Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. April 2007
Aktenzeichen: 28 W (pat) 22/07

(BPatG: Beschluss v. 25.04.2007, Az.: 28 W (pat) 22/07)

Tenor

1. Das Beschwerdeverfahren ist bezüglich des Widerspruchs aus der Marke 287 640 erledigt.

2. Die Beschwerde der Widersprechenden zu 2) (A... GmbH & Co. KG) wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 29. März 1999 für diverse Waren der Kl. 2, 6, 19 und 27 eingetragene Marke "SKS" ist Widerspruch erhoben worden aus:

a) der für Waren der Kl. 6 geschützten Wort-Bild-Marke 287640 "BKS"

b) und der mit Anmeldetag zum 1. Januar 1995 seit dem 28. September 1995 für Waren der Kl. 6 eingetragenen Marke 394 08 782 "SKS", die im Laufe des Beschwerdeverfahrens wegen Nichtzahlung der Verlängerungsgebühr mit Verfügung vom 26. Oktober 2005 und Wirkung zum 30. Januar 2005 gelöscht worden ist.

Mit Beschluss vom 29. Juni 2004 hatte die Markenstelle für Klasse 19 des Deutschen Patent- und Markenamts beide Widersprüche zurückgewiesen, da zwischen den Vergleichsmarken mangels Marken- bzw. Warenähnlichkeit keine Verwechslungsgefahr i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bestehe.

Beide Widersprechende haben diesen Beschluss mit der Beschwerde angegriffen und verfolgen ihr Begehren auf Löschung der angegriffenen Marke weiter.

Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat die Markeninhaberin erstmals gegenüber beiden Widersprechenden die Einrede der Nichtbenutzung nach § 43 MarkenG erhoben, gleichzeitig aber auch das Warenverzeichnis der angegriffenen Marke beschränkt, worauf die Widersprechende zu 1) den Widerspruch zurückgenommen hat. Die Widersprechende zu 2) hält ihren Widerspruch aufrecht, den sie nach Erlöschen der ursprünglichen Widerspruchsmarke nunmehr unter Hinweis auf Art. 34 Abs. 2 GMV auf die gleichlautende Gemeinschaftsmarke EU 0038300015 "SKS" stützt, die mit Anmeldetag vom 12. Mai 2004 und einem sogenannten Senioritätsvermerk auf die Widerspruchsmarke zu 2) seit dem 3. August 2005 eingetragen ist. Zur Nichtbenutzungseinrede hat sie keine Stellung genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie den Akteninhalt verwiesen.

II.

Nachdem die Beschwerde der Widersprechenden zu 1) durch Rücknahme des Widerspruchs erledigt ist, war nur noch über die Beschwerde der Widersprechenden zu 2) zu entscheiden, die schon deshalb nach Art. 43 Abs. 1 letzter Satz i. V. m. § 125 b Nr. 1 MarkenG zurückzuweisen war, weil auf die von der Markeninhaberin in zulässiger Weise erhobene Einrede der Nichtbenutzung weder eine Benutzung glaubhaft gemacht noch überhaupt etwas zur Benutzung des Zeichens "SKS" vorgetragen worden ist. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Widersprechende zu 2) nach Erlöschen der ursprünglichen Widerspruchsmarke das Verfahren nunmehr unter Inanspruchnahme der sog. Seniorität nach Art. 34 Abs. 2 GMV mit ihrer weitgehend identischen Gemeinschaftsmarke fortsetzen möchte, da hiervon - die Zulässigkeit einer solchen Verfahrensweise einmal unterstellt - weder die maßgebliche Benutzungsschonfrist noch die hier relevanten Benutzungsfristen berührt werden.

Für den Senat ist in diesem Zusammenhang allerdings bereits zweifelhaft, ob die Regelung des Art. 34 Abs. 2 GMV überhaupt auf ein anhängiges nationales Kollisionsverfahren übertragen werden kann, d. h. ob die Widersprechende zu 2) das Verfahren nach Erlöschen der nationalen Widerspruchsmarke tatsächlich mit der vermeintlich an deren Stelle getretenen Gemeinschaftsmarke fortsetzen konnte oder ob nicht der Widerspruch aus der deutschen Marke 394 08 782 "SKS" durch die Löschung dieser Marke im Jahre 2005 nach § 47 Abs. 6 MarkenG wegen Nichtbezahlung der Verlängerungsgebühr mit Wirkung ab dem Ablauf der Schutzdauer nachträglich unzulässig geworden ist (vgl. BPatGE 4, 90, 92; 24, 112, 115; Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Auflage, § 42 Rdn. 51: Wegfall der Widerspruchsmarke führt zur nachträglichen Unzulässigkeit des Widerspruchs). Zu der Frage, ob - und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen - Art. 34 GMV (der primär auf das Verfahren vor dem europäischen Markenamt zugeschnitten ist) in Fällen der Inanspruchnahme einer Seniorität eine Fortsetzung des nationalen Widerspruchsverfahrens ermöglicht, enthält das deutsche Recht keine Regelung. § 125 c MarkenG bezieht sich nicht auf das Widerspruchsverfahren, sondern eröffnet nur die Möglichkeit, in einem gesonderten Verfahren die nachträgliche Feststellung der Ungültigkeit derjenigen nationalen Marke zu betreiben, deren Rechtsstatus nach Art. 34 Abs. 2 GMV unter dem Dach einer Gemeinschaftsmarke aufrechterhalten wird. Schon allein wegen des Fehlens deutscher Umsetzungsvorschriften zu Art. 34 GMV für das deutsche Widerspruchsverfahren hat der Senat Bedenken gegen die Zulässigkeit des Widerspruchs bei der jetzigen Verfahrenslage (so auch Kirschneck in Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Auflage, § 42 Rdn. 7 gegen BPatG 27 W (pat) 106/04).

