Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. März 2004
Aktenzeichen: 32 W (pat) 390/02

(BPatG: Beschluss v. 24.03.2004, Az.: 32 W (pat) 390/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. Oktober 2002 aufgehoben. Der Widerspruch aus den Marken 817 841 und IR R 330 564 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 29. November 1999 angemeldete und am 10. Februar 2000 eingetragene Markedie noch für "Brot" geschützt ist, ist Widerspruch erhoben aus der seit 31. März 1966 ua für

"Backwaren, insbesondere Knäckebrot und diätetische Backwaren"

geschützten Wort-/Bild-Marke 817 841 Grafik der Marke 817841 und der mit Schutzwirkung seit 19. September 1963 ua für "articles de p‰tisserie, notamment galettes casantes (dit Knäckebrot)" international registrierten Marke IR R 330 564 Grafik der Marke 817841 Das Deutsche Patent- und Markenamt hat in einem Erstbeschluss vom 4. Mai 2001 den Widerspruch mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass in der angegriffenen Marke die Bestandteile "Rolle" und "Kraftma" gleichberechtigt nebeneinander stehen und deshalb keine Ähnlichkeit mit dem Wortbestandteil der Widerspruchsmarken "Kraft" bestehe. Auf Erinnerung der Widersprechenden hat das Deutsche Patent- und Markenamt den Erstbeschluss aufgehoben und die Eintragung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus den Marken 817 841 und IR R 330 564 gelöscht. Zur Begründung wurde dabei ausgeführt, dass bei hochgradiger Warenähnlichkeit, und gesteigerter Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken die Marken zu ähnlich seien, dass Verwechslungen ausgeschlossen werden könnten.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie bestreitet die rechtserhaltende Benutzung der Marken "KRAFT" für "Backwaren" und "Backmischungen". Daneben weist sie darauf hin, dass es für das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr an der Ähnlichkeit der Marken fehle. Bildlich bestehe unter keinem Gesichtspunkt eine Ähnlichkeit der Marken. Aber auch klanglich fehle es an einer solchen. Zur Benennung der angegriffenen Marke eigne sich in erster Linie "Rolle". "Kraftma" dagegen sei eine Brotsorte, die aus einem ganz bestimmten Mehl hergestellt werde und von verschiedenen Bäckereien im Sortiment geführt werde. Auch wenn kein Grund dazu bestehe, lediglich "Kraftma" auf Seiten der angegriffenen Marke der Widerspruchsmarke "Kraft" entgegenzustellen, so bestehe selbst dann keine Gefahr von Verwechslungen, weil auch diese Worte gut auseinander zuhalten seien. Bei "Kraft" handele es sich um ein bekanntes Wort der deutschen Sprache, das infolge seiner Einfachheit ohne weiteres als solches wahrgenommen werde. "Kraftma" dagegen werde, soweit es nicht ohnehin als Sachbegriff erkannt werde, als Kunstwort verstanden werden, das von dem bekannten kurzen Sachbegriff "Kraft" gut zu unterscheiden sei.

Die Markeninhaberin beantragt, den Beschluss der Markenstelle vom 21. Oktober 2002 aufzuheben und den Widerspruch aus den Marken 817 841 und IR R 330 564 zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie legt Benutzungsunterlagen für Knäckebrot aus den Jahren 1993 bis 2000, für Salat-Croutons für die Jahre 1995 bis 2002 und für Vollkornbrot von 1993 bis 1998 vor und weist auf die gesteigerte Kennzeichnungskraft der Marke "Kraft" hin.

Eine erhöhte Kennzeichnungskraft von "Kraft" im Bereich von Brot und Backwaren wird von der Markeninhaberin bestritten.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die angegriffene Marke ist nicht zu löschen, da keine Verwechslungsgefahr mit den Widerspruchsmarken besteht.

Nach § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn und soweit wegen der Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren, sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2002, 626, 627 - IMS).

1. Es stehen sich hochgradig ähnliche Waren gegenüber. Dies sind auf Seiten der Widersprechenden Knäckebrot und Salat-Croutons, für die eine Benutzung glaubhaft gemacht worden ist. Die Widersprechende hat, wenn die Markeninhaberin die Benutzung der Marke bestreitet, glaubhaft zu machen, dass die Widerspruchsmarke die innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der Eintragung der Marke, gegen die sich der Widerspruch richtet, gemäß § 26 benutzt worden ist (§ 43 Abs 1 Satz 1 MarkenG). Die Markeninhaberin hat die Benutzung der Widerspruchsmarken hinsichtlich Brot und Brotbackmischungen mit Schriftsatz vom 28. April 2003 bestritten. Die Eintragung der angegriffenen Marke wurde am 16. März 2000 veröffentlicht. Damit reicht der erste Benutzungszeitraum vom 16. März 1995 bis zum 16. März 2000.

