Landgericht Köln:
Urteil vom 23. September 2014
Aktenzeichen: 81 O 14/14

(LG Köln: Urteil v. 23.09.2014, Az.: 81 O 14/14)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen, wegen der Unterlassungsansprüche als unzulässig.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der zu vollstreckenden Forderung.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen unlauteren Rechtsbruchs in Zusammenhang mit Herstellung und Vertrieb von Kopfhörern in Anspruch. Er verweist auf fehlende Kennzeichnungen nach dem Elektrogesetz (ElektroG) sowie auf fehlerhafte RoHK- und CE-Kennzeichnungen.

Der Kläger nimmt für sich in Anspruch, selbst Hersteller und Händler von Kopfhörern zu sein. Die Beklagte ist Herstellerin von Kopfhörern.

Der Kläger nimmt Hersteller und Händler auf Unterlassung des Vertriebs von nicht ordnungsgemäß gekennzeichneten Kopfhörern in Anspruch.

Bei einem Testkauf auf Klägerseite wurde der Kopfhörer "A" erworben. Das Original-Testkaufprodukt ist in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen und zur Akte gereicht worden. Die Kopfhörer weisen eine Kennzeichnung durch ein an den Kabeln befestigtes Klebefähnchen u.a. gemäß dem ElektroG auf.

Der Kläger hält diese Kennzeichnung für unzureichend und nahm die Beklagte mit Schreiben vom einen 27.12.2013 ohne Erfolg auf Unterlassung in Anspruch.

Er macht Abmahnkosten in Höhe von 865 € geltend, ferner Testkaufkosten in Höhe von 9,99 €.

Der Kläger erwirkte eine einstweilige Verfügung - LG Köln 81 O 1/14 -, gerichtet auf Unterlassung der unzureichenden Kennzeichnung nach ElektroG.

Mit Schreiben vom 31.1.2014 forderte der Kläger vergeblich eine Abschlusserklärung. Für dieses Schreiben fordert der Kläger ebenfalls Kostenerstattung. Sodann hat der Kläger die Klage wegen des Unterlassungsanspruchs erweitert.

Parallel zur Beklagten mahnte der Kläger die H GmbH, bei der der Testkauf getätigt wurde, ab.

Eine weitere Abmahnung der Beklagten erfolgte während des Rechtsstreits (Anlage Fn 12). Auch insoweit hat der Kläger die Klage erweitert.

Die Beklagte tätigte ihrerseits am 13.2.2014 einen Testkauf bei dem Kläger und erwarb die Kopfhörer Modell "B" für 14,95 €. Dieser Vorgang ist Gegenstand einer Widerklage, die durch Beschluss vom 23.9.2014 abgetrennt worden ist.

Der Kläger ist der Auffassung, der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs sei unbegründet. Abmahnungen aus dem Jahr 2010 könnten nicht zum Beleg des Rechtsmissbrauchs herangezogen werden. Zwar habe damals Rechtsmissbrauch vorgelegen, dies habe indes der damalige Rechtsanwalt des Klägers veranlasst.

Der Kläger erziele im Übrigen sechsstellige Umsätze und fünfstellige Gewinne. Kosten der Verfahren, für die der Kläger persönlich stets Kostenschuldner sei, würden durch Einnahmen, z.B. aus Vertragsstrafen, ausgeglichen. Der Kläger sei in der Mehrzahl der Fälle erfolgreich. In anderen gerichtlichen Verfahren sei Rechtsmissbrauch nicht bejaht worden.

So habe der Kläger u.a. Apple in Anspruch genommen und eine Zahlung zurückgewiesen, mit der Apple die Einstellung der Rechtsverfolgung habe erreichen wollen.

Auf die gerichtliche Auflage, zu seiner Abmahntätigkeit näher vorzutragen, hat der Kläger ausgeführt, 2013 60 und 2012 5 Abmahnungen ausgesprochen und die Verfahren überwiegend erfolgreich abgeschlossen zu haben. Da die gerichtliche Auflage als sachfremd ansieht, ist er der gerichtlichen Auflage nicht weiter nachgekommen.

