Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 3. September 1999
Aktenzeichen: 6 U 57/99

(OLG Köln: Urteil v. 03.09.1999, Az.: 6 U 57/99)

1. Relevant irreführend ist eine Werbung für Kfz-Finanzierung, bei der durch unrichtige Zuordnung des Zinssatzes der unzutreffende Eindruck erweckt wird, der (niedrige) Zinssatz beziehe sich auf die gesamte Laufzeit des Kredits. Eine solche Werbung ist auch geeignet, den Wettbewerb auf dem Markt des Kfz-Handels wesentlich zu beeinflussen. 2. Schließt der Wortlaut eines Anzeigenauftrages die Möglichkeit der Veröffentlichung einer Werbung mit dem irreführenden Wortlaut ein, mit dem sie alsdann auch erscheint, ist der Auftraggeber selbst Störer im wettbewerbsrechtlichen Sinne.

Tenor

1.) Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 17.12.1998 verkündete Urteil des Landgerichts Bonn - 14 O 134/98 - teilweise abgeändert und im Hauptausspruch wie folgt neu gefaßt: Der Beklagte wird unter Klageabweisung im übrigen verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Zeitungsanzeigen für eine Kfz.-Finanzierung zu werben, ohne den effektiven Jahreszins anzugeben und als solchen zu bezeichnen, wenn dies in der nachstehend wiedergegebenen Form geschieht:2.) Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben der Kläger zu 1/5 und der Beklagte zu 4/5 zu tragen.3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.4.) Die Beschwer der Parteien wird wie folgt festgesetzt: für den Kläger auf 6.000 DM, für den Beklagten auf 24.000 DM.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, hat aber nur zu einem kleinen Teil Erfolg.

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht dem Beklagten die beanstandete Werbung durch Zeitungsinserate untersagt. Zu Unrecht begehrt der Kläger, dessen Prozeßführungsbefugnis aus § 13 Abs. 2 Ziff.2 UWG außer Streit ist, aber darüberhinaus auch ein Verbot dieser Werbung in anderen Werbeträgern, weil es hierfür an einer Begehungsgefahr fehlt. Insofern ist die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts, das auch die Werbung in anderen Werbeträgern als Zeitungsinseraten erfaßt, begründet.

Die auf S.2 dieses Urteils eingeblendete streitgegenständliche Werbung enthält einen Verstoß gegen § 4 Abs.1 PAngV, weil in ihr die Gesamtkosten für die beworbene Kfz-Finanzierung zwar angegeben, aber nicht als "effektiver Jahreszins" bezeichnet worden sind. Ob dieser Verstoß sich im Hinblick auf die im Jahre 1997 vorangegangene Werbung des Beklagten bereits gem. § 1 UWG als unlauter darstellt, kann dahinstehen. Denn die Anzeige ist darüber hinaus aus den im einzelnen auf S.6 der angefochtenen Entscheidung dargelegten Gründen, auf die gem. § 543 Abs.1 ZPO verwiesen wird, irreführend und verstößt so zumindest gegen § 3 UWG. Das bedarf keiner weiteren Begründung, weil die Gestaltung der Werbung die von der Kammer dargelegte unrichtige Zuordnung der Angabe von 1,9 % auf die gesamte Laufzeit von 36 Monaten nahelegt und die Parteien über die Wettbewerbswidrigkeit der Anzeige auch nicht streiten. Die Schaltung der zumindest irreführenden Werbung begründet im oben tenorierten Umfange aus §§ 3, 13 Abs.2 Ziff.2 UWG den geltend gemachten Unterlassungsanspruch. Denn aus den ebenfalls von dem Landgericht (auf S.7 seiner Entscheidung) bereits zutreffend dargelegten Gründen ist der Wettbewerbsverstoß geeignet, den Wettbewerb auf dem Markt des Kfz-Handels im Sinne des § 13 Abs.2 Ziff.2 UWG wesentlich zu beeinträchtigen.

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht den Beklagten als passivlegitimiert angesehen und dementsprechend zur Unterlassung verurteilt. Entgegen der Auffassung der Kammer ergibt sich die Haftung des Beklagten indes nicht daraus, daß dieser gem. § 13 Abs.4 UWG für ein Fehlverhalten des Zeitungsverlages bei der Umsetzung des Anzeigenauftrages einstehen müßte. Die hiergegen von dem Beklagten vorgebrachten Einwände werden von dem Senat geteilt. Gleichwohl kann die Berufung keinen Erfolg haben, weil der Beklagte - schon ausgehend von seinem eigenen Vorbringen - selbst Störer ist und deswegen unmittelbar aus § 3 UWG in Anspruch genommen werden kann.

Der Wortlaut des Anzeigenauftrages schloss die Möglichkeit einer Veröffentlichung der Werbung mit dem irreführenden Wortlaut ein, mit dem sie dann tatsächlich auch erschienen ist. Aus diesem Grunde muss der Beklagte als wettbewerbsrechtlicher Störer für sie einstehen.

