Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 24. April 1998
Aktenzeichen: 25 U 10/97

(OLG Köln: Urteil v. 24.04.1998, Az.: 25 U 10/97)

Zur Schadensersatzverpflichtung des erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, wenn die von ihm vertretene Partei im zweiten Rechtszuge obsiegt, aber die Kosten der Berufung nach § 97 Abs. 2 ZPO zu tragen hat.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das am 30. April 1997 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 2 O 473/96 - wie folgt geändert:Unter Abweisung der Klage gegen die Beklagten zu 8. und 10. werden die Beklagten zu 1. bis 7., 9. und 11. als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 7.227,85 DM nebst 4 % Zinsen seit 25.10.1996 zu zahlen und den Kläger von den Kostenerstattungsansprüchen der Frau G. N. aus dem Berufungsverfahren 25 UF 85/95 OLG Köln freizustellen. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden wie folgt verteilt: Der Kläger trägt 2/11 seiner außergerichtlichen Kosten, 2/11 der Gerichtskosten und die gesamten außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 8. und 10. Die übrigen Beklagten tragen ihre außergerichtlichen Kosten ganz und ferner als Gesamtschuldner 9/11 der außergerichtlichen Kosten des Klägers und 9/11 der Gerichtskosten. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagten zu 1. bis 11. wegen

Schlechterfüllung seiner anwaltlichen Prozeßvertretung durch sie

auf Schadenersatz in Anspruch.

Die Beklagten sind Sozien einer in Köln ansässigen Kanzlei,

wobei die Beklagten zu 8. und 10. ausschließlich bei dem

Oberlandesgericht Köln zugelassen sind. Daß es sich so verhält,

ergibt sich u.a. aus den von den Beklagten im Verkehr mit den

Gerichten und ihren Mandanten verwendeten Geschäftsbogen. Im Kopf

dieser Bogen sind oben rechts die einzelnen Mitglieder der

Anwaltssozietät aufgeführt, wobei sich hinter den Namen der

Beklagten zu 8. und 10. ein kleines Dreieck befindet, deren

seitliche Begrenzungslinien schwarz gefärbt sind, während die davon

eingegrenzte Fläche weiß ist. Die Bedeutung dieses Zeichens wird am

Fuße der Geschäftsbogen so erklärt, wie es vorstehend dargelegt

wurde.

Der Klage liegt folgender Sach- und Streitstand zugrunde:

Anläßlich seiner Ehescheidung wurde der Kläger, wobei die

Mandatierung im Jahre 1991 erfolgte, im ersten Rechtszuge vor dem

Familiengericht Köln von der Sozietät der Beklagten vertreten und

zwar federführend von Rechtsanwalt K., dem Beklagten zu 3. Das von

der Ehefrau des Klägers als damaliger Antragstellerin gegen ihn als

Antragsgegner betriebene Zugewinnausgleichsverfahren wurde aus dem

Verbund abgetrennt. Gemäß Urteil vom 23.03.1995 wurde der Kläger

unter Klageabweisung im übrigen zur Zahlung von Zugewinnausgleich

in Höhe von 39.250,-- DM nebst 4 % Zinsen seit 18.10.1994 an die

Antragstellerin verurteilt. In den Entscheidungsgründen wurde

ausgeführt, er habe einen Zugewinn von 88.339,-- DM erzielt, dem

ein solcher der Antragstellerin in Höhe von rund 9.839,-- DM

gegenüberstehe, so daß die hälftige Differenz = 39.250,-- DM von

ihm an sie zu zahlen sei. In das Endvermögen des Klägers seien u.a.

Sparguthaben in Gesamthöhe von 170.000,-- DM einzubeziehen gewesen.

Darauf, daß er gemäß seinem Vorbringen von Ende Juni bis Mitte Juli

1991 insgesamt 112.300,-- DM abgehoben habe, komme es nicht an,

weil gemäß § 1375 Abs. 2 Nr. 2 BGB verschwendete Beträge weiterhin

als Endvermögen zu berücksichtigen seien. So liege die Sache hier,

weil der Kläger die abgehobenen Beträge in wenigen Tagen in

Spielhallen vergeudet habe.