Der Kläger ist in der Sache der Auffassung, dass es an der gemäß § 7 ElektroG erforderlichen Kennzeichnung der durch den Testkauf erworbenen Kopfhörer fehle. Das Klebefähnchen stelle keine dauerhafte Kennzeichnung dar. Dieses könne mit geringem Aufwand entfernt werden. § 7 ElektroG sei eine Marktverhaltensregel im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG. Ein Verstoß sei wettbewerbsrechtlich relevant, da hierdurch Produktionskosten erspart würden. Auf In-Ears-Kopfhörer, wie sie Gegenstand des Testkaufs waren, würden bei dem Kläger 95 % seines Umsatzes entfallen, woraus sich ein besonderes Interesse an der Unterbindung des Wettbewerbsverstoßes begründe.

Auch die Verstöße im Rahmen der Klageerweiterung (RoHK-, CE-Kennzeichnung) seien begründet. Hierzu führt der Kläger ergänzend aus. Verjährung sei insoweit nicht eingetreten, da dem Kläger die Relevanz für diese Verstöße erst im Frühjahr 2014 bekannt geworden sei.

Der Kläger hat zunächst nur Abmahn- und Testkaufkosten geltend gemacht, klageerweiternd einen Unterlassungsanspruch wegen unzureichender Kennzeichnung gemäß § 7 ElektroG sowie Kosten für ein Abschlussschreiben, ergänzend klageerweiternd mit Schriftsatz vom 31.7.2014 Verstöße zur Verwendung des "ROHS OK"-Zeichens und des "CE"-Zeichens.

Der Kläger beantragt zuletzt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Abmahnkosten i.H.v. 865 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.1.2014 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Testkaufkosten i.H.v. 9,99 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

3. der Beklagten aufzugeben, es zu unterlassen, wie bei dem Kopfhörer Anlage FN 1, Kopfhörer in Deutschland im geschäftlichen Verkehr in den Verkehr zu bringen, die keine dauerhafte Kennzeichnung nach § 7 S. 1 ElektroG haben, die den Hersteller oder den Importeur eindeutig identifiziert;

4. der Beklagten aufzugeben, es zu unterlassen, wie bei dem Kopfhörer Anlage FN 1, Kopfhörer in Deutschland im geschäftlichen Verkehr in den Verkehr zu bringen und dabei ein "ROHS OK"-Zeichen (grüner Kreis um RoHS mit Haken) zu verwenden, ohne dass die Kennzeichnungsvorgaben der Richtlinie 2011/65 EU vollständig erfüllt sind;

5. der Beklagten aufzugeben, es zu unterlassen, wie bei dem Kopfhörer Anlage FN 1, Kopfhörer in Deutschland im geschäftlichen Verkehr in den Verkehr zu bringen und mit "CE" zu kennzeichnen, ohne dass die Kennzeichnungsvorgaben der maßgeblichen CE-Richtlinie vollständig erfüllt sind;

6. der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtungen der Anträge 3. - 5. ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft anzudrohen;

7. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Kosten des Abschlussschreibens i.H.v. 442,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.2.2014 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält das Vorgehen des Klägers für rechtsmissbräuchlich. Sie verweist auf eine Vielzahl von Verfahren im Sinne einer "Abmahnwelle", in denen der Kläger gegen Hersteller und Händler von Kopfhörern vorgegangen sei. So seien gegen Gesellschaften der C-Gruppe 11 Abmahnungen ergangen, zu denen verschiedene Verfahren deutschlandweit verteilt anhängig seien. Zugleich seien wegen des Sachverhalts die Hersteller abgemahnt worden. Die Beklagte verweist auf ein Urteil des LG Düsseldorf vom 30.4.2014 (Anlage B 20), in dem Bedenken wegen Rechtsmissbrauchs geäußert worden seien. Der Kläger räume für 2010 rechtsmissbräuchliche Abmahntätigkeit ein. Die Weigerung des Klägers, sodann näher zum Umfang seiner Abmahntätigkeit vorzutragen, belege, dass der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs weiterhin berechtigt sei. Das von dem Kläger eingegangene Kostenrisiko stehe außer Verhältnis zu dessen geschäftlicher Tätigkeit, was sich aus einem Kreditlimit von 2.000 € ergebe. Der Ort des Testkaufs in Langenfeld zeige, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers diesen selbst durchgeführt habe. Die Schriftsätze in diesem Verfahren würden auf die Verwendung von Textbausteinen für eine Mehrzahl von Verfahren hinweisen. Die Vorgehensweise des Klägers, im Rahmen einer negativen Feststellungsklage vor dem LG Dortmund betreffend den Sachverhalt gemäß der Widerklage einerseits das Passivrubrum fehlerhaft zu formulieren und sodann zu versuchen, die Kosten auf die nicht beteiligten Beklagtenvertreter abzuwälzen, zeuge von missbräuchlicher Vorgehensweise. Durch falschen Vortrag zum Testkauf habe der Kläger zudem versucht, einen weiteren Gerichtsstand zu begründen. Auch gegen die H GmbH sei der Kläger im Wege der negativen Feststellungsklage vorgegangen. Dem Kläger gehe es nur um die Gebührenerzielung. Daher konzentriere er sich auf leicht zu ermittelnde Verstöße, für die er Hersteller und Händler in Anspruch nehme. Hierfür spreche auch die Mehrfachverfolgung bei inhaltsgleichen Abmahnungen, etwa gegenüber der Beklagten und der H GmbH.

