Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Juli 2006
Aktenzeichen: 6 W (pat) 20/03

(BPatG: Beschluss v. 04.07.2006, Az.: 6 W (pat) 20/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 16 D des Deutschen Patent- und Markenamts vom 31. Januar 2003 aufgehoben und das Patent erteilt.

Bezeichnung: Achsmanschette und Verfahren zu ihrer Herstellung Anmeldetag: 2. Juli 2001 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

- Ansprüche 1 bis 7, eingegangen am 20. Juni 2006, mit folgenden redaktionellen Änderungen:

in die Ansprüche 3 und 4 wurde jeweils das offensichtlich fehlende Bezugszeichen "8" und in den Anspruch 7 das offensichtlich fehlende Bezugszeichen "1" eingefügt,

- Beschreibung Seiten 1 bis 7, eingegangen am 20. Juni 2006,

- 3 Blatt Zeichnungen mit Figur 1 bis 3 vom Anmeldetag.

Gründe

I.

Die Beschwerde der Anmelderin ist gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 16 D des Deutschen Patent- und Markenamts vom 31. Januar 2003 gerichtet, mit dem die vorliegende Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen worden war, dass der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 nicht patentfähig sei, da er im Hinblick auf die EP 0 915 264 A2 und das allgemeine Wissen des Fachmannes nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt sind zum Stand der Technik folgende Druckschriften berücksichtigt worden:

- US 5 900 205

- EP 0 915 264 A2

- EP 0 924 450 A2

- US 5 529 538.

Gegen den vorgenannten Beschluss hat die Anmelderin mit Schreiben vom 25. März 2003, eingegangen am gleichen Tage, Beschwerde eingelegt. Sie hat mit Eingabe vom 19. Juni 2006 neue Ansprüche 1 bis 7 und eine neue Beschreibung Seiten 1 bis 7 vorgelegt und beantragt, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 16 D des Deutschen Patent- und Markenamts vom 31. Januar 2003 aufzuheben und das Patent mit den mit Eingabe vom 19. Juni 2006 eingereichten Unterlagen und den ursprünglichen Zeichnungen zu erteilen.

Der Anspruch 1 lautet:

"Achsmanschette mit einem Balg (1) aus elastomerem Werkstoff, der im Bereich einer seiner Stirnseiten (2) drei gleichmäßig in Umfangsrichtung verteilt angeordnete, sich radial nach innen erstreckende Trilope-Elemente (3, 4, 5) aufweist, wobei jedes Trilope-Element (3, 4, 5) zumindest zwei in Achsrichtung (6) mit Abstand (7) benachbart zueinander angeordnete Lamellen (8, 9, 18, 19) aufweist, die Lamellen (8, 9, 18, 19) jeweils als Dichtelement ausgebildet und an einen Achszapfen (10) eines kongruent gestalteten Trilope-Gelenks (11) dichtend anlegbar sind, und der Balg (1), die Trilope-Elemente (3, 4, 5) und die Lamellen (8, 9, 18, 19) einstückig ineinander übergehend und materialeinheitlich ausgebildet sind, dadurch gekennzeichnet, dass der Balg (1), die Trilope-Elemente (3, 4, 5) und die Lamellen (8, 9, 18, 19) mittels Blasverfahren einstufig urgeformt sind, und dass innerhalb des axialen Abstands (7) zwischen einander axial benachbarten Lamellen (8, 9, 18, 19) jeweils zumindest ein Stützsteg (13) zur gegenseitigen Abstützung der Lamellen (8, 9, 18, 19) ebenfalls mittels des einstufigen Blasverfahrens urgeformt ist".

Der nebengeordnete Anspruch 7 lautet:

"Verfahren zur Herstellung einer Achsmanschette nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass ein schlauchförmiger Rohling radial innenseitig angeblasen und dadurch radial außenseitig an eine Werkzeugkavität angelegt wird, der Balg, die Trilope-Elemente (3, 4, 5) und die Lamellen (8, 9, 18, 19) gemeinsam in einem einstufigen Blasverfahren urgeformt werden und in einem einzigen Verfahrensschritt beim Blasverfahren zusätzlich zumindest ein Stützsteg (13, 14, 15) innerhalb des axialen Abstands (7) zwischen den Lamellen (8, 9, 18, 19) urgeformt wird".

