Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Oktober 2000
Aktenzeichen: 15 W (pat) 15/99

(BPatG: Beschluss v. 26.10.2000, Az.: 15 W (pat) 15/99)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse B 32 B des Deutschen Patentamts vom 14. Dezember 1998 aufgehoben und das Patent erteilt.

Bezeichnung: Trageschicht Anmeldetag: 9. Februar 1994 Die Priorität der Anmeldung in der Bundesrepublik Deutschland vom 9. Februar 1993 ist in Anspruch genommen.

(Aktenzeichen der Erstanmeldung: P 43 03 611.2)

Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 bis 6, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 26. Oktober 2000 Beschreibung Seiten 1 bis 12, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 26. Oktober 2000 2 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 und 2, per Fax eingegangen am 9. Februar 1994 und in Reinschrift eingegangen am 10. Februar 1994 (Bl 33 und 34 der Akte).

Gründe

I Die Anmelderin reichte am 9. Februar 1994 eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung

"Mehrschichtkörper"

ein, die am 11. August 1994 in Form der DE 44 03 977 A1 veröffentlicht wurde.

Mit Beschluß vom 14. Dezember 1998 wies die Prüfungsstelle für Klasse B 32 B des Deutschen Patentamts die Patentanmeldung zurück.

Dem Beschluß lagen die mit Schriftsatz vom 20. März 1998 eingereichten und am 25. März 1998 eingegangenen Patentansprüche 1 bis 9 mit den im Schriftsatz vom 24. Juni 1998 festgelegten Ergänzungen der Merkmalsgruppe a) in Anspruch 1 durch die Einfügung des Wortes "thermoplastischer" vor "Kunststoff" sowie durch die Angabe "nur" Anspruch 7 zugrunde. Diese Anspruchsfassung hatte folgenden Wortlaut:

"1. Trageschicht, insbesondere für ein mehrlagiges Innenverkleidungsteil für Kraftfahrzeuge mit einer Naturfasern aufweisenden Kernschicht und mit beidseitig davon angeordneten, ein Bindemittel und Fasern aufweisenden Abdeckschichten, dadurch gekennzeichnet, a) daß die Naturfasern als Füllstoff (5, 5a) undrecycelbarer, thermoplastischer Kunststoff (6, 6a) als Bindemittel für die Naturfasern in der Kernschicht (7, 7a) angeordnet sind, b) daß zugleich auch thermoplastischer Kunststoff (10, 10a) für die als Füllstoff in den beiden Abdeckschichten (8, 8a bzw 9, 9a) angeordneten Fasern vorgesehen ist undc) daß die Abdeckschichten (8, 8a bzw 9, 9a) einen größeren prozentualen Anteil an dem als Bindemittel dienenden thermoplastischen Kunststoff (6, 6a bzw 10, 10a) aufweisen als die Kernschicht (7, 7a) mit den Naturfasern.

2. Trageschicht nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Abdeckschichten (8, 8a bzw 9, 9a) thermoplastischen Kunststoff derart aufweisen, daß sie luftundurchlässige Begrenzungsschichten für die die Naturfasern aufweisende Kernschicht (7, 7a) bilden.

3. Trageschicht nach mindestens einem der vorhergehenden Ansprüche, gekennzeichnet durch als Bindemittel dienenden thermoplastischen Kunststoff in den Abdeckschichten (8, 8a bzw 9, 9a) derart, daß er bei der Herstellung der Trageschicht früher schmilzt als der in der Kernschicht (7, 7a) als Bindemittel dienende thermoplastische Kunststoff.

4. Trageschicht nach mindestens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Kernschicht (7, 7a) jeweils Füllstoff einerseits und thermoplastischen Kunststoff (6, 6a) andererseits in einem Verhältnis von 50 % bis 70 % einerseits und 50 % bis 30 % andererseits aufweist.

5. Trageschicht nach mindestens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß das Verhältnis vom thermoplastischen Kunststoff zu Füllstoff in den Abdeckschichten etwa 70 : 30 beträgt.

6. Trageschicht nach mindestens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß als thermoplastischer Kunststoff (6, 6a bzw 10, 10a) jeweils Polypropylen vorgesehen ist.

