Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 30. März 2004
Aktenzeichen: I-20 U 122/03

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 30.03.2004, Az.: I-20 U 122/03)

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 4. Juli 2003 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Zutreffend und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht der Unterlassungsklage stattgegeben. Zum in zweiter Instanz unveränderten Sachverhalt wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Der Berufungsvortrag, mit dem die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Zum Klageziel hat der Senat noch einmal klargestellt, dass sich der Verbotstenor ("Wenn dies geschieht wie") allein auf die konkret angegriffene Werbung bezieht (Anlage K 2), weil es auch auf deren Einzelheiten ankommt.

Der Kläger hat nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG die Befugnis, auch das beklagte Presseunternehmen als Störer in Anspruch zu nehmen (vgl. BGH NJW-RR 01, 1406 - Herz-Kreislauf-Studie).

Begründet ist die Klage auch nach dem Vorbringen der Beklagten. Die angegriffene Werbung in ihrem Blatt verstieß gegen § 3 UWG, § 17 Abs. 1 Nr. 5a LMBG. Richtig ist zwar, dass die Beklagte als veröffentlichendes Presseunternehmen für die angegriffene Anzeige nicht im gleichen Umfange haftet wie derjenige, der sie aufgegeben hat. In solchen Fällen ist die Prüfungspflicht auf grob gesetzwidrige, unschwer zu erkennende Verstöße beschränkt (vgl. statt aller Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 1, Rdnr. 90), und das gilt auch für die Heilmittel- und Gesundheitswerbung (a.a.O. Rdnr. 92). Die Anforderungen differieren jedoch in Relation zur Größe, Auffälligkeit und Preis der Anzeige; auch andere Gründe können Anlass zu einer näheren Prüfung im Einzelfall geben (Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kapitel 14, Rdnr. 9). So ist entschieden, dass ein Verlag sich nicht ohne weiteres darauf berufen kann, dass es sich bei den Verboten des Heilmittelwerbegesetzes um inhaltlich im Einzelnen wenig bekannte Detailregelungen handelt, wenn ohnehin eine eingehendere Prüfung angezeigt ist (BGH a.a.O. 1408 - Herz-Kreislauf-Studie; Teplitzky a.a.O.). So liegt es hier.

Es handelte sich um eine auffällige, große Anzeige, bei der schon die im Tenor des angefochtenen Urteils aufgeführten "Schlagzeilen" Anlass zu einer genaueren Prüfung hätten geben müssen. Versprechen wie "Neuer Bio-Schlankstoff frisst 85 % Fett weg" finden sich immer wieder in einer Gesellschaft, der vielfach ein "Schlankheitswahn" bescheinigt wird. Besonders "beliebt" sind dabei "Wundermittel", die ein Abnehmen ohne Einschränkung des Essens und ohne besondere körperliche Anstrengungen versprechen. Genau das geschieht in der hier angegriffenen Anzeige, und zwar in marktschreierischer Weise schon in den einzelnen Überschriften:

"- einzigartig! - weltweiter Erfolg! - abnehmen wird zum Vergnügen! - rein natürlich - ohne Chemie und trotzdem so wirkungsvoll!"

Auch die üblichen "Vorher/Nachher"-Fotos mit dem "sichtbaren Zentimeterverlust" fehlen nicht. Fettgedruckt wird versprochen, dass das angepriesene Mittel täglich so viel Fett abbaut, wie etwa "2 Stunden Radfahren". Das angefochtene Urteil hat es mit Recht zum Allgemeinwissen gezählt, dass so etwas nicht möglich ist, und ein entsprechendes "einzigartiges" Wundermittel, wenn es denn erfunden würde, sicherlich nicht erst durch das Anzeigenblatt der Beklagten bekannt würde. Die Anzeige treibt regelrecht Scherz mit den Erwartungen der Leser, wenn sie in einem "wichtigen Hinweis" ausdrücklich davor warnt, "zu schnell" abzunehmen: "Wenn Sie in den ersten 5 Tagen mehr als 5 Kilo abnehmen, sollten Sie diese Kur 3 Tage aussetzen".

Diese sofort erkennbaren Einzelheiten in Verbindung mit der "zurückhaltenden" Angabe des Inserenten musste denn bei den Angestellten der Beklagten Anlass zu einer näheren Prüfung geben, die dann zur Ablehnung des Inserats hätte führen müssen. Insoweit unterscheidet sich der Fall auch von der früheren Entscheidung des BGH zur "Schlankheitswerbung". Dort setzte die Beurteilung der Anzeige als irreführend nicht lediglich ein Durchlesen des umfangreichen Textes voraus, sondern erforderte darüber hinaus eine genaue inhaltliche Analyse der in der Anzeige gemachten Angaben (BGH NJW-RR 94, 874). Das ist hier keineswegs erforderlich. Es genügte, wie ausgeführt, eine Lektüre der "Titelschlagzeilen" und derjenigen Angaben, die in der Anzeige blickfangmäßig hervorgehoben waren.

Die bloße Störerhaftung der Beklagten ist auch für eine etwaige Reihenfolge der Inanspruchnahme ohne Bedeutung. Jeder Handelnde kann jederzeit allein oder neben anderen auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (Teplitzky a.a.O. Kapitel 14, Rdnr. 12). Dabei scheitert die in der mündlichen Verhandlung von Seiten der Beklagten geforderte primäre Inanspruchnahme des Inserenten auch daran, dass dieser dem Kläger bisher nicht benannt wurde, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung noch einmal beanstandet hat.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

Berufungsstreitwert: 20.000 €.






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 30.03.2004
Az: I-20 U 122/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/44c46a096b5d/OLG-Duesseldorf_Urteil_vom_30-Maerz-2004_Az_I-20-U-122-03




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share