Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. Dezember 2002
Aktenzeichen: 17 W (pat) 49/01

(BPatG: Beschluss v. 03.12.2002, Az.: 17 W (pat) 49/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 3. Dezember 2002 die Beschwerde der Anmelderin gegen den Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 11 B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Juni 2001 für die Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen 17 W (pat) 49/01 erfolgreich gemacht. Die Sache wurde zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen. Die Beschwerdeführerin hat beantragt, das Patent mit den eingereichten Patentansprüchen 1-16, der Beschreibung und den 11 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1-12 zu erteilen.

Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Begründung angegeben, dass die Mängel, die von der Prüfungsstelle in der Stammanmeldung gerügt wurden, in den nun gültigen Unterlagen behoben wurden. Sie hält die Gattungsbezeichnung "Speichereinheit, umfassend eine Codiereinheit" im Patentanspruch 1 für zulässig. Die Prüfungsstelle hat jedoch das Patent aufgrund der fehlenden Erfindungshöhe abgelehnt.

Das Bundespatentgericht hat festgestellt, dass die Beanstandungen der Prüfungsstelle in Bezug auf die Mängel und Unklarheiten in den Unterlagen behoben wurden. Es gibt keine Bedenken gegen die Verfolgung einer spezifischen Anspruchsfassung im Rahmen einer Ausscheidungs- oder Trennanmeldung. Der Gegenstand des neuen Patentanspruchs 1 ist sowohl neu als auch auf erfinderischer Tätigkeit beruhend im Vergleich zum Stand der Technik.

Aufgrund dieser Feststellungen hat das Bundespatentgericht die Zurückweisung der Anmeldung aufgehoben und die Sache zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Quelle: Bundespatentgericht, Beschluss vom 3. Dezember 2002, Aktenzeichen 17 W (pat) 49/01




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 03.12.2002, Az: 17 W (pat) 49/01


Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse G 11 B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Juni 2001 aufgehoben. Die Sache wird unter Zugrundelegung der in der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2002 überreichten Patentansprüche 1 - 16 nebst Beschreibung und 11 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 - 12 vom 28./29. März 2000 zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I.

Die vorliegende Patentanmeldung ist durch Erklärung der Ausscheidung vom 27. März 2000 aus der Stammanmeldung 196 02 357.2-53 hervorgegangen. Die Ausscheidungsanmeldung trägt jetzt die Bezeichnung:

"Speichereinheit mit einer Codiereinheit".

Sie wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G 11 B des Deutschen Patent- und Markenamts im Beschluss vom 26. Juni 2001 zurückgewiesen unter der Begründung, dass die in der Stammanmeldung mit Bescheid vom 12. Februar 1997 gerügten Mängel in den Unterlagen der Ausscheidungsanmeldung nicht beseitigt worden seien.

Die Anmelderin hat gegen diesen Zurückweisungsbeschluss Beschwerde eingelegt und stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit Patentansprüchen 1 bis 16 und Beschreibung, beides überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2002, und 11 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 12 vom 28./29. März 3. 2000 zu erteilen.

Der Anspruch 1 lautet:

"Speichereinheit, umfassendeine Codiereinheit (6), die Daten codiert, wobei die Codiereinheit umfasst:

eine erste Einrichtung (25) zum Einfügen von Resynchronisationsbytes mit Resynchronisationsmustern (RSA, RSB) in Daten, die in einem vorherbestimmten Modulationscode codiert sind;