7. Trageschicht nach mindestens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß nur Glasfasern (11) als Füllstoff in den Abdeckschichten (8, 8a bzw 9, 9a) vorgesehen sind.

8. Trageschicht nach mindestens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Kernschicht (7, 7a) und/oder die Abdeckschichten (8, 8a bzw 9, 9a) als Füllstoff (5) Fasern aus Stroh und/oder aus Baumwolle und/oder aus Flachs und/oder aus Hanf und/oder aus Jute und/oder aus Sisal aufweisen.

9. Trageschicht nach mindestens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß als Ausgangsmaterial für die einzelnen Schichten der Trageschicht je bahnförmiges, vernadeltes Fasermaterial vorgesehen ist."

Die Zurückweisung der Patentanmeldung wurde damit begründet, daß gemäß dem Merkmal b) des geltenden Patentanspruchs 1 als Füllstoff für die Abdeckschichten allgemein Fasern beansprucht würden, obwohl in den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen ausdrücklich und ausschließlich Natur- und/oder Glasfasern als Füllstoff genannt seien. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sei daher unzulässig erweitert und weise somit gemäß § 38 PatG einen Mangel auf, der die Erteilung eines Patents ausschließe.

Gegen diesen Beschluß hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt und in der mündlichen Verhandlung am 26. Oktober 2000 neue Unterlagen mit 6 Patentansprüchen eingereicht. Die nunmehr geltenden Patentansprüche 1 bis 6 lauten wie folgt:

"1. Flächige Trageschicht, insbesondere für ein einstückiges sowie mehrlagiges Innenverkleidungsteil für Kraftfahrzeuge, mit einer Naturfasern aufweisenden Kernschicht und mit beidseitig davon angeordneten, ein Bindemittel und Fasern aufweisenden Abdeckschichten, dadurch gekennzeichnet, a) daß die Naturfasern als Füllstoff (5, 5a) undrecycelbarer, thermoplastischer Kunststoff (6, 6a) als Bindemittel für die Naturfasern in der Kernschicht (7, 7a) angeordnet sind, b) daß zugleich auch thermoplastischer Kunststoff (10, 10a) als Bindemittel für als Füllstoff in den beiden Abdeckschichten (8, 8a) bzw (9, 9a) angeordnete Glasfasern vorgesehen ist undc) daß die Abdeckschichten (8, 8a bzw 9, 9a) einen größeren prozentualen Anteil an dem als Bindemittel dienenden thermoplastischen Kunststoff (6, 6a bzw 10, 10a) aufweisen als die Kernschicht (7, 7a) mit den Naturfasern und daß die Kernschicht (7, 7a) einen größeren Anteil an Füllstoff (5, 5a) aufweist als die Abdeckschichten (8, 8a bzw 9, 9a).

2. Trageschicht nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Kernschicht (7, 7a) jeweils Füllstoff einerseits und thermoplastischen Kunststoff (6, 6a) andererseits in einem Verhältnis von 50 % bis 70 % einerseits und 50 % bis 30 % andererseits aufweist.

3. Trageschicht nach mindestens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß das Verhältnis von thermoplastischem Kunststoff zu Füllstoff in den Abdeckschichten etwa 70:30 beträgt.

4. Trageschicht nach mindestens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß als thermoplastischer Kunststoff (6, 6a bzw 10, 10a) jeweils Polypropylen vorgesehen ist.

5. Trageschicht nach mindestens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Kernschicht (7, 7a) und/oder die Abdeckschichten (8, 8a bzw 9, 9a) als Füllstoff (5) Fasern aus Stroh und/oder aus Baumwolle und/oder aus Flachs und/oder aus Hanf und/oder aus Jute und/oder aus Sisal aufweisen.

6. Trageschicht nach mindestens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß als Ausgangsmaterial für die einzelnen Schichten je bahnförmiges, vernadeltes Fasermaterial vorgesehen ist."