Die Kennzeichnung sei gemäß § 7 ElektroG ausreichend. Eine andere Kennzeichnung als durch das Plastikfähnchen sei an den Kopfhörern nicht möglich. Insbesondere sei das Plastikfähnchen, wie ein Test des Schweizer Warenprüfkonzerns SGS ergeben habe (Anlage B 7), ausreichend widerstandsfähig. Die Kennzeichnung stehe im Einklang mit der einschlägigen Richtlinie 2002/96/EG. Soweit das OLG Celle eine andere Auffassung vertrete, regt die Beklagte die Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung über die eingelegte Revision an.

Die Abmahnkosten seien nach Rechtsgrund und Höhe nicht ersatzfähig.

Kosten für das Abschlusschreiben könne der Kläger nicht verlangen, da ihm bewusst gewesen sei, dass keine Abschlusserklärung abgegeben werde. Auch hier seien die Gebühren übersetzt.

Die Ansprüche im Rahmen der Klageerweiterung seien verjährt.

In der mündlichen Verhandlung vom 20.05.2014 ist der Kläger darauf hingewiesen worden, im Hinblick auf § 8 Abs. 4 UWG sei näher zu dem Umfang seiner Abmahntätigkeit vorzutragen. Durch Hinweis- und Auflagenbeschluss vom 8.7.2014 ist dem Kläger nochmals aufgegeben worden, zu seiner Abmahntätigkeit vorzutragen.

Zur mündlichen Verhandlung vom 2.9.2014 wurde das persönliche Erscheinen des Klägers angeordnet. Der Kläger ließ sich durch seinen Rechtsanwalt vertreten, der eine Vollmacht gemäß § 141 Abs. 3 ZPO nachreichte. Mit der Terminsverfügung ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass sein Vortrag der gerichtlichen Auflage nicht genüge.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist im Hinblick auf die Unterlassungsanträge gemäß § 8 Abs. 4 UWG unzulässig und wegen der Zahlungsanträge unbegründet.

I.

Der von der Beklagten erhobene Einwand des Rechtsmissbrauchs gemäß § 8 Abs. 4 UWG, wonach die Geltendmachung von Ansprüchen unzulässig ist, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich sind, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dienen, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen, ist hier als begründet anzusehen.

Der Einwand des Rechtsmissbrauchs ist von Amts wegen zu beachten. Die Entscheidung, ob ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen gegeben ist, ist unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen.

Für die Entscheidung kommt es maßgeblich darauf an, dass der Kläger es ablehnt, sich konkret zu dem Umfang und den näheren Umständen der Abmahntätigkeit zu äußern. Soweit der Kläger hierzu den Standpunkt vertritt, es sei aus Rechtsgründen fehlerhaft, ihm aufzugeben, über den Umfang der Abmahntätigkeit Auskunft zu geben, was letztlich bedeute, dass ihn die Darlegungslast treffe, sich von einem Vorwurf des Rechtsmissbrauchs zu entlasten, ist seine Auffassung für den Regelfall des Wettbewerbsprozesses zutreffend. Darlegungspflichtig für die Umstände des Rechtsmissbrauchs ist derjenige, der sich hierauf beruft, also regelmäßig der Anspruchsgegner, hier die Beklagte. Vor diesem Hintergrund kann sich der Anspruchsteller regelmäßig damit begnügen, zu den konkreten Umständen vorzutragen, die der Anspruchsgegner in den Rechtsstreit einführt.

