GmbH" bzw seit dem Jahr 2000 die "Tyco Electronics AMP GmbH" sei auf dem Gebiet der "Verbinder für elektrotechnische Anschlusstechnik" Marktführer und die Widerspruchsmarke sei infolge der hohen Umsätze in den Fachkreisen bekannt, unwidersprochen, es fehlen aber konkrete Umsatzzahlen für die mit der Marke gekennzeichneten Produkte, so dass die erheblichen Voraussetzungen für die Zuerkennung eines erweiterten Schutzumfanges nicht erfüllt sind. Wegen des sehr hohen Gesamtumsatzes in dem relativ abgegrenzten Marktbereich der elektrischen und elektronischen Verbindungselemente kann aber davon ausgegangen werden, dass dem Fachverkehr der Name der Widersprechenden und auch ihre Widerspruchsmarke bekannt sind. Dies wiederum hat Auswirkung darauf, ob und wodurch die angegriffene, ähnliche und aus mehreren Bestandteilen bestehenden jüngere Marke geprägt wird.

Die jüngere Marke ist grafisch so gestaltet, dass "AMP" wegen der leichten Überlänge das Buchstaben "A" als eigener Wort-Bestandteil hervortritt. Die Frage, ob der Gesamteindruck einer mehrteiligen Marke durch nur einen Teil bestimmt wird, ist nicht abstrakt zu beurteilen, sondern sie muss bezogen auf die in Rede stehende Kollisionslage beantwortet werden (BGH MarkenR 2003, 385 - City Plus). Dies bedeutet, dass eine dem Verkehr bekannte Marke Grund dafür sein kann, dass bei der Gegenüberstellung beider Marken der Gesamteindruck einer mehrteiligen Marke gerade durch den mit der bekannten Marke übereinstimmenden Bestandteil geprägt wird (BGH MarkenR 2004, 76 - DONLINE). Hinzukommt, dass eine solche Bekanntheit sich auch auf die Aussprache der jeweiligen Marken auswirken kann, sie also "stilbildend" wirkt (BGH aaO - DONLINE). Diese Umstände liegen hier vor. Es ist unwidersprochen, dass der maßgebende Verkehr AMP in Verbindung mit elektrotechnischen Verbindungselementen kennt. Trifft er nun die Marke SMARTAMP auf anderen elektrotechnischen und elektronischen Waren an, so hat diese Kenntnis Einfluss darauf, wie er die jüngere Marke wahrnimmt. Der Bestandteil "SMART" ist als weitverbreitetes Mode-Wort für "geschickt, raffiniert" oder "gerätetechnisch intelligent" deutlich beschreibend, "AMP" hingegen ist zumindest für den deutschen Verkehr ohne beschreibende Bedeutung. Wenn nun die Kenntnis der jüngeren Marke hinzukommt, so liegt es nahe, dass der Verkehr das eigentlich Wesentliche der jüngeren Marke in "AMP" sieht und zwar in dem Sinn, dass er die mit "SMARTAMP" gekennzeichnete Produkte dem Verantwortungsbereich der ihm bekannten Widersprechenden zuordnet. Diese Annahme wird dadurch verstärkt, dass die Widersprechende eine umfangreiche und zum Teil langjährige Markenserie besitzt (deren Benutzung von der Inhaberin der angegriffenen Marke nicht bestritten worden ist), deren Marken wegen der Voranstellung des AMP zwar anders gebildet sind als die angegriffenen Marke, die beim Verkehr aber doch insoweit eine gewisse Gewöhnung haben eintreten lassen, als er in Kenntnis der AMP Markenserie bei der neuen, ebenfalls mit "AMP" gebildeten mehrteiligen Marke an die ihm bekannte Markenserie denken wird.

All diese Umstände sprechen dafür, dass der Verbraucher ein mit der jüngeren Marke gekennzeichneten Produkt dem Verantwortungsbereich der Widersprechenden zuordnen wird, womit die Voraussetzungen für eine rechtlich relevante Verwechslungsgefahr erfüllt sind.

Der Beschwerde war somit stattzugeben und die angegriffene Marke ist auf Grund des Widerspruchs aus der Marke GM 138 089 zu löschen.

Die Entscheidung über den Widerspruch aus der Marke 743 323 war damit gegenstandslos.

Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst, § 71 Abs 1 Satz 2 Markengesetz.

Stoppel Paetzold Schwarz-Angele Ko Abb.1






BPatG:
Beschluss v. 25.02.2004
Az: 28 W (pat) 100/03


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