Letztlich können diese Fragen jedoch dahingestellt bleiben, da die Beschwerde aus Gründen fehlender Glaubhaftmachung der bestrittenen Benutzung keinen Erfolg haben kann. Zur Bedeutung der Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaberin ist Folgendes zu bemerken:

Artikel 34 Abs. 3 GMV und dessen Umsetzung in § 125 c MarkenG eröffnen die Möglichkeit, auch nach dem Erlöschen der nationalen Marke eine nachträgliche gerichtliche Feststellung über deren Ungültigkeit wegen Verfalls zu erreichen und auf diese Weise die Wirkungen des Art. 34 GMV zu beseitigen. Dass eine solche Feststellung jedenfalls dann begründet ist, wenn - wie hier - der Verfall der nationalen Marke bereits vor Anmeldung der Gemeinschaftsmarke eingetreten ist, ist nach dem Wissen des Senats weder in Rechtsprechung noch in der Literatur streitig. Wenn es nach den genannten Vorschriften zulässig ist, wegen Verfalls der nationalen Marke diese Marke und damit auch die Wirkungen von Art. 34 Abs. 2 GMV vollständig und endgültig zu beseitigen, so muss es erst recht in einem Widerspruchsverfahren, das zunächst aus einer deutschen Marke betrieben und nach deren Erlöschen mit Rücksicht auf den Bestand einer Gemeinschaftsmarke gestützt auf Art. 34 Abs. 2 GMV fortgesetzt wurde, möglich sein, die Verfallsvoraussetzungen nur inter partes, nämlich einredeweise gegenüber dem Widerspruch geltend zu machen. Soweit in der Literatur vereinzelt die Möglichkeit in Betracht gezogen wird, dass an die Stelle der Benutzungsschonfrist der nationalen Marke nach nationalem Recht die Benutzungsschonfrist für die Gemeinschaftsmarke treten könnte, wird das nur für den Fall vertreten, dass die Benutzungsschonfrist der nationalen Marke - anders als hier - im Zeitpunkt der Eintragung der Gemeinschaftsmarke noch nicht abgelaufen war (vgl. Eisenführ/Schennen, GMV 2003, Art. 34 Rdn. 28 ff. (30)).

Damit ergibt sich folgendes Bild: Die fünfjährige Benutzungsschonfrist für die ursprüngliche deutsche Widerspruchsmarke "SKS" hatte mit deren Eintragung am 28. September 1995 begonnen und endete im September 2000, also noch vor Anmeldung der Gemeinschaftsmarke "SKS" am 12. Mai 2004 und vor dem Erlöschen der Widerspruchsmarke im Jahre 2005. Die Markeninhaberin hat sich im Jahre 2005, d. h. lange nach Ablauf der Benutzungsschonfrist für die Widerspruchsmarke und damit in zulässiger Weise einredeweise auf die Nichtbenutzung der nationalen Marke berufen, ohne dass die Widersprechende zu 2) hierauf in irgendeiner Weise reagiert hätte, obwohl es ihre Aufgabe gewesen wäre, nunmehr eine Benutzung des Zeichens "SKS" für die Bundesrepublik Deutschland bzw. - aus ihrer Sicht - ggfls. für einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union darzulegen. Selbst wenn man daher - mit der Widersprechenden zu 2) - annehmen wollte, dass bei der vorliegenden Ausgangslage eine Fortsetzung des Widerspruchsverfahrens in der von der Widersprechenden zu 2) gewünschten Weise überhaupt zulässig wäre, müsste der Widerspruch in jedem Fall gem. § 43 Abs. 1 letzter Satz MarkenG i. V. m. § 125 b Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen werden.

Die Beschwerde der Widersprechenden zu 2) konnte daher keinen Erfolg haben.






BPatG:
Beschluss v. 25.04.2007
Az: 28 W (pat) 22/07


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