Vorliegend besteht indes eine Besonderheit, die es rechtfertigt, dem Kläger für den Umfang seiner Abmahntätigkeit eine sekundäre Darlegungslast aufzuerlegen (BGH GRUR 2001, 178 - Impfstoffversand an Ärzte, Köhler, in Köhler/Bornkamm, UWG, § 8, Rdnr. 4.25). Die Besonderheit liegt darin, dass der Kläger eingeräumt hat, im Jahre 2010 an rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen beteiligt gewesen zu sein. Zwar will der Kläger dies offensichtlich nicht auf seine Person bezogen wissen, sondern auf die Person seines damaligen Rechtsanwalts. Es ist aber jedenfalls unstreitig, dass der damalige Rechtsanwalt des Klägers unter dem Namen des Klägers rechtsmissbräuchlich tätig gewesen ist. Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 9.9.2014 von einer "Fehlzusammenfassung" ausgeht, hat er mit Schriftsatz vom 30.5.2014, Seite 2, 2. Absatz, den Missbrauchstatbestand im Jahre 2010 ausdrücklich eingeräumt.

Zutreffend verweist der Kläger darauf, dass ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen im Jahre 2010 nicht den notwendigen Schluss begründet, auch im Jahre 2014 werde rechtsmissbräuchlich vorgegangen. Die Beklagte hat indes eine Reihe von Indizien vorgetragen, die darauf hindeuten, dass auch hier ein Fall des Rechtsmissbrauchs vorliegen könne. Diese Indizien erschüttern die Vermutung des rechtskonformen Vorgehens des Anspruchstellers (vgl. Köhler a.a.O.). Insbesondere hat die Beklagte vorgetragen, dass der Kläger in einer Mehrzahl von Fällen gegen Hersteller und Händler vorgehe, was der Kläger auch nicht in Abrede stellt. Ferner weist die Beklagte darauf hin, dass der Testkauf - so auch im Verfahren vor dem LG Düsseldorf (Anlage B 20) - den Eindruck erzeugt, dieser sei nicht durch den Kläger, sondern durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers getätigt worden, was von Seiten des Klägers ebenfalls nicht in Abrede gestellt worden ist. Weitere Indizien - leicht feststellbar und parallel verfolgbare Rechtsverstöße - deuten ebenso auf ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen hin. Der Kläger hat seine Angaben zu Umsatz und Gewinn nicht näher belegt, wohl aber die Beklagte die Angabe zu der geringen Kreditlinie des Klägers von 2.000 €, die ebenfalls Zweifel an einem hinreichenden Umfang der Geschäftstätigkeit im Verhältnis zur Abmahntätigkeit begründet.

Der Umstand, dass der Kläger seine Verfahren deutschlandweit betreibt, erschwert es zudem sowohl für Anspruchsgegner als auch für das Gericht, den Umfang der Abmahntätigkeit hinreichend zu erfassen.

In einem solchen Fall, in dem insbesondere davon auszugehen ist, dass bezogen auf das Vorgehen des Klägers in der Vergangenheit zu Recht der Einwand des Rechtsmissbrauchs erhoben wurde, ist eine Darlegung der Abmahntätigkeit durch den Kläger geboten. Dieser hat sodann eingeräumt, im Jahre 2013 60 Abmahnungen vorgenommen zu haben, zu seiner Tätigkeit im Jahr 2014 hat er sich indes nicht geäußert. Die Zahl von 60 Abmahnungen im Jahr spricht für eine intensive Abmahntätigkeit des Klägers. Dies ist aus Rechtsgründen für sich genommen noch nicht zu beanstanden, da das Wettbewerbsrecht die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen insbesondere in die Hand der Mitbewerber legt.