Der Beklagte hat bereits in erster Instanz (S.3 der Klageerwiderung = Bl.41) vorgetragen, er habe telefonisch "darauf hingewiesen, daß der Hinweis auf die Finanzierungsmöglichkeit über die Fiat-Bank in der Anzeige mit demselben, unveränderten Text abgedruckt werden sollte, wie er bei der Aktion im Oktober bis Dezember 1997 verwendet worden war". Im Berufungsverfahren (S.3 der Replik vom 21.7.1999 = Bl.127) hat er sich ausdrücklich hierauf bezogen. In dem angegebenen Zeitraum waren von dem Beklagten insgesamt zehn Anzeigen im Bonner General-Anzeiger geschaltet worden. Diese Werbeanzeigen waren bezüglich der in ihnen enthaltenen und hier allein interessierenden Finanzierungsangebote unterschiedlich ausgestaltet. Während es teilweise "1,9 % eff.Jz. bis 60 Mon. Laufzeit" gelautet hatte, hatte der Text teilweise auch die Formulierungen "1,9 % eff. p.a. bei 60 Mon." und "1,9 % eff.p.A. bis 60 Mon." enthalten. Demgegenüber hatte der Prozentsatz in allen Anzeigen einheitlich 1,9 % gelautet. Vor diesem Hintergrund war der zitierte fernmündliche Anzeigenauftrag dahin zu verstehen, daß die Anzeige bezüglich des Finanzierungsangebotes alle diejenigen Elemente wieder aufweisen sollte, die auch alle vorangegangenen Anzeigen übereinstimmend aufgewiesen hatten. Was demgegenüber die in der Vergangenheit unterschiedlich ausgestalteten Einzelheiten anging, so sollte es ersichtlich - wie möglicherweise bereits in der Vergangenheit - dem beauftragten Zeitungsverlag überlassen bleiben, zu entscheiden, in welcher Fassung diese gedruckt würden. Diese Unterscheidung zu treffen machte auch einen Sinn, weil nur die Angaben über die - im vorliegenden Fall abweichend 36 Monate betragende - Laufzeit und über die Höhe des Prozentsatzes von wirtschaftlicher Bedeutung waren, nicht aber die Frage, wie zum Ausdruck gebracht wurde, daß sich die Prozentzahl auf den effektiven Jahreszins bezog. Diese Auslegung des Teiles des fernmündlichen Anzeigenauftrages, der das Finanzierungsangebot zum Gegenstand hatte, findet ihre Bestätigung in dem weiteren Vortrag des Beklagten in der Klageerwiderung, wonach die Wiederauflage der Sonderfinanzierung, also die erneute Einräumung eines Zinssatzes von 1,9 %, Grund u.a. für die Schaltung der streitgegenständlichen Anzeige war.

Ausgehend hiervon umfaßte der Auftrag auch die Möglichkeit, daß der Verlag - wie es dann tatsächlich auch geschehen ist - die Angabe, daß es sich bei den 1,9 % um den effektiven Jahreszins handele, ganz weglassen würde. Zumindest mußte der Beklagte mit dieser Möglichkeit rechnen und sicherstellen, daß die Bestimmungen der Preisangabenverordnung eingehalten wurden und durch die fehlende Angabe keine Irreführung über die Zinshöhe entstehen konnte.

Der Umstand, daß ihm freigestellt war, in welcher Weise er die Bezeichnung des Prozentsatzes als effektiven Jahreszins vornahm, legte für den Verlag den Schluß nahe, daß diese Bezeichnung auch ganz entfallen konnte. Dem Beklagten kam es mit der oben wiedergegebenen Formulierung seines Auftrages ersichtlich nur darauf an, daß wiederum die - wirtschaftlich einzig bedeutsame - Angabe von 1,9 % aus der Anzeige hervorging. Überdies hatte der Beklagte in der Vergangenheit für die Bezeichnung des effektiven Jahreszinses teilweise Formulierungen verwendet oder geduldet, wie etwa "1,9 % eff. p.a. bei 60 Mon.", bei denen ausgesprochen zweifelhaft war, ob auch nur der durchschnittliche Leser aus diesen Abkürzungen den Begriff "effektiver Jahreszins" herauslesen würde. Mußte die Angabe aber nicht verständlich sein, so konnte sie auch entfallen.

Wegen dieser Gefahr eines irreführenden Abdruckes der Anzeige ohne die Bezeichnung der Prozentangabe als effektiven Jahreszins durfte der Beklagte den Anzeigenauftrag nicht auf die von ihm selbst beschriebene Weise erteilen. Aus diesem Grunde haftet er selbst als Störer für das Erscheinen der Anzeige in der angegriffenen Fassung.

Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Parteien im Verfahren bislang lediglich über die Frage einer Haftung des Beklagten für ein etwaiges Fehlverhalten des Zeitungsverlages gestritten haben, besteht entgegen der Auffassung des Beklagten kein Anlaß, diesem die Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben.

Der Beklagte hatte im Termin zur mündlichen Berufungsverhandlung, in dem der Senat die vorstehend dargelegte Rechtslage erörtert hat, die Möglichkeit, hierzu Stellung zu nehmen, und hat diese auch ausführlich genutzt. Es trifft auch nicht zu, daß der Anzeigenauftrag - entgegen dem ausdrücklichen bisherigen Vortrag des Beklagten in beiden Instanzen - wegen des unterschiedlichen Wortlautes der vorangegangenen Anzeigen nicht mit den oben wörtlich wiedergegebenen Worten erteilt worden sein könnte und deswegen eine Klarstellung durch den Beklagten persönlich erforderlich wäre. Daß der Auftrag mit dem vorgetragenen Wortlaut einen eindeutigen Sinn hatte, ist vorstehend ausgeführt worden. Ebenso ergibt sich aus der obigen Begründung, daß die vorangegangenen Formulierungen, auf die sich der Beklagte bezogen haben will, durchaus auch die Gefahr eines völligen Weglassens der Bezeichnung der Prozentangabe als effektiven Jahreszins in sich bargen. Schließlich gebietet auch die Vorschrift des § 139 ZPO keinen weitergehenden richterlichen Hinweis. Insbesondere hatte bereits der Kläger, nämlich auf S.5 der Berufungserwiderung (= Bl.120), den Vortrag zur Auftragserteilung als unsubstantiiert gerügt und darauf hingewiesen, daß die vorangegangenen Anzeigen unterschiedlich gestaltet waren, und daraus den Schluß auf einen gewissen Gestaltungsspielraum des Verlages gezogen. Nachdem hierauf der Beklagte erwidert hatte (S.3 der Replik = Bl.127), er wisse nicht, welchen substantiierten Vortrag der Kläger erwarte, dem Anzeigenbetreuer sei wie in der Klageerwiderung vorgetragen der richtige Anzeigentext genannt worden, bestand keine Hinweispflicht, weil der Tatsachenvortrag eindeutig war und der Kläger zutreffend auf die sich ergebende Rechtsfolge hingewiesen hatte. Überdies hatte der Beklagte die bereits dargelegte Gelegenheit, im Verhandlungstermin zu den rechtlichen Folgen seines Tatsachenvortrages Stellung zu nehmen. Schließlich kommt eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zur Erteilung eines Hinweises bzw. zur Ermöglichung weiteren Vortrages auch deswegen nicht in Betracht, weil dem Beklagten die Rechtsauffassung des Senats seit der Verhandlung am 6.8.1999 bekannt ist und er auch mit dem Schriftsatz vom 19.8.1999, mit dem er die Möglichkeit zu ergänzendem Sachvortrag erstrebt, nicht vorträgt, welchen von seinem bisherigen Vortrag abweichenden Inhalt die Beauftragung des Verlages denn tatsächlich gehabt haben soll.

Aus den vorstehenden Gründen ist die Klage im wesentlichen begründet. Soweit der Kläger indes eine Verurteilung auch für Werbungen in anderen Werbeträgern als Zeitungen erstrebt, ist die Klage auf die Berufung des Beklagten abzuweisen, weil insofern eine Begegehungsgefahr nicht besteht. Es handelt sich bei der angegriffenen Anzeige in Stil, Größe und Aufmachung um eine typische gewerbliche (Klein-) Anzeige. Aus diesem Grunde kann aus ihrem Erscheinen nicht auf die Gefahr geschlossen werden, daß sie gleichlautend auch in anderen Werbeträgern geschaltet werden könnte, zumal die Irreführung auch durch die grafische Anordnung der Prozentangabe geprägt wird und nicht vorgetragen ist, welche Werbeträger insoweit im Betracht kommen sollen.

Soweit der Senat im übrigen den Wortlaut des Urteilstenors geringfügig abgeändert hat, stellt dies keine inhaltliche Änderung dar und dient lediglich der sprachlichen Präzisierung und genaueren Anpassung des Titels an die konkrete Verletzungsform.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs.1 ZPO.

Der Senat schätzt das Interesse des Klägers an einer Unterlassung der Werbung in anderen Werbeträgern als Zeitungsinseraten gem. §§ 12 Abs.1 GKG, 3 ZPO auf 1/5 seines Gesamtinteresses, weil der Beklagte bislang lediglich in einer Zeitung inseriert hat und die Verhinderung einer Wiederholung dieses Wettbewerbsverstosses ersichtlich ganz im Vordergrund des klägerischen Begehrens steht.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 713 ZPO.

Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festgesetzte Beschwer der Parteien entspricht dem Wert ihres Unterliegens im Rechtsstreit.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 30.000 DM.






OLG Köln:
Urteil v. 03.09.1999
Az: 6 U 57/99


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