Zur Begründung ihrer Beschwerde hat die Anmelderin im wesentlichen vorgetragen, das weiterverfolgte Patentbegehren sei in den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen offenbart. Die beanspruchte Trageschicht mit Naturfasern und thermoplastischem Kunststoff in der Kernschicht und Glasfasern und thermoplastischem Kunststoff in den beiden Abdeckschichten sei im Hinblick auf den entgegengehaltenen Stand der Technik neu. Sie werde durch diesen auch nicht nahegelegt und beruhe daher auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent zu erteilen auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 6 und Beschreibung Seiten 1 bis 12, jeweils eingegangen in der mündlichen Verhandlung, und 2 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 und 2, per Fax eingegangen am 9. Februar 1994 und in Reinschrift eingegangen am 10. Februar 1994 (Bl 33 und Bl 34 der Akte).

Als für die Prüfung der Patentfähigkeit des Anmeldungsgegenstandes relevanter Stand der Technik wurden im Prüfungsverfahren folgende Druckschriften entgegengehalten und erörtert:

(1) DE 37 22 873 A1

(2) DE 39 36 011 A1

(3) EP 0 411 589 A2

(4) EP 0 393 476 A1

(5) DE 84 15 883 U1

(6) DE 39 35 689 A1

(7) DE-OS 2 107 894 Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig (PatG § 73). Sie ist unter Berücksichtigung des nunmehr vorliegenden Patentbegehrens in der Sache auch begründet.

Bezüglich ausreichender Offenbarung des Gegenstandes der geltenden Patentansprüche 1 bis 6 bestehen keine Bedenken, da deren Merkmale aus den ursprünglich eingereichten Unterlagen zu entnehmen bzw daraus herleitbar sind (vgl zu Anspruch 1 die Ansprüche 1 bis 5 iVm S 2 vorle Abs, S 3 Abs 1, S 4 vorle Z bis S 5 Abs 3 und S 9 Abs 3 le Satz und zu den Ansprüchen 2 bis 6 die Ansprüche 4 bis 7 iVm S 5, Abs 2).

Die Neuheit der Trageschicht des Patentanspruchs 1 ist anzuerkennen.

Aus der EP 0 411 589 A2 (3) ist ein Kraftfahrzeughimmel aus einer faserhaltigen Trageschicht und darauf beidseitig aufgebrachten Oberflächenbeschichtungen, vorzugsweise aus Polyurethanschaum, bekannt. Die Trageschicht ist dabei ua aus einer Naturfasern wie Flachs- oder/und Palmfasern enthaltenden Kernschicht sowie darauf beidseitig angeordneten organische oder/und anorganische Verstärkungsfasern einer Faserlänge von 20 bis 100 µm wie vzw Glasfasern enthaltenden Abdeckschichten aufgebaut. Diese Trageschicht enthält durch Tränken der Kernschicht und der darauf aufgebrachten beiden Abdeckschichten mit flüssigem Phenolharzbindemittel und Aushärten des Phenolharzbindemittels sowohl in der Kernschicht als auch in den Abdeckschichten Phenolharzbindemittel. Dieser Stand der Technik beschreibt somit bereits eine Trageschicht aus einer Naturfasern und Bindemittel aufweisenden Kernschicht sowie darauf beidseitig angeordneten Abdeckschichten aus organischen oder anorganischen Synthesefasern, vzw aus Glasfasern, und Bindemittel. Nach den Beispielen enthalten die jeweiligen Abdeckschichten der Trageschicht auch einen höheren prozentualen Bindemittelgehalt als die Kernschicht. Im Unterschied zum vorliegend beanspruchten dreischichtigen Träger enthält diese bekannte Trageschicht als Bindemittel jedoch Phenolharz und damit keinen thermoplastischen Kunststoff.

Das deutsche Gebrauchsmuster 84 15 883 U1 (5) beschreibt eine Dachauskleidung für Automobile aus einer mehrschichtigen Trageschicht und einer darauf aufgebrachten Schicht aus Dekormaterial. Die Trageschicht besteht nach diesem Stand der Technik aus einer Kernschicht aus einem mit Phenolharzen verfestigten nativen Reißbaumwollfaservlies und damit beidseitig verbundenen Abdeckschichten aus phenolharzverfestigten Synthesefaservliesen, vorzugsweise aus phenolharzverfestigten Polyesterfaservliesen, und damit aus einer Naturfaser enthaltenden Kernschicht und aus Synthesefasern enthaltenden Außenschichten. Diese Trageschicht enthält somit als Bindemittel ebenfalls Phenolharze und damit keinen thermoplastischen Kunststoff. Auch ist in dieser Druckschrift von einem höheren prozentualen Anteil an Bindemittel in jeder der Abdeckschichten als in der Kernschicht nicht die Rede. Außerdem enthält diese Trageschicht in den Abdeckschichten auch keine Glasfasern.