Laut Beschreibung (S. 2, Abs. 3) soll die Aufgabe gelöst werden, eine Achsmanschette sowie ein Verfahren zu ihrer Herstellung bereitzustellen, wobei die Achsmanschette sich unter Erzielung eines teilearmen vereinfachten Aufbaus kostengünstig darstellen lässt, und eine verbesserte Abdichtung von Achsmanschette auf dem Achszapfen eines Trilope-Gelenks erreicht ist.

Hinsichtlich der auf den Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 6 sowie wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und im Hinblick auf die geltenden Unterlagen auch begründet.

1. Die Gegenstände der geltenden Ansprüche 1 bis 7 sind zulässig.

Der geltende Anspruch 1 ergibt sich aus den ursprünglichen Ansprüchen 1, 2, 4 und 9 bis 11, die geltenden Ansprüche 2 bis 6 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 3 und 5 bis 8 und der geltenden Anspruch 7 ergibt sich aus den ursprünglichen Ansprüchen 9 bis 11.

2. Der Anmeldungsgegenstand stellt eine patentfähige Erfindung i. S. d. PatG §§ 1 bis 5 dar.

a. Die Achsmanschette gemäß Anspruch 1 ist gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik neu. Denn keine der entgegengehaltenen Druckschriften zeigt eine solche Achsmanschette mit sämtlichen im Anspruch 1 angegebenen Merkmalen, wie sich auch aus den folgenden Ausführungen ergibt.

b. Der Gegenstand des Anspruchs 1 der vorliegenden Anmeldung, dessen gewerbliche Anwendbarkeit nicht in Zweifel steht, ist das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.

Aus der US 5 900 205 ist eine Achsmanschette bekannt, bei welcher der Balg, die Trilope-Elemente und die Lamellen durch ein kombiniertes Blasform- und Formpressverfahren hergestellt werden (vgl. Sp. 3, Z. 38 bis 46).

Zu den im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 genannten Merkmalen vermag dieser Stand der Technik jedoch keine Anregung zu liefern. Denn dort wird die Achsmanschette nicht nur nach einem anderen Verfahren hergestellt, dort sind auch keine Stützstege zur gegenseitigen Abstützung zwischen einander axial benachbarten Lamellen vorgesehen. Dort verlaufen die Lamellen vielmehr ohne gegenseitige Abstützung an der radial innenliegenden Wand des Balges (vgl. Fig. 11, Pos. 128 und Sp. 7, Z. 57 bis 60).

Ähnliches gilt auch für die EP 0 915 264 A2 und die US 5 529 538. Beide Druckschriften erläutern Achsmanschetten mit an der radial innenliegenden Wand verlaufenden Lamellen, wobei jedoch auch dort die Stützstege zur gegenseitigen Abstützung der Lamellen fehlen (vgl. Fig. 2 in EP 0 915 264 A2 oder Fig. 4 in US 5 529 538).

Bei der Achsmanschette nach der EP 0 924 450 A2 sind noch nicht einmal Lamellen vorhanden.

Somit vermögen von diesen Druckschriften weder einzeln noch in einer Zusammenschau Hinweise zur Ausgestaltung der Achsmanschette in der beanspruchten Weise auszugehen, da das Merkmal, wonach zumindest ein Stützsteg zur gegenseitigen Abstützung zwischen einander axial benachbarten Lamellen vorgesehen ist, im gesamten nachgewiesenen Stand der Technik ohne Vorbild ist.

Der Anspruch 1 ist somit gewährbar. Das gleiche gilt für die auf diesen Anspruch rückbezogenen Ansprüche 2 bis 6, die auf Merkmale zur Weiterbildung der Achsmanschette nach Anspruch 1 gerichtet sind.

c. Das Verfahren zur Herstellung einer Achsmanschette gemäß Anspruch 7 ist gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik ebenfalls neu und auch erfinderisch.

Denn da - wie vorstehend dargelegt - im gesamten nachgewiesenen Stand der Technik keine Stützstege zur gegenseitigen Abstützung zwischen einander axial benachbarten Lamellen vorgesehen sind, kann auch ein Verfahren zur Herstellung einer mit solchen Stützstegen versehenen Achsmanschette durch die genannten Druckschriften nicht vorweggenommen oder nahe gelegt werden. In so weit gelten die vorstehenden Ausführungen sinngemäß.

Der Anspruch 7 ist somit ebenfalls gewährbar.






BPatG:
Beschluss v. 04.07.2006
Az: 6 W (pat) 20/03


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