Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Oktober 2006
Aktenzeichen: 25 W (pat) 112/04

(BPatG: Beschluss v. 17.10.2006, Az.: 25 W (pat) 112/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 30. August 2001 in den Farben türkis, weiß und rot angemeldete Marke Grafikwurde am 7. Februar 2002 unter der Nummer 301 52 110 in das Markenregister eingetragen und beansprucht nach einer Beschränkung des Waren-Dienstleistungsverzeichnisses Schutz noch für

"Verpflegung; Belieferung von Dritten, insbesondere Krankenhäusern, mit in Großküchen hergestellten Speisen; Catering; Verpflegung von Gästen in Cafeterien, Kantinen und Kiosken".

Gegen die Eintragung hat die Inhaberin der älteren, seit dem 23. März 1999 neben zahlreichen Waren der Klassen 29, 30 und 31 und Dienstleistungen der Klasse 41 auch für

"Verpflegung von Patienten, Heimbewohnern, Mitarbeitern, Gästen, Kunden und sonstigen Angehörigen in Krankenhäusern, Kliniken, Heimen, Anstalten, Betrieben, Behörden, Schulen, Kindertagesstätten und sonstigen Gemeinschaftsverpflegungsstätten"

eingetragenen älteren Marke 2 105 531 Culinar Widerspruch eingelegt. Der Widerspruch richtet sich gegen alle gleichartigen Waren / Dienstleistungen.

Die Markenstelle für Klasse 42 hat mit Beschluss des Erstprüfers vom 20. März 2003 die Gefahr von Verwechslungen verneint und den Widerspruch sowie den Antrag der Inhaberin der angegriffenen Marke auf Kostenauferlegung zulasten der Widersprechenden zurückgewiesen.

Die sich gegenüberstehenden Verpflegungs-Dienstleistungen seien teils identisch, teils seien sie als sehr ähnlich anzusehen, was einen strengen Maßstab an den Markenabstand nach sich ziehe. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei jedoch wegen der engen Anlehnung an den im Zusammenhang mit Verpflegungsdienstleistungen einschlägigen Fachbegriff "kulinarisch" (lat. "die Küche betreffend") ausgesprochen schwach, der Schutzumfang sei deshalb auf die eintragungsbegründende Eigenart der Widerspruchsmarke zu beschränken. Danach bestehe keine Verwechslungsgefahr mit der angegriffenen Marke, die sich durch die Veränderungen in Wort und Schrift sowie im Klang ausreichend absetze.

Die gegen den Beschluss eingelegte Erinnerung der Widersprechenden hatte keinen Erfolg. Die Erinnerungsprüferin hat die angegriffene Entscheidung mit Beschluss vom 31. März 2004 bestätigt.

Auch wenn sich die jeweiligen Dienstleistungen sehr nahe kämen bzw. zum Teil sogar identisch seien, sei die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke als unterdurchschnittlich anzusehen, da sie ein bekanntes fachbegriffliches Adjektiv zur Umschreibung eines gewissen Grades an Genussqualität darstelle (s. Anl. zum Erinnerungsbeschluss vom 31. März 2004). In klanglicher und visueller Hinsicht seien die Marken nur entfernt ähnlich. Ein Anlass dafür, dass die angegriffene Marke von der Buchstabenfolge "Culinar-" geprägt werde, sei nicht nur wegen der Einwortbildung schon fraglich, sondern auch deshalb, weil das Wort wegen seiner Schreibweise in einheitlichen Buchstaben, wenngleich auf unterschiedlich farbigem Grund, im Allgemeinen nur in der Gesamtheit wahrgenommen werde. Eine Prägung sei aber auch deswegen zweifelhaft, weil der Endung "-ig" kein für eine Vernachlässigung maßgeblicher beschreibender Charakter zukomme. Ein Hinweis auf eine Abkürzung einer Gesellschaftsform wie "eV" oder "AG" sei nicht erkennbar. Auch wenn die jeweiligen Wörter der Vergleichmarken einander gegenüber gestellt würden, sei wegen der unterschiedlichen Wortlänge und Silbenzahl mit Verwechslungen nicht zu rechnen. Für mittelbare Verwechslungsgefahr bestehe kein Anhaltspunkt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit dem sinngemäßen Antrag, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 42 vom 20. März 2003 und vom 31. März 2004 aufzuheben und wegen des Widerspruchs aus der Marke 2 105 531 die angegriffene Marke zu löschen.