In der DE 39 35 689 A1 (6) wird ein Verfahren zur Herstellung von Kraftfahrzeuginnenverkleidungsteilen aus einem einstückigen, flächigen, mehrlagigen Trageteil und einer damit verbundenen Dekorschicht beschrieben. Das Trageteil wird dabei aus einem ua auch einschichtigen Kern aus einem saugfähigen, wärmestabilen Faserwerkstoff und bahnförmigen Abdeckschichten dadurch hergestellt, daß die Kernschicht und/oder die Abdeckschichten vor ihrer Zusammenführung einen thermoplastischen Kunststoff, wie insbesondere Polypropylen oder Polyethylen, enthalten, oder mit einem solchen thermoplastischen Kunststoffpulver bestreut werden, der thermoplastische Kunststoff dann durch Erwärmen geschmolzen wird und die Kernschicht und die Abdeckschichten anschließend durch Erhitzen und Verpressen miteinander verbunden werden. Als geeignete saugfähige Faserwerkstoffe des Kerns werden Textilvliese, Polypropylen, Polyethylen, Glasvlies, Papiervlies, Naturfasern, Kokos, Zuckerrohr, Steinwolle, Kohlefasern und auch offene Schäume aus Polyurethan oder Polyester angegeben und als geeignete Abdeckschichten werden Polyestervliese, Glasvliese und Papiervliese genannt (vgl insbes die Ansprüche 1 und 2 iVm Sp 1, Z 20 bis 46 und Z 54 bis 63, Sp 4 Z 64 bis Sp 5, Z 9, Sp 5, Z 67 bis Sp 6, Z 6 und Sp 7, Z 27 bis 33). Die Erzielung unterschiedlicher Steifigkeit und Härte bzw Elastizität der einzelnen Schichten wird nach diesem Stand der Technik durch Beimischen unterschiedlicher Mengen an thermoplastischem Kunststoff und/oder durch unterschiedliches Verdichten der Schichten erreicht (vgl insbes Anspruch 13 iVm Sp 1, Z 47 bis 54 und Sp 2, Z 2 bis 8). Eine Trageschicht mit einer Kernschicht und Abdeckschichten, bei denen neben dem thermoplastischen Kunststoff als Bindemittel im Kern Naturfasern und in den beiden Abdeckschichten Glasfasern enthalten sind und bei denen der gewichtsprozentuale Anteil an thermoplastischem Bindemittel in den beiden Abdeckschichten jeweils größer ist als in der Kernschicht, wird in dieser Druckschrift nicht beschrieben.

Aus der DE 39 36 011 A1 (2) sind Bahnen für Verpackungs- sowie Polsterzwecke und dergleichen mit eingearbeiteten Vertiefungen und Erhöhungen bekannt. Dabei besteht die Bahn aus einem Vlies von Naturfasern, das mit thermoplastischen Bindemitteln versetzt ist, welche die eingeformten Erhöhungen oder Vertiefungen fixieren. Aufgrund ihrer Herstellung ua bspw durch Aufstreuen des Bindemittels auf die Vliesoberfläche und Erhitzen können diese Bahnen aus einer Platte mit gleichmäßiger Verteilung des Bindemittels oder aus einer dreilagigen Bahn mit höherem Bindemittelgehalt an den Oberflächen und somit mit zwei Abdeckschichten bestehen. Diese Bahnen können auch dadurch mehrlagig aufgebaut gebildet sein, daß mehrere Bindemittel enthaltende Vliese mit Erhöhungen bzw Vertiefungen aufeinander gelegt und miteinander verbunden sind. Eine dreilagige Bahn enthält damit nach diesem Stand der Technik jedoch im Unterschied zum vorliegenden Anmeldungsgegenstand auch in den Abdeckschichten Naturfasern und in der zweiten Ausführungsform zudem in allen drei Schichten gleiche prozentuale Mengen an Schmelzbindemitteln (vgl die Ansprüche 1, 7, 9 und 10).

