Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. November 2004
Aktenzeichen: 33 W (pat) 101/03

(BPatG: Beschluss v. 23.11.2004, Az.: 33 W (pat) 101/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. Februar 2003 aufgehoben.

Gründe

I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 7. Januar 2002 die Wort-/Bildmarkefür folgende Dienstleistungen zur farbigen Eintragung in das Register (in den Farben schwarz, dunkelrot) angemeldet worden:

"Klasse 35:

Werbung Klasse 41:

Multimedia-Dienstleistungen (Produktion von Multimedia-Präsentationen)

Klasse 42:

Design und Konzeptionierung von Home-Pages und Web-Seiten Beratung bei der Gestaltung von Home-Pages und Internetseiten Dienstleistungen einer Internetagentur (Konzeption, Abwicklung, Wartung und Pflege von Internetinhalten)

Design von Software Erstellen von Computeranimationen Digitale Bildbearbeitung, Datenaufbereitung und Datenverarbeitung Dienstleistungen einer Multimedia-Agentur (Hard- und Softwareberatung)

Dienstleistungen eines Grafikers und Grafikdesigners Styling (industrielles Design)".

Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Anmeldung durch Beschluss vom 5. Februar 2003 gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass der Wortbestandteil der Marke eine beschreibende Werbeaussage treffe, die den Verkehrsbeteiligten den Eindruck vermittle, die angebotenen Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer Infrarot-Leuchttechnik zu erhalten. Dies sei nicht ungewöhnlich, da die Infrarotstrahlung, die sich unterhalb der Empfindlichkeitsgrenze des Auges bis zum Mikrowellenbereich erstrecke, in vielfacher Weise eingesetzt werde. Insbesondere käme der Bereich der Infrarot-Phototechnik in Betracht. Die schriftliche und designtechnische Ausgestaltung könne nicht das erforderliche Mindestmaß an Eigenart entwickeln, um eine betriebskennzeichnende Wirkung bei den Verkehrsbeteiligten zu erzeugen.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Sie trägt vor, dass die Infrarottechnik im Bereich der angemeldeten Dienstleistungen nicht eingesetzt werde, sondern lediglich im technischnaturwissenschaftlichen Bereich. Hinzu komme, dass die Wortkombination als Beschreibung einer Technologie ein Widerspruch an sich wäre. "Illuminating" sei im Sinne einer besonders aufwendigen leuchtstarken Fest-Beleuchtung aufzufassen. Für eine solche Beleuchtung sei Infrarot völlig ungeeignet, weil Infrarotlicht für das menschliche Auge nicht sichtbar sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist begründet.

Der Senat hält die angemeldete Wortmarke entgegen der Beurteilung der Markenstelle für unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig. Ihrer Eintragung gemäß §§ 33 Abs 2, 41 MarkenG stehen daher keine absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG entgegen.

1. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (stRspr vgl BGH WRP 2001, 1082 - marktfrisch; GRUR 2002, 540 - OMEPRAZOK). Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (stRspr BGH aaO - marktfrisch; BGH GRUR 1999, 1089 - YES).

Das angemeldete Wort-/Bildzeichen enthält die Wortbestandteile "Infrared" und "illuminating". "Infrared" im Sinne des deutschen Begriffs "Infrarot" (Langenscheidts Großwörterbuch Englisch, Der Kleine Muret-Sanders Teil 1, 9. Auflage, Seite 498) werden die angesprochenen Verkehrskreise, hier Fachkreise, aber auch das allgemeine Publikum, allein wegen der Nähe zum deutschen Ausdruck ohne weiteres verstehen. Auch "illuminating" im Sinne von leuchtend (Der Kleine Muret-Sanders, aaO S 498) ist eng mit den deutschen Begriffen "illuminieren", Illumination" verwandt.

Dennoch geht der Senat davon aus, dass das hier angemeldete Gesamtzeichen bezüglich der vorliegend angemeldeten Dienstleistungen keinen eindeutigen Aussagegehalt aufweist.

"Infrarotlicht" ist eine elektromagnetische Strahlung in Form von Wärme (vgl Brockhaus Naturwissenschaft und Technik Band 1, Seite 530). Allein daraus ergibt sich ein Widerspruch zu dem Markenbestandteil "illuminating" der auf eine besonders helle Beleuchtung ("Illumination") hinweist. Zwar geben sogenannte Infrarotlampen neben der Wärme auch ein Licht - allerdings nur von schwacher Intensität - ab, so dass den angesprochenen Verkehrskreisen klar sein wird, dass eine Illumination mit einer derartigen Lichtquelle nicht möglich ist.

Der Senat konnte bei seinen Recherchen darüber hinaus aber keinerlei Anhaltspunkte dafür finden, dass im Bereich der hier beanspruchten Dienstleistungen auf den Gebieten der Werbung bzw des Internets die Benutzung einer Infrarottechnik im Zusammenhang mit Beleuchtungseffekten existiert.

Insgesamt fehlt es daher an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass die angesprochenen Verkehrskreise den Wortbestandteil der angemeldeten Marke ohne analysierende Zwischenschritte im Sinne einer schlagwortartigen Aussage über eine bestimmte Eigenschaft oder ein sonstiges Merkmal der damit gekennzeichneten Dienstleistungen werten, nicht aber als Kennzeichnungsmittel verstehen werden.

Die grafische Ausgestaltung, insbesondere die Verwendung des rotrosa leuchtenden Punkts legt im übrigen weiter nahe, dass die Wortbestandteile als Unternehmenskennzeichen zur Verwendung kommen.

2. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung weiter solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Dienstleistungen dienen können. Dabei ist davon auszugehen, dass ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung als Sachangabe bisher noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den Umständen erfolgen wird (BGH Mitt 2001, 366 - Test it; 1202 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten).

Solche Umstände werden durch die angemeldete Wort-/Bildmarke nicht klar und eindeutig verständlich genannt. Eine Verwendung der Wortbestandteile als beschreibende Angabe im Zusammenhang mit den angemeldeten Dienstleistungen konnte der Senat - wie ausgeführt - nicht nachweisen. Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltungsbedürfnis kann daher insoweit nicht ausgegangen werden. Ebenso wenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen in Zukunft eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung als Sachangabe erfolgen wird.

Winkler Pagenberg Dr. Hock Cl






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Beschluss v. 23.11.2004
Az: 33 W (pat) 101/03


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