Bezogen auf die Vergangenheit des Klägers und die weiteren von der Beklagten vorgetragenen Indizien ist es indes berechtigt, ihm im Wege einer sekundären Darlegungslast aufzugeben, näher zum Umfang der Abmahntätigkeit vorzutragen, um dem Anspruchsgegner, der in die Abmahntätigkeit des Klägers keinen Einblick hat, eine eigene Beurteilung zu ermöglichen, ob das Vorgehen des Klägers zu beanstanden ist oder nicht (BGH a.a.O.).

Da der Rechtsmissbrauch von Amts wegen zu berücksichtigen ist, obliegt es sodann auch dem Gericht, auf eine entsprechende Aufklärung hinzuwirken. Dies ist durch mehrfache Hinweise geschehen. Der Kläger, dem die vorstehenden Hintergründe für die Auflage zudem in den mündlichen Verhandlungen erläutert worden sind, beschränkt sich im Wesentlichen darauf, eine Aufklärungspflicht aus Rechtsgründen zu verneinen und dementsprechend eine nähere Aufklärung zu verweigern. Hierzu passt die Reaktion des Klägers auf die Anordnung des persönlichen Erscheinens. Auch diese Anordnung hat der Kläger nicht befolgt und stattdessen seinen Prozessbevollmächtigten zu dem Termin entsandt. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens sollte dem Kläger die Möglichkeit geben, zu Motivation, Umfang und näheren Umständen seiner Abmahntätigkeit Aufklärung zu geben. Dass sich der Kläger dieser Anordnung zur Vermeidung von persönlichen Angaben entzogen hat, bestärkt den Verdacht der Beklagten, der Kläger könne von seinen Prozessbevollmächtigten instrumentalisiert sein. Dass der als Vertreter auftretende Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 2.9.2014 im Kern den schriftsätzlich vertretenden Standpunkt wiederholt hat, der Kläger sei zu einer Aufklärung nicht verpflichtet, bestärkt den Eindruck, dass der Kläger sich einer kritischen Überprüfung seiner Abmahntätigkeit entziehen möchte.

Soweit der Kläger beanstandet, es sei zunächst die Anordnung des schriftlichen Verfahrens angeregt worden, so dass die Anordnung des persönlichen Erscheinens in der mündlichen Verhandlung widersprüchlich sei, berücksichtigt er nicht, dass auch das Ergebnis eines Verkündungstermins im schriftlichen Verfahren hätte sein können, in einer noch anzuberaumenden mündlichen Verhandlung das persönliche Erscheinen des Klägers zur Anhörung anzuordnen.

Da der Kläger sich der Auskunft zu seiner Abmahntätigkeit entzogen und er auch schriftsätzlich keine Auskunft gegeben hat, kann nicht überprüft werden, ob sein Vorgehen insgesamt rechtlich unbedenklich ist. Dies betrifft zum einen den Einwand, sein Prozessbevollmächtigter werde für ihn tätig, zum anderen aber auch den Einwand, die Abmahntätigkeit stehe nicht im Verhältnis zur Geschäftstätigkeit des Klägers. Die pauschale Angabe, die Abmahnungen seien überwiegend erfolgreich und die daraus erzielten Einnahmen - insbesondere Vertragsstrafen - würden mögliche Verluste ausgleichen, ist eine insgesamt nicht prüfbare Behauptung des Klägers.

In der Gesamtbetrachtung muss sich der Kläger daher so behandeln lassen, als entziehe er sich zur Vermeidung der Offenlegung zu beanstandender Abmahntätigkeit seiner Auskunftspflicht. Damit ist der Kläger seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen, so dass die Behauptung der Beklagten, der Kläger handele rechtsmissbräuchlich, er betreibe im Verhältnis zu seiner Geschäftstätigkeit eine unverhältnismäßige Abmahntätigkeit, es gehe ihm primär um Gebührenerzielung, zudem werde sein Prozessbevollmächtigter für ihn tätig, der Entscheidung zu Grunde zu legen ist.

Auf die Berechtigung der mit der Klage verfolgten Unterlassungsansprüche kommt es daher nicht an.

II.

Die Zahlungsanträge sind folgerichtig unbegründet.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

Streitwert:

bis 31.3.2014 874,99 €,

bis 5.8.2014 15.000,00 €,

danach 30.000,00 €.






LG Köln:
Urteil v. 23.09.2014
Az: 81 O 14/14


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