Nach der Lehre der EP 0 393 476 A1 (4) werden Paneele für die Kraftfahrzeuginnenverkleidung aus einer Zwischenschicht und darauf beidseitig aufgebrachten Schichten aus mit thermoplastischen Bindemitteln verbundenen Glasfasern hergestellt und vzw noch mit einer Dekorschicht versehen. Die Mittelschicht besteht bei der aus dieser Druckschrift bekannten Trageschicht aus einer Polyurethanschicht, Textilfilz, Mineralfilz oder geschäumtem thermoplastischem Material. Zur Herstellung dieser Trageschicht wird die Mittelschicht zwischen die zuvor aus Glasfasern und thermoplastischem Bindemittel wie Polypropylen oder Polyethylen durch Schmelzverbinden hergestellten Außenschichten gelegt; dann wird auf die Schmelztemperatur des thermoplastischen Binders erhitzt und in einer Form abgekühlt. Bei diesem dreiteiligen Tragelement besteht die mittlere Lage im Unterschied zum vorliegend beanspruchten Gegenstand nicht zwingend aus Naturfasern. Sie enthält zudem auch kein die Fasern verbindendes thermoplastisches Bindemittel, sondern ist nur oberflächlich durch das thermoplastische Bindemittel der Abdeckschichten mit den Abdeckschichten verklebt (vgl insbes die Ansprüche 1 und 11 bis 13 iVm Sp 2, Z 40 bis 53 und Beispiel 1).

Die DE-OS 2 107 894 (7) beschreibt zur Formgebung durch spanloses Verformen oder Tiefziehen geeignete Platten aus einer Kernschicht und darauf beidseitig aufgebrachten Schichten, bei denen die Kernschicht und die beiden Außenschichten aus Glasfasern und einem thermoplastischen Bindemittelharz sowie üblichen Zusätzen bestehen. Dabei werden auch dreischichtige Platten aus einer Kernschicht und zwei Abdeckschichten beschrieben, die in den beiden Außenschichten jeweils höhere Gehalte an thermoplastischem Bindemittelharz aufweisen als in der Kernschicht (vgl insbes die Ansprüche 1, 5 und 8). Naturfasern als möglicher Bestandteil einer oder mehrerer der drei Schichten werden in dieser Druckschrift nicht erwähnt.

In der DE 37 22 873 A1 (1) wird die Herstellung eines einstückigen, mehrlagigen Innenverkleidungsteils für Kraftfahrzeuge aus einer als Träger dienenden, flächigen Trageschicht, einer weichelastischen Zwischenschicht aus einem Kunststoffschaum und einer Dekorschicht beschrieben. Die Trägerschicht besteht nach (1) ua aus einem einen thermoplastischen Bestandteil, wie insbesondere Polypropylen, enthaltenden Faservlies oder aus einem Polypropylen enthaltenden Glasfasermaterial (vgl insbes die Ansprüche 1, 7 bis 8 und 11). Die Trageschicht ist nach diesem Stand der Technik nur aus einer Schicht aufgebaut. Auch ist dort von einem Naturfasern enthaltenden Faservlies in der Trageschicht nicht die Rede.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist von der Aufgabe auszugehen, eine Trageschicht für mehrlagige Innenverkleidungsteile von Kraftfahrzeugen bereitzustellen, die ausschließlich aus einfach entsorgbaren oder wiederverwendbaren Werkstoffen besteht und die dem Innenverkleidungsteil eine ausreichende Steifigkeit sowie die notwendige Haltbarkeit gibt und während der Lebensdauer eines Kraftfahrzeuges gleichbleibende Eigenschaften gewährleistet.

Gelöst wird diese Aufgabe durch die im Patentanspruch 1 im einzelnen beschriebene Trageschicht mit einer Kernschicht aus Naturfasern und einem thermoplastischen Kunststoff als Bindemittel und beidseitig darauf angeordneten Abdeckschichten aus Glasfasern und einem thermoplastischen Kunststoff als Bindemittel, und einem gegenüber der Kernschicht größeren prozentualen Bindemittelgehalt in den jeweiligen Abdeckschichten.