Der Kläger legte gegen das vorbezeichnete Urteil Berufung ein,

wobei er schon damals von seiner jetzigen zweitinstanzlichen

Prozeßbevollmächtigten vertreten wurde. Er verfolgte sein Ziel der

Klageabweisung weiter und machte geltend, es könne aus

Rechtsgründen nicht bei der Feststellung seines vermeintlichen

Zugewinns per 31.07.1991 - das ist unstreitig das Datum des

Eintritts der Rechtshängigkeit des Ehescheidungsantrages -

bewenden. Vielmehr sei die Zugewinnausgleichsforderung gemäß § 1378

Abs. 2 BGB auf das Vermögen begrenzt, welches er im Zeitpunkt der

Beendigung des gesetzlichen Güterstandes der Zugewinngemeinschaft,

also im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft der Ehescheidung -

das ist unstreitig der 30.05.1994 - gehabt habe. Zu diesem

Zeitpunkt aber habe er über ein Aktivvermögen von 133.320,-- DM

verfügt, dem Passiva in Höhe von 236.406,25 DM gegenüber gestanden

hätten. Dazu trug der Kläger als damaliger Berufungskläger im

zweiten Rechtszuge unter Beweisantritten von der Antragstellerin

als Berufungsbeklagter bestrittene Einzelheiten vor, worüber der

erkennende Senat als damaliges Berufungsgericht auf der Grundlage

des Beschlusses vom 10.10.1995 durch Vernehmung der Eltern des

Klägers als Zeugen Beweis erhob. Wegen der Beweisthemen und wegen

des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Bl. 136, 137, 159 bis

166 der BA 314 F 199/91 Gü AG Köln = 25 UF 85/95 OLG Köln

verwiesen.

Durch am 26.01.1996 verkündetes Urteil gab der Senat der

Berufung des Klägers unter gleichzeitiger Zurückweisung der

unselbständigen Anschlußberufung der Antragstellerin statt und

führte zur Begründung im wesentlichen aus, aufgrund des

unstreitigen Sachverhalts in Verbindung mit dem Ergebnis der von

ihm durchgeführten Beweisaufnahme stehe fest, daß der Kläger im

gemäß § 1378 Abs. 2 BGB maßgeblichen Zeitpunkt vermögenslos gewesen

sei und deshalb keinen Zugewinnausgleich schulde. Es sei somit

seine Berufung begründet, müsse der Kläger aber gemäß § 97 Abs. 2

ZPO die Kosten des zweiten Rechtszuges mit Ausnahme der Kosten der

Beweisaufnahme tragen, weil er erst aufgrund neuen

zweitinstanzlichen Tatsachenvortrages, der die Voraussetzungen des

§ 1378 Abs. 2 BGB ausfülle, obsiegt habe, eines Vortrages, den er

schon im ersten Rechtszuge hätte geltend machen können.

Wegen der Kosten, die der Kläger aufgrund der vorgenannten

Entscheidung des Senats zu tragen hat, nimmt er die Beklagten im

jetzigen Rechtsstreit auf Ersatz in Anspruch. Der Beklagte K. habe,

so hat er vorgetragen, trotz zureichender Informationen die

Voraussetzungen des § 1378 Abs. 2 BGB nicht so dargelegt, daß die

Zugewinnausgleichsklage schon vom Familiengericht habe abgewiesen

werden können und müssen.

Der Kläger hat beantragt,

1.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu

verurteilen, an ihn 7.227,85 nebst 4 % Zinsen seit dem 25.10.1996

zu zahlen,

2.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu

verurteilen, ihn von den Kostenerstattungsansprüchen der Frau G. N.

aus dem Berufungsverfahren OLG Köln 25 UF 85/95 freizustellen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben vorgetragen, sie hätten in der ersten Instanz des

Zugewinnausgleichsprozesses alle tatsächlichen Umstände, die das

Familiengericht, richtige Rechtsanwendung vorausgesetzt, dazu

befähigt hätten, die Klage auf der Grundlage des § 1378 Abs. 2 BGB

abzuweisen, vorgetragen, so daß von einer schuldhaften Verletzung

ihrer anwaltlichen Verpflichtungen gegenüber dem Kläger keine Rede

sein kann.

Das Landgericht Köln hat die Klage durch am 30.04.1997

verkündetes Urteil abgewiesen und in den Entscheidungsgründen mit

näheren Ausführungen den von den Beklagten vertretenen

Rechtsstandpunkt geteilt.

Der Kläger hat gegen dieses ihm am 15.05.1997 zugestellte

Urteil, dessen Inhalt hiermit in Bezug genommen wird, mit am

30.05.1997 bei dem Oberlandesgericht Köln eingegangenen Schriftsatz

Berufung eingelegt und das Rechtsmittel am 11.07.1997 nach

Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 30.07.1997

begründet.

