Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Mai 2003
Aktenzeichen: 24 W (pat) 213/01

(BPatG: Beschluss v. 27.05.2003, Az.: 24 W (pat) 213/01)

Tenor

Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Marke Mysteriaist unter der Nummer 399 06 304 für folgende Waren im Register eingetragen:

"Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer".

Hiergegen ist Widerspruch erhoben von der Inhaberin 1. der Marke 161 499 siehe Abb. 1 am Endedie für

"Parfümerien, kosmetische Mittel, Toiletteseifen, Rasierseifen, Mittel für Schönheitspflege"

eingetragen ist;

2. der unter der Nummer R 435 891 international registrierten Marke MYSTERE DE ROCHAS deren Warenverzeichnis ua die Waren

"savons, parfumerie; huiles essentielles, cosmetiques, lotions pour les cheveux"

umfaßt.

Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Widersprüche für begründet erachtet und die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Da sich die Vergleichsmarken auf identischen oder zumindest sehr ähnlichen Waren begegnen könnten, seien die Unterschiede nicht genügend ausgeprägt, um Verwechslungen vor allem in klanglicher Hinsicht sicher vorbeugen zu können. Die Widerspruchsmarke 161 499 werde allein durch den Wortbestandteil "Mystère" geprägt. Von diesem Bestandteil unterscheide sich die angegriffene Marke "Mysteria" allein durch das vom Verkehr regelmäßig weniger beachtete Wortende. Ähnlich verhalte es sich im Hinblick auf die Widerspruchsmarke R 435 891, bei welcher der auf die Firma der Widersprechenden hinweisende Bestandteil "DE ROCHAS" im Gesamteindruck zurücktrete, so daß sich auch insoweit die Markenwörter "Mysteria" und "MYSTERE" gegenüberstünden.

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Zu deren Begründung führt sie aus, daß die angegriffene Marke aus dem Plural des lateinischen Wortes "mysterium" gebildet sei, wogegen das Markenwort "MYSTERE" der französischen Sprache entstamme. Die Vergleichsmarken würden insoweit deutlich verschieden ausgesprochen. Darüber hinaus sei das Wort "Mysteria" der angegriffenen Marke in Normalschrift geschrieben, das Markenwort "MYSTERE" der Widerspruchsmarke dagegen in Großbuchstaben. Der Firmenzusatz "DE ROCHAS" schaffe einen weiteren Abstand der Marken. Im übrigen würden die Produkte der Markeninhaberin auf anderen Wegen vertrieben als die der Widersprechenden.

Die Markeninhaberin beantragt (sinngemäß), den angefochtenen Beschluß der Markenstelle aufzuheben und die Widersprüche aus der Marke 161 499 sowie aus der international registrierten Marke R 435 891 zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie tritt dem Vorbringen der Markeninhaberin entgegen und verteidigt den angefochtenen Beschluß.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet. Die Markenstelle hat zu Recht angenommen, daß zwischen der angegriffenen Marke einerseits und den Widerspruchsmarken andererseits Verwechslungsgefahr im Sinne von § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Dabei besteht eine gewisse Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und der Identität oder Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren (oder Dienstleistungen) sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke (st. Rspr.; vgl BGH GRUR 2002, 626, 627 "IMS"; GRUR 2001, 1158, 1159 f "Dorf MÜNSTERLAND" mwN). Stehen sich aus mehreren Bestandteilen gebildete Marken gegenüber und sind die Vergleichsmarken nur im Hinblick auf einen dieser Bestandteile identisch oder ähnlich, kann eine Verwechslungsgefahr nur angenommen werden, wenn der Gesamteindruck der mehrbestandteiligen Marke(n) gerade durch diesen betreffenden Bestandteil geprägt wird (vgl. BGH GRUR 1999, 995, 997 "HONKA"; GRUR 1999, 583, 584 "LORA DI RECOARO"; GRUR 1996, 775, 777 "Sali Toft"). Nach diesen Grundsätzen kann im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken nicht verneint werden.

Die Markenstelle ist zutreffend davon ausgegangen, daß sich die Vergleichsmarken weitgehend auf identischen und im übrigen auf sehr ähnlichen Waren begegnen können. Dies wird von der Markeninhaberin auch nicht in Frage gestellt.

Des weiteren ist von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken auszugehen. Für eine andere Beurteilung bestehen keine Anhaltspunkte.