Eine derartige Lösung wird durch den erörterten Stand der Technik nicht nahegelegt.

Die Druckschriften (3) und (5) beschreiben, wie zur Neuheit bereits dargelegt worden ist, eine Trageschicht aus einer aus Naturfasern und Bindemitteln bestehenden Kernschicht sowie darauf beidseitig angeordneten Abdeckschichten aus Bindemitteln und organischen oder anorganischen Synthesefasern, wie vzw Glasfasern, bzw aus Bindemitteln und Synthesefaservliesen. Als Bindemittel enthalten die Schichten dieser bekannten Trageschichten Phenolharze. Eine Anregung, zur Lösung der gestellten Aufgabe anstelle der Phenolharze thermoplastische Kunststoffe als Bindemittel einzusetzen, und in den Abdeckschichten einen höheren prozentualen Anteil an diesem thermoplastischen Bindemittel vorzusehen, als in der Kernschicht, vermochte der Fachmann daher diesen Entgegenhaltungen nicht zu entnehmen.

Die Entgegenhaltung (6) beschreibt zwar, wie ebenfalls bereits ausgeführt worden ist, eine Trageschicht mit einer Kernschicht aus Faserwerkstoffen und einem thermoplastischen Kunststoff als Bindemittel und darauf beidseitig aufgebrachten Abdeckschichten aus einem Vlies und einem thermoplastischen Bindemittel. Dabei werden als Faserwerkstoffe für den Kern eine Vielzahl unterschiedlicher Materialien und ua auch Naturfasern angegeben und als für die Abdeckschicht geeignete Vliese Papiervliese, Polyestervliese und auch Glasvliese genannt. Außerdem wird in dieser Druckschrift erwähnt, daß in den einzelnen Schichten durch unterschiedliche Mengen an thermoplastischem Bindemittel unterschiedliche Steifigkeit erreicht werden kann. Auch dieser Stand der Technik hielt den Fachmann jedoch nicht dazu an, zur Lösung der hier gestellten Aufgabe eine Trageschicht mit einer Kernschicht aus Naturfasern und thermoplastischem Kunststoff und Abdeckschichten aus einem Glasfaservlies und thermoplastischem Kunststoff aufzubauen und in die Abdeckschichten größere prozentuale Mengen an thermoplastischem Bindemittel einzumischen als in die Kernschicht.

Die im Prüfungsverfahren weiter genannten Druckschriften liegen dem Gegenstand des Anspruchs 1 ferner und führen weder einzeln noch in Kombination mit dem vorstehend erörterten Stand der Technik zu einer anderen Beurteilung der Sachlage.

So sind bei den aus (2) bekannten dreischichtigen Bahnen alle drei Schichten aus Naturfasern und einem thermoplastischen Bindemittel aufgebaut. Dieser Stand der Technik hält den Fachmann daher nicht dazu an, nur in der Kernschicht Naturfasern und in den beiden Außenschichten jeweils Glasfasern vorzusehen.

Bei der aus (4) bekannten Trageschicht aus einer Kernschicht und beidseitig angeordneten Außenschichten aus Glasfasern und thermoplastischen Bindemitteln enthält die Kernschicht kein Bindemittel.

Die in (7) beschriebenen dreischichtigen Platten enthalten in der Kernschicht und den beiden Abdeckschichten Glasfasern und thermoplastische Bindemittel mit einem höheren prozentualen Bindemittelanteil in den Außenschichten als in der Kernschicht und damit keine Naturfasern.

Auch diese Entgegenhaltungen vermitteln somit keine Anregung in Richtung auf den vorliegend beanspruchten Gegenstand.

Dies gilt auch im Hinblick auf (1), die nur eine einschichtige Trageschicht für Kraftfahrzeuginnenverkleidungen aus einem Faservlies oder Glasfasern und einem thermoplastischen Bindemittel beschreibt.

Nach alledem ist die Trageschicht des geltenden Patentanspruchs 1 neu und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, so daß dieser Anspruch gewährbar ist.

Das gleiche gilt für die auf den Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 6, die bevorzugte Ausführungsformen betreffen.

Kahr Deiß

Niklas Schroeter Pü






BPatG:
Beschluss v. 26.10.2000
Az: 15 W (pat) 15/99


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