Es stünden sich identische und hochgradig ähnliche Waren (Anm: Gemeint sind nach Auffassung des Senats wohl Dienstleistungen) gegenüber. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei zumindest durchschnittlich. Sie könne als nichtdeutsches Wort auch nicht mit dem Adjektiv "kulinarisch" gleichgesetzt werden. Dem daraus abzuleitenden strengen Maßstab werde die angegriffene Marke nicht gerecht. Durch die konkrete Farbgebung werde dort das Wort "CULINAR" optisch hervorgehoben, zumal die weiteren Buchstaben "-IG" für häufig verwendete Abkürzungen wie "Industriegewerkschaft", "integrierte Gesamtschule" oder "in Gründung" gehalten werden könnten. Hierzu werde auf die vergleichbaren Entscheidungen BPatG 28 W (pat) 186/94 - RUSTICA = RUSTICUS; MarkenR 2000, 445 - VISIO / VISION; GRUR 2000, 802 - ACTIMEL / ACTIMUN hingewiesen. Dann aber bestehe Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken, die auch durch die bildliche Gestaltung der angegriffenen Marke nicht aufgehoben sei.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, Der Widerspruchsmarke sei zu Recht eine nur unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zuerkannt worden, da es sich um ein wohl bekanntes fachbegrifflliches Adjektiv und gerade für die Dienstleistungen der Klassen 42 und 43 um eine inhaltsbeschreibende Sachaussage handele. Wegen der dadurch bedingten geringeren Anforderungen an den Abstand bestehe zwischen den Marken dem Gesamteindruck nach keine Verwechslungsgefahr, da sich eine farbig gestaltete Kombinationsmarke und eine reine Wortmarke gegenüberstünden. Aber auch die Wörter "Culinarig" und "Culinar" seien wegen der unterschiedlichen Wortlänge und Silbenzahl nicht verwechselbar. Abgesehen davon, dass nicht ersichtlich sei, warum sich der Verkehr bei der angegriffenen Marke lediglich an "CULINAR-" orientieren sollte, würden die weiteren Buchstaben "-IG" auch nicht mit den Bedeutungen belegt, die die Widersprechende angeführt habe, weil die hier in Betracht kommenden Waren und Dienstleistungen gegen ein solches Verständnis sprächen. Vielmehr verbänden sich die beiden Teile zu einem einzigen Gesamtbegriff, wobei das Wort "CULINAR" selbst bereits ein Adjektiv sei, dem eine adjektivische Endung hinzu gefügt sei. Die von der Widersprechenden genannten Entscheidungen könnten wegen unterschiedlicher Sachverhalte zu keiner anderen Beurteilung führen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden hat keinen Erfolg, denn auch nach Auffassung des Senats besteht zwischen den Marken nicht die Gefahr von Verwechslungen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, bemisst sich nach dem Zusammenwirken der Ähnlichkeit der Waren bzw. Dienstleistungen, der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, wobei diese Faktoren in einer gewissen Wechselbeziehung zueinander stehen.

Nachdem die Benutzungslage im vorliegenden Verfahren keine Rolle spielt, ist für die Beurteilung der Ähnlichkeit der Dienstleistungen der angegriffenen Marke gegenüber den Waren und Dienstleistungen der älteren Marke von der Registerlage auszugehen. Dementsprechend besteht in Bezug auf die für die jüngere Marke geschützten Dienstleistungen eine teilweise große Ähnlichkeit, zum Teil kommt sogar Identität in Betracht.

Der Widerspruchsmarke kann nur eine unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zugemessen werden. Wie in den angegriffenen Beschlüssen der Markenstelle bereits festgestellt wurde, lehnt sich das Markenwort "Culinar" deutlich erkennbar an das im Zusammenhang mit den von der Widersprechenden beanspruchten Waren und Dienstleistungen stehenden Adjektiv "kulinarisch" (lat. culinarius = zur Küche gehörend; die Kochkunst betreffend) an und weist darauf hin, dass diese Produkte nach den Regeln der Kochkunst hergestellt worden sind oder Serviceleistungen diesen Regeln entsprechen (vgl. DUDEN - Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl. 2003). Dass das Wort "culinar" mit der Bedeutung von "kulinarisch" Bestandteil der rumänischen Sprache ist (vgl. DICTIONAR german - roman - roman - german, univers enciclopedic, Ausgabe 2001 Instituto Geografico De Agostini, Novara) sei lediglich ergänzend erwähnt. Auch wenn die Widersprechende für ihre Marke eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft geltend macht, sind für den Senat keine Anhaltspunkte erkennbar und von der Widersprechenden im Übrigen auch nicht dargetan, die in diese Richtung weisen würden.