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hält

an seiner Rechtsauffassung fest, daß der ihm durch teilweise

Kostenauferlegung im Vorprozeß entstandene Vermögensschaden auf

schuldhafter Pflichtverletzung der Beklagten zurückzuführen

sei.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 30.04.1997

verkündeten Urteils der 2. Zivilkammer des LG Köln - 2 O 473/96 -

nach den erstinstanzlichen Schlußanträgen des Klägers zu erkennen,

im Unterliegensfalle dem Kläger nachzulassen, die

Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung -

auch durch Bankbürgschaft - abzuwenden.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen mit deren Ausführungen das angefochtene

Urteil.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes

wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten

Schriftsätze nebst sämtlichen Anlagen sowie der vorgenannten

Beiakten ergänzend Bezug genommen. Das alles ist Gegenstand der

mündlichen Verhandlung gewesen.

Gründe

Die zulässige, an sich statthafte sowie frist- und formgerecht

eingelegte und begründete Berufung des Klägers (§§ 511, 511 a, 516,

518, 519 ZPO) hat in sachlicher Hinsicht zum überwiegenden Teil

Erfolg, während sie im übrigen zurückgewiesen werden mußte.

Die Beklagten zu 8. und 10. können vom Kläger nicht mit Erfolg

auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden, weil sie mangels

Abschlusses des Vertrages mit dem Kläger, aus dem dieser seine

Klageforderung ausschließlich herleiten kann, nicht passiv

legitimiert sind. Besteht, wie das hier der Fall ist, zwischen

mehreren Rechtsanwälten eine Sozietät, so ist im Regelfall davon

auszugehen, daß das Mandat sämtlichen Sozien erteilt worden ist,

woraus gesamtschuldnerische Haftung aller Sozien folgt. Das ergibt

sich aus § 51 a II 1 BRAO und entspricht ständiger

höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGH VersR 1991, 1003,

1004; WM 1994, 355). Anhaltspunkte, die darauf schließen lassen

könnten, der Kläger habe abweichend von diesem Grundsatz das Mandat

nur Rechtsanwalt K. erteilt, sind weder vorgetragen worden noch auf

sonstiger Weise ersichtlich. Das alles gilt aber nicht gegenüber

dem Beklagten zu 8. und 10., die aufgrund ihrer ausschließlichen

Zulassung bei dem Oberlandesgericht Köln für den Kläger in der

ersten Instanz, wo allein sich diejenigen Versäumnisse anwaltlicher

Pflichterfüllung zugetragen haben, welche die gesamtschuldnerische

Haftung aller übrigen Beklagten begründen, nicht tätig werden

konnten und somit auch nichts mitzuverantworten haben; ihnen ist

ersichtlich zu keiner Zeit von dem Kläger ein Mandat erteilt

worden, so daß sie nicht die Vertragspartner des Klägers geworden

sind. Es besteht auch keine gerechtfertigte Veranlassung, diese

beiden Beklagten aus Rechtscheingrundsätzen haften zu lassen, denn

die von den Beklagten verwendeten Geschäftsbögen sind so

konzepiert, daß der Kläger unschwer erkennen konnte, mit welchen

Sozien er den Vertrag schloß und mit welchen - eben den Beklagten

zu 8. und 10. - nicht.

Mußte deshalb der Berufung gegen die Beklagten zu 8. und 10.

sachlicher Erfolg versagt bleiben, ist das Rechtsmittel im übrigen

begründet. Alle weiteren Beklagten müssen dem Kläger den der Höhe

nach unstreitigen Schaden wegen positiver Forderungsverletzung =

Schlechterfüllung des anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrages,

den sie mit ihm geschlossen haben, als Gesamtschuldner

ersetzen.

Die Beklagten gehen in beiden Prozessen, ebenso wie das

Landgericht im vorliegenden Rechtsstreit, davon aus, bereits das

Familiengericht habe die Zugewinnausgleichsklage abweisen müssen,

weil alle für die Anwendung des § 1378 Abs. 2 BGB erforderlichen

tatsächlichen Voraussetzungen von ihnen schon im ersten Rechtszuge

für den Kläger zureichend dargelegt worden sei, womit sich auch die

Kostenentscheidung des Senats im Vorprozeß, soweit sie den Kläger

belaste, als unrichtig erweise. Dem kann nicht gefolgt werden.

