Verwaltungsgericht Wiesbaden:
Beschluss vom 21. April 2009
Aktenzeichen: 28 O 457/09.WI.D

(VG Wiesbaden: Beschluss v. 21.04.2009, Az.: 28 O 457/09.WI.D)

Tenor

1. Die Durchsuchung der Wohnräume

des Polizeioberkommissars A. (Antragsgegner zu 1)

und

der Polizeikommissarin A. (Antragsgegnerin zu 2),

beide wohnhaft: A-Straße, A-Stadt

sowie

die Beschlagnahme von Geschäftsunterlagen der Antragsgegner zu1) und 2) bezüglich ihrer Tätigkeit im Empfehlungsmarketing für dieFirma

XXX

wird gemäß § 30 HDG i.V.m. §§ 94 Abs. 2, 98 Abs. 1, 102 und 103StPO

angeordnet.

2. Die Antragsgegner haben die Kosten des Verfahrens zutragen.

Gründe

Der gemäß § 30 HDG statthafte Antrag vom XXX auf Anordnung der Durchsuchung und der Beschlagnahme ist auch begründet.

Nach § 30 HDG darf eine derartige Anordnung nur getroffen werden, wenn die Beamtin oder der Beamte des Dienstvergehens dringend verdächtig ist und die Maßnahme zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.

Gegen die beiden Antragsgegner, ein Ehepaar, leitete der Präsident des XXX jeweils mit Verfügungen vom XXX, die den Beamten bislang gemäß § 23 HDG noch nicht zugestellt wurden, Disziplinarverfahren ein. Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen eine dritte Person wegen Leistungsbetrugs war bekannt geworden, dass die Antragsgegnerin zu 1), die XXX gemäß § 85 a Abs. 4 HBG zur Kinderbetreuung beurlaubt ist, seit XXX.2005 eine Firma mit dem Namen XXX angemeldet hatte. XXX.2006 erfolgte die Ummeldung dieser Firma in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit beiden Antragsgegnern als geschäftsführenden Gesellschaftern.

Gegenstand der Firma der Antragsgegner ist laut Internetauftritt der Vertrieb von Nahrungsergänzungsmitteln und Körperpflegemitteln für die Firma XXX. Für beide Beamte liegen Nebentätigkeitsgenehmigungen nicht vor.

Die Antragsgegner sind nach den vorliegenden Ermittlungen zur Überzeugung der Kammer dringend verdächtig, ein Dienstvergehen dadurch begangen zu haben, dass sie zumindest seit XXX.2005 mit ihrer Firma im Rahmen eines Empfehlungsmarketings für die Firma XXX in erheblichem Umfang tätig sind, ohne diese Nebentätigkeiten ihrem Dienstherrn angezeigt zu haben. Aufgrund einer Zeugenaussage eines ehemaligen Geschäftspartners der Antragsgegner, durch den Ermittlungsführer besteht Grund zu der Annahme, dass die Antragsgegner in der Vertriebshierarchie der Firma XXX den Status von sog. €XXX€ innehaben. Dies bedeute nach seiner Aussage, dass die Antragsgegner ca. 1000 oder mehr Produktabnehmer hatten und im Monat mindestens 15.000 Internationale Punkte (IP€s) nachweisen mussten. Einem Einkaufswert der Produktabnehmer von 100 € entsprechen hierbei 60 IP€s. Demzufolge hätten die Antragsgegner einen monatlichen Mindestumsatz von 2.000 € erreicht.

Die beantragten Maßnahmen sind nach Auffassung der Kammer geeignet, den Nachweis einer ungenehmigten Nebentätigkeit zu führen. Die in der Durchsuchungsanordnung aufgeführten Geschäftsunterlagen allein können die geschäftlichen Tätigkeiten der Antragsgegner zu bestimmten Zeiten und in bestimmter Höhe belegen. Nach Angaben des Zeugen erfolgte die Abrechnung monatlich per E-Mail mit Hilfe eines speziellen Abrechnungsprogramms durch die Firma XXX. Diese E-Mails seien ausgedruckt und abgeheftet worden und müssten sich demzufolge bei den Antragsgegnern befinden. Die angeordnete Durchsuchung und Beschlagnahme ist auch erforderlich, denn Ermittlungen über die abgeführten Steuern der Antragsgegner zur Bestimmung ihrer Einnahmen führten nach Angaben des Antragstellers nicht weiter, da die Antragsgegner bislang noch keine Steuererklärung abgeben mussten.

Es bestehen keine Bedenken an der Verhältnismäßigkeit der Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung, denn im Disziplinarverfahren haben die Antragsgegner wegen der Verwirklichung eines aufgrund der Dauer, des Umfangs und der näheren Umstände der ausgeübten Nebentätigkeit (Ähnlichkeit mit der in Deutschland gemäß § 16 UWG verbotenen progressiven Kundenwerbung - €Schneeballsystem€) schwerwiegenden Dienstvergehens eine Zurückstufung oder eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erwarten (BVerfG, Beschluss vom 21.06.2006 - 2 BvR 1780/04 - NVwZ 2006, 1282; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.01.2007 - 3 B 11367/06 -, NVwZ-RR 2007, 318; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.03.2009 - DB 16 S 57/09 -, zitiert nach Juris).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 6 HDG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.






VG Wiesbaden:
Beschluss v. 21.04.2009
Az: 28 O 457/09.WI.D


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