eine zweite Einrichtung (30), an deren Eingänge eine weitere Einrichtung (27, 28, 29) Daten anlegt, die in dem vorherbestimmten Modulationscode codiert sind und die unterschiedliche Resynchronisationsmuster (RSA, RSB) enthalten, wobei die zweite Einrichtung (30) auf der Grundlage der die unterschiedlichen Resynchronisationsmuster (RSA, RSB) aufweisenden, in dem vorherbestimmten Modulationscode codierten Daten ein Resynchronisationsmuster (RSA, RSB) auswählt, für das der Digitalsummenwert der in Impulsbreiten-Modulationsdaten konvertierten Daten, die in dem vorherbestimmten Modulationscode codiert sind und das ausgewählte Resynchronisationsmuster (RSA, RSB) enthalten, minimal wird, wobei die zweite Einrichtung (30) ein Steuersignal erzeugt, das dem ausgewählten Resynchronisationsmuster (RSA, RSB) zugeordnet ist, wobei die erste Einrichtung (25) das ausgewählte Resynchronisationsmuster (RSA, RSB) in die Daten einfügt, die in dem vorherbestimmten Modulationscode codiert sind, undeine Konvertiereinrichtung (33) zum Konvertieren der das ausgewählte Resynchronisationsmuster (RSA, RSB) enthaltenden Daten, die in dem vorherbestimmten Modulationscode codiert sind, in Impulsbreiten-Modulationsdaten, undeine Aufzeichnungseinrichtung (8, 10) zum Aufzeichnen der Impulsbreiten-Modulationsdaten auf dem Aufzeichnungsmedium."

Zur Begründung ihrer Beschwerde führt die Anmelderin aus, dass in den nunmehr geltenden Unterlagen die von der Prüfungsstelle im Bescheid vom 12. Februar 1997 in der Stammanmeldung gerügten Mängel ausgeräumt seien, insbesondere werde nur eine Aufgabenstellung genannt. Die Gattungsbezeichnung "Speichereinheit, umfassend eine Codiereinheit" im Patentanspruch 1 halte sie jedoch für zulässig. Die einzige bisher im Prüfungsverfahren genannte Entgegenhaltung lege die beanspruchte Speichereinheit nicht nahe. Deshalb sei auch anzuerkennen, dass die Speichereinheit auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.

II.

Die in rechter Frist und Form erhobene Beschwerde ist zulässig. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Entschlusses und zur Zurückverweisung der Sache das Deutsche Patent- und Markenamt (§ 79 Abs 3 Satz 1 PatG).

1. Die Anmelderin hat in der mündlichen Verhandlung die Erteilung eines Patents mit Unterlagen beantragt, in denen die im Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle genannten Mängel, soweit sie zu Recht erhoben wurden, beseitigt sind.

In der Beschreibung ist nunmehr nur eine Aufgabenstellung genannt, nämlich die, eine Speichereinheit mit einer Codiereinheit zur Reduzierung des Gleichstrompegels anzugeben (vgl S 4, Abs 2 der Beschreibung).

Auch die im Bescheid vom 12. Februar 1997 bemängelte Unklarheit des Patentanspruchs 1, welche Modulationsdaten durch die Resynchronisationsbytes von den Gleichstrom(GS)- Anteilen kompensiert werden sollen, ist behoben worden. Die entsprechenden Passagen des Patentanspruchs 1 stimmen nunmehr wortgleich überein mit dem in der Anhörung vom 15. Februar 2000 in der Stammanmeldung einvernehmlich mit der Prüfungsstelle erarbeiteten Anspruch 1.

Hinsichtlich der Verfolgung eines Anspruchs 1 mit der Gattungsbezeichnung "Speichereinheit, umfassend eine Codiereinheit" in der vorliegenden Ausscheidungsanmeldung sieht der Senat keinen Anlass zur Beanstandung.

Wie der Bundesgerichtshof in der Entscheidung "Hüftgelenkprothese" (GRUR 1986, 237) ausführt, folgt aus dem Regelungsgehalt des § 35 Abs 1 Nr 2 PatG 1981 - gleichlautend mit dem nunmehr geltenden § 34 Abs 3 Nr 3 PatG 1998 - das Recht des Anmelders, durch die Fassung der Patentansprüche in der Anmeldung zu bestimmen, für welche Lehre zum technischen Handeln er um Patentschutz nachsucht. In der Entscheidung "Verschlussvorrichtung für Gießpfannen" (GRUR 1989, 103, 104) hat der Bundesgerichtshof diese Auffassung dahingehend präzisiert, dass es Sache des Patentinhabers (bzw Anmelders) sei, bei der Formulierung seines Schutzbegehrens Überlegungen hinsichtlich der technischen Verwertbarkeit der geschützten Erfindung und der Durchsetzbarkeit seines Patents auf dem Markt anzustellen, insbesondere sich Gedanken über die Behauptung seines Schutzrechts gegenüber Mitbewerbern zu machen und mögliche Verletzungsformen einzuschätzen.