Bei dieser Ausgangslage hat die angegriffene Marke einen deutlichen Abstand zu den Widerspruchsmarken einzuhalten, um Verwechslungen hinreichend sicher vorbeugen zu können. Diesen Anforderungen wird die angegriffene Marke nicht gerecht.

Die Markenstelle hat zutreffend angenommen, daß der Gesamteindruck der Widerspruchsmarken jeweils durch das Markenwort "Mystère" bzw "MYSTERE" geprägt wird. Im Hinblick auf die Widerspruchsmarke 161 499 "Le Mystère" erkennen jedenfalls diejenigen - nicht zu vernachlässigenden - Teile des angesprochenen Verkehrs, die über Grundkenntnisse der französischen Sprache verfügen, daß es sich bei dem Markenbestandteil "Le" um einen bestimmten Artikel handelt, dem im Gesamtzusammenhang keine maßgebliche kennzeichnende Bedeutung zukommt. Insoweit handelt es sich bei dem weiteren Markenbestandteil "Mystère" um das eigentliche Kenn- und Merkwort dieser Widerspruchsmarke (vgl BPatG, Beschluß vom 8. November 1994, 24 W(pat) 66/93 "FRAME/La Fram"). In der weiteren Widerspruchsmarke R 435 891 "MYSTERE DE ROCHAS" erkennt der Verkehr ohne Schwierigkeit, daß es sich bei dem Bestandteil "MYSTERE" um die eigentliche Produktkennzeichnung handelt, wohingegen die weiteren Bestandteile "DE ROCHAS" lediglich auf die Firma der Widersprechenden hinweisen. Diese Firma ist - wie auch die Markeninhaberin einräumt - nicht unerheblichen Teilen des angesprochenen Publikums bekannt. Darüber hinaus verdeutlicht auch der Bestandteil "DE", daß es sich bei dem nachfolgenden Markenwort um eine Benennung des Markeninhabers handelt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Gesamteindruck solcher erkennbar aus einer Produkt- und einer Firmenbezeichnung zusammengesetzten Marken regelmäßig durch den produktidentifizierenden Bestandteil geprägt (vgl. BGH GRUR 2001, 164, 166 "ZDF-Wintergarten"; GRUR 1999, 583, 585 "LORA DI RECOARO"; GRUR 1996, 404, 405 "Blendax Pep"). Anhaltspunkte für eine hiervon abweichende Beurteilung sind weder von den Beteiligten vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

Die somit zum Vergleich stehenden Markenwörter "Mysteria" und "Mystère" bzw "MYSTERE" stimmen in der das Gesamtklangbild beherrschenden Lautfolge "müstär" identisch überein und unterscheiden sich lediglich an den Wortenden. Die insoweit bestehenden Abweichungen sind jedoch nicht so deutlich ausgeprägt, daß sie einen eine Verwechslungsgefahr ausschließenden Abstand der Marken bewirken. Hinzu kommt, daß die Vergleichsmarken einen für weite Teile des Verkehrs erkennbaren identischen Begriffsinhalt im Sinne von "Geheimnis" aufweisen. Die Verwechslungsgefahr wird dadurch weiter erhöht.

Die unterschiedliche Schreibweise der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke R 435 891 rechtfertigt keine andere Beurteilung. Bei der im vorliegenden Fall vor allem in Betracht zu ziehenden klanglichen Verwechslungsgefahr und den vorhandenen begrifflichen Übereinstimmungen kann die Schreibweise den erforderlichen Abstand naturgemäß nicht schaffen. Aber auch bei einem schriftbildlichen Vergleich wären die Schreibweisen in Normalschrift und in Großbuchstaben gleichermaßen zu berücksichtigen (vgl Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl., § 9 Rn 77 und 106).

Daß die Markeninhaberin ihre Waren auf anderen Wegen vertreiben will als die Widersprechende, kann eine Verwechslungsgefahr ebenfalls nicht ausräumen. Im Widerspruchsverfahren stehen sich die Vergleichsmarken grundsätzlich so gegenüber, wie sie registriert sind. Unterschiedliche Vertriebswege können insoweit keine Berücksichtigung finden.

Es bestand kein Anlaß, einer der Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

Ströbele Kirschneck Hacker Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/D57131.3.gif






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Az: 24 W (pat) 213/01


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