Davon, daß die tatsächlichen Anwendungsvoraussetzungen des § 1378

Abs. 2 BGB im ersten Rechtszuge des Vorprozesses zureichend

dargelegt seien, kann nach Auffassung des Senats nicht ausgegangen

werden. Um einsichtlich zu machen, warum es sich so verhält,

erscheint es dem Senat erforderlich, etwas weiter auszuholen. Unter

Zugewinn versteht das Gesetz gemäß § 1373 BGB denjenigen Betrag, um

den das Endvermögen eines Ehegatten sein Anfangsvermögen

übersteigt. Hat ein Ehegatte solchen Zugewinn erzielt und ist

dieser höher als der Zugewinn des anderen Ehegatten, muß er die

Hälfte der Wertdifferenz gemäß § 1371 Abs. 1 BGB durch Zahlung

ausgleichen. Wird nun, wie es hier geschehen ist, die Ehe

geschieden, dann ist der Eintritt der Rechtshängigkeit des

Ehescheidungsantrages, in aller Regel also das Datum seiner

Zustellung an den anderen Ehegatten, gemäß § 1384 BGB für die

Berechnung des Zugewinns der maßgebliche Zeitpunkt. Das ist eine

atypische Regelung, weil ansonsten das für die Zugewinnberechnung

maßgebliche Endvermögen gemäß § 1376 Abs. 2 BGB nach dem Stichtage

der Beendigung des Güterstandes berechnet wird. Und beendet wird

der Güterstand der Zugewinngemeinschaft im Falle der Ehescheidung

erst mit der Rechtskraft des Ehescheidungsurteils. Warum der

Gesetzgeber dem Berechnungszeitpunkt in Scheidungsfällen vorverlegt

hat, ist leicht einsichtig: Auf diese Weise soll verhindert werden,

daß der ausgleichspflichtige Ehegatte den

Zugewinnausgleichsanspruch des ausgleichsberechtigten Ehegatten im

Verlaufe des Ehescheidungsverfahrens zu verringern trachtet. Weil

diese vorstehend kurz dargelegten Grundbegriffe jedem in

Familiensachen tätigen Rechtsanwalt und ebenso den

Familiengerichten vertraut sind, kreisen Zugewinnausgleichsprozesse

in fast allen Fällen ausschließlich um den Streit, welches

Endvermögen jeder Ehegatte im Zeitpunkt des Eintritts der

Rechtshängigkeit des Ehescheidungsantrages hatte und wie hoch sein

davon abzusetzendes Anfangsvermögen ist, wobei es nicht gerade

häufig, aber auch nicht ausgesprochen selten vorkommt, daß dem

Endvermögen der einen oder anderen Partei - wohl gemerkt zum

Stichtage des Eintrittes der Rechtshängigkeit des

Ehescheidungsantrages - hinzugerechnet wird, was er, auf einen

kurzen Nenner gebracht, verschwendet hat; § 1375 Abs. 2 Nr. 1 bis 3

BGB.

Sind man sich nun das Urteil des Familiengerichts vom 23.03.1995

an, so lassen sein Tatbestand und seine Entscheidungsgründe keinen

Zweifel daran, daß exakt nach Maßgabe der vorstehend dargelegten

Grundsätze verfahren worden ist. So finden sich im Tatbestand das

Datum der Eheschließung als maßgebliches Datum für das

Anfangsvermögen gemäß § 1374 Abs. 1 BGB und die Mitteilung des

Datums der Zustellung des Ehescheidungsantrages als des nach § 1384

BGB für die Berechnung des Zugewinns maßgeblichen Datums, während

in den Entscheidungsgründen dargelegt worden ist, was bezogen auf

den a.a.O. ausdrücklich genannten Stichtag 31.07.1991 = Zustellung

des Ehescheidungsantrages der damaligen Antragstellerin an den

Kläger als damaligen Antragsgegner - als Endvermögen anzusetzen

ist, wobei das Familiengericht zu Lasten des Klägers gemäß § 1375

Abs. 2 Nr. 2 BGB Beträge zugesetzt hat, die er nach seinem Vortrag

bis zum 31.07.1991 abgeholt und verspielt hatte.