Nach der derzeitigen Aktenlage verfolgt die Anmelderin mit der Stammanmeldung eine Codiereinheit, bestehend aus erster und zweiter Einrichtung und Konvertiereinrichtung, und mit der Ausscheidungsanmeldung eine Speichereinheit mit einer Aufzeichnungseinrichtung, die eine Codiereinheit mit den genannten Einrichtungen umfasst. Dabei stimmt der Aufbau der genannten Einrichtungen in beiden Anspruchsfassungen wortwörtlich überein.

Mit der vorliegenden Fassung des Anspruchs 1 begehrt die Anmelderin sonach nicht generell Schutz für den Aufbau einer Codiereinheit wie in der Stammanmeldung, sondern nur in eingeschränkter Form als Teil einer Speichereinheit. Gegen die Verfolgung einer solchen Anspruchsfassung im Rahmen einer Ausscheidungs- oder Trennanmeldung hat der Senat keine Bedenken. Die Beantwortung der Frage, ob die Verfolgung beider Anspruchsfassungen auch in einer Anmeldung möglich wäre, erübrigt sich mangels eines entsprechenden Antrags der Anmelderin.

2. Der Gegenstand des nunmehr geltenden Patentanspruchs 1 ist neu gegenüber dem im bisherigen Prüfungsverfahren genannten Stand der Technik und beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit.

Im Prüfungsverfahren wurde die JP 62-272726 A samt Abstrakt als relevanter Stand der Technik entgegengehalten. In dieser Druckschrift ist eine Kodierungsschaltung beschrieben, die so ausgestaltet sein soll, dass das codierte Signal eine möglichst geringe Gleichstromkomponente aufweist. Hierzu wird in dieser Druckschrift vorgeschlagen, in Abhängigkeit vom momentanen Gleichstromwert des zu codierenden Signals ein Synchronisierungssignal hinzuzufügen, mit dem dieser Gleichstromwert kompensiert werden kann. Von dieser bekannten Kodierungsschaltung unterscheidet sich die im Anspruch 1 angegebene Codiereinheit schon durch das Vorsehen einer Konvertiereinrichtung, mit der die mit einem Resynchronisationsmuster bzw Synchronisierungssignal versehenen Daten in Impulsbreiten-Modulationsdaten gewandelt werden.

Weiterhin unterscheidet sich die beanspruchte Codiereinheit von der bekannten Kodierungsschaltung durch eine andere schaltungsmäßige Realisierung, die eine schnellere Einfügung des Resynchronisationsmusters dadurch ermöglicht, dass der Digitalsummenwert des aktuellen Datenblocks unter Verwendung des Resynchronisationsmusters des vorhergehenden Datenblocks berechnet wird (vgl hierzu auch S 14, Abs 3 der Beschreibung). Es ist daher anzuerkennen, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber der Kodierungsschaltung nach der JP 62-272726 A auch auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

Der Patentanspruch 1 könnte in der vorliegenden Fassung sonach Grundlage für ein gewährbares Patentbegehren sein. Die geltenden untergeordneten Ansprüche und auch die weiteren Unterlagen bedürfen jedoch noch einer weiteren Überarbeitung und Anpassung.

3. Die Zurückweisung der vorliegenden Anmeldung erfolgte in einem Stadium des Prüfungsverfahrens, in dem davon auszugehen ist, dass das Deutsche Patent- und Markenamt noch keine abschließende Entscheidung über die Patentfähigkeit der Anmeldung getroffen hat. Die Sache war daher unter Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses der Prüfungsstelle zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.

Grimm Dr. Schmitt Bertl Prasch Bb






BPatG:
Beschluss v. 03.12.2002
Az: 17 W (pat) 49/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/46cc03af74be/BPatG_Beschluss_vom_3-Dezember-2002_Az_17-W-pat-49-01




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