Beide Vergleichsmarken richten sich unter anderem auch an die allgemeinen Verkehrskreise. Daher kann bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr vom Standpunkt eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Adressaten ausgegangen werden. Unter Berücksichtigung der maßgeblichen Kriterien sind somit eher mittlere Anorderungen an den markenrechtlichen Abstand der sich gegenüberstehenden Zeichen ausreichend.

Den entsprechenden Abstand hält die jüngere Marke ein.

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Marken ist grundsätzlich auf den jeweiligen Gesamteindruck abzustellen, der hier zu unterschiedlich ist, als dass allein wegen der Gesamteingestaltung des aus mehreren Elementen bestehenden und farbigen angegriffenen Zeichens Verwechslungen mit der älteren Wortmarke zu befürchten wären.

Die Gefahr von Verwechslungen bestünde allenfalls dann, wenn in der jüngeren Marke dem Wortbestandteil "CULINAR-" eine selbständig kollisionsbegründende Bedeutung zukäme. Dies ist jedoch nicht der Fall. Gegen eine solche Annahme spricht zunächst, dass das fragliche Wortelement nicht den Eindruck eines Einzelwortes hervorruft, sondern im Zusammenhang mit den weiteren Buchstaben "-IG" steht, so dass es sich um ein aus zwei Wortteilen bestehendes einheitliches Wort "CULINARIG" handelt. Diese Annahme wird dadurch gestützt, dass die Größe der Buchstaben und der Abstand der einzelnen Buchstaben zueinander gleichmäßig gehalten sind und keine Trennung erkennen lassen. Dem steht nicht entgegen, dass die Wortteile "CULINAR-" und "-IG" vor einem türkisfarbenen bzw. weißen Hintergrund zu lesen sind, denn der Schriftzug erstreckt sich über das türkisfarbene Viereck hinaus auf die Breite der Gesamtdarstellung, die zusätzlich eine Kochmütze umfasst.

Dass die Endung "-IG" im vorliegenden Fall als Abkürzung von "Interessengemeinschaft" oder "Industriegewerkschaft" oder "integrierte Gesamtschule" angesehen wird und somit die Verbindung zu der davor stehenden Buchstabenfolge "CULINAR-" aufgehoben würde, ist nicht zu erwarten. Die von der Widersprechenden in diesem Zusammenhang genannten Bedeutungen stehen in keiner Beziehung zu dem Dienstleistungsbereich der Marken und sind daher nicht nahegelegt.

Gegen eine allein kennzeichnende Stellung in der angegriffenen Marke spricht zudem die deutliche Anlehnung des Wortteils "CULINAR-" an das Adjektiv "kulinarisch", das geeignet ist, die Dienstleistungen auch der jüngeren Marke in dem oben dargestellten Sinn zu beschreiben. Dies folgt bereits aus den von der Markenstelle dem Erinnerungsbeschluss beigefügten Beispielen aus dem Internet und ist auch durch weitere Internet-Nennungen zu belegen (vgl. ergänzend www. schultzfoodevents.de: Culinar-Express; www.wernerstrehle.de: Kulinar; www.urlaubanbieter.com /Adam-19.htm: ....Luxus mit Lifestyle und kulinar. highlights, hier im Sinn einer Abkürzung verwendet).

Aber auch wenn die angegriffene Marke mit dem Wort "CULINARIG" benannt wird, besteht wegen der geringen Kennzeichnungskraft der entsprechenden Wortbildungen keine Verwechslungsgefahr mit der älteren Marke. Hier wirken sich die unterschiedliche Wortlänge und die damit zusammenhängende abweichende Silbenzahl gegen eine Übereinstimmung im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG aus.

Die von der Widersprechenden genannten Entscheidungen können zu keinem abweichenden Ergebnis führen. Abgesehen davon, dass es sich jeweils um Einzelfallentscheidungen handelt, betrifft die Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine Rechts- und keine Ermessensfrage, so dass aus den Entscheidungen keine Ermessenbindung abgeleitet werden kann. Darüber hinaus handelt es sich auch nicht um vergleichbare Sachverhalte, da es sich bei den angezogenen Entscheidungen anders als im vorliegenden Fall um jeweils gleichsilbige Markenwörter gehandelt hat.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass, § 71 Abs. 1 MarkenG.






BPatG:
Beschluss v. 17.10.2006
Az: 25 W (pat) 112/04


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