Von alledem, was bislang ausgeführt wurde, ist § 1378 Abs. 2 BGB

mit seinem Regelungsgehalt scharf zu scheiden, zwischen dieser

Vorschrift und den bisherigen Darlegungen liegen, bildlich

gesprochen, Welten. § 1378 Abs. 2 BGB bestimmt, daß die Höhe der

Zugewinnausgleichsforderung durch den Wert des Vermögens begrenzt,

das nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des

Güterstandes verbunden ist. Hierbei ist vorab in Erinnerung zu

rufen, daß der Güterstand der Zugewinngemeinschaft in

Scheidungsfällen erst mit der Rechtskraft des Ehescheidungsurteils

endet. Dasjenige also, was zunächst einmal nach ganz allgemeinen

Berechnungsfaktoren des Zugewinnausgleichsrechts errechnet worden

ist, nämlich die Höhe der Zugewinnausgleichsforderung, muß

nötigenfalls und gleichermaßen in einem zweiten Schritt nach § 1378

Abs. 2 BGB korrigiert werden. Die Fälle aber, wo die

Voraussetzungen des § 1378 Abs. 2 BGB in

Zugewinnausgleichsprozessen Entscheidungsrelevanz erlangen, sind,

worauf der Senat aufgrund seiner langjährigen Erfahrung hinweisen

darf, selten. Das liegt in den meisten Fällen ganz einfach daran,

daß das Zugewinnausgleichsverfahren als typische

Scheidungsfolgesache grundsätzlich im Scheidungsverbund anhängig

gemacht wird und bis zum Eintritt der Entscheidungsreife des

Scheidungsausspruches im Verbund verbleibt, so daß die Ehegatten

als Parteien des Ehescheidungs- und des

Zugewinnausgleichsverfahrens bezogen auf den dann zukünftigen

Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft des Ehescheidungsurteils,

der nach § 1378 Abs. 2 BGB maßgeblich ist, keine Angaben zu diesen

ihren erst zukünftigen Vermögensverhältnissen machen können (vgl.

zu dieser Problematik Dieckmann ZZP 92, 392 ff.).

Anders und zwar grundlegend anders verhielt es sich damit in dem

Vorprozeß, der den jetzigen Rechtsstreit ausgelöst hat: Da war das

Zugewinnausgleichsverfahren aus dem Verbund abgetrennt und als

isolierter Folgesache fortgeführt worden, und das Scheidungsurteil

war rechtskräftig, bevor über die Zugewinnausgleichsansprüche der

Antragstellerin vom Familiengericht entschieden wurde. Deshalb

bestand dort Gelegenheit und gegebenenfalls auch aller Anlaß,

Tatsachen vorzutragen, die für § 1378 Abs. 2 BGB bedeutsam sein

konnten. Diese Vorschrift will hauptsächlich im Interesse der

Gläubiger des zugewinnausgleichspflichtigen Ehegatten die

Ausgleichsforderung des ausgleichsberechtigten Ehegatten auf

dasjenige begrenzen, was im Zeitpunkt der Beendigung des

Güterstandes effektiv vorhanden ist, wobei sie vornehmlich in dem

auch vorliegend einschlägigen Fall bedeutsam wird, wo dem

Endvermögen gemäß § 1378 Abs. 2 BGB Beträge zugesetzt worden sind:

Nach den verbindlichen Vorstellungen des Gesetzgebers muß die

Bezahlung von Schulden im Gläubigerinteresse dem Ausgleich eines

fiktiven Zugewinns vorgehen (vgl. Soergel-Lange, BGB, 12. Aufl., §

1378 Rz. 6; MK-Gernhuber, 3. Aufl., § 1378 Rz. 7; Berger, Eheliches

Güterrecht, 1989, Rz. 129). Diejenigen Tatsachen, aus denen sich

die Anwendung des § 1378 Abs. 2 BGB ergibt, hat ausschließlich

darzulegen und im Bestreitensfalle zu beweisen, wer sich darauf

beruft (vgl. Soergel-Lange, a.a.O., § 1378 Rz. 6). Also mußten die

Beklagten als die für den Kläger tätigen Prozeßbevollmächtigten

bereits im ersten Rechtszuge vor dem Familiengericht so vortragen,

wie das für die Anwendung des § 1378 Abs. 2 BGB erforderlich war.

Exakt das ist indessen nicht geschehen, was schuldhafter Verletzung

der den Kläger von den Beklagten als seinen Prozeßbevollmächtigten

aus dem Geschäftsversorgungsvertrag geschuldeten Sorgfalt bedeutet,

die gesamtschuldnerische Schadenersatzverplichtung auslösten.