Zusätzlich hat die Widersprechende, wenn der Gegner die Benutzung bestreitet, glaubhaft zu machen, dass die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch gemäß § 26 benutzt worden ist. Der Tag der Entscheidung im Beschwerdeverfahren ist der 24. März 2004. Der zweite Benutzungszeitraum reicht deshalb vom 24. März 1999 bis zum 24. März 2004. In beiden Zeiträumen ist die Benutzung der Marken "Kraft" für Knäckebrot (1993 bis 2000) und für Salat-Croutons von 1993 bis 2002 durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung, Rechnungskopien und Produktkatalogen glaubhaft gemacht.

Damit stehen sich Brot auf Seiten der angegriffenen Marke und "Knäckebrot" auf Seiten der Widerspruchsmarken als nächste Waren gegenüber. Diese sind zwar nicht identisch, da der Verkehr Knäckebrot als eigene besondere Backware versteht, aber wegen ihrer nahezu identischen Herstellungsbetriebe und Verwendungsmöglichkeiten hochgradig ähnlich.

2. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken ist im Bereich von Knäckebrot und Salat-Croutons durchschnittlich. "Kraft Foods" ist senatsbekannt einer der größten Nahrungsmittelkonzerne der Welt. Dies allein trifft jedoch keine Aussage darüber, wie bekannt die konkreten Widerspruchsmarken "Kraft" für "Knäckebrot" und die speziellen Backwaren "Salat-Croutons" sind. Hier hat die Widersprechende zwar eine erhöhte Kennzeichnungskraft behauptet; diese ist aber von der Markeninhaberin bestritten worden. Aus eigener Sachkunde kann der Senat keine Aussage über die Bekanntheit der Marke "Kraft" für die hier gegenständlichen Waren feststellen, so dass es für dieses Verfahren bei der Annahme einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft zu verbleiben hat.

3. Die Marken sind bildlich nicht ähnlich und klanglich allenfalls ganz gering ähnlich. Beim klanglichen Vergleich von Marken ist vom Erfahrungssatz auszugehen, dass bei der Benennung einer Marke die Wortbestandteile heranzuziehen sind, da diese die einfachste Möglichkeit darstellen, ein Produkt mit seiner Marke zu benennen. Damit sind auf Seiten der angegriffenen Marke "Rolle", "Kraftma" und auf Seiten der Widerspruchsmarken "Kraft" zu einem Vergleich heranzuziehen. Es besteht kein Anlass, die angegriffene Marke auf den Bestandteil "Kraftma" zu verkürzen. In der Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass häufig bei der Benennung von Produkten ein erkennbarer Firmenbestandteil weggelassen wird. Hierfür bestehen im vorliegenden Fall jedoch keine Anhaltspunkte, da weder aus der konkreten Markengestaltung, noch aus sonstigen Gründen, "Rolle" als Firmenbestandteil innerhalb der Marke erkennbar wird. Dagegen spricht auch noch, dass der Markenbestandteil "Kraftma" von einem Teil der angesprochenen Verkehrskreise in den neuen Bundesländern als Sachbegriff und nicht als Herkunftskennzeichnung verstanden werden wird, da dort bekannt ist, dass es "Kraftma"-Brot als Brotsorte gibt.

Es besteht auch nicht die Gefahr des gedanklichen Inverbindungbringens der Marken. Die Widerspruchsmarken "Kraft" treten in dem angegriffenen Zeichen "Rolle Kraftma" nicht selbständig hervor.

Bei hochgradiger Warenähnlichkeit, durchschnittlicher Kennzeichnungskraft und allenfalls ganz geringer Markenähnlichkeit kann die Gefahr von Verwechslungen ausgeschlossen werden.

Die Auferlegung von Kosten (§ 71 Abs 1 MarkenG) ist nicht veranlasst.

Winkler Viereck Sekretarukbr/Pü






BPatG:
Beschluss v. 24.03.2004
Az: 32 W (pat) 390/02


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