Zwischen dem Eintritt der Rechtshängigkeit des

Ehescheidungsantrages einerseits - 31.07.1991 - und dem Eintritt

der Rechtskraft des Ehescheidungsurteils - 30.05.1994 - lagen rund

2 3/4 Jahre. Also hätte in der ersten Instanz des Vorprozesses

bezogen auf den 30.05.1994 in allen Einzelheiten dargelegt werden

müssen, was an eben diesen Tage an aktiven und passiven

Vermögenswerten auf Seiten des Klägers als des damaligen

Antragsgegners vorhanden war, was nicht geschehen ist. Mit dem

schlichten Hinweis auf im Sommer 1991 verspielte Geldbeträge war es

beileibe nicht getan, gibt es doch keinen wie auch immer gearteten

Erfahrungssatz, der die Schlußfolgerung zu rechtfertigen vermöchte,

eine vor annähernd 3 Jahren eingetretene Vermögenslosigkeit habe in

der Folgezeit unverändert fortbestanden. Die Schriftsätze, die die

in der ersten Instanz für den Kläger tätig gewordenen Beklagten

gefertigt haben, genügen den Anforderungen des § 1378 Abs. 2 BGB

nach alledem ersichtlich nicht, während die Berufungsbegründung im

Vorprozeß die Aktive und Passiva des Vermögens des Klägers zu dem

hier allein maßgeblichen Zeitpunkt auf 5 Seiten, versehen mit

Beweisantritten, in sämtlichen Einzelheiten und damit substantiiert

dargelegt und zu Beweis gestellt hat. Jetzt und erst jetzt war über

dieses in der Tat ganz neue, von der Antragstellerin bestrittene,

zweitinstanzliche Vorbringen des Klägers Beweis zu erheben, wie es

dann auch durch den Senat geschehen ist. Die Kostenbelastung des im

Vorprozeß letztlich siegreichen Klägers auf der Grundlage des § 97

Abs. 2 ZPO ist deshalb ganz zu Recht erfolgt und das ist der - der

Höhe nach unstreitige - Vermögensschaden, den die Beklagten, soweit

ihnen das Verhalten von Rechtsanwalt K. als im ersten Rechtszuge

für den Kläger tätig gewordene Sozien zugerechnet ist, dem Kläger

zu erstatten haben.

Die Beklagten können sich nicht mit Erfolg darauf berufen, daß §

1378 Abs. 2 BGB unter dem Gesichtspunkt illoyaler

Vermögensminderung nicht anwendbar sei. Der Sache nach bedeutet das

den Einwand unzulässiger Rechtsausübung gegenüber der Berufung des

zugewinnausgleichspflichtigen Klägers auf § 1378 Abs. 2 BGB. Dieser

Einwand dringt aber nicht durch. Während illoyaler

Vermögensminderungen unter Umständen Ansprüche durch solche

Verwendungen begünstigte Dritte auslösen können, bietet das Gesetz

keinen Schutz, wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte in der

Zeitspanne zwischen der Einleitung des Zugewinnausgleichsverfahrens

und seinem rechtskräftigen Abschluß sein Vermögen vermindert, wobei

der vom Gesetzgeber bezweckte Schutz der Gläubiger es nicht zuläßt,

die Vorschrift des § 1378 Abs. 2 BGB zu Lasten des Klägers außen

vor zu lassen: Der Kläger müßte sich, was auch die Beklagten nicht

verkennen, verschulden, um neben Gläubigerforderungen die

Zugewinnausgleichsforderung zu erfüllen, was aber nach der

verbindlichen Zielsetzung des Gesetzes gerade nicht geschehen

darf.

Die Beklagten können schließlich auch nicht damit durchdringen,

daß sie jetzt die Existenz der Spielbankverluste bestreiten. Das

Vorbringen zu einem ganz bestimmten Lebenssachverhalt - hier:

Geldabhebungen, der verspielt wurden - kann in mehreren Prozessen

nicht jeweils nach Gutdünken ausgerichtet werden, vielmehr ist ein

derart widersprüchliches Verhalten unzulässig und unbeachtlich.

Die Zinsforderung findet ihre sachliche Rechtfertigung in § 291

BGB.

Die zivilprozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den

§§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 4, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Vollstreckungsschutzantrag des Klägers ist, soweit er

obsiegt hat, gegenstandslos. Im übrigen konnte ihm nicht

entsprochen werden, weil die Voraussetzungen unter denen das

Rechtsmittel der Revision gegen dieses Urteil stattfindet,

unstreitig nicht vorliegen.

Gegenstandswert des Berufungsrechtszuges: 11.953,20 DM (vgl.

dazu die Wertangaben in der Klageschrift).






OLG Köln:
Urteil v. 24.04.1998
Az: 25 U 10/97


Link zum Urteil:
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